boulevard/14-08-25_peterson
 

MPS, das legendäre deutsche Jazz Label

25.08.2014 // Jürgen Saile

In Jazzkreisen galt The Way I Really Play als eine seiner besten Arbeiten. Auch mit ein Verdienst von Brunner-Schwer. Die kraftvolle Spielweise von Peterson war bei Aufnahmen bisheriger Label nicht in dieser Form zu hören.
In Jazzkreisen galt The Way I Really Play als eine seiner besten Arbeiten. Auch mit ein Verdienst von Brunner-Schwer. Die kraftvolle Spielweise von Peterson war bei Aufnahmen bisheriger Label nicht in dieser Form zu hören.

JEB: Können Sie mir etwas über das Programm Ihrer Oscar Peterson Platten sagen?
HGBS: Also die erste ist mit dem Trio – Ray Brown und ED Thigpen. Auf der zweiten Platte gibt es noch einige Aufnahmen mit Brown und Thigpen, aber dann ist auch ein anderer Schlagzeuger mit dabei, Louis Hayes – er hatte ihn nur vorübergehend. Das dritte Album spielt das neue Trio, das Oscar jetzt hat, mit Sam Jones am Bass und Bob Durham Drums. Er sagt, das wäre das beste, was er je gehabt hätte, und ich glaube, das liegt im wesentlichen daran, dass seine beiden Musiker in erster Linie Begleiter sind – keine Solisten im Sinne wie Ray Brown es war.
JEB: Ja, es ist auffällig, dass sich die Peterson-Musik immer stärker zu einer solistischen Musik entwickelt hat. Am Anfang, bei dem Trio mit Barney Kessel, bzw. Herb Ellis auf der Gitarre und Ray Brown am Bass stand noch die Combo-Idee im Mittelpunkt – fast ein wenig im Sinne jener Integration, wie John Lewis sie für das Modern Jazz Quartet damals geprägt hatte.
HGBS: Ich glaube, das hat im Laufe der Jahre zu Schwierigkeiten geführt – in dem gleichen Maße, indem sich die überragende Solistenpersönlichkeit von Oscar Peterson immer mehr ausprägte.
JEB: Haben Sie alle Stücke allein oder mit Oscar Peterson ausgewählt?
HGBS: Natürlich mit Oscar. Er ist hierher nach Villingen gekommen und wir haben tagelang alles durchgehört. Und es war auffällig – fast immer waren wir einer Meinung, fast immer wollten wir die gleichen Stücke. Am Schluss war Oscar so begeistert, dass er mich mit nach Amerika nehmen wollte. Er sagte: „I’ll have to kidnap you.“
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Firma Edel.

Der seinerzeit grandiose Erfolg der MPS Einspielungen beruhte nun nicht nur auf der Performance von Oscar Peterson, sondern auch auf der Aufnahmetechnik von Brunner-Schwer. Wir erinnern uns, zu Beginn der Stereotechnik hatte man jedes Instrument einem der beiden Kanäle zugeordnet. Ping-Pong-Stereo hieß das dann später. Brunner-Schwer, der ja selbst Pianist war, hatte nun überlegt, wie er den Klang eines Flügels so aufnehmen kann, dass es so klingt, als würde er selbst am Klavier sitzen. Er wollte, dass links die Bässe, rechts der Diskant und in der Mitte der Rest erklingt. Dazu benutzte er drei Mikrofone, die unmittelbar über den Saiten platziert wurden. Diese musste er modifizieren, damit sie von dem direkten Klang nicht übersteuert wurden. Er nahm dafür eine geringere Empfindlichkeit in Kauf. Durch diese Aufnahmetechnik konnte die fulminante Spielweise von Peterson überhaupt erst auf einer Musikanlage wiedergegeben werden. Brunner-Schwer war auch sehr an Innovationen interessiert, so hatte er eines der ersten 16-Kanal-Mischpulte der Firma Ampex in Deutschland.

Oscar Peterson hatte Brunner-Schwer als einen Mann beschrieben, der von der Idee besessen war, auf Schallplatte wiederzugeben, was er in seinem Wohnzimmer gehört hatte.

Die Soloeinspielung My favorite instrument blieb Petersons eigener Favorit dieser Serie. Die Empfehlung, eine Soloplatte einzuspielen, hatte er von seinem Freund, Duke Ellington
Die Soloeinspielung My favorite instrument blieb Petersons eigener Favorit dieser Serie. Die Empfehlung, eine Soloplatte einzuspielen, hatte er von seinem Freund, Duke Ellington

Die Serie „exclusively for my friends“ wurde 1968 erstmals während der Europatournee des neuen Trios angekündigt. Es erschienen zunächst vier LPs mit bisher unveröffentlichten Aufnahmen: Action, Girl Talk, The Way I Really Play und My Favorite Instrument. Diese wurden später ergänzt durch zwei weitere LPs: Mellow Mood und Travellin’ On.

Als Brunner-Schwer von Petersons Vorliebe für Flügel der Firma Steinway erfuhr, wurde das bisher benutzte Modell Sauter durch einen Steinway 220 ersetzt. Der ganz große Flügel Steinway 270 wäre nicht unterzubringen gewesen. Dies gelang erst später, nachdem ein studioartiger Bungalow angebaut wurde. Die zweite Solo-LP Tracks ist mit diesem wesentlich größeren Flügel aufgenommen worden. Dies ist auch ganz klar zu hören, der Flügel hat mehr Grundton und vollere Bässe, wirkt irgendwie souveräner. Ein tolles Instrument!

Und zum Schluss die gute Nachricht, in dem Villinger Studio wird seit 2010 wieder aufgenommen! Ganz im Sinne der Philosophie von Brunner-Schwer. Glanzstück des Studios ist ein Bösendorfer Grand Imperial Flügel.

Zum Schluss noch einmal die ganze Serie mit dem dazugehörigen Schuber
Zum Schluss noch einmal die ganze Serie mit dem dazugehörigen Schuber


  • Wohltemperiertes Vinyl – Teil 2

    Klaus Schrätz hat in Teil 1 die technischen Details des Temperns und der Kryo-Behandlung beschrieben und seine Hörerfahrungen mit thermisch behandelten Platten wiedergegeben. Lesen Sie hier Teil 2 unseres Experiments. Dies ist meine erste Begegnung mit thermisch behandelten Schallplatten. Nicht, dass ich noch niemals vom Tempern oder dem Kryo-Verfahren gehört hätte. Das sind schließlich Methoden, die bereits seit langem in der Industrie angewandt werden, um die Härte und Steifigkeit von Metallen und Kunststoffen zu erhöhen.…
    12.12.2025
  • Wohltemperiertes Vinyl – Teil 1

    In diesem kleinen Bericht geht es darum aufzuzeigen, ob bei bereits gepressten Schallplatten eine nachhaltige Klangverbesserung durch thermische Spezialbehandlungen möglich ist. Mir sind zur Zeit zwei Methoden bekannt, mit denen man Einfluss auf die Struktur des Schallplatten-Vinyls nehmen kann. Diese beiden Methoden sind durchaus gegensätzlicher Natur und haben trotzdem entscheidenden Einfluss auf das Klangbild der so behandelten Schallplatten. Bei der einen Methode wird die Schallplatte auf -180 Grad Celsius abgekühlt und langsam wieder aufgetaut. Bei…
    05.12.2025
  • Live im A-Trane: Rikard From

    Alles war bereit: Die Aufnahmetechnik war startklar, der Protagonist hatte sich auf seinem Platz am Steinway Flügel eingerichtet, die Songsheets geradegerückt. Die rund 100 Gäste hatten auf ihren Stühlen Platz genommen und blickten erwartungsvoll in Richtung der Bühne des A-Trane Jazzclub. Doch bevor der schwedische Pianist Rikard From die ersten Töne spielte, trat Dirk Mahlstedt auf die Bühne. Er ist Gründer und Inhaber der Agentur Künstlerhafen und derjenige, der es möglich gemacht hat, dass der…
    14.11.2025
  • Ein Besuch in der Rübenburg

    Wer das Haus sieht, das die Räume von Rübenburg Analog Audio beherbergt, könnte auf die Idee kommen, dass sich hifistatement.net, wie auch die Überschrift suggeriert, neuerdings Agrarthemen widmet. Dem ist aber nicht so: In Jürgen Schulzes Hifi-Studio dürfte es eine der höchsten Dichten an Plattenspielern pro Quadratmeter geben. Das liegt keinesfalls daran, dass dort die Ausstellungsfläche klein wäre, im Gegenteil: In gleich vier mittelgroßen, dank dezenter akustischer Maßnahmen wohlklingenden und gemütlich eingerichteten Zimmern präsentiert Jürgen…
    17.10.2025
  • Erlkönig: Audioquest XTRM

    Schon während der High End im Mai hatte Audioquest-Chef Bill Low Roland Dietl und mir von einem Durchbruch in Sachen Metallurgie berichtet, der es ermögliche, besser klingende Kabel ein wenig erschwinglicher anzubieten. Beim Besuch von Marketing Director Rob Hay und Sales Manager Thijs Helwegen hatte ich die Gelegenheit, erste Testmuster zu hören. Audioquest ist ja nicht gerade bekannt dafür, viel Geld zu investieren, um Kunden mit besonders aufwendigen Verpackungen und stylishem Design der Kabel zu…
    10.10.2025
  • Statements in High Fidelity | Polish Edition 2025

    Die 28. Ausgabe der Warschauer Audio und Video Show wirft ihre Schatten voraus, und da ist es an der Zeit, die Gewinner der Statement in High Fidelity Awards bekanntzugeben. Highfidelity.pl entschied sich für einen der bekanntesten Namen der Szene, Michael Bladelius, und hifistatement.net für die junge Firma, Storgaard & Vestskov aus Dänemark. Der Kollege Wojciech Pacuła hatte in seinem Magazin den Vollverstärker Bladelius Oden Class-A II getestet. Wie der Name schon sagt, ist es eine…
    08.10.2025

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.