tests/13-03-26_invicta
 
Test.
pf
Deutsch English|

Resonessence Labs Invicta, ein DSD-fähiger D/A-Wandler

26.03.2013 // Lynn Olson

Die meisten DACs, die ich gehört habe und die Delta-Sigma-Wandler (das ist der am meisten verbreitete Typ) benutzen, klangen sehr enttäuschend. Beim 2011-er Rocky Mountain Audio Festival nahm ich an einer Präsentation von Martin Mallinson, dem Produktmanager des ESS Sabre 9018 teil und war vor der Forschung überrascht, die ESS zur Korrektur der kleinen und nur schwer  aufzuspürenden Probleme von Delta-Sigma-Wandlern betreibt. Noise-Shaping-Systeme zu entwicklen, die frei von „idle tones“ – das sind hochfrequente Störungen, die der Wandler selbst generiert – und Modulationen des Störgeräuschteppichs sind, stellt keine alltägliche Herausforderung dar – und diese Artefakte sind es, die größtenteils für den Klang von Delta-Sigma-Wandlern verantwortlich sind.

Die Zeit schreitet voran: Inzwischen hat Mark Mallinson, Martins Bruder, Resonessence gegründet, eine Audio-Firma in Kelowna, die Anwendungen um den ESS 9018 Chip entwickelt. Nun, das ist hochinteressant. Resonessence ist gewiss in einer guten Position für diese Entwicklungen – auf eine Art, die der Beziehung zwischen Microsoft und Intel ähnelt. Das erste Produkt von Resonessence war der Invicta. Da die Firmware über eine SD-Card von der Frontseite her programmiert wird, wurde der Invicta während des Jahres, auf dem er auf dem Markt ist, mit substantiellen Upgrades versorgt. Und das letzte Update – Sie ahnen, wohin es geht – ist die Nummer 4.0.1, die DSD unterstützt.

Ein SD-Card-Schlitz in der Frontplatte? Der Invicta spielt Audio-Files direkt von der Card. Ganz ohne Computer! Der Wandler unterstützt WAV (Windows), AIFF (Apple), FLAC (alle Betriebsysteme) und nun auch DFF-Dateien. Prima! Musik von einer SD-Card zu spielen, ist ganz gewiss eine elegante Art, all die Probleme mit vom Computer über USB übertragenem Jitter zu umgehen (Ja, ich habe gelesen, dass unterschiedliche Plattformen wie PC, Mac, Linux, Laptop und Fullsize-Systeme sich klanglich voneinander unterscheiden).

Klangliche Unterschiede zwischen der SD-Card und dem Computer? Hmmm … nun bei 88,2-, 96- oder 192-Kilohertz-PCM-Datein habe ich keine großen Unterschiede gehört. Aber man hatte eher den Eindruck, als befinde man sich direkt im Aufnahmestudio, wenn man die DSD-Files von der Card statt vom Computer spielte. Aber mit Pure Music vom MacBook Pro klang es auch richtig gut. Die Software bot zusätzlich die Option, dieselben Stücke dank Echtzeitumwandlung in 88,2 oder 176,4/24 Kilohertz in 24 Bit zu hören, wenn man neugierig darauf war, die DSD-Files mit PCM zu vergleichen: Uh, das war nicht so gut. Die Wandlung von DSD in PCM ändert recht deutlich den Charakter und seltsamerweise auch die räumliche Darstellung der Abmischung – das hatte ich wirklich nicht erwartet.

Wie steht's mit Doppel-DSD (128 fs)? Ich habe es nicht zum Laufen bekommen, was an den Dateien oder an Pure Music gelegen haben mag. Vielleicht bedarf es auch des nächsten Firmware-Updates. Aber der Klang von 64-fs-DSD ist einfach atemberaubend: Wahre DSD-Studio-Qualität. Kein Drumherumgerede: Das waren einige der besten Klänge, die meine Kette je hervorgebracht hat. Der Sound ist wirklich üppig, DSD in Hochform – und meilenweit von dem entfernt, was integrierte Player zu bieten haben.

Meine Wunschliste? Glauben Sie es oder nicht, da gibt es sogar eine HDMI-Schnittstelle auf der Rückseite des Invicta. Leider ist alles, was diese tut, das Bild einer Tracklist an ein externes HDMI-Display zu senden, nützlich bei der Wiedergabe von der SD-Card, aber auf dem Display auf der Frontseite erscheint ja schon der Name und die Spielzeit des aktuellen Songs. Was die HDMI-Schnittstelle wirklich interessant machen würde, wäre ein HDMI-Eingang: Es ist zwar ziemlich unbekannt, aber da gibt es ein DSD-über-HDMI-Protokoll. Ich bin mir sicher, dass es das wirklich gibt: Mein Marantz AV8003 unterstützt den Standard, ebenso wie alle OPPO-Modelle, Marantz und die High-End-Denon Blu-Ray-Player.

Wenn die HDMI-Schnittstelle zum Eingang umgewidmet werden könnte, ja dann wäre die Wiedergabe einer SACD möglich und nicht nur DSD-Downloads. Das würde den Nutzen des Invicta noch einmal deutlich steigern und ihn zu einem wirklich universellen D/A-Wandler machen, der alle Formate unterstützt: USB 2.0 vom Computer, die SD-Card und alle High-Resolution-Dateien von einem Blu-Ray-Player. Der kann nämlich die kodierten Audio-Signale von einen DTS-Master oder aus Dolby Studio in High-Resolution-PCM-Datenströme über HDMI konvertieren.

Ich gebe zu, dass DSD-über HDMI eine Art komischer Kauz ist: Die SACDs verschwanden zu genau der Zeit, als Blu-Ray-Player mit ihren HDMI-Schnittstellen auf den Markt kamen. Aber Blu-Ray ist letztlich ein Sony-Standard, weshalb ich mir vorstellen könnte, dass zumindest einige Sony-Player die SACD-Wiedergabe darüber erlauben. Aber wahrscheinlich sind die OPPO-Player die bessere Wahl.

Das wirft allerdings die Frage auf, warum man einen Invicta kaufen sollte, wo doch das OPPO-Topmodell denselben ESS Sabre 9018 Chip-Satz verwendet. Nun, einen Teil der Attraktivität des Invicta macht seine Firmware-Upgrade-Fähigkeit aus, ebenso wie seine erstklassige Analogstufe, die von jeder Beeinträchtigung durch ein mechanisches Laufwerk frei ist. Der 9018 ist zwar ESS' Wandler mit der besten Leistung, weist im Gegenzug aber eine erhöhte Sensibilität für Störungen aus dem Netzteil, den Jitter der Clocks und das Layout der Platinen auf: Das ist der Grund dafür, dass D/A-Wandler mit dem 9018 in der Tat sehr unterschiedlich klingen.

Wenn Sie in Berichten gelesen haben, der ESS 9018 klinge aufdringlich und scharf, dann beschreibt das, wie der 9018 unter suboptimalen Bedingungen klingt; das ist aber nicht der tatsächliche Klang des 9018. Der Invicta überzeugt mit einem zauberhaft weichen, seidigen und farbigen Klang. Ich mag mich damit weit aus dem Fenster lehnen, aber wenn der 9018 der beste Delta-Sigma-Wandler ist – und ich denke das ist er – dann ist der Resonessence der best D/A-Wandler, der den 9018 verwendet.

Und wie klingt der Invicta mit PCM-Dateien? Ich ziehe den TI/Burr-Brown 1704 noch immer ein wenig vor, aber der Unterschied ist marginal. Wenn man aus dem Zimmer heraus- und wieder hineingeht, wird man ihn nicht bemerken: So gering ist er. Am besten klingt es, wenn Pure Music den CD-Standard auf 176,4 Kilohertz und 24 Bit upsampled. Das Upsampling kann natürlich auch der Invicta übernehmen, was aber ein klein wenig anders klingt. Er bietet auch die Auswahl zwischen nicht weniger als sieben Filterarten. Für mich klingt die Werkseinstellung mit dem Linear-Phase-Apodizing-Filter am besten, auch wenn das Minimum-Phase-IIR-Filter eine gute Alternative ist.

Der S/PDIF-Eingang klingt ebenfalls sehr gut: bei einigen Scheiben klingt der Denon-Transport aus Gründen, die ich nicht verstehe, besser als das MacBook Pro. Wer sich Kopfzerbrechen wegen Jitter macht, der greift zur SD-Card: Es kostet nur einige Minuten, Ihre Lieblings-Track auf die Card zu kopieren und diese in den Schlitz auf der Frontplatte des Invicta zu schieben. Ich gehe allerdings lieber auf Nummer sicher und schalte den Wandler aus, bevor ich die Card einschieben.

Wenn Sie bereits DSD-Dateien herunterladen, tun Sie sich selbst einen Gefallen und hören Sie sich den Invicta über eine gute Anlage an. Wenn Sie Downloads und Computer-Audio noch nicht ausprobiert haben, hören Sie sich ein paar DSD-Dateien mit dem Invicta an. Anders als bei anderen USB-Wandlern ist ein Computer in der Hifi-Anlage hier optional: Da ist viel Platz auf SD-Cards, und der audiophile Kabel- und Jitter-Dämon ist für immer verbannt. Der Klang? Fingerschnippen, Dynamik, Räumlichkeit und vor allem lebendige Klangfarben in Studio-Qualität: all das auf einer SD-Card von der Größe einer Briefmarke.

HERSTELLERANGABEN
Resonessence Invicta DSD-fähiger D/A-Wandler
Preis 3995 kanadische Dollar
Internet www.resonessencelabs.com

  • sommelier du son, NativeDSD und hifistatemtent.net

    Seit einigen Wochen sind die ersten beiden Alben unseres Plattenlabels sommelier du son im Download-Portal NativeDSD erhältlich. Heute soll ein weiteres hinzukommen und in Kürze ein viertes. Hifistatement-Leser können die Aufnahmen zu vergünstigten Konditionen erwerben und einen kostenlosen DSD-Download gibt es auch noch. Vor mehr als fünf Jahren habe ich an dieser Stelle über die Zukunft des DSD-Formats spekuliert und etwa zwölf Monate später noch einmal eine Bestandsaufnahme in Sachen Ein-Bit-Formats gemacht. Damals gab es…
    08.11.2018
  • ifi xDSD

    Als ich den xDSD zum ersten Mal sah, kam mir das Konzept eher kryptisch vor. Features wie XBass+ und 3D+ sind bei Produkten von ifi zwar keine Unbekannten, aber ihre Paarung mit einem analogen Lautstärkeregler, Bluetooth und MQA in einem Mini-Gehäuse schien einfach zu viel des Guten. Doch klingen tut der xDSD kein bisschen kryptisch. Der xDSD versteht sich als Bindeglied zwischen dem eher stationären micro iDSD Black Label und dem portablen nano iDSD Black…
    17.09.2018
  • artistic fidelity arfi-dac2xt

    Dieser D/A-Wandler der gehobenen Preisklasse kommt ohne verchromte Frontplatte aus, trägt weder den Namen eines Komponisten noch den einer Gottheit, sondern heißt schlicht: arfi-dac2xt. Er besitzt keinen der vertrauten AES/EBU-, S/PDIF- und USB-Eingänge, akzeptiert PCM nur bis 192 Kilohertz und kein DSD. Wirklich spannend! Das ist übrigens nicht im mindesten ironisch gemeint: Denn der dac2 aus artistic fidelitys XT-Serie kann mit einer Reihe hochinteressanter, weil eigenständiger Lösungen aufwarten. Sein Entwickler Ralf Koschnicke nimmt keine Rücksicht…
    21.08.2018
  • B.audio B.dpr

    Als sich das Team des noch jungen Unternehmens B.audio zum Besuch in der Redaktion bei Hifistatement ankündigte, waren Dirk Sommer und ich in freudiger Erwartung. Denn mit im Gepäck hatten Sie ihr Erstlingswerk, einen klassischen Digital-Analog-Wandler, der „klanglich das ‚Digital‘ aus Digital-HiFi entfernen soll“. Wir freuen uns immer, wenn Unternehmen uns ihre Geräte zum Test anbieten. Bei Newcomern sind wir hier immer offen, aber auch kritisch und mitunter etwas skeptisch, wenn besondere Versprechungen gemacht werden.…
    30.04.2018
  • Bakoon DAC-21

    Die südkoreanische Firma Bakoon wartete auf der diesjährigen High End mit dem ersten Serienmodell des DAC-21 auf. Der über Li-Ionen-Akkus gespeiste Digital-Analog-Wandler basiert auf dem Bakoon eigenen, über viele Jahre entwickelten, SATRI-Schaltungsprinzip. Die SATRI Technologie soll die Seele und Emotionen in der Musik auf natürliche Weise erhalten. Bakoon Products wurde 1991 von Akira Nagai in Kumamoto Japan gegründet und ist heute eine japanisch-südkoreanische Kooperation. Die von dem japanischen Wort „satori“ (Offenbarung) abgeleitete SATRI-Schaltung, ist Bakoons…
    17.11.2017
  • Mytek Manhattan II

    Seit mehr als fünf Jahren tummeln sich die in der Studio-Szene schon damals anerkannten Digital-Spezialisten von Mytek auch sehr erfolgreich auf dem Hifi-Markt. Mit dem Manhattan II begeben sich Michal Jurewicz und Marcin Hamerla nun auch in High-End-Gefilde – klanglich, optisch und mit Preisen bis zu 8500 Euro. Mit dem ersten, noch für den Profi-Bereich konzipierten Stereo 192-DSD-DAC setze Mytek zumindest für mich einen Meilenstein in puncto Preis/Klang-Verhältnis. In Sachen Bedienungskomfort musste man allerdings den…
    21.08.2017

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.