Ich starte den ersten Track des Albums Bassinstinct von der fast gleichnamigen Band Bass Instinct, sechs österreichische Kontrabassisten um Gerhard Muthspiel und Georg Breinschmidt: Auf „Neige grave“ erklingt ein auf den Korpussen der mächtigen Instrumente geklopfter Rhythmus in einem – imaginären? – recht großen Raum und entfaltet einen beinahe hypnotischen Groove, über dem die übrigen Beteiligten teils dialogisch Melodien entwickeln. Dank des LINA sind in dem tiefen Gebrodel eine Unmenge von Details wie Griffgeräusche und Saitenschnarren zu hören, ohne dass der ungeheure Drive des Stücks in den Hintergrund gedrängt wird. Das macht einfach Spaß. Noch dichter wird’s zu Anfang von Bass Instincts Interpretation der Mingus Komposition „Meditations“, wo fast eruptive gezupfte Einwürfe über gestrichenen flächigen Melodien erklingen, sich dann die organisierte Form auflöst und in ein klassisches Basssolo übergeht, dem sich bald eine Con-Arco-Stimme hinzugesellt. Nach und nach steigen auch die übrigen Mitglieder des Sextetts wieder ein. Und das ist nur ein Teil der spannenden Umbrüche und musikalischen Überraschungen in diesem elfminütigen Opus: unbedingt selbst anhören – zumindest, wenn Ihre digitale Wiedergabekette ebenso präzise Strukturen aus dem teils freien Exkursionen herausarbeitet, ohne dabei die emotionale Ebene zu vernachlässigen, wie der LINA DAC X. Der lässt auch dynamisch nichts anbrennen und vermittelt die ungeheure Spielfreude aller Beteiligten. Ein Genuss!

Da dCS' DAC nun anders als vor zwei Jahren mit meiner gesamten digitalen Wiedergabekette harmoniert, möchte ich ihn zumindest kurz mit der Streaming Bridge und dem DAC in dieser vergleichen, auch wenn mir völlig bewusst ist, dass Aries G2.2, der Chord Electronics M-Scaler sowie der DAVE mit ihren speziellen Netzteilen – um von den diversen Kabeln erst gar nicht zu reden – preislich in einer etwas höheren Liga spielen. Dazu eignet sich der Anfang von Schostakowitschs Symphonie Nr. 15 – wie so oft – ganz hervorragend: Schon bei den ersten Tönen vom dCS wird klar, dass er auf ähnlich hohem Niveau wie Chord und Co. agiert. Diese verwöhnen mit einem Hauch mehr Tiefe in der Raumdarstellung, was aber nicht verwundert, wenn man bedenkt, wie viele Stunden Feintuning diese Kombination erfahren hat, während ich beim LINA DAC X weder mit Filtern in der LAN-Verbindung noch mit entsprechenden Kabeln experimentiert habe. Absolut überzeugend, wie gut der dCS schon nach einfachem Plug and Play klingt. Das ist einfach die ideale Komponente für alle sehr anspruchsvollen Genusshörer, die sich nicht über lange Zeit mit der Optimierung ihrer Kette beschäftigen, sondern einfach nur ihre Musik erleben möchten.

Bisher habe ich den LINA DAC X mit festem Ausgangspegel über meine Vorstufe gehört und den imposanten Drehknopf am dCS unberührt gelassen. Da es in den beiden Racks im Arbeitszimmer recht eng zugeht, ist dort ein schneller Wechsel einer Konfiguration mit und ohne Vorverstärker recht umständlich. Deshalb zieht der DAC X ins Wohnzimmer um, wo er die noch kurz zuvor aktive Kombination aus dem als Streaming Bridge genutzten Eversolo DMP-A10 und Chord Electronics' Hugo TT 2 samt M-Scaler ersetzt und sofort Begehrlichkeiten weckt: Er macht schnell klar, dass die bisherige digitale Wiedergabekette das Potential des Einstein-Verstärker-Duos und der Göbel Epoque Aeon Fine nicht vollständig zur Geltung bringt. Also gönne ich mir erst einmal eine paar Files, bevor ich mir durch mehrmaliges Hören den Klang einer Testscheibe einpräge: Mahlers Symphonie Nr. 3 mit Bayerischen Radio Symphonie Orchester unter Mariss Jansons. Anschließend verbinde ich die zu Einsteins The Poweramp führenden XLR-Kabel mit den Ausgängen des LINA und aktiviere dessen Lautstärkeregelung. Die klanglichen Unterschiede zwischen der direkten Verbindung vom Wandler zur Endstufe und dem Umweg über die Vorstufe sind relativ gering: Ist letztere aktiv, besitzt das Klangbild eine Spur mehr Wärme, die Klangfarben schimmern eher golden als silbern. In Sachen Dynamik und Druck im Tieftonbereich schenken sich die beiden Varianten nichts. Ist allerdings allein der LINA aktiv, wirkt der Bass minimal besser konturiert, ja die Abbildung wirkt insgesamt einen Tick feiner durchgezeichnet. Auch wenn das musikalische Erlebnis über The Preamp marginal emotionaler gerät, würde ich als LINA-DAC-X-Besitzer auf eine separate Vorstufe verzichten und das Gesparte lieber in eine Clock investieren.
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