Montag, 03 Juni 2013 02:00

Trioden, die Legende lebt!

Einen Knaller der Ingenieurs- und Fertigungskunst Anfang der 60er Jahre möchte ich Ihnen aber nicht vorenthalten, auch wenn die Röhre nur noch sehr schwer zu bekommen ist: die Telefunken EC 8020. Diese eher weniger bekannte Triode hatte Thomas Mayer wiederentdeckt und benutzt sie auch in einer seiner Schaltungen. Er gehört auch zu den Entwicklern, die ein Gespür für „Schläfer-Röhren“ haben und diese wieder zum Leben erwecken. Die EC 8020 kann einige spektakuläre Features aufzuweisen: Die Fäden des Steuergitters sind so dünn, dass sie mit bloßem Auge nicht erkennbar sind. Dies führt dazu, dass sie nur in einem Bereich weit außerhalb des Hörbereichs angeregt werden können und die 8020 damit zu den am wenigsten Mikrophonie-empfindlichen Röhren gehört. Ein weiteres Highlight ist die hohe Leitfähigkeit von 65000 micromhos. Mho ist die alte Bezeichnung für die Leitfähigkeit, es handelt sich einfach um den Begriff „Ohm“ rückwärts gelesen. Diese hohen Leitfähigkeitswerte-Werte können nur durch eng zusammen liegende Elektroden erreicht werden, dabei ist umso erstaunlicher, dass die Röhre mit einer Anodenspannung von bis zu 300 Volt betrieben werden kann. Die EC 8020 musste mit extrem hoher Präzision gefertigt worden sein; Telefunken dürfte hierbei einen relativ hohen Ausschuss gehabt haben. Zudem weisen die Kennlinien auf eine außergewöhnlich hohe Linearität hin, die man sonst eher bei Röhren mit niedrigem Verstärkungsfaktor findet. Durch die hohe Anodenverlustleistung könnte die Röhre auch als kleine Leistungstriode mit einer Ausgangsleistung von 1,5 Watt durchgehen. Eine erstaunliche Röhre, leider – wie so oft im Leben – ausgestorben!

Wie funktioniert denn nun so eine sogenannte Vakuum-Elektronen-Röhre überhaupt Zunächst einmal haben wir einen luftleer gepumpten Glaskörper, dieser enthält bei einer Triode drei Komponenten: Kathode – Steuergitter – Anode, bei den späteren Typen sind noch Anschlüsse für eine Heizung der Kathode vorhanden. Betrachten wir das Ganze zunächst einmal ohne Steuergitter. Aus der Erfahrung mit Glühlampen weiß man, dass Elektronen die heiße Glühwendel verlassen. In unserem Fall also die heiße Kathode, die zudem noch nach Minus weisen muss. Liegt nun an der Anode eine positive Spannung an, so entsteht ein gleichmäßiger, dem Innenwiderstand entsprechender  Elektronenstrom durch die Röhre. Wegen des hohen Innenwiderstands einer Röhre beträgt die Betriebsspannung zwischen Kathode und Anode üblicherweise einige hundert Volt. Wenn nun das zwischen Kathode und Anode liegende Steuergitter eine im Vergleich zur Kathode negativere Spannung erhält, wird mit zunehmender Negativität der Stromfluss immer kleiner, bis er ganz aufhört. Nähert sich dagegen die Gitterspannung 0 Volt, wird das Gitterhindernis zwischen Kathode und Anode immer kleiner, die Leitfähigkeit der Röhre steigt. Für diese Steuerfunktion  genügen bereits einige Volt am Gitter. Anders ausgedrückt, kann man mit geringen Änderungen der Spannung am Gitter große Änderungen des Stromflusses durch die Röhre bewirken. Liegt nun ein Signal (Musik) am Gitter an, so wird der Stromfluss entsprechend den Schwankungen moduliert und man kann an einem Anodenwiderstand das Eingangssignal mit einer höheren Amplitude abgreifen.

Eine AA62B auf dem Messstand, die seitlichen Flügel an dem Anodenblech dienen zur Kühlung. Hinten gewissermaßen der geistige Mentor der Elektronenröhre – eine Glühbirne. Mittlerweile auch schon fast ein Sammlerstück
Eine AA62B auf dem Messstand, die seitlichen Flügel an dem Anodenblech dienen zur Kühlung. Hinten gewissermaßen der geistige Mentor der Elektronenröhre – eine Glühbirne. Mittlerweile auch schon fast ein Sammlerstück
Nun möchte man im HiFi Bereich natürlich eine möglichst lineare Verstärkung erzielen. Dummerweise sind aber die Kennlinien einer Röhre nicht linealglatt, sondern sehen parabelförmig aus. Man wird also den in der oberen Grafik dargestellten unteren gekrümmten Teil der Kurve vermeiden. Dies erreicht man dadurch, dass das Steuergitter negativ geladen wird; vorgespannt im Fachjargon. Auf diesem Wege kann man den Arbeitspunkt einer Röhre in einen möglichst linearen Bereich verlegen. Das Musiksignal wird dann einfach der Vorspannung überlagert.

In diesem Zusammenhang taucht immer wieder der englische Begriff BIAS auf. Dieser bezieht sich auf nichts anderes als die Gittervorspannung und der damit verbundenen Einstellung des Arbeitspunktes. Mit zunehmendem Alter ändern sich ja die Röhreneigenschaften und damit verlagert sich auch der Arbeitspunkt. Um dem entgegenzuwirken gibt es verschiedene Möglichkeiten: Manche Geräte haben ein eingebautes Anzeigeinstrument und Regler, mit denen man vorgegebene Werte wieder nachjustieren kann. Andere Geräte haben eine Autobias-Schaltung, welche dies selbständig übernimmt. Wie immer, hat alles Vor- und Nachteile,  letztlich ist dies eine Frage des Schaltungskonzeptes.

Grundvoraussetzung für ein einwandfreies Funktionieren einer Röhre ist ein möglichst perfektes Vakuum, was technisch natürlich nie hundertprozentig erreicht werden kann. Deshalb besitzen die Röhren an der Innenseite einen silberglänzenden Spiegel, den sogenannten Getter. Hier handelt es sich meistens um Barium- oder Magnesiumlegierungen, die herumschwirrende Luftmoleküle chemisch binden können. Die Substanz wird durch Erhitzen des gut sichtbaren Getter-Rings ( oder andere Formen ) auf die innere Glaswand aufgedampft.


Weitere Informationen

  • Imagefolder: basics/13-06-03_trioden

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