tests/17-09-25_acousticplan
 

AcousticPlan Mantra

25.09.2017 // Jürgen Saille

Also los gehts, als erstes habe ich eine Latinjazz-Scheibe mit Michael Brecker am Tenorsaxophon herausgekramt. Brecker hatte ja nicht nur Jazz gespielt, sondern auch bei Pop-Produktionen mitgewirkt, bei denen ein Solo kraftvoll und auf den Punkt kommen muss. Entsprechend dominant ist auch sein Auftritt auf dieser Scheibe mit Eddie Palmieri am Piano. Und das, obwohl er auf Grund seiner Erkrankung bereits mit weicheren Blättchen spielen musste. Jedenfalls lässt unser Mantra hier nichts anbrennen, die unglaubliche Dynamik seiner Spielweise kommt enorm gut rüber. Der etwas heisere Ton hört sich mit manchen Verstärkern eher dünn und nach Plastik an, Ornette Coleman lässt grüßen. Der Hybrid kann hier durchaus eine dreidimensionale Abbildung mit realistischem Ton liefern. Vielleicht nicht ganz so ausgeprägt wie mit der 300B aus gleichem Hause, aber dies würde man nur im direkten Vergleich hören. Kern dieser Musik ist aber die unbändige Spielfreude, der packende Drive, angetrieben durch die Percussionslegende Giovanni Hidalgo, der einen nicht ruhig sitzen lässt. Mantra trifft den Kern dieser Musik, es macht einfach Spaß, hier zuzuhören.

Der Bass ist sehr kontrolliert und trocken, das liegt sicher auch an dem geringen Ausgangswiderstand und damit hohem Dämpfungsfaktor der Endstufe. Zudem gehört eine straffe Basswiedergabe auch zu den Stärken der bipolaren Sanken Transistoren. Allerdings fehlt mir im Vergleich zum AcousticPlan WE 91 – wie hieß der gleich wieder? – und auch zu meinen eigenen Röhrenverstärkern ein bisschen Farbe im Bass. Das Volumen eines Kontrabasses scheint ein wenig verkleinert, wie es öfter bei transistorisierten Geräten zu hören ist. Auch ist die tonale Ansprache eines Kontrabasses nicht so schnell, wie sie manchmal dargestellt wird. Das ist natürlich Jammern auf hohem Niveau und viele werden sicher die trockenere Wiedergabe des Mantra bevorzugen. Zumal dies auch von den Basschassis abhängig ist; meine Treiber kommen sehr gut mit geringerem Dämpfungsfaktor zurecht, das ließe sich auch an den Feldspulen einstellen. Das kann aber bei anderen Basstreibern natürlich wieder ganz anders aussehen. Insgesamt ist der Klang sehr neutral, etwas nüchterner, sozusagen Tonalität ohne Schlagseite. Die Neutralitätsfreaks unter uns werden einfach sagen: richtiger. Dazu weiter unten eine Bemerkung.

Eng geht es hier zu! Für einen Röhrenwechsel konsultiert man am besten einen Gynäkologen! Anstelle der E88CC wird hier das amerikanische Pendant 6922 der Firma Electro Harmonix eingesetzt
Eng geht es hier zu! Für einen Röhrenwechsel konsultiert man am besten einen Gynäkologen! Anstelle der E88CC wird hier das amerikanische Pendant 6922 der Firma Electro Harmonix eingesetzt

Ok, dass der Hybrid bei 100 Watt Ausgangsleistung mit einer fetzigen Aufnahme klarkommt, habe ich irgendwie erwartet. Deshalb habe ich als nächstes eine Scheibe mit sparsamer Instrumentierung und rein akustischen Instrumenten aufgelegt. Ein Titel des französischen Gambenvirtuosen und Komponisten Marin Marais. Hier gespielt auf einer Viola da Gamba sowie einer französischen Theorbe, die sich unter anderem durch kürzere Basssaiten und einen voluminöseren Korpus von den beliebten italienischen Modellen unterscheidet. Die Theorbe wurde ja im 16. Jahrhundert aus der Laute entwickelt, als man nach einer Möglichkeit gesucht hatte, tiefere Töne zu erzeugen. Das Endergebnis war dann ein verlängerter Hals mit einem zweiten Wirbelkasten für die tiefen Saiten. Die Theorbe besitzt einen tiefen, fülligen Klang, der sehr leicht zu erkennen ist, wenn man ihn einmal in natura gehört hat. Mantra bildet diesen charakteristischen Ton mit großer Präzision und immer leicht erkennbar ab; das auch bei unterschiedlichen Aufnahmen mit unterschiedlichen Interpreten.

Ein Cembalo sprüht förmlich vor Energie, natürlich abhängig von der Spielkunst des Interpreten. Bei diesem Instrument werden Saiten ja angerissen und nicht wie bei einem Flügel angeschlagen. Dies führt zu einem sehr obertonreichen Klang, den der Verstärker sehr gut wiedergeben kann. Möglicherweise gibt hier die rauscharme E88CC in Verbindung mit der besonderen Schaltung der Endtransistoren den Ausschlag. Oder um sinngemäß mit Gerhard Polt – Für die Nordlichter unter uns: Polt ist ein bayerischer Kabarettist – und seiner Mai Ling zu sprechen: Er schmutzt nicht! Aber egal, das Ergebnis kann sich jedenfalls sehen lassen. Für diese Performance benötigt das Gerät übrigens durchaus eine halbe Stunde Vorwärmzeit, die Transistoren brauchen eine Weile, bis sie in die Pötte kommen. Das ist nun nicht so, dass man vorher nicht Musik hören könnte, aber die Wiedergabe der ganzen Feinheiten, zu welcher der Verstärker in der Lage ist, kommt erst nach einer gewissen Vorwärmphase. Die Kühlkörper werden übrigens nur handwarm, es dürfte sich also um eine Class-A/B-Schaltung handeln.


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