tests/24-04-05_buchardt
 

buchardt Anniversary 10

05.04.2024 // Finn Corvin Gallowsky

Es wird Zeit, endlich dem Bassbereich Einhalt zu gebieten. Zuletzt habe ich mit dem Zen-Mikrofon gute Erfahrungen gemacht, dieses Mal überzeugt mich das Ergebnis der automatischen Einmessung aber nicht. Buchardt empfiehlt nach wie vor, mit dem Mikrofon den gesamten Raum abzuschreiten. Diese Variante war in meinem Fall definitiv notwendig. Wenn ich ausschließlich an meiner Hörposition gemessen habe, wie ich es bei den Econik SIX erfolgreich gemacht habe, wurde alles korrigiert, aber nicht das, was eigentlich zu korrigieren gewesen wäre. Beim Abschreiten des Raumes wurden meine Raummoden wenigstens korrekt erkannt, aber trotzdem für meinen Geschmack nur unzureichend kompensiert. Mit etwas mehr Geduld und Ausprobieren wäre ich sicher auch mit der automatischen Einmessung zu einem zufriedenstellenden Ergebnis gekommen. Da ich speziell im Bassbereich einen sehr linearen Frequenzgang bevorzuge und einige weitere Geschmackskriterien anzumelden habe, die die automatische Anpassung nicht berücksichtig, habe ich die Entzerrung mit eigenem Messequipment manuell durchgeführt. Dabei habe ich aufgrund meines kleinen Raumes und des geringen Wandabstands der Lautsprecher unter 70 Hertz am meisten zu tun. Darüber hinaus habe ich einen breitbandige Überhöhung um 500 Hertz abgesenkt und zwei kleine Peaks bei etwa 125 und 1.700 Hertz um wenige Dezibel gezähmt. Inzwischen bin ich in dieser Disziplin sehr routiniert und kann nur jeden, der Lust hat in diesem Bereich zu lernen, dazu ermutigen, es einfach auszuprobieren, denn ultimativ entscheiden der eigene Geschmack und die eigenen Ohren über das, was gefällt und kein Auto-EQ. Prinzipiell bietet es sich als Einsteiger oder in Ermangelung von Messequipment jedoch an, sich mit dem Absenken von zu vorlauten Frequenzbereichen zu begnügen.

So kann ein Korrekturvorschlag nach einer automatischen Messung aussehen
So kann ein Korrekturvorschlag nach einer automatischen Messung aussehen

Durch die Frequenzgangkorrektur kann ich dem Lautsprecher natürlich keine Tugenden anerziehen, die er nicht sowieso schon beherrscht. Es wäre also vollkommen falsch anzunehmen, dass der Lautsprecher bei mit nur so gut klingt, weil ich den Frequenzgang entsprechend entzerrt habe. Seine extrem gleichmäßige Abstrahlung über den gesamten Frequenzgang und auch außerhalb der Hauptachse ist eine dieser Tugenden. Außerdem ist die Grundabstimmung bereits unglaublich gut gelungen. Die Treiber werden genau in ihren Komfortbereichen betrieben und agieren absolut bruchlos miteinander. Zurück bei Anathemas „The Beginning and the End”, bei dem dank der Korrektur jetzt eine perfekte Ausgewogenheit zwischen den verschiedenen Frequenzbereichen herrscht: Nichts stört, jede einzelne Note sitzt, kein Detail wird mehr maskiert. Wenn ein Lautsprecher es schafft, eine durchschnittlich gute Aufnahme wie diese auf ein gänzlich neues Niveau zu heben und sie nicht gegen eine audiophile Hochglanzaufnahme abschmieren lässt, stimmt für mich einfach alles. Genau das schafft der A10. Ich habe es schon oft erlebt, dass das voller werdende Arrangement des Musikstücks schnell ins Unkontrollierte abrutscht, dies ist hier aber nicht der Fall. Und das sogar, obwohl bemerkenswert viele Details herausgearbeitet werden. Egal wo man hinhört, Stimme, Gitarren, Schlagzeug, überall sprüht Energie und eine Transparenz, die ihresgleichen sucht. Die Beckenreproduktion gehört für mich zu den besten, die ich überhaupt jemals gehört habe. Somit spielt der neue buchardt-Hochtöner für mich ohne Frage in der Oberliga mit. Und dass der Tiefmitteltöner ebenfalls zum Besten gehört, was die Treiberwelt aktuell so herzugeben hat, dürfte auch bekannt sein. Wohlgemerkt beides in einem Lautsprecher weit unterhalb der 10.000-Klasse. Insgesamt schafft es der kleine Lautsprecher aber trotzdem nicht gänzlich, dieses bestimmte Gefühl von Echtheit und die Illusion von „Hautnah dabei“ zu erzeugen. Er bleibt tendenziell seinem Monitor-Charakter treu und vermittelt eher einen Eindruck von Präzision und Akkuratesse. Dabei wirken dennoch ausnahmslos alle Instrumente enorm authentisch und hinreißend schön. Für mich persönlich zählt das mehr als das letzte Fünkchen Live-Gefühl, denn mal ehrlich: Nur live ist live. Letztendlich hören wir immer nur eine Interpretation von einem Live-Ereignis durch die Ohren der Produzenten. Und eben dieser Interpretation bleiben die Anniversary 10 hochgradig treu.

Egal was ich höre, ich staune darüber, mit wie viel Hingabe mir kleinste Details präsentiert werden. In „Alba II“ der Folk-Formation Faun vom Album Midgard beispielsweise wird mir das erste Mal so richtig bewusst, dass im Chorus vier verschiedenen Stimmen zu hören sind und nicht nur zwei. An den so wunderbar minutiös nachgezeichneten Klängen der teils exotischen Instrumente, die mir aus Folk-Sessions inzwischen aber auch in Natura bestens vertraut sind, kann ich mich kaum satthören. So richtig verrückt wird es dann bei Musik wie Albéniz Suite Española No. 1, die Rafael Frühbeck de Burgos für Orchester arrangiert und gemeinsam mit dem Philharmonia Orchestra 1968 selbst für Decca eingespielt hat. In Stücken wie Asturias sind die Durchzeichnung, Vehemenz und Attacke, die der Lautsprecher zu vermitteln mag, ohne dass die Bläser auch nur im Geringsten stechend oder überpräsent wirken, normalerweise nur größeren Kalibern vorbehalten. Auch wenn meine Standlautsprecher insgesamt vielleicht noch einen Hauch souveräner und räumlicher zu spielen vermögen, an der Homogenität und Ansatzlosigkeit, die die A10 bei Orchesterakzenten an den Tag legen, kommen sie nicht vorbei. An ihrer unangestrengten, fast beiläufigen Präzision und Transparenz sowieso nicht.

Bei Atli Örvarssons Musik zum Film „Der Adler der neunten Legion“ respektive „The Eagle“ meldet sich der zwar pegeltechnisch, aber in seinem Tiefgang nicht begrenzte Bassbereich eindrucksvoll zurück. Während die Geigen emotional vor sich hin sirren, schlägt die tiefe Percussion druckvoll zu. So spektakulär konnte ich dieses Album selten genießen. Wieder fällt auf, wie viele Details die Aufnahme offenbart. Verschiedene Hall-Räume, Positionierungen von Instrumenten und Stimmen im Stereopanorama: Wer hinhören möchte, erfährt hier sehr viel über die Entscheidungen am Mischpult. Und wer gar nicht so genau hinhören und einfach nur Musik genießen möchte, kann dies ebenso tun. Denn auch wenn Transparenz oberstes Gebot ist, bleibt Musikalität nie außen vor und die Integrität einer jeden Aufnahme gewahrt und ihre besten Eigenschaften werden herausgekehrt.


  • Lumin U2x

    Es war heuer schon das dritte Mal, dass mich Angus Leung und Krey Baumgartl vom deutschen IAD-Vertrieb, der sowohl WestminsterLab als auch Lumin im Portfolio hat, am Sonntag vor der High End besuchten. Diesmal präsentierten sie den U2x. Dessen Test wäre dann mein dritter Bericht über Lumin. Dennoch habe ich neue Fakten über die Firma erfahren. Die Treffen vor der Messe waren zudem nicht die einzigen mit dem Firmenchef von WesterminsterLab. Aber beim ersten Besuch…
    10.06.2025
  • CoolTech revisited: -180 Grad für SSDs

    Schon bei den Gesprächen während unseres ersten Besuchs hatte CoolTech-Chef Wolfgang Lausecker erwähnt, dass einige seiner Kunden auch Festplatten zur Kryo-Behandlung geschickt und von klanglichen Verbesserungen berichtet hätten. Mir erschienen die Auswirkungen der Kälte auf Schallplatten und Kabel aber erst einmal deutlich spannender. Auf Messen, Veranstaltungen von Herstellern und im privaten Bereich habe ich immer mal wieder „normale“ LPs gegen Frozen-Editions gespielt, wobei mir wegen des höheren Informationsgehalts und der besseren Durchzeichnung die zwischenzeitlich auf…
    03.06.2025
  • Finite Elemente Carbofibre° Statement

    Auf einer Reise ins Ruhrgebiet machte ich einen Zwischenstopp in Meschede, wo sich die Produktion von Finite Elemente befindet. Luis Fernandes und Werner Möhring präsentierten die neue Einsteigerserie Pagode Signature M, Carbofibre°-Böden zur klanglichen Optimierung von USM-Haller-Möbeln und eine ultimative Geräteplattform namens Statement. Die akustischen Besonderheiten in meinem Hörraum waren an dieser Stelle ja vor nicht allzu langer Zeit Thema, allerdings ohne näher auf den gefliesten Boden einzugehen, der sich beispielsweise bei der Aufstellung der…
    30.05.2025
  • Palma DHS-1

    Mit dem Palma DHS-1 haben wir mal wieder einen ersten seiner Art im Test bei Hifistatement: Der Kopfhörer mit dynamischem Schallwandler kann mittels einer drehbaren, perforierten Ohrmuschelabdeckung sowohl offen als auch geschlossen betrieben werden. Ein Umschalten ist in Sekunden möglich. Palma ist als Kopfhörerhersteller aus dem Nichts aufgetaucht. Deshalb habe ich mich selbst erst einmal informieren müssen, wie es denn eigentlich zum DHS-1 gekommen ist. Letztendlich stecken mit Pascual und Mario zwei Kindheitsfreunde hinter der…
    26.05.2025
  • TAD-ME1TX

    TAD ist seit vielen Jahren für seine herausragenden Lautsprechersysteme bekannt. Als uns kürzlich Jürgen Timm vom deutschen Vertrieb in der Redaktion besuchte, hatte er die brandneue TAD-ME1TX im Gepäck. Dieses Modell der TAD „Evolution Series“ ersetzt die allseits geschätzte TAD-ME1 die 2016 vorgestellt wurde, und ist der Einstieg in die TAD-Welt. Die Technical Audio Devices Laboratories, Inc. (TAD) wurde 2007 als 100-prozentiges Tochterunternehmen von Pioneer gegründet und gehört unverändert zum Unternehmensverbund, auch wenn Pioneer seine…
    14.05.2025
  • Stenheim Alumine FIVE SX

    Langjährige Hifistatement-Lesern dürften sich daran erinnern, dass die Alumine FIVE vor acht Jahren hier schon einmal Thema waren. In dieser Zeit entwickelten Jean-Pascal Panchard und sein Team die FIVE kontinuierlich weiter, wie die Modellvarianten SE, SX und LE beweisen. Kleiner Spoiler: Für mich spielt die SX in einer deutlich höheren Liga. Damals traten die nicht unerheblich teureren Kawero! Classic und die LumenWhite DiamondLight gegen die FIVE an und machten schnell klar, dass in Sachen Raumdarstellung…
    12.05.2025

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.