boulevard/19-03-19_acapella
 

Acapella Audio Arts: Sphäron Excalibur

19.03.2019 // Dirk Sommer

Die Bassmodule von hinten
Die Bassmodule von hinten

Aber Bangemachen gilt nicht: Ich bin ja schließlich nach Duisburg gereist, um Ihnen von diesem State-of-the-Art-Lautsprechersystem zu berichten. Und dabei geht es keinesfalls darum, Sie mit meiner Beschreibung neidisch zu machen. Hermann Winters geht davon aus, dass die Sphäron vor ihrer Reise nach China mindestens bis zur High End im Audio Forum stehen wird: Bis dahin haben Sie also die vielleicht einmalige Gelegenheit, dieses Lautsprechersystem selbst zu erleben und ihre Maßstäbe in Sachen realistischer Audiowiedergabe neu zu definieren. Acapellas Studio ist an zwei Tagen in der Woche geöffnet, eine telefonische Voranmeldung würde ich aber dennoch empfehlen. Dass bei dieser Demonstration vor allem die aktive Sphäron für das wohl singuläre klangliche Ergebnis verantwortlich ist, beweist ein Blick auf ihre Mitspieler. Da findet sich heuer nicht etwa wie vor drei Jahren bei der Poseydon ein Mastertape auf einer von Alfred Rudolf sowohl bei der Aufnahme als auch bei Wiedergabe resonanzoptimierten Telefunken M15, sondern der für Acapella von ReQuest gefertigte Streamer The Audio One, der mit geringfügig mehr als einem Prozent des Preises der Sphäron in der Anlage zu Buche schlägt. Aktuell werden nicht einmal alle Funktionen des Audio One genutzt. Statt seiner Analog-Ausgänge ist eine digitale Schnittstelle mit der weiteren Kette verbunden: Als D/A-Wandler und Vorstufe agiert ein Prototyp, der in Kooperation mit Artistic Fidelity – oder Ralf Koschnicke – entwickelt wurde. Die Wandler-Sektion der Acapella-DAC/Vorstufen-Kombination entspricht der des hier bereits wegen seines Klanges und seines enorm kundenfreundlichen Preis/Leistungs-Verhältnisses hoch gelobten arfi-dac2xt. Lediglich die heuer einzige analoge Quelle, der LaMusika Laudatio, ist ebenso rar wie die Sphäron und auch preislich in High-End-Gefilden angesiedelt. Die Schallwandler benötigen für die meisten im Folgenden beschriebenen Klänge also weder Mastertapes noch absolut unbezahlbare Mitspieler. Und die meisten der gehörten Files waren solche mit 16 Bit und 44,1 Kilohertz.

Im hinteren Teil des Gehäuses für den Ionen-Hochtöner wurde eine Basis für die Mono-Endstufe abgehängt
Im hinteren Teil des Gehäuses für den Ionen-Hochtöner wurde eine Basis für die Mono-Endstufe abgehängt

Während einige meiner Test-Alben per WLAN auf den Server wandern, übernimmt Hermann Winters die Rolle des iPad-DJs. Er beginnt mit einer alten A&M-Einspielung: „Top Of The World“ von den Carpenters. Die wohlbekannte Melodie plätschert fröhlich vor sich hin, so dass man sich gut auf die klanglichen Aspekte des Songs konzentrieren kann. Ich habe beispielsweise nicht gewusst, mit wie viel Druck und Realismus hier die Bass-Drum eingefangen wurde. Die Sphäron erlauben es, tief in den – virtuellen? – Aufnahmeraume hineinzuhören und sich über die perspektivisch überzeugende Anordnung der bestens differenzierten Instrumente zu freuen. Wenn man das Lied wie ich nur aus dem Radio kennt, ist es beinahe erschreckend, welche Fülle an Informationen dieser aufnahmetechnische Glücksfall enthält. Aber um dies alles hören zu können, bedarf es schon eines so hoch auflösenden Schallwandlers wie der großen Excalibur. Was es nicht dazu braucht, ist eine hohe oder auch nur gehobene Lautstärke. Es ist für mich absolut verblüffend, dass die Sphäron diese enorme Durchzeichnung auch bei moderater Zimmerlautstärke an den Tag legt. Ihr Wirkungsgrad von gut über 100 Dezibel ist nicht nur von Vorteil, wenn es um brachiale Pegel geht. Beim Leisehören macht er sich ebenso stark positiv bemerkbar. Mindestens ebenso viel Lob gebührt natürlich auch der Endstufe, die nicht nur eine enorme Leistung bereitstellt, sondern auch im Milliwatt-Bereich nichts von ihrer Finesse einbüßt.

Weiter geht’s fern ab von Diana Krall, den Eagles und den üblichen audiophilen Langweilern mit den Fairfield Four und „Those Bones“. Die Vier im Namen der Band steht für die vier Stimmlagen, in denen die Gospel-Gruppe zu hören ist, und nicht zwingend für die Zahl der Sänger. Bei ihrer Gründung etwa waren die Fairfield Four ein Quintett. Die Sphäron projiziert die Herren direkt ins Audio Forum, ohne dass dabei auch nur die geringsten technischen Artefakte zu vernehmen wären. Die Stimmen kommen ungemein natürlich rüber – außer der des Bassisten. Denn der verlässt sich nicht auf sein eigenes Volumen, sondern nutzt den Nahbesprechungseffekt des Mikrofons für ein wenig zusätzliche Fülle. Über die Sphäron wirkt er dadurch deutlich größer als seine Kollegen. Das schmälert zwar nicht den Genuss an diesem Song, beweist aber, dass Acapellas Topmodell auch aufnahmetechnische Spielereien so ganz nebenbei hörbar werden lässt. Keinerlei Auffälligkeiten enthüllt die Sphäron bei Gene Harris' Version von „Summertime“: Sie stellt einfach einen Flügel in Originalgröße in den Raum, garniert ihn mit Kontrabass und Schlagzeug und lässt die Musik fließen. Später kommt dann das rhythmische Klatschen des zu Recht euphorischen Publikums hinzu. Da taucht nicht der kürzeste Gedanke an die technischen Aspekte der Wiedergabe auf, die Musik steht im Vordergrund, man ist einfach bei einem mitreißenden Konzert dabei.


  • Interview mit Monsieur Delétraz aka darTZeel – Teil 2

    Vor einer Woche standen an dieser Stelle der berufliche Werdegang des darTZeel-Gründers und die schaltungstechnischen Besonderheiten seiner patentierten Endstufe im Blickpunkt. Im Folgenden geht es um die Mitarbeiter der Firma, kommende neue Geräte, die spezielle darTZeel- 50-Ohm-Verbindung und Hervé Delétraz' musikalische Vorlieben. Dirk Sommer: Seit wann kannst Du von Deiner Hifi-Firma leben? Hervé Delétraz: Erst sehr spät! Ab etwa 2010, es hat ziemlich lange gedauert, bis ich davon leben konnte. 2010 konnte ich meine andere…
    02.08.2024
  • Interview mit Monsieur Delétraz aka darTZeel – Teil 1

    Schon vor der High End hatte ich einen Test von darTZeels Vor/End-Verstärker-Kombination NHB-18S und NHB-108 geplant. Im Ausstellungsraum frage ich dann den Firmengründer Hervé Delétraz nach technischen Details seiner Kreationen. Er schlug vor, sich am Firmensitz und in seinem privaten Hörraum in der Nähe von Genf ausführlich darüber zu unterhalten. In der ersten Juli-Hälfte war es dann soweit: Wir besuchten darTZeel in Plan-les-Ouates. Die Firma residiert dort in Räumen eines großzügigen Gebäudekomplexes einer Stiftung, deren…
    26.07.2024
  • Im Hörraum: J.Sikora Reference

    Immer mehr Hersteller und Vertriebe verewigen ihre Besuche bei Hifistatement auf Handy-Fotos, um diese dann in den sogenannten sozialen Medien zu posten. Ähnliches haben wir nicht geplant, aber manchmal ist es wirklich schade, dass Sie nicht sehen können, was gerade im Hörraum passiert. Den Aufbau des J.Sikora haben wir für Sie dokumentiert. Dabei war eine solche Foto-Story gar nicht geplant. Es sollten nur einge Fotos zur Garnierung des Test entstehen. Doch es wurden viel mehr.…
    19.07.2024
  • Interview mit Leslie Mandoki

    Während der High End veröffentlichte Leslie Mandoki die neue Vinyl-Doppel-LP seiner Soulmates: A Memory Of Our Future. Schon die Liste der Mitwirkenden – unter anderen Ian Anderson, Al Di Meola, Mike Stern, Randy Brecker, Bill Evans, Till Brönner, Tony Carey und John Helliwell – macht sie zu etwas Einmaligem. Ebenso exquisit war die Aufnahmetechnik. DS: Hallo, Herr Mandoki. Wir haben gestern bei der Pressekonferenz erfahren, dass Sie das letzte Album komplett analog aufgenommen haben. Da…
    21.06.2024
  • Live at The Villa Belvedere: Bugge Wesseltoft

    Zur Zeit der Aufnahme der DePhazz-LP für Audio Trade saßen meine Gattin, ATR-Geschäftsführer Markolf Heimann, Künstlerhafen-Inhaber Dirk Mahlstedt und ich in der Villa Belvedere zusammen und diskutierten über ein Nachfolgeprojekt. Neben den Namen deutschsprachiger Künstlerinnen fiel auch der eines international renommierten Pianisten: Bugge Wesseltoft. Der Norweger war Markolf Heimanns absoluter Favorit. Mir kam das während der ersten gemeinsamen Produktion jedoch ein wenig so vor, als wollten wir nach den Sternen greifen – damals wussten wir…
    14.06.2024
  • Statements in High Fidelity | German Edition 2024

    Das Beste an den Awards, die highfidelity.pl und hifistatement.net zweimal im Jahr vergeben, ist die kleine Feier zur Übergabe der Preise, bei der unterschiedliche Charaktere aus verschiedenen Ländern in teils fremder Umgebung zusammenkommen. Diesmal hat der Mix hervorragend funktioniert. Mein Kollege Wojciech Pacuła beschreibt seine Eindrücke so: In der malerischen Umgebung der bayerischen Landschaft, in einem wahrhaft schmucken Wirtshaus auf dem Lande, in dem ein bayerischer Dialekt gesprochen wird, den gewiss nicht alle Münchner verstehen,…
    07.06.2024

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.