Norddeutsche HiFi-Tage 2024

08.02.2024 // Wolfgang Kemper

Hat sich der Besuch gelohnt? Wie so oft bei Audio-Shows in Hotels gab es auch dieses Mal Enttäuschungen und erfreuliche Erlebnisse. Mit dem Veranstalter hat letzteres wenig zu tun, da weder eine Hotelmesse noch ein Forum wie die HighEnd im Münchener MOC gleich gute Raumbedingungen für alle bietet.

Enttäuschungen basieren meist auf zu hohen Erwartungen. So präsentierte sich der eine oder andere Vertrieb mit seinen Marken etwas bescheidener als in der Vergangenheit und zeigte nur einen kleinen Teil seines Portfolios. Erfreut hat mich, dass sehr häufig kleinvolumige Boxen musizierten, was den Hotelzimmern angemessener war als großes Besteck. Die Aussteller müssen, das ist wohl verständlich, bei der Vielzahl von regionalen HiFi-Shows dieser Art, wie es sie inzwischen landesweit gibt, ihren Aufwand auch im Rahmen halten. Da ist das Budget pro Auftritt natürlich kleiner. Der Handel macht momentan auch nicht mehr die Umsätze wie zu Zeiten von Corona. Um so erfreulicher ist es, feststellen zu können, dass diese Norddeutschen Hifi-Tage sehr gut besucht waren. Auch viele junge Menschen befanden sich unter den Besuchern. Auf dem etwas entfernt liegenden und unkomfortabel zu erreichenden Parkgelände sah man an den Kennzeichen, dass die Gäste teils eine erhebliche Menge von Kilometer zu reisen hatten. Ich war nicht der einzige aus dem Raum Hannover.
Ich gestehe, dass ich nicht die Zeit hatte, in allen Räumen einen Hörplatz zu suchen und Musik zu hören. In erster Linie suchte ich das Gespräch mit den Ausstellern, meist vor dem Vorführraum, wenn dort Musik lief, um nicht zu stören. So auch bei Phonar, wo die Veritas P 9.2SE vorgeführt wurde, die ich ja gerade testete. Da hätte mich schon interessiert, wie sie auf dieser Ausstellung klangen. Aber auch hier fiel auf, in welchem Dilemma die Aussteller sich befinden. Nach meiner Hörerfahrung hätte ich die Veritas etwas mehr nach innen angewinkelt. Wenn man jedoch mehrere Sitzreihen bedienen will oder muss, sucht man nach dem Kompromiss, der hier eher die hinteren Reihen bediente.

Phonar-Inhaber Kai Henningsen (rechts) und Karsten Grämkow präsentierten die Veritas
Phonar-Inhaber Kai Henningsen (rechts) und Karsten Grämkow präsentierten die Veritas

Hörensagen: Einige Besucher, die meinen Testbericht gelesen hatten, waren von der Vorführung nicht ganz so begeistert – schade, aber der eigene Hörraum ist doch immer entscheidend und die Messebedingungen halten da selten mit. Ich habe die Veritas dennoch heute gekauft
Hörensagen: Einige Besucher, die meinen Testbericht gelesen hatten, waren von der Vorführung nicht ganz so begeistert – schade, aber der eigene Hörraum ist doch immer entscheidend und die Messebedingungen halten da selten mit. Ich habe die Veritas dennoch heute gekauft

Genau anders herum war es mit den drei Sitzreihen bei Lyravox, wo mir die Präsentation der neuen aktiven DSP-Lautsprecher für 40.000 Euro ausnehmend gut gefiel, in der wandnahen dritten Reihe der Tiefbass aber eindeutig überbetont war. In der ersten und zweiten Reihe waren die neuen Karlmann Monolith ein Genuss. Neben der Tonalität beeindruckte mich vor allem die homogene Schnelligkeit des Systems. Entwickler Jens R. Wietschorke hat hier schallschluckendes Dämmmaterial weitestgehend weggelassen, um die Energie nicht auszubremsen. Die unvermeidbaren Resonanzen werden im Gehäuse durch dreizehn unterschiedlich und bis zu 45 Zentimeter lange absorbierende Kammern eliminiert. Das bedeutet einen erheblichen Aufwand mit musikalisch deutlich hörbarer Wirkung. Die 55 Millimeter starken Seitenwänden des Gehäuses bestehen aus einem speziellen Aluminium-haltigen, hochdichten Kunststein, der aus Portugal zugeliefert wird und zwar in fester wie flüssiger Form, so dass die Verschmelzung der Wände miteinander möglich ist. Spezielle Werkzeuge erlauben die Bearbeitung des auf den ersten Blick zweiteiligen Gehäuses. Dem ist jedoch nicht so. Die beiden Würfel bilden eine Einheit als nach unten geöffnetes Gehäuse für den 15-Zoll Tieftöner, dessen Antrieb über zwei Luftspalte und vier Magnete erfolgt. Im oberen Würfel sorgt in einer rückseitigen, nach hinten offenen und mit Stoff verkleideten Kammer ein Magnetostat mit dazugehörigem Pegelregler für den die Raumabbildung unterstützenden indirekten Schall. Die von Lyravox bekannte Öffnung zur Hochtonabstrahlung nach oben ist hier eine Luftzufuhr für den Sieben-Zoll Keramik-Mitteltöner von Accuton, der in einem nach vorn breiteren, Trapez-förmigen Gehäuse arbeitet und mit einer Accuton Hochton-Kalotte kombiniert ist. Der Philosophie von Lyravox entsprechend ist das musikalisch imposante, pro Box 115 Kilogramm wiegende neue Modell aktiv mit DSP-Weiche, auch zur optimalen Integration in den Hörraum aufgebaut. Wie effektiv diese Raumanpassung möglich ist, war hier zu erleben. Vorgeführt wurden LPs auf dem AMG Giro Plattenspieler. Im Rack stand aber auch ein Vorserien-Exemplar des neuen eigenen Server/Streamers, an dem Dr. Götz von Laffert seit langem arbeitet, der aber schon sehr bald erhältlich sein soll. Karlsson, der Lyravox-Lautsprecher, der meinen Kollegen Finn Gallowsky seit seinem Test nachhaltig – ich erlebe ihn immer wieder darüber schwärmen – begeisterte, stand dekorativ im Vorführraum. Auf dem zweiten Foto erklärt Jens R. Wietschorke (rechts) dem Autor die neuen Karlmann.

 


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