Freitag, 18 Oktober 2013 02:00

Son & Sens 2013, Teil zwei

Wir haben etwa die Hälfte des Messe-Rundgangs hinter uns gebracht, gerade noch die Köstlichkeiten des zweiten Halte Gastronomique genossen und gehen nun bestens erfrischt den letzten Teil der Sons & Sens an.

Vom Vorraum der Salons Chablais, Dezaley Lavaux gelangt man über ein paar Stufen in einen Gang, der die Zimmer der ersten Etage miteinander verbindet. Alle Räume schmückt eine Tür mit dem im ersten Teil des Berichts abgebildeten Jugendstil-Ornament und alle gehen zum See hinaus und erlauben einen Blick aufs Wasser und die Alpen. Für weitere Ablenkung sorgen die überall ausliegenden Fall'Art-Objekte, über die zumindest der Autor mit gemischten Gefühlen geht: So ansprechend einige von ihnen auch aussehen, so befremdlich ist es, Kunst mit Füßen zu treten – auch wenn man weiß, dass dies ganz im Sinne ihrer Schöpferin Myriam Machi ist. Bevor wir uns wieder Hifi-Geräten zuwenden, lassen Sie uns noch einigte Fall'Art-Flächen betrachten:

 

Chambre 103

Noch um zwei Ecken herum und wieder paar Stufen hinab findet sich der Ausstellungsraum von Eternity Joe. Als das Hotel gebaut wurde, waren Rollenkoffer eben noch nicht in Mode und um den Transport des Gepäcks kümmerten sich Bedienstete. Doch zurück zum ebenso einprägsamen wie in der Schweiz eher ungewöhnlichen Firmennamen: Der entsprang ganz einfach einer Laune und wurde inzwischen zum Synonym für den Firmenchef Kurt Zimmermann

 

Chambre 106

Wie Sie an den Zimmernummern erkennen, lagen die Vorführräume so weit voneinander entfernt, dass sich benachbarte Aussteller akustisch nicht in die Quere kamen. Aber der entspannten Atmosphäre entsprechend blieb man bei den Sons & Sens von Lautstärkeexzessen, wie sie auf der High End schon mal vorkommen, verschont. Im Zimmer 106 gab es eine weitere Neuentdeckung: Audio Performance, eine Firma die sich seit 1987 in professionellen Gefilden tummelt und für ein wenig Verwirrung sorgt: Sowohl auf der Website als auch auf einer Visitenkarte findet auch die Variante Performance Audio. Egal, auf der Box steht jedenfalls Audio Performance und dem Klang der Monitore tut das Ganze keinen Abbruch.

 

Chambre 111

Hier treffen ich dann auf schweizer Hifi-Urgestein: Rowen. Seit 1972 beschäftigt sich Firmengründer Anton Aebischer mit möglichst naturgetreuer Musikwiedergabe. Bekannt wurde die Marke dann vor allem mit dem 1987 vorgestellten Lautsprecher 1&1. Inzwischen gibt es neben verschiedenen Lautsprecherlinien auch eine ganze Palette an Elektronik und sogar einen Plattenspieler. Auch Modifikationen von NAD- und Myriad-Komponenten werden angeboten.

 

Suite 120

Auch die Aussteller in dieser Suite haben ihr Wurzeln im professionellen Audiobereich: Klangwerk und Weiss sind aber inzwischen auch in Hifi-Kreisen genau so gut beleumundet wie in Tonstudios.

 

Halte Gastronomique 3

Natürlich gab es auch auf diesem Gang wieder ein kulinarisches Angebot, bei dem man bei lustvoller Nahrungsaufnahme seine Höreindrücke verdauen oder noch mehr Musik genießen konnte.

 


Chambre 203

Wie die Zimmernummer zeigt, sind wir wieder in der zweiten Etage angekommen, wohin man auf zwei Wegen gelangen kann. Dennoch habe ich die drei Ausstellungszimmer beim  zweiten Rundgang nicht sofort wiedergefunden, da die Ausschilderung des Weges nicht wirklich optimal war. Aber das ist nur ein kleiner Wermutstropfen bei der ansonsten nahezu perfekten Organisation der Sons & Sens. Im Zimmer 203 herrscht dann soundkaos. Unter dem ironisch gewählten Namen firmieren optisch und akustisch ungemein ansprechende Schallwandler.

 

Chambre 211

Obwohl die Messe mehr Sinne ansprechen möchte als das Gehör, kommt sie erfreulicherweise ganz ohne Home-Entertainment-Equipment aus. Es ging fast überall um die gute alte Stereowiedergabe. Nur bei Illusonic nicht. Da standen gleich fünf Lautsprecher im Raum – und ich habe mich dennoch getraut hineinzugehen. Und nun muss ich gestehen, dass das Hinzufügen eines Centers- und zweier seitlicher, nur sehr dezent eingesetzter Kanäle den Musikgenuss wirklich intensivieren kann.

 

Chambre 215

Das letzte Zimmer des Rundgangs bildete dann einen schönen Kontrast zur digitalen, mehrkanaligen Welt des vorangehenden. Auch wenn hier zwei Paar Boxen standen, wurde ausschließlich zweikanalig vorgeführt und das schönste: Die Signale kamen entweder von der Platte oder vom Tonband. Im Raum von Swissonor fühlte ich mich gleich zuhause.

 

Halte Gastronomique 4

Auf dem Weg zu Ausgang wurde noch einmal etwas ganz Besonderes, diesmal Hochprozentiges geboten.

 

Schlussbemerkung

Bei der erste Veranstaltung in dieser außergewöhnlichen Form war die Zahl der Aussteller durchaus überschaubar, bedenkt man jedoch die Vorgabe, lediglich schweizer Hersteller für eine Teilnahme zu gewinnen, schon sehr beachtlich. Die Zuschauerzahlen erreichten noch nicht die Werte, die bei etablierten Veranstaltungen üblich sind – wer wollte das bei einer Premiere auch verlangen? Über die Zukunft der Sons & Sens wird schließlich die Zufriedenheit der Aussteller entscheiden. Und da sieht es richtig gut aus: Bei einem kurzen Rundgang etwa vier Stunden vor Schluss monierte lediglich ein Hersteller eine zu geringe Besucherzahl. Die große Mehrheit wusste von sehr interessierten Endverbrauchern und Händlern zu berichten. Auch erste Verkaufe als Reaktion auf die Vorführungen standen in Aussicht. Bleibt also nur, den Veranstaltern Pascale Rey und Jean-Pascal Panchard zu ihrer ersten, rundum gelungenen Sons & Sens zu gratulieren. Von mir aus gern: Bis nächstes Jahr im Herbst in Montreux!

Die Organisatoren der Sons & Sens: Pascale Rey und Jean-Pascale Panchard
Die Organisatoren der Sons & Sens: Pascale Rey und Jean-Pascale Panchard

Montag, 13 Januar 2014 01:00

GRADO GR 10

Gefertigt in einem traditionsreichen Familienunternehmen in aufwendiger Handarbeit, gradliniges Design, federleicht gleichwohl durch und durch solide und nicht ganz billig: Der GR 10 ist mit seinem optimierten Moving-Armature-Treiber das Spitzenmodell des Grado In-Ear-Kopfhörer-Trios – eine Positionierung die Erwartungen weckt.

Gut verpackt für die Reise um die halbe Welt
Gut verpackt für die Reise um die halbe Welt

Zudem produziert der renommierte Hersteller schon seit vielen Jahren neben exzellenten Tonabnehmern anerkannt feine Headphones. Die Bauform als „Gehörganghörer“ ist prädestiniert für den mobilen Einsatz. Einerseits sind sie leicht, anderseits schließt der Silikonaufsatz wirkungsvoll die Geräusche der Außenwelt aus. Andersherum funktioniert es aber ebenso: Die Umwelt wird vor allzu intensiver Musikberieselung durch die Nutzer bewahrt. Für einen guten Sitz legt Grado drei unterschiedlich große Aufsätze bei, deren Austausch problemlos zu handhaben ist. Mit der Wahl des Polsters steht und fällt zudem die Ausgewogenheit der Wiedergabe, klangliche Höchstleistungen stellen sich einzig mit gut abgedichteten Gehörgängen ein. Insbesondere der Tieftonbereich quittiert Undichtigkeiten mit merklichen Einbußen in der Performance – aus „Bumm“ wird „Pök“.

Die konsequente Abschottung sowie der feste Sitz im Ohr sichern In-ear-Hörern wie dem GR 10 darüber hinaus einen Stammplatz auf den Konzertbühnen der Welt, denn ihre Qualitäten sind gute Voraussetzungen für ein gelungenes Monitoring. Auf dem Bahnhof Bonn, dem Ort des ersten Praxistests von Grados exklusiven mobilen Kopfhörer, geht es allerdings weitaus prosaischer zu. Hier muss die Musik gegen durchfahrende Güterzüge bestehen und als Quelle dient ein gewöhnliches smartphone und nicht der UHF-Empfänger einer Monitoranlage.
Drei unterschiedlich dimensionierte Aufsätze für den festen Sitz im Ohr
Drei unterschiedlich dimensionierte Aufsätze für den festen Sitz im Ohr


Mit den größten Silikonaufsätzen bewährt, erreichen um viele Dezibel gedämpft nur noch Reste des Geklappers mein Trommelfell, Musikhören ist in dieser feindlichen Umgebung so kein Problem. Dank des eindrucksvollen Wirkungsgrades bleibt der Volumensteller in moderater Position. Ein Austesten der Leistungsfähigkeit des Abspielers führt zu monströsen Pegeln, die, ob der Unmittelbarkeit der Entstehung, dem Hörvermögen bei längeren Einsatz fraglos abträglich wären. Vom Berliner Musiker und DJ Vincenzo Ragone stammen die glänzend produzierten Töne auf dem zugigen Bahnsteig. Der Song „Baited Breath" groovt wunderbar satt aus dem kleinem Hörer. Knorrig und tief der Bass, samtig die Mitten zugleich irisierend in den hohen Lagen. Gründliches Einspielen ließ die leichte Heiserkeit, die noch den ersten Kontakt am Abend zuvor kennzeichnete, ausheilen. Deutlich nachlässiger erstellt ist die nächste MP3-Datei „Don´t drink the water“ von der Dave Matthews Band, ein Umstand, den der GR 10 umgehend mit einer eher blassen wenn auch lebendigen Wiedergabe bestraft.

Nach diesem Feldversuch zieht es mich zurück in ruhigere heimische Gefilde. Verkabelt mit dem Laptop ruf eich für den Hörer in iTunes gezielt unkomprimiert MusikFiles auf. Herrliche Klangcollagen von Rene Aubry bilden den Auftakt zu einer langen Hörsession. Im Stück „Alice“ vom Album Refuges verschmelzen zarte Saiten- und Klavieranschläge mit elektronisch verfremdeten Instrumentengruppen. Unterlegt wird die fragile musikalische Struktur von einem gesampelten Herzschlag. Wie die meisten Longplayer von Aubry ist die Aufnahme erstklassig eingespielt. Trotz des eher bescheidenen Kopfhörerverstärkers im Rechner kann das Ergebnis betören. Die Instrumente werden körperhaft dargestellt, zudem entsteht außerhalb der Schädelmitte ein realistischer imaginärer Raum. Kraftvoll, mithin verstörend durchbricht der dumpfe Pulsschlag das Klanggebilde, ungewöhnlich fein und präzise präsentiert sich der Hochtonbereich

Optisch ein Leicht- klanglich ein Schwergewicht
Optisch ein Leicht- klanglich ein Schwergewicht

Bei weiteren Hörproben, deren Bogen sich von orchestralen Werken (Mahler) zu stimmgewaltigen Songs (Lizz Wright und Lou Rohdes) spannte, bewies der Hörer jeweils seinen sensiblen Umgang mit dem gebotenen Material – Limits setze nur der Zuspieler. Mit dem Wechsel zur „großen“ Anlage mit einem „richtigen“ Kopfhörerverstärker sollten diese Restriktionen aufgelöst sein. Und fürwahr, mit dem neuen Setup begann die Party.

Ungemein dynamisch und mit großer Liebe fürs Detail spielte sich der In-Ear Hörer durch das Programm. Im Vortrag eher sehnig als füllig, dabei mit natürlichen Klangfarben und einer faszinierenden Klarheit gesegnet. Speziell Live-Aufnahmen entwickeln einen ungeheuren Charme: knarzende Klavierhocker, das leise Hüsteln vor dem Einsatz, die Rufe aus dem Publikum, vieles davon habe ich selten so greifbar wahrgenommen. Die Playlist wird immer umfangreicher und mit geradezu kindlicher Freude fahndete ich in dem bekannten Stücken nach den kleinen Fehlern und Lebenszeichen der Musiker respektive Techniker.

Die Finesse des Grado bewirkt allerdings auch manche Grausamkeit, denn schlechte Signale klingen eben auch so. Anderseits bin ich bei dem Vergleich von inhaltsgleichen, aber verschieden aufgelösten Dateien – CD versus HighRes – geneigt anzunehmen, zwei unterschiedlichen Musikstücke zu lauschen, so apodiktisch ist das Resultat.
Anschlussstecker, Kabel und Hörer: zusammen 10 Gramm
Anschlussstecker, Kabel und Hörer: zusammen 10 Gramm

Dass Unperfektes aber auch gehörig Spaß machen kann, beweist das Vinyl-Debüt von Lianne La Havas Is your love big enough?. Rauschfahnen und ungewollte Verzerrungen werden vom GR 12 genüsslich seziert, aber trotz oder gerade wegen dieser Defizite ist eine bisweilen ergreifende Produktion entstanden. In all seiner Pracht wird als Schlusspunkt des Hörtest das wunderschöne Musikstück „ Soyeusement“ von der gleichnamigen, im Frühsommer 2011 in Frankreich aufgenommenen Langspielplatte, reproduziert.


STATEMENT

Grados In-Ear-Topmodell ist im Duett mit einem hochklassigen Frontend ein gnadenlos gutes Abhörinstrument. Ungemein dynamisch und gesegnet mit einer überragenden Hochtonauflösung. Aber Vorsicht, seine Akkuratesse demaskiert im Gegenzug miese Aufnahmen, ungebührliche Datenreduktion und schlechte Zuspieler.
GEHÖRT MIT
Mobil Audio Apple iPhone / Laptop
Computer Audio NAS-Laufwerk Qnap TS 109 / Minim Server / UpnP Kontroll Linn Kinsky
Laufwerk AMG
Tonarm AMG
Tonabnehmer Ortofon black, Grado Reference
Phonoentzerrer Trigon Vanguard II & Volcano III
Netzwerkspieler, Vorverstärker Linn Majik I DS
Endverstärker Linn Majik 2100
Lautsprecher Audio Physic Sitara 25
Kopfhörerverstärker Lake People G 100
Kopfhörer Sennheiser HD 800
Kabel Linn NF, Naim Audio Lautsprecherkabel, Netzleiste Music Line
Möbel Phonosophie Tripod
HERSTELLERANGABEN
Grado GR 10 In-Ear-Kopfhörer
Frequenzumfang 20 - 20.000 Hz
Empfindlichkeit 116 dB / 1mw
Gewicht 9 Gramm
Anschluss Klinke 3,5 mm vergoldet
Länge Anschlusskabel 1,30 m
Impedanz 32 Ohm
Anschluss 3,5 mm Klinke
Preis 400 Euro
VERTRIEB
High-Fidelity Studio
Anschrift Dominikanergasse 7
86150 Augsburg
Telefon 0821 - 37250
E-Mail high-fidelity-studio@t-online.de
Internet www.high-fidelity-studio.de

Weitere Informationen

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Es gibt sie wieder, die guten alten Telefunken Röhren! Na ja fast, den Aufdruck Telefunken haben sie zwar nicht mehr und die hier vorgestellte Röhre wurde auch nicht im alten Telefunkenwerk gebaut, aber teilweise werden die ELROG Röhren noch auf alten  Produktionsmaschinen hergestellt. Zu der Person, die die Röhrenproduktion in Deutschland wieder aufleben lässt, gleich mehr.


Die Röhren sind so konstruiert, dass sie problemlos gegen eine geläufige 211 respektive 845 getauscht werden können. Man sollte dabei beachten, dass die Wärme hier im unteren Teil der Röhre entsteht. Ein gut konstruierter Verstärker hat damit aber keinerlei Probleme
Die Röhren sind so konstruiert, dass sie problemlos gegen eine geläufige 211 respektive 845 getauscht werden können. Man sollte dabei beachten, dass die Wärme hier im unteren Teil der Röhre entsteht. Ein gut konstruierter Verstärker hat damit aber keinerlei Probleme

Die alten Röhren der Telefunken Gesellschaft für drahtlose Telegraphie m.b.H genießen weltweit einen legendären Ruf und sind vor allem in Asien begehrte Sammlerstücke. Telefunken war im Jahre 1903 in Berlin aus einer Fusion von Siemens & Halske und AEG hervorgegangen. Gegen Ende des 2. Weltkriegs baute Telefunken das Werk in Ulm für die Produktion von Sende-, Empfangs- und später Bildröhren. 1949 wurden hier monatlich 150.000 Röhren hergestellt! In den 60er Jahren war allerdings der Zenith der Röhrenproduktion überschritten, Transistoren verdrängten langsam Sende- und Empfängerröhren. Das Ulmer Bildröhrenwerk wurde 1979 an die französische Firma Thomson verkauft und zwei Jahre später geschlossen.

Somit wäre die Geschichte hier eigentlich zu Ende, wenn es nicht einen ehemaligen Mitarbeiter der Firma Telefunken gäbe, der heute noch in der Röhrenproduktion aktiv ist. Es handelt sich um Dr. Klaus Schaffernicht, Gründer der Firma ELROG, die 1986 in Lüneburg gegründet wurde und mittlerweile im mecklenburgischen Lübtheen residiert. Schaffernicht dürfte der letzte Produzent von Vakuumröhren in Deutschland sein! Wie ja in einem früheren Artikel bereits erwähnt ist die Produktion von Röhren keine triviale Angelegenheit, das Know-how hierfür ist weitgehend verloren gegangen. Diese Erfahrung konnten etliche Liebhaber von Röhrengeräten mit billig produzierten Röhren aus Fernost bereits machen. Deshalb ist es ein Glücksfall für die Audioszene, dass es mit ELROG wieder einen Hersteller gibt, der sowohl das Know-how hat ,als auch noch über die nötigen Produktionsmaschinen verfügt. Einer neu produzierten Röhre mit der Qualität und Performance einer alten Telefunken Röhre steht nun nichts mehr im Weg! Nach der Entscheidung, Röhren für Audiozwecke zu bauen, war es für Schaffernicht von Anfang an klar, dass er nicht einfach alte General Electric oder RCA Typen kopieren würde.


Mit über 20cm Höhe ist die ELROG 211 eine imposante Erscheinung. In der Mitte zum Vergleich eine original General Electric 211, hier in der Militärversion VT-4-C. Das obere Drittel der ELROG ist komplett mit einem Bariumgetter versehen, womit ein perfektes Vakuum während der Lebenszeit der Röhre garantiert wird
Mit über 20cm Höhe ist die ELROG 211 eine imposante Erscheinung. In der Mitte zum Vergleich eine original General Electric 211, hier in der Militärversion VT-4-C. Das obere Drittel der ELROG ist komplett mit einem Bariumgetter versehen, womit ein perfektes Vakuum während der Lebenszeit der Röhre garantiert wird

Die ELROG Röhren sehen also nicht nur anders aus, sondern sind auch anders konstruiert. Hier wurden einige pfiffige Ideen umgesetzt, wobei man sich wundern muss, warum sonst noch niemand darauf gekommen ist. Am auffallendsten dürfte sein, dass die Elektroden nicht wie bei einer Glühbirne im oberen Teil der Röhre montiert sind, sondern unmittelbar über dem Sockel. Einfache Überlegung, große Wirkung! Diese Konstruktion ist natürlich viel stabiler und damit viel weniger mikrophonieempfindlich.

Geblieben sind die thorierten Wolfram-Heizfäden, ein Markenzeichen der 211 und 845 Röhren. Diese arbeiten bei Betriebstemperaturen circa 2000 Grad und leuchten deshalb im Betrieb gelblich-weiss. Wie bei den historischen Typen üblich, sind die Anoden aus Graphit hergestellt und aus einem massiven Block gefräst. Diese Konstruktion erlaubt – im Vergleich zur VT-4-C – eine höhere Anodenverlustleistung von 80 Watt gegenüber 75 Watt der NOS General Electric Variante. Damit ist auch eine höhere Ausgangsleistung von bis zu 25 Watt im Class-A1 Betrieb möglich. Auffallend ist auch die dunkle Zone in der Mitte der Röhre, hinter dem Schriftzug. Hierbei handelt es sich um eine Graphitbeschichtung. Über die im unteren Bild erkennbaren Fühler wird ein elektrischer Kontakt zwischen der Anode und dem Getter hergestellt. Wir erinnern uns, mit der Getterbeschichtung sollen die letzten noch vorhandenen Luftmoleküle in der Röhre absorbiert werden. Häufig werden hierfür Bariumlegierungen verwendet, also metallische Verbindungen. Dr. Schaffernicht hält nun nichts davon, wenn diese ein völlig undefiniertes Potential besitzen, wie es sonst in den Röhren der Fall ist. Zudem sorgen diese Fühler dafür, dass die Elektroden bombenfest in dem Glaskörper fixiert sind.


Das Foto zeigt das fast fertig montierte Triodensystem: Die Kathode erkennt man an dem M-förmig aufgehängten Draht, die vier Fühler im oberen Teil stellen die Verbindung des Getters zur Anode her. Ebenfalls gut erkennbar ganz oben der Getterring, mit dem die Substanz aufgedampft wird. Rechts die aus einem massiven Block Graphit gefräste Anode
Das Foto zeigt das fast fertig montierte Triodensystem: Die Kathode erkennt man an dem M-förmig aufgehängten Draht, die vier Fühler im oberen Teil stellen die Verbindung des Getters zur Anode her. Ebenfalls gut erkennbar ganz oben der Getterring, mit dem die Substanz aufgedampft wird. Rechts die aus einem massiven Block Graphit gefräste Anode

Bei der 211 handelt es sich um eine ausgewachsene Senderöhre, als direkt geheizte Triode konzipiert. Vorteil direkt geheizter Röhren ist ihre bessere Linearität. Allerdings erfolgt die Emission bei den thorierten Wolfram Kathoden erst bei viel höheren Temperaturen. Für den Betrieb ist eine hohe Anodenspannung von über 1000 Volt erforderlich. Auch die benötigte Heizspannung von 10 Volt bei 3,25 Ampere ist nicht ganz ohne. Zudem ist für den besten Klang eine extrem saubere Heizspannung erforderlich, vorzugsweise Gleichstrom. Wechselstrom wäre natürlich ebenfalls möglich, aber bei der relativ hohen Spannung ist es ein Problem, den Brumm in den Griff zu bekommen – wie man bei manchen Geräteherstellern auch feststellen kann. Zudem ist die Röhre nicht ganz einfach anzusteuern, die Treiberröhre sollte eine niedrige Ausgangsimpedanz haben und einen Spannungshub von 150 Volt liefern können. Ansonsten definiert die insuffiziente Treiberröhre den Klang des Verstärkers und nicht die Ausgangsröhre. Alles in Allem, kein Spielzeug für DIY Anfänger.


Die Röhren werden komplett in Handarbeit hergestellt, jede Röhre hat eine individuelle Seriennummer, die auf einer Platte innerhalb der Röhre eingraviert ist
Die Röhren werden komplett in Handarbeit hergestellt, jede Röhre hat eine individuelle Seriennummer, die auf einer Platte innerhalb der Röhre eingraviert ist

Die Endkontrolle wird von Dr. Schaffernicht persönlich überwacht. Jede Röhre wird einem 25stündigen Einbrennvorgang unterzogen. Quelle: Thomas Mayer
Die Endkontrolle wird von Dr. Schaffernicht persönlich überwacht. Jede Röhre wird einem 25stündigen Einbrennvorgang unterzogen. Quelle: Thomas Mayer

Während des ausgedehnten Einbrennvorgangs werden die Röhren mit hohen Strömen betrieben. Damit sollen Reste von Gasmolekülen aus der Anode oder anderen Metallen freigesetzt und vom Getter aufgefangen werden. Quelle: Thomas Mayer
Während des ausgedehnten Einbrennvorgangs werden die Röhren mit hohen Strömen betrieben. Damit sollen Reste von Gasmolekülen aus der Anode oder anderen Metallen freigesetzt und vom Getter aufgefangen werden. Quelle: Thomas Mayer

 

Vor zwei Jahren geisterten bereits ein paar Prototypen durch die Szene, die allerdings nur die Aufgabe hatten, etwaige Mängel aufzudecken. Dafür werden Prototypen ja hergestellt. Diese waren überhaupt nicht für den Verkauf an Kunden vorgesehen, aber über irgendwelche Kanäle sind diese teilweise am Markt erschienen und werden auch noch gelegentlich angeboten. Man kann diese Prototypen leicht an dem schlankeren Glaszylinder erkennen, der etwa den gleichen Durchmesser wie die Basis hat.
Gegenüber diesen Prototypen wurden noch einige Veränderungen vorgenommen und die anfänglichen Probleme behoben. Serienreife haben mittlerweile die Powertrioden ELROG ER 211 und ER 845 erlangt. Für mich ist immer wieder faszinierend, dass in Deutschland bisher nur wenige diesen Hersteller kennen, die Asiaten aber die Röhren bereits in ihren Geräten verbauen. Was sagt uns das?

Der Nobelgeräte Hersteller Silbatone aus Korea benutzt nur die allerfeinsten Bauteile in seinen Verstärkern, mittlerweile auch die ELROG 845. Quelle: Silbatone
Der Nobelgeräte Hersteller Silbatone aus Korea benutzt nur die allerfeinsten Bauteile in seinen Verstärkern, mittlerweile auch die ELROG 845. Quelle: Silbatone

Neben der Standardversion kann man mittlerweile die Röhren auch in einer verbesserten Variante bestellen, bei der die Verbindungen von den Sockelstiften zu den Elektroden aus Silberdraht bestehen. Diese Variante existiert zunächst nur für die ER 211. Beziehen kann man die Röhren über Thomas Mayer. Interessierte können ihn unter thomas@vinylsavor.de kontaktieren.
Hier gibt es auch weitere Informationen zu dem Thema. Der Preis für ein Paar ER 211 liegt bei 1200 Euro, die ER 845 kostet 1300 Euro, ebenfalls pro Paar. Ist also nichts für die Geiz-ist-geil-Fraktion. Oder halt, vielleicht doch, ELROG Produkte waren im professionellen Bereich für ihre lange Lebensdauer bekannt. Mal abgesehen davon, dass ein Sammler zufrieden grinsen würde, wenn er zu diesem Preis von einem Ahnungslosen ein Paar NOS 845 erwerben könnte.

Für mich ist immer interessant, den kreativen Kopf hinter den Produkten kennenzulernen. Also nichts wie hin und ein paar Worte mit dem Entwickler selbst plaudern, dachte ich mir. Ein kurzer Blick auf die Landkarte – böse Zungen behaupten ja gerne, ich würde mich in Asien besser auskennen als in Deutschland – hat mich dann schnell von einer kurzen Fahrt zu den Antipoden Deutschlands abgehalten. So schön die Lindenstadt Lübtheen auch sein mag. Deshalb blieb nur der Weg über das Telefon. Für ein persönliches Gespräch bietet sich ja noch die High End 2014 an.


Dr. Schaffernicht erwies sich als sehr angenehmer Gesprächspartner, der auch bereitwillig Auskunft über seine Firma gab
Dr. Schaffernicht erwies sich als sehr angenehmer Gesprächspartner, der auch bereitwillig Auskunft über seine Firma gab

 

 

Interview mit Dr. Klaus Schaffernicht


Jürgen Saile: Wie kam es zur Gründung der Firma ELROG?
Dr. Klaus Schaffernicht: Ich hatte 18 Jahre bei Telefunken gearbeitet, habe dann 1980 gekündigt und bekam ein Angebot, nach Holland zu gehen und dort eine Fabrik für Nachtsichtröhren zu leiten. Allerdings wollte ich mich schon immer selbständig machen und habe nach ein paar Jahren dann 1986 in Lüneburg die Firma ELROG gegründet. Die Bayern hatten sich seinerzeit geweigert eine Firma aufzunehmen, die so komische alte Röhren baut.

JS: Was wurde damals produziert?
Dr. KS: Zunächst wollte ich meine ganzen Spezialitäten für den Drucksatz produzieren, aber dann hieß es, der Laser ist da und dies wird alles nicht mehr gebraucht. Das ist einfach der normale Fortschritt. Deshalb habe ich mich mit der Firma Hameg verbündet und angefangen, Oszillografenröhren zu bauen. Später habe ich die Palette ergänzt mit Röhren, die für das Tornado Flugzeug und Kampfhubschrauber erforderlich waren. Hier haben wir ein Redesign vorgenommen, um die Lebensdauer der Röhren zu erhöhen. Leider war die hinterher mit 25.000 Stunden zu gut, so dass keine Ersatzröhren mehr gebraucht wurden. Mit den Oszillografenröhren hatten wir 20 Prozent Weltmarktanteil, allerdings ging durch die Produktion in Fernost der Preis immer weiter runter, so dass ab einem bestimmten Zeitpunkt nur noch Geld gewechselt wurde und wir die Produktion eingestellt haben.


JS: Wie sind Sie auf die Produktion von Röhren für den Audiobereich gekommen?
Dr. KS: Nachdem ich schon fast soweit war zu sagen, wir machen die Firma zu, lief mir jemand über den Weg, der sagte, wir brauchen unbedingt 211er Röhren, die Chinesen haben die Produktion eingestellt, weil zu viele Reklamationen da waren. Beim Transport zerbrach die Kathode, so dass – nach Kundenaussagen – von zehn verschickten Röhren nur fünf Stück zu gebrauchen waren. Und da dachte ich, wenn die da aufhören, scheint es ein bisschen schwieriger zu sein und da könnte ich mich darum kümmern. Nicht weil ich mich mit schwierigen Dingen beschäftigen will, sondern weil ich dachte, dann habe ich keine Konkurrenz aus China. Die chinesischen Röhren sind eigentlich keine Konkurrenz für uns, weil sie qualitativ nicht besonders gut sind und unsere neuen Röhren einen deutlich besseren Klang haben.

JS: Wodurch unterscheidet sich die Röhren fernöstlicher Anbieter von dem, wie Sie es machen?
Dr. KS: Die Produktion einer Röhre ist eigentlich immer dieselbe. Wenn Sie sich eine chinesische oder tschechische 211 anschauen, dann sind das Nachbauten der RCA. RCA hat die Röhren erstmalig entwickelt. Dies war damals ein Auftrag der US Army für ein Funksprechgerät ihrer Autos. Wir haben eine ganz andere Konstruktion. Zunächst hatte ich durch eine Umkonstruktion den ganzen Firlefanz mit den Glühbirnen rausgeworfen, nicht weil ich so genial war, sondern weil mir das alles viel zu kompliziert war. Und ich damit, ohne es zu ahnen, den Klang dramatisch verbessern konnte. Bei den alten 211 Röhren war die Anode oben, wir haben die Anode auf den Sockel gesetzt, wo sie hingehört. Darüber haben wir einen großen, offenen Raum, der auch noch den Klang verbessert. Aber es sind natürlich verschiedene Komponenten. Das Getter muss auf einem Spannungspotential liegen, sonst lädt es sich andauernd um. Bei uns liegt es auf Anodenspannung, also etwa 1000 Volt. Dadurch ist der ganze Block viel stabiler, das ist keine neue Erfindung, sondern das ist in jeder Bildröhre exerziert worden.

JS: Kann man sagen, dass die ELROG Röhren qualitativ den alten Telefunken entsprechen?
Dr. KS: In Punkto Klang sind wir die absolut Besten, da gibt es keinen Zweifel. Die ersten zwei Jahre hatten wir Probleme, wie es bei jedem neuen Produkt der Fall ist. Die sind aber mittlerweile alle gelöst.

JS: Wie lange dauert der Herstellungsprozess einer 211?
Dr. KS: Wir sind eine reine Manufaktur. Deshalb produzieren wir pro Tag nur eine relativ kleine Stückzahl.

JS: Sind außer 211 und 845 noch weitere Typen geplant?
Dr. KS: Ich wollte das eigentlich noch nicht publik machen, aber wir sind dabei, eine 300B zu entwickeln. Diese 300B wird ja von Gott und der Welt gebaut, deshalb möchte ich erst sicherstellen, dass wir wieder ein Spitzenprodukt liefern können. Die ersten Funktionsmuster sind bereits fertig und werden mit der historischen 300B verglichen. Ziel ist, einen vollwertigen Ersatz für die Western Electric Röhren anbieten zu können.

JS: Gibt es schon Erkenntnisse über die Langzeitstabilität der Röhren, Sie machen ja sicher auch einen Langzeittest?
Dr. KS: Ja natürlich, da laufen immer welche. Ich würde sagen, unsere jetzige Lebensdauer liegt bei +3000 Stunden. Unser Ziel sind 5000 Stunden, aber das wissen wir noch nicht, weil die Röhren noch laufen.

JS: Herr Dr. Schaffernicht, vielen Dank für dieses Gespräch.


Wenn man einen passenden Gegenstand für den Begriff „Deutsche Wertarbeit“ sucht, dann eignen sich dafür die ELROG Röhren. Gebaut wie ein Panzer! (Pazifisten bitte weghören!) Die Audioröhren werden nach den gleichen Qualitätsansprüchen hergestellt wie früher die Röhren für die Militärs. Kein chinesisches Nostalgie-Spielzeug! Verkauft werden die Röhren ausschließlich über den besseren Klang. Jeder, der die Röhren in seinem Verstärker bisher gehört hat, hat sie auch behalten.

Weitere Informationen

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Montag, 06 Januar 2014 01:00

Audeze LCD-XC

Auch wenn ich nicht zu den eingeschworenen Kopfhörer-Aficionados zähle: Auf den Audeze LCD-XC habe ich lange gewartet. Überall schwärmte man in den höchsten Tönen von den bisherigen magnetostatischen Modellen, für meine Anwendungen benötige ich aber einen geschlossenen Hörer: hier ist er nun – endlich!


Wie alle Audeze-Modelle ist auch der LCD-XC perfekt verarbeitet. Neben der Lammleder-Version gibt es wie üblich auch eine vegane Variante in Alcantara. Außer in Bubinga sind die Holzdeckel auch in Walnuss, Purpur und Iroko lieferbar
Wie alle Audeze-Modelle ist auch der LCD-XC perfekt verarbeitet. Neben der Lammleder-Version gibt es wie üblich auch eine vegane Variante in Alcantara. Außer in Bubinga sind die Holzdeckel auch in Walnuss, Purpur und Iroko lieferbar

Auch in Hifistatement konnte man über die Audeze nur Gutes lesen: Schon vor fast drei Jahren ging es hier um den LCD-2, und vor etwas mehr als einem Jahr versetzte der LCD-3 den Kollegen Kaey in Verzückung. Da dort – und zwar vor allem im erstgenannten Artikel – das Funktionsprinzip eines magnetostatischen Wandlers ausführlich beschrieben wurde, erspare ich mir und Ihnen eine Wiederholung. Außerdem kann ich mir nur schwer vorstellen, dass besagtes Antriebskonzept Hifistatement-Lesern völlig unbekannt sein sollte. Falls aber doch: Ein Klick auf den Link zum erwähnten Artikel und Sie sind im Bilde. Im Jahr 2011 bevorzugte man übrigens noch die Schreibweise Audez'e, um klarzumachen, dass der Firmenname „Odyssee“ ausgesprochen werden sollte. Inzwischen verzichtet man auf den Apostroph, entweder weil sich der Name samt gewünschter Aussprache durchgesetzt hat oder einfach nur, um das Schriftbild zu vereinfachen.

Wichtiger als diese Formalie ist jedoch, dass der LCD-XC ebenso wie der ebenfalls neue LCD-X mit einem dünneren und leichteren Membranmaterial und der neuen Fazor-Technologie ausgestattet ist, für die bereits ein Patent beantragt wurde. Die Fazor genannten Elemente liegen zwischen den Statoren mit ihren hochwertigen Neodym-Magneten und dem die gesamte Treiberkonstruktion abschließen Grill respektive der geschlossenen Abdeckung. Sie sollen für eine optimierte Schallführung im Kopfhörer sorgen, die sich in einem besseren Phasengang, einem größeren Frequenzumfang, einem noch linearerem Frequenzgang und einer dreidimensionalen, holographischen Abbildung niederschlagen.

Bei einem magnetostatischen Wandler wird die Membrane auf ihrer gesamten Fläche angetrieben. Ist die große Fläche der Grund für die ungewöhnlich „körperliche“ Wiedergabe?
Bei einem magnetostatischen Wandler wird die Membrane auf ihrer gesamten Fläche angetrieben. Ist die große Fläche der Grund für die ungewöhnlich „körperliche“ Wiedergabe?

Der LCD-X-Treiber wurde speziell darauf hin entwickelt, dass die mit ihm ausgestatteten Kopfhörer auch von mobilen Playern wie iPod, Astell & Kern oder dem neuen Calyx „The M“ angesteuert werden können. Zwar sollen auch die Audeze-Modelle mit der Bezeichnung „X“ im Namen von einen guten Kopfhörerverstärker enorm profitieren, allerdings ist auch an ganz gewöhnlichen Kopfhörer-Ausgängen ein problemloser Betrieb möglich. In Zahlen: Der Wirkungsgrad der X-Treiber liegt je nach Gehäuse, in das sie eingebaut sind, zwischen vier und sechs Dezibel über dem von LCD-2 oder -3. Zu meiner Verwunderung harmonierte der LCD-XC sogar mit dem wirklich nicht gerade „lauten“ Ausgang eines MacBook Pro, wie ich feststellen konnte, als ich während weihnachtlicher Abwesenheit von zuhause ein paar Musikdateien bearbeitete. Aber noch verblüffender als der reibungslose Betrieb war das klangliche Ergebnis: Ich hätte nie gedacht, dass die alles andere als audiophil ausgelegte Ausgangsstufe des Laptops so detailfreudig und druckvoll zur Sache gehen kann. Dieser Eindruck ist wohl nur möglich, weil der LCD-XC eine sehr einfach zu treibende Last darstellt.

Optisch und haptisch passt ein schnöder Computer aber nicht zum edlen Audeze. Auch der LCD-XC verwöhnt seinen Besitzer mit perfekt verarbeiteten Metallteilen und handschuhweichem Lamm-Nappa. Bei unserem Modell gesellt sich zu den feinen Materialien noch das hochglanzlackierte und -polierte Holz, das das Gehäuse zur Außenwelt hin verschließt. Schon das Verbinden des Kabels mit seinen vierpoligen Mini-XLRs mit den satten Armaturen am Kopfhörer ist die reine Freude. Außer einem Kabel mit dem üblichen 6,3-Millimeter-Klinkenstecker liegt dem Audeze auch eines mit einem vierpoligen XLR-Stecker für eine durchgehend symmetrische Ansteuerung bei.


Ein geradezu unzerstörbar wirkendes Flightcase gehört ebenfalls zum Lieferumgang, in dem weder der Adapter für 3,5.Millimeter-Klinkenbuchsen noch ein Holzpflegemittel fehlen. Nicht nur aus Angst um die Unversehrtheit der perfekten Holzoberflächen habe ich einen für Kopfhörer sonst unvermeidlichen Anwendungsfall beim LCD-XC ausgeschlossen: Um vor dem Einschlafen in Kooperation mit einem iPod classic wohlvertraute Rock- oder Popmelodien zu Gehör zu bringen, ist der Audeze einfach viel zu schade – und zu groß und daher im Liegen zu unbequem. Nein, so profane Anwendungen sind seine Sache nicht.

Mini-XLR-Buchsen an den Ohrmuscheln erlauben einen einfachen Kabeltausch. Eine symmetrische Verbindung gehört ebenso zum Lieferumfang wie die konventionelle Zuleitung mit 6,3-Millimeter-Klinkenstecker
Mini-XLR-Buchsen an den Ohrmuscheln erlauben einen einfachen Kabeltausch. Eine symmetrische Verbindung gehört ebenso zum Lieferumfang wie die konventionelle Zuleitung mit 6,3-Millimeter-Klinkenstecker

Vielleicht ebenso profan aus audiophiler Sicht, für mich aber von immenser Bedeutung ist es, ob sich der geschlossene Audeze als verlässlicher, möglichst linearer Monitor für Aufnahmen eignet. Die erste Hürde, nämlich keine unverschämten Anforderungen an den Kopfhörerverstärker zu stellen, hat der LCD-XC ja schon am Laptop genommen. Der im Aufnahme-Rack eingebaute Grapevine-Verstärker von SPL ist um Klassen besser als das, was hinter der Mini-Klinkenbuchse des Computers liegt. Und dennoch bleibt der Grapevine im Keller. Denn hier geht es vorrangig darum, was der neue Audeze als Genussmittel bei der heimischen oder vielleicht auch mobilen Musikwiedergabe zu bieten hat und nicht, wie gut er als Werkzeug bei Aufnahmen zu verwenden ist. Und deshalb habe ich mir von AudioNext gleich einen passenden Kopfhörer-Verstärker ausgeliehen, der sowohl über einen herkömmlichen als auch einen symmetrischen Ausgang verfügt und keinen Zweifel an seiner Kompetenz aufkommen lässt, auch Schallwandler von der (Preis-)Klasse des LCD-XC angemessen anzutreiben: den Auralic Taurus MKII.

Zum Vergleich mit dem Audeze stehen zwei bewährte Kandidaten bereit: einmal der mit einem Noise-Cancelling-System ausgestattete PSB M4U 4, den ich aktuell für alle Aufnahmen verwende, bei denen der Einsatz von Lautsprechern unmöglich ist, und zum anderen der Stax 4070 mit der hauseigenen Röhrentreiberstufe SRM-007t. Sowohl diese als auch der Auralic werden über XLR-Kabel direkt mit dem Mytek-Wandler oder der Einstein-Phonostufe verbunden, wobei beim Auralic ein Sunwire-Reference Verwendung findet, beim Stax-Vorverstärker aber ein selbst gelötetes Kabel mit Neutrik-Steckern und NF-Strippen aus dem Profi-Bereich, da die Stax-Vorstufe eine von der hierzulande geltenden Norm abweichende Pin-Belegung aufweist: Pin 3 ist hier der „heiße“ Leiter, während es bei Mytek, Einstein und Auralic Pin 2 ist. Die Do-It-Yourself-Strippe sorgt für die korrekte Phase. Der PSB wird vom symmetrischen Ausgang des Auralic Taurus versorgt.

Da die Treiber nicht leichter gebaut werden können, ist beim Kopfbügel Gewichtsreduktion angesagt. Auch so wiegt der LCD-XC satte 650 Gramm
Da die Treiber nicht leichter gebaut werden können, ist beim Kopfbügel Gewichtsreduktion angesagt. Auch so wiegt der LCD-XC satte 650 Gramm

Da ich in letzter Zeit relativ oft mit dem PSB gehört habe, beginne ich auch mit ihm und dem unsymmetrisch angeschlossenen Audeze: Bei Misha Alperin vertrauter „Heavy Hour“ bin ich positiv überrascht, welche Menge an Detailinformation der PSB rüberbringt und wie präzise er die mächtigen Pauken in den imaginären Raum stellt. Vorne-Ortung und die Illusion von Bühnentiefe kann er mir – wie bisher alle Kopfhörer, selbst in Verbindung mit dem Smyth Research Realizer – zwar nicht vermitteln, aber dennoch werde ich, wie es scheint, recht exakt über die Größe des Aufnahmeraumes informiert. Dass tonal keine Unregelmäßigkeiten auftreten und auch tieffrequente Impulse schnell und ohne jegliches Nachschwingen reproduziert werden, darf man bei Kopfhörern von der Qualität des PSB ja getrost voraussetzen. Ich habe ihn bisher übrigens mit aktiviertem Noise-Cancelling betrieben – nicht etwa, weil es in meinem Hörraum recht laut zugeht, sondern weil der M4U 2 in dieser Betriebsart den linearsten Frequenzgang bietet.


Die ersten Töne von „Heavy Hour“ über den LCD-XC sind dann nichts weniger als eine Sensation: Die Abbildung gelingt nun noch deutlich größer, die Instrumente stehen besser differenziert in einem größeren Raum und die Pauken kommen mit einer Wucht, die fast körperlich fühlbar ist. Von diesem Phänomen hatte ich zwar schon gehört und bei Kollegen gelesen, hielt das aber für eine übertrieben euphemistische Formulierung. Doch grade bei Pauken geht die Wiedergabe des Audeze ein Stück weit über die präzise Information über die Art des Fells, die Intensität des Schlages und seine Nachwirkung im Aufnahmeraum hinaus. Die Wiedergabe besitzt plötzlich auch eine fühlbare Komponente, zwar nicht in dem Maße, wie man es von Lautsprechern her gewöhnt, aber dennoch deutlich wahrnehmbar. Fragen Sie mich nicht, wie das funktionieren kann. Vielleicht gilt ja hier der alte Spruch über Hubraum in leicht abgewandelter Form: Membranfläche ist durch nichts zu ersetzen außer Membranfläche. Und davon hat der LCD-XC jede Menge.

Bei der „Improvisation Patrice Heral“ von Michel Godards Le Concert des Parfums klingen die großen Trommeln über den PSB in den unteren Frequenzen nicht ganz so druckvoll wie über den Audeze. Tonal ähneln sich die beiden Kopfhörer dann an, wenn das Noise Cancelling des PSB deaktiviert ist, die eingebauten Verstärker aber weiterhin in Betrieb bleibt. In diesem Fall füllt der Nachhall der tiefen Töne aber den gesamten Raum und überlagert auch ein wenig das Geschehen in den höheren Frequenzen. Anders beim Audeze: Hier werden die einzelnen Schallereignisse und auch ihr Nachwirken im riesigen halligen Raum präzise räumlich differenziert wiedergegeben. Und als Sahnehäubchen gibt es das fast körperliche Erleben der Klänge dazu!

Ein Pflegemittel samt Tuch für die herrlichen Holzoberflächen wird mitgeliefert
Ein Pflegemittel samt Tuch für die herrlichen Holzoberflächen wird mitgeliefert

Bevor ich nun den LCD-XC mit dem Stax vergleiche, probiere ich kurz, ob der Audize noch besser klingt, wenn er symmtrisch mit dem Auralic Taurus MKII verbunden ist: Bei Gianluigi Trovesis „Hercap“ vom Album Dedalo faszinieren in jeder der beiden Anschlussarten Klangfarben von Becken, Klarinette und Tuba sowie die ungemein feine Durchzeichnung, klare Vorteile für die symmetrische Verbindung vermag ich jedoch nicht zu erkennen. Vielleicht ist da ja bei Schostakowitsch' „Polka“ mehr herauszuhören: Hier habe ich den Eindruck, dass die symmetrische Verkabelung noch einen Hauch mehr Luft um die Instrumente zaubert. Dass ich die etwas aufwendigere Verbindung aber auch im Blindtest zweifelsfrei identifizieren könnte, möchte ich nicht beschwören. Vielleicht hätte ich doch auf Carsten Hicking hören sollen, der mir den Bakoon HPA-21 als optimalen Spielpartner für den Audeze empfohlen hatte – auch wenn dieser nur einen konventionellen, unsymmetrischen Kopfhörerausgang bietet. Zwar stellte sich auch bei diesem Vergleich bei mir keine Vorne-Ortung ein, aber der sonst so oft störende Effekt, die Musik im Kopf zu orten, trat erfreulicherweise auch nicht eine: Dafür liefert der Audeze einfach zu viele, präzise Informationen über die Aufnahmeumgebung. So räumlich habe ich noch nie über einen Kopfhörer Musik genießen können.

Und diese Aussage muss ich auch nicht revidieren, nachdem ich Malcom Arnolds English Dances von CD auch noch einmal über die Stax-Kombination gehört habe: Auch wenn sie ebenfalls eine tolle Auflösung bei angenehm seidigem Hochtonbereich bietet, kommt sie an das Auralic-Audeze-Duo nicht heran: Und das liegt vor allem an dessen hervorragender Raumdarstellung. So offen und weiträumig können die Stax das Orchester einfach nicht präsentieren. Ich hatte mich schon auf ein längeres Kopf-an-Kop-Rennen eingestellt, aber schon bei der ersten Scheibe entscheidet der LDC-XC den Vergleich mit seiner luftigen, losgelösten Wiedergabe für sich.

Konsequenterweise wird ein Adapter auf 3,5-Millimeter-Klinke mitgeliefert. Eine fester Mini-Klinkenstecker plus Adapter auf 6,3 Millimeter macht bei einem High-End-Kopfhörer wenig Sinn
Konsequenterweise wird ein Adapter auf 3,5-Millimeter-Klinke mitgeliefert. Eine fester Mini-Klinkenstecker plus Adapter auf 6,3 Millimeter macht bei einem High-End-Kopfhörer wenig Sinn

 

Der Audeze ist wirklich ein Kopfhörer, der jeden Musikfreund ins Schwärmen bringen kann. Allerdings klingt er bei tiefen Frequenzen ein wenig wärmer und voller als meine LumenWhite. Und deshalb kann ich ihn – wie bisher auch jeden seiner Vorgänger – für Aufnahmen nur mit einer leichten Bass-Absenkung per Equalizer einsetzen, wenn ich denn vor dem Mischpult so hören möchte wie zuhause vor den Lautsprechern. Bevor ich mir nun das Unverständnis, den Widerspruch oder gar den Zorn aller musikliebenden und – zu Recht  – vom LCD-XC begeisterten Kopfhörer-Fans zuziehe: Streichen Sie in Gedanken einfach diesen Absatz – wenn Sie den Audeze nicht als Monitor verwenden wollen.

STATEMENT

Der Audeze LCD-XC ist schlicht der beste Kopfhörer, den ich je gehört habe. Einen nicht geringen Anteil hat daran seine Fähigkeit, die Musik körperlicher erfahrbar zu machen als alle mir bekannten möglichen Konkurrenten. Auflösung, Dynamik und Klangfarben machen ihn nicht nur zum begehrenswerten Genussmittel, sondern prädestinieren ihn auch zum unbestechlichen Arbeitsgerät. Für diese Anwendung wünschte ich mir allerdings einen minimal weniger opulenten Tieftonbereich. Aber der ist es ja gerade, der ihn für 99,9 Prozent all seiner musikliebenden Besitzer zum Traum-Kopfhörer gemacht haben dürfte.
GEHÖRT MIT
Plattenspieler Brinkmann LaGrange mit Röhrennetzteil
Tonarm AMG Viella 12‟, Thales Simplicity
Tonabnehmer Air Tight PC-1, Brinkmann EMT ti, Lyra Olympos
Phonostufe Einstein The Turntable’s Choice
Computer iMac 27‟, 3.06 GHz Intel Core 2 Duo, 8 GB, OS X Version 10.8.5
Audioplayer Amarra Symphony 2.6, Audirvana
CD-Laufwerk Wadia WT3200
D/A-Wandler Mytek 192-DSD-DAC
Vorverstärker EAR Yoshino 912
Endstufe Ayon Epsilon
Lautsprecher LumenWhite DiamondLight Monitors
Kopfhörerverstärker Auralic Taurus, Stax SRM-007t, PSB M4U 2, Stax 4070
Kabel Precision Interface Technology, Sunwire Reference, SwissCable, HMS Gran Finale Jubilee, Audioplan Powercord S, Audioquest Wild und Diamond
Zubehör PS Audio Power Plant Premier, Clearaudio Matrix, Sun Leiste, Audioplan Powerstar, HMS-Wandsteckdosen, Acapella Basen, Acoustic System Füße und Resonatoren, Finite Elemente Pagode Master Reference Heavy Duty und Cerabase, Harmonix Real Focus, bfly Basen und Füße

 

HERSTELLERANGABEN
Audeze LCD-XC
Bauform ohrumschließend, geschlossen
Prinzip magnetostatisch
Magnet hochwertiges Neodym
Aktive Membranfläche 9,8cm2
Maximale Belastbarkeit 15W für 200 ms
Schalldruck (SPL) >130 db bei 15 W
Frequenzgang 5 Hz bis 20 KHz
Harmonische Verzerrungen (THD) < 1% über den gesamten Frequenzbereich
Impedanz 22 Ohm, rein ohmsche Last
Wirkungsgrad 95dB/1mW
Empfohlene Verstärkerleistung 1-4 W
Gewicht 650g
Kabellänge 2,5 m
Preis 1800 Euro

 

VERTRIEB
audioNEXT GmbH
Anschrift Isenbergstraße 20
45130 Essen
Telefon +49 201 5073950
E-Mail info@audionext.de
Internet www.audionext.de

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Nein, unsere Download-Reihe Statement From Birdland haben wir nicht eingestellt, wie wir hiermit beweisen. Zum Jahreswechsel präsentieren wir Ihnen ein musikalisches Schmankerl von Pianist Patrick Bebelaar und Multitalent Vincent Klink


Patrick Bebelaar hielt es oft nicht auf seinem Klavierhocker: Er griff auch direkt in die Saiten
Patrick Bebelaar hielt es oft nicht auf seinem Klavierhocker: Er griff auch direkt in die Saiten

Wenn Sie letzteren Namen zuerst mit kulinarischen Genüssen in Verbindung bringen, liegen Sie völlig richtig. Üblicherweise begeistert der Meisterkoch seine Gäste in der Wielandshöhe in Stuttgart. Aber literarisch und musikalisch ist er fast ebenso umtriebig – und erfolgreich. Seine Liebe zum Jazz lebt er wie hier im Duo oder, wie wir an dieser Stelle ja schon mit einem Download dokumentiert haben, mit dem Ensemble Stupor Mundi aus. Im Birdland gab es dann auch ein Mischung aus Lesung und Konzert, die Tobias Böcker so erlebte:

Vincent Klink faszinierte mit seinem warmen, vollen Ton
Vincent Klink faszinierte mit seinem warmen, vollen Ton

 

 

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Vincent Klink - Patrick Bebelaar (20.04.2013)



„Guten Abend. Ich freue mich in Neuburg zu sein. Das ist für mich was Besonderes, wär' ich doch um ein Haar hier weiter zur Schule gegangen. Ich war nämlich in der Schule in Donauwörth und mit Abitur wär's in Neuburg weiter gegangen. Weil das nicht geklappt hat, bin ich halt Koch geworden.“ Beileibe nicht irgendeiner! Über Sterne und ähnliche Trophäen seines Metiers ist Vincent Klink längst hinaus, kocht, lebt, liest und plaudert „immer dem Bauch nach“, wie sein aktuelles Buch heißt. Trefflich schreiben kann er nämlich auch und Musik machen, wo er doch eigentlich Kardinal werden sollte. Mangels schulischem Erfolg aber wurde seitens des gestrengen Vaters kurzerhand umdisponiert. Harte Zeiten waren das dann im Adler in Rastatt und vor allem im Münchner Nobelrestaurant Humplmayr, wo sich zwar ein toller Koch und Lehrmeister tummelte, die Lehrbuben aber von früh bis spät schlechtweg gequält wurden.

Ein Fluchtversuch an die Kunstakademie scheiterte an der Realität in Gestalt eines Personalchefs beim Feinkost Käfer und dessen Papagei, die Liebe zur Muse jedoch ließ den jungen Mann so wenig los wie der Ehrgeiz, ein guter Koch zu werden. Wobei letzterer in Windeseile Erfolg fand! Heute ist Vincent Klink ein bundesfernsehweit bekannter Küchenmeister und schwört die Nation ein auf die Verfeinerung des BodenständigenDer Abend im Birdland war mehr Plauderstunde als Konzert, bot Erzählungen aus einem bewegten Leben als Mensch, Koch und Reisender, mit Frühstück im Jemen und Abenteuern aus der Frühzeit des Jazz im biederen Deutschland der 50er. Die Geschichten, „kulinarischen Reisen“ und „gepfefferten Erinnerungen eines Kochs“ wurden dabei musikalisch kommentiert, ornamentiert und ausgemalt von Patrick Bebelaar, dem nicht nur überaus sensiblen Begleiter, sondern auch mit Feeling, Flair und Fantasie volltönend die Klangfülle des Bösendorfers ausnutzenden Solisten.
Wobei sich auch Vincent Klink musikalisch nicht lumpen ließ: Seit 2008 ist er von der Querflöte umgestiegen aufs Bassflügelhorn, ein selten zu erlebendes Instrument, das er mit sehr sonorem Sound und erstaunlicher Wendigkeit spielt: Kulimusikalisch! Und zum Schluss sowieso: All Blues!

Dr. Tobias Böcker

Hier die Pegelanzeige der Nagra bei einer Fünfkanal-Aufnahme. Das Konzert, aus dem der Download stammt, wurde aber im Gegensatz zu diesem mit 192 Kilohertz aufgezeichnet
Hier die Pegelanzeige der Nagra bei einer Fünfkanal-Aufnahme. Das Konzert, aus dem der Download stammt, wurde aber im Gegensatz zu diesem mit 192 Kilohertz aufgezeichnet

Die technischen Besonderheiten dieser Aufnahme sind auch Teil der Erklärung dafür, dass Sie solange auf einen weiteren Download in Hifistatement warten mussten: Wie schon in den Grundlagen berichtet, benutze ich seit Anfang des Jahres statt einer Nagra LB das aktuelle Topmodell der schweizer Nobelmarke: die Nagra VI. Die Zahl steht dabei nicht nur für die sechste Generation von mobilen Aufnahmemaschinen, sondern auch für die Anzahl der zur Verfügung stehenden Kanäle. Und beim Konzert von Vincent Klink und Patrick Bebelaar haben ich zwei Kanäle für das PianoMic-System vom Earthworks im Flügel genutzt, einen weiteren für ein DPA 4099 Anclip-Mikro am Bassflügelhorn und zwei weitere für das Neumann SM 69, das als Raummikrofon diente. Da die Nagra zwar auf sechs Kanäle aufzeichnet, aber nur vier Mikrofonverstärker an Bord hat, lief das DPA-Mikro über eine Bryston BMP2.

So sieht der virtuelle Mischer aus: sechs Einzel-Kanäle plus Stereo-Summenregler
So sieht der virtuelle Mischer aus: sechs Einzel-Kanäle plus Stereo-Summenregler

Diese Art der Aufnahme erlaubt es, das Verhältnis der beiden Instrumente zueinander und den Anteil des Raumhalls ganz bequem im heimischen Hörraum einzustellen – vorausgesetzt natürlich, man hat das entsprechende, mehrkanalig Programm dazu. Seit dem Sommer liegt dann auch ein soundBlade HD auf dem Desktop meines iMac, aber weder hatte ich die Zeit dazu, es zu installieren noch die über 300 Seiten des Manual durchzuarbeiten. Daher verstaubten die schönsten, vier- bis sechskanalig aufgezeichneten Konzerte – wie etwa der absolut fantastische Solo-Piano-Abend mit Joanne Brackeen – auf der Festplatte. Erst später fiel mir dann auf, dass der virtuelle Mixer in der Nagra nicht nur während der Aufnahme, sondern auch zum Mischen der aufgezeichneten Kanäle auf den Stereo-AES/EBU-Ausgang genutzt werden kann. An diesen habe ich dann den TASCAM DA-3000 angeschlossen und ganz normale wav-Files erstellt, die anschließend mit dem bewährten zweikanaligen soundBlade editiert wurden. Hier sind sie – endlich!


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Das Untermenü für einen einzelnen Kanal: links das Panorama-Poti zur Positionierung des Kanals im Stereo-Spektrum, rechts der Pegelregler
Das Untermenü für einen einzelnen Kanal: links das Panorama-Poti zur Positionierung des Kanals im Stereo-Spektrum, rechts der Pegelregler

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Freitag, 13 Dezember 2013 01:00

Die Klangbibliothek 2.0 wächst (2)

In den meisten Fällen müssen Sie wie bei allen Magazinen so auch bei Hifistatement auf die Hörerfahrung und Formulierungskunst des Autors vertrauen. Bei Tonabnehmern ist das anders: Unsere Klangbibliothek ermöglich es Ihnen, selbst Vergleiche anzustellen. Ab sofort können Sie dort auch das Charisma Audio MC-1 genießen.


Die Anzeige der Nagra VI gibt eine Vielzahl von Informationen zur Aufnahme wieder, mit welchem Tonabnehmer eine Platte abgespielt wurde, ist dort aber nicht zu erkennen. Dieses hübsche Bild verdanken wir unserem Webdesigner
Die Anzeige der Nagra VI gibt eine Vielzahl von Informationen zur Aufnahme wieder, mit welchem Tonabnehmer eine Platte abgespielt wurde, ist dort aber nicht zu erkennen. Dieses hübsche Bild verdanken wir unserem Webdesigner

Vorraussetzung dafür ist wie immer eine recht hochauflösende Kette, die aus dem Netz heruntergeladene Musik-Dateien mit 24 Bit und 96 Kilohertz wiedergeben kann. Die Unterschiede zwischen den analogen Pretiosen selbst erfahren kann also nur, wer auch fortschrittliche Digitaltechnik akzeptiert. So gesehen ist die Klangbibliothek auch ein Plädoyer für die friedliche Koexistenz von Digital und Analog. Das Schöne an unserer Sammlung von Klängen ist es, dass sie für Sie umso aussagekräftiger wird, je weiter Sie Ihre Computer-Hifi-Kette verfeinern. Darüber sollten Sie aber keinesfalls den analogen Zweig Ihrer Kette vergessen: Während hervorragende D/A-Wandler in den letzten drei, vier Jahren immer günstiger wurden, ging der Trend bei Tonabnehmern in die andere Richtung. Da ist das Charisma MC-1 eine löbliche Ausnahme, da es unverschämt viel Hörgenuss fürs Geld bietet. Wie die Aufnahmen beweisen, benötigt es dafür auch keinen Traum-Tonarm wie den Thales Symplicity. Der SME V und die preiswerteren Varianten dieser Baureihe sind dem Charisma fast ebenso angenehme Partner.

Zur Klangbibliothek...

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Freitag, 03 Januar 2014 01:00

Spendor A5

Um herauszufinden, wie sich die moderne Bauform eines Klassikers schlägt und ob sich gängige Vorurteile wirklich bewahrheiten, wurde die Spendor A5 ausführlich unter die Lupe genommen. Das Ergebnis dürfte für einige überraschend sein.


Hört man den Namen Spendor, denken die meisten Leute erst mal an Studiomonitore und gleich darauf an die BBC, die legendäre BC1 und natürlich Neutralität. Stimmt natürlich alles, versperrt aber auch ein wenig den unverklärten Blick auf die modernen Produkte der Traditionsmarke. Neben den Modellen der Classic-Reihe, die sich dem Erbe der alten Modelle verpflichtet sieht, gibt es mehrere Baureihen, die zumindest optisch so gar nichts mehr mit den Quadern auf Ständern zu tun haben. Nicht falsch verstehen, ich selbst benutze solche Kästen von Rogers und liebe sie heiß und innig. Trotzdem ist es nicht jedermanns Sache, solche Geräte frei im Wohnzimmer stehen zu haben, zumal die Stereoanlage heute selten den Mittelpunkt der medialen Unterhaltung im Wohnzimmer darstellt.

Die schlanken Säulen haben nichts mehr mit den traditionellen Quaderformen zu tun. Die fast zierliche Optik verschleiert im ersten Moment den großen Auftritt der A5
Die schlanken Säulen haben nichts mehr mit den traditionellen Quaderformen zu tun. Die fast zierliche Optik verschleiert im ersten Moment den großen Auftritt der A5

Da kommen die Spendor A5 wie gerufen. Sie sollen großen Klang mit kleinen Abmessungen verbinden, leicht aufzustellen sein und darüber hinaus auch noch das Auge das Betrachters erfreuen. Bei den neuen handelt es sich um den kleinsten Standlautsprecher von Spendor mit dem sogenannten Linear Flowport-System. An sich ein Bassreflexsystem, bei dem der zusätzliche Schall im Tieftonbereich rückwärtig über einen breiten Kanal knapp über dem Boden abgestrahlt wird. Dieser tritt oberhalb eines Metallgestells aus, das den Lautsprecher unten einrahmt und sockelt, was zusätzliche Stabilität verleiht. In diesen Metallrahmen sind zwei hochwertige und kontaktsichere WBT-Polklemmen für den Anschluss der Lautsprecherkabel eingelassen. Direkt hinter den Anschlüssen sitzt die Weiche. Deutlich mehr Wert legen die Entwickler auf die Ableitung von Resonanzen als auf deren Dämpfung. Die Gehäuseverstärkungen sind asymmetrisch und mit Öffnungen versehen, um stehende Wellen zu vermeiden. An kritischen Stellen verbaut Spendor dämmende Polymerelemente mit geringer Masse. Diese sollen Resonanzen quasi umwandeln.

Durch die Anordnung des Bassreflexkanals soll der Lautsprecher auch beim Einsatz vor einer Wand aufstellungsunempfindlich werden und trotzdem ein kräftiges Bassfundament bekommen. Für diesen Bereich stehen in der gerade mal 790 mal 165 mal 250 Millimeter messenden Konstruktion gleich zwei Systeme parat, von denen eines zusätzlich den Mitteltonbereich bearbeitet. Die beiden bei Spendor selbst gefertigten 150-Millimeter-Chassis haben beide eine Membran aus Polypropylen, hier ep 38 genannt. Beim unteren, das hinauf bis 700 Hertz, also bis weit in den Mitteltonbereich, arbeitet, ist die Membran schwarz beschichtet, der darüber liegende Tiefmitteltöner hat eine durchsichtige Membran und statt einer Staubschutzkalotte im Zentrum der Membran einen Phaseplug. Abgelöst wird er erst bei 4,5 Kilohetz von einer 22 Millimeter messenden Kalotte mit Gewebemembran und Ferrofluidkühlung. Die breite Aufhängung soll mit abstrahlen und so das Rundstrahlverhalten verbessern. Die Lautsprecher werden auf eine Paargleichheit von mindestens 0,5 Dezibel abgeglichen, was selbst für Studioequipment ein ausgezeichneter Wert ist. Etwas ernüchternd ist der Wirkungsgrad von gerade mal 85 Dezibel, die die Lautsprecher im Abstand von einem Meter bei Einsatz eines Watt von sich geben.


Die breite Sicke trägt zum guten Rundstrahlverhalten des Hochtöners bei
Die breite Sicke trägt zum guten Rundstrahlverhalten des Hochtöners bei
Die mitgelieferten massiven Spikes sollten benutzt werden, durch sie bekommt die A5 die richtige Höhe. Auf dem Holzboden in meinem Hörraum mussten Ein-Cent-Stücke darunter, da keine Antispikes greifbar waren. Die Münzen konnte man hinterher nur noch bedingt als Zahlungsmittel einsetzen. Trotz seiner zierlichen Abmessungen bringt ein Lautsprecher satte 16 Kilogramm auf die Waage. Neben dem Metallrahmen tragen das massive Gehäuse und resonanzoptimierenden Maßnahmen zum Gewicht bei. Vorbei die Zeiten, als dünne, definiert schwingende Gehäuse die Performance unterstützt haben.

Steht sie dann so vor einem, hat die Spendor A5 tatsächlich nicht mehr viel mit den klassischen Vorgängern zu tun. Makellos verarbeitet reckt sie sich fast zierlich in die Höhe, ich persönlich finde sie sogar bildschön. Allerdings kommen einem spontan Zweifel an der Bassfähigkeit, fast möchte man die Spendor A5 als Miniaturstandlautsprecher bezeichnen.  Auch sitzt der Hochtöner erheblich unterhalb der Ohrhöhe, ob da eine realistisch hohe Bühne gezeichnet werden kann?

Einige Worte zu Einspielzeit und Aufstellung: Allen Spendor gemein ist ein quälend langwieriger Einspielprozess. Stefan Becker von der B&T hifi vertrieb GmbH hat dankenswerterweise eine eingespielte A5 geschickt. Trotzdem musste sich die Spendor nach dem Transport zwei, drei Tage einruckeln. Wer eine eingespielte Spendor beim Händler hört und dann eine neue kauft – was ja normal ist –, möge diese nicht sofort wieder zurückgeben, sondern etwas Geduld haben, es lohnt sich in jedem Fall. Zur Aufstellung: Trotz Flowport-System fühlt sich die A5 am wohlsten, wenn sie nicht direkt vor einer Wand stehen muss. Und wenn, dann bitte vor einer freien Wand ohne Regale, nicht zu nah an den Ecken. Trotz der unauffälligen Abmessungen benötigt die Spendor eine Basisbreite von mindestens 2,5 Metern, besser drei oder mehr, um ihr volles Potential entfalten zu können. Ein ganz leichtes Einwinkeln zum Hörplatz hin reicht, um den Klang einrasten zu lassen. Haben sich die Lautsprecher dann wieder frei gespielt, kann es mit dem Hörtest losgehen. Und auch, wenn die Konstruktion modern und die Optik zeitgemäß ist, bleiben die A5 klanglich klar erkennbar ihrer langen Ahnenreihe verpflichtet. Dazu gehört bei Spendor traditionell ein sehr klarer, natürlicher Mitteltonbereich ohne jeden aufgesetzten Effekt. Zur Neutralität, ein Begriff der in Spendor-Tests gern gebetsmühlenartig wiederholt wird, gesellt sich in diesem Fall aber auch noch eine Menge Spaß.

Der Phaseplug in der Mitte der milchigen Membran hält diese während der Vorwärtsbewegung in der Spur, beim Tiefmitteltöner verzichtet Spendor auf eine zusätzliche Beschichtung
Der Phaseplug in der Mitte der milchigen Membran hält diese während der Vorwärtsbewegung in der Spur, beim Tiefmitteltöner verzichtet Spendor auf eine zusätzliche Beschichtung

Aber der Reihe nach. Ganz am Anfang stand Mozarts Klavierkonzert Nr. 9 mit Alfred Brendel und den Wiener Philharmonikern unter Sir Charles Makkeras. Die A5 stellt bei dieser Live-Einspielung das Klavier in seiner ganzen Dynamik und Fülle vor Lautsprecher und Orchester, das dahinter völlig frei links und rechts über die Grenzen der Boxenfronten hinaus spielt. Was die Spendor dabei so anstellt, ist nur schwer in Worte zu fassen. Viele Schallwandler widmen sich hingebungsvoll dem genauen Umriss der Klangskizze, in dem sich dann alles abspielt. Die A5 lässt den Umriss weg, dafür tritt der Inhalt um so besser zu Tage. Feindynamisch greifbar, gefühlvoll und sehr realistisch spielen die plötzlich gar nicht mehr klein wirkenden Lautsprecher auf. Dabei gibt es keinerlei auffällige Analytik oder aufgesetzte Höhen. Diese sind nicht laut und „crisp“, dafür extrem sauber. Schon wieder ein Lautsprecher im Haus, der meinen alten Schlachtschiffen die Grenzen aufzeigt. Der Mitteltonbereich ist offen und frei. Dir Ortung ist hervorragend, die Raumabbildung realistisch. Also nicht ein Instrument, dass von vorne nach hinten in einen ganz tiefen Raum aushallt, sondern ein Instrument im Raum, das nicht messerscharf vom nächsten abgegrenzt ist. Beide Klänge laufen ineinander und haben dazwischen wenig Luft, den Hall erledigt der ganze Klangkörper. Wie in der Realität – aber eben auch nicht mehr.


Obwohl keine Details in den Vordergrund gezogen werden, fehlt da gar nichts. So etwas nennt man dann wohl homogen. Sehr faszinierend die Pause zwischen dem ersten und zweiten Satz, wo das Publikum bei der Aufnahme nicht runtergeblendet wurde. Man hört nicht nur das unvermeidliche Rascheln, Murmeln und Husten, das sich immer dann Bahn bricht, wenn Menschen mal 15 Minuten am Stück nicht reden dürfen, der ganze Raum ist mit seiner tieffrequenten Antwort präsent. Äußerst beeindruckend. Ach ja, die Abbildungshöhe ist genau richtig. Es ist eher der Kopf, der einem einen Streich spielt. Sieht man die Lautsprecher beim Hören an, denkt man, dass die Bühne ja tief ist. Guckt man gerade nicht hin oder denkt nicht drüber nach, stimmt alles. Böse Autosuggestion!

Kein Terminal, keine Resonanzen. Ganz nebenbei sind die hochwertigen Polklemmen von WBT eine perfekte Lösung, um Lautsprecherkabel anzuschließen
Kein Terminal, keine Resonanzen. Ganz nebenbei sind die hochwertigen Polklemmen von WBT eine perfekte Lösung, um Lautsprecherkabel anzuschließen

Lambchop mit „Four pounds in two days“ von der AWCMON füllt den Raum zwischen, hinter und neben den Lautsprechern aus. Die befürchtete Bassschwäche löst sich in Wohlgefallen auf. Nicht nur gemessen an der Größe baut die Spendor A5 ein völlig unerwartetes Fundament im Bass auf. Die Abbildungsgröße und räumliche Aufteilung sind enorm realistisch, man guckt in den Aufnahmeraum rein. Die Band agiert sehr geschmeidig und flüssig, die Stimme von Kurt Wagner schwebt vor dem Ensemble als Organ, nicht nur als Mund. Die reichlich vorhandene Basspotenz springt einen nicht an und ist auch nicht besonders prägnant. Trotzdem wird eine Fülle an Feininformationen transportiert. Der Bass ist überaus farbig und durchhörbar und das auch bei gehobenen Lautstärken. Während man sich noch fragt, ob das Nachschwingen der Basssaite nicht etwas nuancierter ausfallen könnte, fällt einem ein bis dato nicht gehörter Nachhall ins Ohr. So etwas ist Erbsenzählerei, aber Bestandteil meines Jobs. Auch an dieser Stelle muss die außergewöhnliche Homogenität im Mittelhochtonbereich hervorgehoben werden. Völlig stressfrei lässt die A5 einen tiefen Einblick in musikalische Strukturen zu, ohne auch nur ansatzweise an den Nerven zu sägen. Das ist im Grunde das Gegenteil von Analytik im besten Sinne.

Obwohl von vorne durch Beschichtung und Phaseplug sehr unterschiedlich, kann man von hinten gut erkennen, dass es sich bei den Tief- und Tiefmitteltönern der Spendor A5 konstruktiv um die gleichen Chassis handelt
Obwohl von vorne durch Beschichtung und Phaseplug sehr unterschiedlich, kann man von hinten gut erkennen, dass es sich bei den Tief- und Tiefmitteltönern der Spendor A5 konstruktiv um die gleichen Chassis handelt

Richtig knallen lassen kann man es mit der Spendor zwar auch, aber hart angeschlagene Snares und Toms zeigen bei höheren Lautstärken dann doch irgendwann die Grenzen der  kleinen Basschassis auf. Lustigerweise haben die A5 mit massiven, tiefen elektronischen Bässen keinerlei Probleme. Hier wird ein wenig aufgeweicht, aber immer fröhlich nachgeschoben. Trotz der erwähnten kleinen Einschränkungen klingt sie immer locker und unangestrengt. Erwähnte ich schon die Langzeittauglichkeit? Selbst mehrstündige, laute Hörsessions ermüden nicht. Andere Lautsprecher mögen bei den ersten Takten mehr anmachen. Wenn man dann allerdings nach 30 Minuten schweißgebadet eine Pause braucht, ist das auf Dauer nur anstrengend.

Bei Olivier Messiaens Turangalîla-Symphonie unter Riccardo Chailly mit dem Concergebouw Orchestra öffnet die A5 wieder das Tor zum Orchester und lässt es ausnahmsweise mal richtig fetzen und knallen, so dass es im Hochtonbereich durchaus auch mal weh tun kann. Dabei gibt es keine epischen Tiefen und Weiten zu bestaunen, dafür viel Grob- und Feindynamik. Klavieranschläge werden fein mit bis in die letzten Verästelungen aufgelösten Anschlägen dargestellt. Dabei – trotz der teilweise etwas sperrigen Musik – mit zwingendem Rhythmus. Bei den großen Pauken geht der Spendor ein klein wenig die Luft aus, dafür bekommt das Ondes Martenot und die mächtigen Gongs einen fast bedrückenden Schub mit auf den Weg.

Bei jedem Musikmaterial macht sich der sorgsame Paarabgleich der Lautsprecher bemerkbar. Neben der erwähnte Homogenität wirkt es, als wenn die Lautsprecher nicht existieren, so wenig sind sie als einzelne Schallquelle zu orten.


Die Dämpfungselemente sollen zusätzlich zu den Verstrebungen stehende Wellen im Gehäuse bekämpfen, die Innenkabel bestehen aus versilbertem Reinkupfer
Die Dämpfungselemente sollen zusätzlich zu den Verstrebungen stehende Wellen im Gehäuse bekämpfen, die Innenkabel bestehen aus versilbertem Reinkupfer

Wer jetzt glaubt, Spendor hätte sich mit seinen modernen Lautsprechern vom Pfad der Tugend, nämlich der Neutralität verabschiedet, liegt völlig daneben. Ist kein Bass auf der Aufnahme, macht die Spendor keinen. Der Raum eng und klein? Schade, das. Freiheitsgrade erlaubt sie sich ein wenig im Mitteltonbereich. Auch bei richtig öden und schlechten Aufnahmen vermittelt sie einen Rest Spaß, den die Kollegen aus dem rein professionellen Lager erbarmungslos unterdrücken. Während der Testphase liefen auch diverse Kinderhörspiele, die aufgrund der ausgezeichneten Sprachverständlichkeit, zum Entzücken der Eltern, leiser als sonst abgespielt werden konnten.

Es sind oft die kleinen Dinge, die das Hören mit den Spendor so angenehm und manchmal auch überraschend machen können. Isaak Hayes benutzt in der Filmmusik zu Shaft gern mal eine Orgel, der die Spendor wie aus dem Nichts eine wunderbare Klarheit und Intensität verleiht, die man bisher gar nicht so wahrgenommen hatte. Der musikalische Fluss ist bemerkenswert, ebnet dabei aber keinesfalls dynamische Abstufungen ein.

Handgearbeitet, gegen Resonanzen lackiert und mit genau auf die Chassis abgestimmten handgewickelten Spulen. Die Frequenzweiche der Spendor A5 ist ein Beispiel für gelungene Feinarbeit
Handgearbeitet, gegen Resonanzen lackiert und mit genau auf die Chassis abgestimmten handgewickelten Spulen. Die Frequenzweiche der Spendor A5 ist ein Beispiel für gelungene Feinarbeit

Trotz des bereits erwähnten niedrigen Wirkungsgrades ist die Spendor A5 gutmütig anzutreiben. Für die vorgeschaltete Elektronik wirkt sie zwar nicht als Lupe, reicht aber die Eigenschaft von Quellgeräten und Verstärker durch und gibt sich nicht anspruchslos. Auch wenn sie schon mit vergleichsweise bescheidenem Antrieb hervorragend klingen kann, goutiert sie auch Elektronik, die ein vielfaches von ihr kostet. In anderen Testberichten, besonders aus Deutschland, lese ich immer wieder, dass Spendor Lautsprecher besonders für Klassik- oder Kammerjazzhörer interessant und gewöhnungsbedürftig bis schwierig bei anderem Musikmaterial seien. In meinen Augen machen diese Lautsprecher aus jeder ihnen vorgeworfenen Konserve Musik. OK, wer die Charts hören möchte, Teenie-Pop liebt und bei Speedmetal ab und zu die Sau raus lassen möchte, der braucht sie nicht. Jeder andere Musikhörer sollte zumindest einmal eine Spendor gehört haben, um sich ein Bild von der Art ihrer Musikreproduktion zu machen. Es sollte mich wundern, wenn nicht der eine oder andere dabei hängen bleibt.

STATEMENT

Die Spendor A5 sind hervorragende gefertigte Allrounder, die neben dem delikat farbig und offen spielenden Mitteltonbereich neutrale Höhen und ein für die Größe sagenhaftes Bassfundament liefern. Musikalischer Fluss, Homogenität und Selbstverständlichkeit gepaart mit Neutralität. Das alles im schönen, aber dezenten Gehäuse für kleines Geld. Wer sie erst einmal eingespielt hat, wird sie freiwillig nicht wieder hergeben.
GEHÖRT MIT
Analoglaufwerk Rossner & Sohn Pertinax, Dr. Fuß-Steuerung
Tonarm Rega RB 300
Tonabnehmer Goldring G-1022GX, Linn Asaka
Phonopre AMR ifi iPhono, Graham Slee Audio Era Gold V + PSU1
CD-Spieler Denon DCD-1290, NAD C 516BEE
Verstärker music hall a15.2, NAD C 326BEE
Lautsprecher Rogers Studio1, Dynaudio Excite X14
Kabel Funk Tonstudiotechnik BS-2, TaraLabs, RG142, Vovox, Sommer, Baumarkt

 

HERSTELLERANGABEN
Spendor A5
Prinzip 2½-Wege Standlautsprecher
Gehäusetyp Spendor Linear Flowport Reflexsystem
Hochtöner 22 mm ferrofluidgekühlte rundum strahlende Kalotte
Tiefmitteltöner Spendor 150 mm ep38 Konuslautsprecher
Tieftöner Spendor 150 mm ep38 Konuslautsprecher
Wirkungsgrad 85dB @ 1W/1m
Übernahmefrequenzen 700 Hz, 4.5 kHz
Frequenzgang 60 Hz – 20 kHz ±3dB (echofrei)
Frequenzumfang - 6dB@45 Hz (echofrei)
Impedanz nominal 8 Ohm
Impedanzminimum 4 Ohm
Musikbelastbarkeit 150 W unverzerrt
Anschlüsse WBT Singel-wiring-Terminal
Maße (HxBxT) 790 x 165 x 250 mm
Gehäusevarianten Esche schwarz, Kirsche, Eiche hell, Walnuss dunkel
Gewicht pro Stück 16 kg
Paarpreis 2190 Euro

 

HERSTELLER/VERTRIEB
B&T hifi vertrieb GmbH
Anschrift Hauptstr. 14
40699 Erkrath
E-Mail team@bthifi.com
Internet http://www.bthifi.com

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  • Imagefolder tests/14-01-03_spendor
Gute Laune und Zufriedenheit bei allen, die ich fragte, sind ein ausgezeichnetes Resümee dieser vielseitigen Veranstaltung. Jungen und gereiften Besuchern gefiel dieser Mix aus Nostalgie und moderner Technik in allen Preisklassen.

Auch das Angebot an Tonträgern und Zubehör war reichlich. Die Workshops hatten höchst spannende Themen und waren bestens besucht. Der Ü-Wagen mit seiner Demonstration von Live-Aufnahmen vor dem Hotel kam sehr gut an. Auch die Service Points waren stets frequentiert. Einige Aussteller hatten interessante Offerten für den Kauf auf der Messe oder an den folgenden Tagen. Die Räumlichkeiten waren, wie bei Hotel-Ausstellungen üblich, sehr unterschiedlich. Wer nicht in einem der großzügigen Tagungsräume vorführte, sondern im Standard Hotelzimmer, gab sich Mühe, dem angemessen aufzutreten. Dies gelang, es war nirgends zu laut. So klang es überall angenehm und lud zum Verweilen ein. Das Einzige, was manchmal fehlte, war Sauerstoff – aber auch da war man aufmerksam und legte hin und wieder eine kleine Belüftungspause mit geöffnetem Fenster ein, bevor es mit abwechslungsreichem Musikmaterial weiterging. Sowohl das Hotelpersonal als auch das Team der Analogue Audio Association empfing die Gäste ausgesprochen freundlich. Jeder Besucher bekam einen kleinen Übersichts-Katalog mit wenig Werbung aber ungemein viel Information. So konnte man sich problemlos durch die Ausstellung bewegen und bei Bedarf nachschlagen, falls etwas nicht mehr parat war – so wie bei mir einmal der Vorname eines Ausstellers. Auch für dieses kleine, literarische Meisterwerk danke ich Herrn Bergmann und seinem AAA-Team. Die Veranstaltung hat vielen Menschen viel Freude gemacht, Ausstellern wie Besuchern und hat ein dickes Kompliment verdient für all die Mühen der Analogue Audio Association und der Mitarbeiter der ausstellenden Firmen. 2014 wird Hifistatement gerne wieder dabei sein.

 

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  • Imagefolder events/13-11-04_aaa
Nein, ich habe diesen etwas schmalzigen Song nicht erwähnt, weil mir jeder Abschied von Wien schwerfällt, sondern weil die klangBilder sich im nächsten Jahr eine neue Heimat suchen müssen: Das Hilton Plaza wird renoviert.


Die klangBilder setzten auch diesmal wieder auf eine bunte Mischung aus Hifi, High End, ein ganz klein wenig Bild, viel (Live-)Musik und eine Reihe von Workshops. Auch Studiotechnik nahm diesmal einen nicht geringen Anteil ein: Seien es nun Vorträge über mehrkanalige Aufnahmeverfahren oder Geräte aus der Studioszene, die auch in der heimischen Kette einen Platz finden könnten. Dazu zählen auch die Komponenten, die Horst Pfaffelmayer unter dem Namen seines Studios, Goldchamber, vorstellte. Da ich den heutigen Kollegen, bei dem ich mich vor Jahren mit dem Tonbandmaschinen-Virus infizierte, zusammen mit seinen Geräten aufs Bild bannen wollte, ihn aber leider immer wieder verpasste, müssen Sie in diesem Falle leider selbst aktiv werden und ein wenig unter www.goldchamber.at recherchieren.

 

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Hand auf Herz – was fällt Ihnen ein beim Thema High-End aus China? Niedrige Preise? Dreiste Kopien? Miese Qualität? Falsch, alles falsch. China ist auf dem Weg zur ernsthaften High-End-Nation. Und das aus eigener Kraft.


Eigentlich war ich auf einem geschäftlichen Besuch in Südchina, aber da am Wochenende nur Freizeit für mich angesagt war, fragte mich ein chinesischer Kollege, ob ich nicht Lust hätte, mal eine chinesische High-End-Messe zu besuchen. Klar, warum nicht? Guangzhou ist nur knapp anderthalb Stunden mit dem Zug von Shenzhen entfernt und ich hatte – wie schon gesagt – eh' nichts anderes vor.

Um so größer war dann die Überraschung: Die größte chinesische Fachmesse fand über mehrere Etagen in einem großen Hotel statt, und wenn es auch nicht möglich war, genau herauszufinden, wie viele Aussteller es tatsächlich waren, fühlte sich die Messe mindestens so groß an wie die in München. Neben den bekannten westlichen Marken, ausgestellt von ihren Distributoren, waren es vor allen Dingen die vielen einheimischen Firmen, die mit gut gemachten Vorführungen glänzten.

Überhaupt scheint High-End in China ziemlich gefragt zu sein. Viele junge Leute und ganze Familien pilgerten von Raum zu Raum, um konzentriert der Musik zu lauschen. Das war dann besonders häufig klassische Musik! Während in den USA oder in Europa eher musikalisch leichte Kost die Vorführung dominiert, bevorzugen die Chinesen klassische Musik in großen Besetzungen.

 

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