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Die Köpfe der Szene, Teil 3 – Boenicke Audio meets Joachim Gerhard

20.01.2011 // Andreas Steiner


In Wien wagte Boenicke den Vergleich mit Live-Musik. Als Teil seiner professionellen Arbeit macht er regelmäßig Aufnahmen und zieht diese zur endgültigen Abstimmung und Beurteilung seiner Lautsprecher heran. Auch diesmal nahm er die Performance der Musiker mit dem eigenen Equipment auf und spielte sie umgehend über die SLS wieder ab. In der Folge war der Vorführraum weit über die Veranstaltung hinaus Tummelplatz für Musiker und Kritiker, die auch um 4 Uhr morgens noch darum buhlten, wer als nächster den Plattenspieler mit Vinyl versorgen durfte.

Hilton Vienna Plaza, Raum 1011: SLS, Orpheus Digitalelektronik, boenicke audio Endstufe, Garrard Plattenspieler von Martina Schoener
Hilton Vienna Plaza, Raum 1011: SLS, Orpheus Digitalelektronik, boenicke audio Endstufe, Garrard Plattenspieler von Martina Schoener

Welchen Platz hat das Gerede um Ästhetik in einem Umfeld, dessen Fokus auf der unverfälschten Wiedergabe von akustischen Eindrücken liegt? Ohne Zweifel gibt es eine Ästhetik des Echten, Unverfälschten. Etwas, worüber man nicht nachdenken muss, das so ist wie es ist, und keine Begründung braucht. Musikhören mit der SLS entspricht diesem Eindruck.

Meister und Meisterwerke
Meister und Meisterwerke

Auf den ersten Blick ist die Boenicke Audio SLS lediglich eine schmale Säule, kaum zehn Zentimeter breit, dafür mit 150 Zentimetern ungewöhnlich hoch. Die geringe Tiefe von 23,5 Zentimetern macht die SLS zum Wohnraumobjekt, das Besuchern auffällt und neugierige Fragen nach sich zieht.  Die Schallfront zieren zwei Acht-Zentimeter-Aluminium-Wabensandwich-Chassis, die sehr breitbandig Mitten und Höhen abstrahlen. Seitlich sorgt ein ebenfalls als Breitbänder eingesetztes Papierchassis für den Anschluss zu je zwei Sieben-Zoll-Basslautsprechern pro Kanal, die mittels einer externen Digitalweiche aktiv angesteuert werden. Fünf Chassis pro Seite lassen eine komplexe Schaltungstechnik erwarten.

„Das Gegenteil ist der Fall“ meint Boenicke entschieden. „Wir suchen so lange nach geeigneten Treibern, bis wir genau das haben, was wir wollen.“
„Was genau muss ein Treiber können, dass er für eine Boenicke Audio Konstruktion in Frage kommt?“
„Wir verwenden Treiber, die einen möglichst breiten nutzbaren Frequenzbereich aufweisen und gleichzeitig eine Frequenzganglinearität bieten, die in der Weiche nicht korrigiert werden muss.“
„Was heißt das für die SLS konkret?“
„Bei uns findet man keine im Signalteil liegenden Bauteile in der Weiche.“
„Gar keine?“
„Die Ausnahme bilden Bauteile, denen wir eine klangsteigernde Wirkung attestieren, wie den Bybee Quantum Purifiern. Und den Hochtöner müssen wir natürlich vor tiefen Frequenzen schützen, aber dafür genügt ein qualitativ herausragender Kondensator.“
„Gehören die Bybee Quantum Purifiers nicht eher in die Rubrik Tuning?“
„Ja, das stimmt. Wir verwenden sogar eine ganze Reihe von Tuning Maßnahmen, quasi als Standard. Dazu gehören die Marigo Audio Labs VTS Dots, Harmonix Tuning Bases und einiges mehr“.
„Das klingt aufwändig.“
„Ist es auch. Die SLS ist jedoch das Paradebeispiel eines cost-no-object Ansatzes. Die Innenverkabelung etwa besteht aus massivem Feinsilber, das kryogenisch behandelt ist.“
„Machen wir einen Schritt zurück, bevor wir ins Detail gehen. Was war der grundsätzliche Design Ansatz?“
„Das ursprüngliche Ziel war die Gestaltung eines wohnraumfreundlichen Lautsprechers, der höchsten Klangansprüchen genügt. Wohnraumfreundlich bedeutet, dass der WAF hoch ist.“
„Kein ernsthafter audiophiler wird seine Lautsprecherwahl allein mit einem hohen WAF begründen!“
„Sicher, klein und audiophil können viele, und akzeptieren dabei notgedrungen fehlendes Fundament und geringe dynamische Fähigkeiten. Die SLS wurde aber als dynamischer Schallwandler mit Blickrichtung auf eine klanglich beeindruckende untere Grenzfrequenz konstruiert.“
„Wie genau wurden die technischen Designentscheidungen getroffen?“
„Eine Überlegung war, hochspezialisierte Treiber in sehr kleinen geschlossenen Gehäusen einzubauen. Der Nachteil einer solchen Konstruktion ist, dass der Wirkungsgrad des Gesamtsystems sehr gering ist. Man bräuchte dann locker einige hundert Watt, um genügend Luft zu bewegen, wenn das Musikmaterial einmal dynamisch und laut wird. So mussten wir ganz neue Wege gehen, um aus dem geringen Volumen tiefen Bass heraus zu holen.“
„Hat die auffällige äußere Form etwas mit diesem neuen Weg zu tun?“
„Ja, wir sahen eine Option darin, die rückwärtig abgestrahlte Energie der Treiber nicht nutzlos im Inneren des Gehäuses zu vernichten, sondern sie an der Schallabstrahlung des Lautsprechers teilhaben zu lassen. Die SLS besitzt dazu eine innere Struktur, die mittels einer CNC Maschine ins Massivholz gefräst ist.“


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