Norddeutsche HiFi-Tage 2024

05.02.2024 // Carsten Bussler

Zum zweiten Mal wurden die Norddeutschen HiFi-Tage im Steigenberger Hotel Treudelberg in Hamburgs Nordosten ausgerichtet. Nach dem Debut dieser Lokation im letzten Jahr mit 157 Ausstellern, fanden 2024 sogar 200 Vertriebe und Hersteller den Weg in diesen hübschen und nach meinem Dafürhalten bestens geeigneten Veranstaltungsort.

Samstagmorgen, acht Grad Celsius, grauer Himmel, Nieselregen. Hamburger Schmuddelwetter, alles wie immer also. Ich habe diesen Einleitungssatz doch glatt aus dem Vorjahresbericht übernommen und eigentlich nur die Temperatur anpassen müssen. Klimawandel hin oder her, auf Hamburg ist in dieser Hinsicht Verlass. Auch die Anreise mit dem Auto war verkehrstechnisch wieder einigermaßen entspannt, von Bauerndemos und Trecker-Korsos wie von mir befürchtet weit und breit keine Spur. Und selbst auf dem Veranstaltungsgelände waren offenbar noch freie Parkplätze zu ergattern, doch ich hatte mir schon im Vorwege einen Geheimtipp ausbaldowert, den ich auch zu nutzen gedachte. Im letzten Jahr hatte ich meinen etwas zu kreativ gewählten Parkplatz doch glatt mit einem dreistelligen Bußgeld bezahlt, im wahrsten Sinne des Wortes. Selbst schuld.

Der Eintritt zur Messe war wie immer frei, und in der Lobby angekommen schnappte ich mir zunächst eins der ausliegenden Raumplan-Heftchen, um mich erst einmal zu orientieren. Die allgemeine Organisation schien mir wieder sehr gelungen, Garderobe, Wegweiser, Service und Freundlichkeit des Hotelpersonals, das alles war doch sehr einladend. Mein erster Eindruck war, dass sich dieses Jahr nicht ganz so viele Besucher durch die Gänge und Räume der Aussteller zu drängeln schienen wie im Vorjahr, was ich persönlich mit Blick auf meinen Berichterstattungsauftrag als angenehm empfand. Crowding sucks. Beim Schlendern durch die Gänge der drei Veranstaltungsebenen fiel mir allerdings auf, dass sich das Besucherverhältnis zwischen Männern und Frauen noch weiter zu Ungunsten der weiblichen Fraktion verschoben zu haben schien, scheinbar ist HiFi doch eher ein Männerhobby. Bliebe ich jetzt politisch korrekt, würde ich auch die „diversen“ Besucher anführen, die jedoch nicht als solche zu erkennen waren.

Insgesamt war die Stimmung sowohl bei Besuchern, als auch bei Austellern sehr positiv, wie ich in vielen Gesprächen erfahren habe. Jedenfalls verriet mir mein trockener Mund im Laufe des Nachmittags, dass ich vielleicht mal mehr – Musik? – hören und weniger sabbeln sollte. Die meisten Aussteller der vergangenen Jahre waren wieder vertreten, man kennt sie ja als regelmäßiger Besucher, die üblichen Verdächtigen. Aber ich mache mich immer gerne auf die Pirsch, um interessante Newcomer zu entdecken und neue, spannende Gerätschaften, natürlich auch gerne abseits vom Mainstream. Allerdings wird zu meinem Bedauern die beinharte Fraktion der Hersteller von Kleinleistungstrioden und Hochwirkungsgrad-Lautsprechern scheinbar immer überschaubarer, das ist übrigens ein allgemeiner Trend, den ich nicht nur an diesem Event festmachen möchte. Zeit also, die Scheuklappen abzulegen und mal etwas über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen, und tatsächlich wurde ich hier und da fündig!

Gleich am Samstagvormittag blieb ich eine ganze Weile im Raum 250 bei den NDHT-Debütanten Storgaard & Vestskov aus dem auf der dänischen Insel Bornholm gelegenen Örtchen Rønne hängen. Diese junge Firma stellte ihre beiden Lautsprecher „Frida“ und „Gro“ vor, von denen gerade der kleinere Zweiweger spielte und mich nachhaltig begeisterte. Frida klang äußerst lebendig und die Musik löste sich sehr gut von den Lautsprechern, die akustisch quasi unsichtbar wurden. Sie spielten sehr klar und neutral, mit erstaunlich kräftigen, schön konturieren und knorrigen Bässen. Meine Frage, ob irgendwo ein versteckter Subwoofer Unterstützung leisten würden, wurde verneint, und wie jeder weiß: Dänen lügen nicht! Sehr beeindruckend, insbesondere wenn man berücksichtigt, dass die umfunktionierten Hotelzimmer ohnehin schwierige akustische Bedingungen bieten.

Natürlich war auch ein Besuch bei EternalArts obligatorisch. Kürzlich hatte ich ja das Vergnügen, den technisch besonderen EternalArts OTL Mk III Stereo testen zu dürfen, der ohne Ausgangsübertrager daherkommt. Zu den NDHT 2024 hatte Dr. Burkhardt Schwäbe diese Endstufe auch wieder mitgebracht, die auch in diesem Umfeld klanglich sehr überzeugend aufspielte, was für mich keine Überraschung war. Vorgeführt wurde mit Musik von der Bandmaschine und Dr. Schwäbe persönlich erläuterte dem Auditorium vor jedem Stück, welche Musiker an welchen Instrumenten jetzt als nächstes spielen würden. Das nenne ich mal liebevolle Fürsorge durch den Chef persönlich! Und für mich war dies eine willkommene Gelegenheit, endlich mit Dr. Schwäbe persönlich plaudern zu können anstatt wie bisher nur fernmündlich.

Fast gegenüber war Uwe Heile von der Audio Offensive (Hifistudio Falkensee) anzutreffen mit Marken wie Vitus Audio, Acoustic Quality (Aqua), BAT, Graham Audio, Oephi oder NEO High End. Die Performance insbesondere des großen LS5/5f Monitor Lautsprechersystems mit seinen mechanischen Diffraktionsfiltern, sprich: mit teilabgedeckten Chassis, war für mich beeindruckend. Derartige Beugespalte können das Abstrahlverhalten größerer Chassis verbessern, gleichwohl hatte ich den Eindruck, der eine oder andere Besucher hätte die Chassis adhoc gerne mit einer kleinen Stichsäge komplett freigelegt. Aber vielleicht habe ich die aufgeschnappten Gesprächsfetzen auch nur falsch interpretiert. Die vorgeführte Rockmusik kam jedenfalls auch bei sehr hohen Vorführlautstärken blitzsauber und nie anstrengend rüber, für mich war das eine der besten Performances auf den NDHT 2024.

Wieder spannend zu erleben und aufgrund des außergewöhnlichen Konzepts erwähnenswert sind die Schallwände von Symann Soundboards. Der Klavier- und Cembalobaumeister Michael Symann aus Ostwestfalen hat diese „Soundboards“ in Anlehnung an den Resonanzboden eines Klavierflügels entwickelt. Für mich ist ihr ganzheitlicher, involvierender und natürlicher Klang eine echte Bereicherung der Szene. Ich finde es immer schön, wenn Fachleute ausgetretene Pfade verlassen und mit technischen neuen Ansätzen völlig neue Akzente setzen, die meinen persönlichen klanglichen Horizont erweitern, jedenfalls war die Vorführung unglaublich spannend und angenehm in der Gesamtcharakteristik.

Auch der kreative Kopf Andrejs Staltmanis (Staltmanis LAB) war erneut vertreten. Er hatte wieder seinen Reibrad-Plattenspieler Reed Muse 1C mit lasergesteuertem Linear-Tonarm Reed Model 5T im Gepäck, den ich ja schon vor einiger Zeit bei mir zu Hause für einen Test zu Gast hatte. Die Gesamtperformance des vorgestellten Setups war sehr überzeugend und das ausgeprägte Besucherinteresse insbesondere am technisch außergewöhnlichen Plattenspieler augenfällig. Offen gestanden hatte ich gehofft, er hätte seine fetten Retro-Hörner aus dem vergangenen Jahr wieder mitgebracht, gleichwohl war die musikalische Darbietung in diesem Jahr noch reifer. Für mich ebenfalls ein klares Highlight der NDHT 2024.

Ein weiterer Höhepunkt war für mich der brandneue Lautsprecher „Menhir A“ von Dynamikks!, den Entwickler Ulf Moning mitgebracht hatte und der noch nicht einmal auf der Herstellerwebseite zu finden ist. Dabei handelt es sich um einen extrem aufwändigen Dipolstrahler mit Koaxialtreiber aus Papier-/Karbonfasermembran für den Bass-/Mitteltonbereich, angetrieben durch zwölf extrastarke Neodymmagneten. Das Hochtonhorn kommt in Druckkammertechnik daher und rückseitig agiert zusätzlich ein Air Motion Transformer. Im Bassbereich werkeln zwei Zwölfzöller. Pfiffigerweise stellte Ulf Moning für den linken und rechten Kanal jeweils eine andere Farboption vor, der Paarpreis liegt bei 29000 Euro. Stilecht wurden die neuen Lautsprecher mit einem fetten UM Labs Röhrenverstärker mit EL156 Endröhre angetrieben. Offen gestanden sorgte die musikalische Darbietung dieses Setups bei mir für Gänsehaut pur und das Herz des Röhren-Maniacs in mir schlug gleich ein paar Schläge schneller.

Abschließend gibt es von mir wieder ein dickes Lob für die Aussteller, die Organisatoren sowie das Steigenberger Hotel Treudelberg, das den letztjährigen positiven Eindruck als Veranstaltungsort bestätigt hat. Alle haben sich sehr viel Mühe gegeben, Corona als einschränkender Faktor ist vorüber, die Normalität gefühlt wieder zurück. Dieses Event war selbst für mich als HiFi-Redakteur alles andere als ein Pflichttermin, sondern viel mehr ein kurzweiliges und willkommenes Event in der grauen Winterzeit und ich weiß jetzt schon, dass ich nächstes Jahr gerne wiederkomme.

Natürlich dürfen direkte Impressionen nicht fehlen, here we go:

 

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