Aber ist Voltair auch wirklich die Formel für Gelassenheit bei maximaler Dramatik? Mit dieser Frage im Gepäck, leite ich elegant zum Hörtest und der Deutung des letzten verbliebenen Schalters über. Steht doch die Wirkung wie auch die Qualität von der bisher nicht erläuterten Funktion Matrix unmittelbar mit der klanglichen Performance in Zusammenhang. Auch die räumliche Wahrnehmung eines Schallereignisses mittels Kopfhörer oder Lautsprecher unterscheidet sich selbstredend erheblich. So erreichen die von Boxen erzeugten Schallanteile eines Kanals nicht nur das zugewandt Ohr sondern ebenso, wenn auch zeitverzögert und leiser ebenfalls das abgewandte. Mithilfe dieser Daten kann unser Gehirn Schallquellen lokalisieren.
Das hat uns früher bei der Ortung von Gefahren geholfen – Feindbild Säbelzahntiger – und heute können wir damit die Protagonisten in einem Orchester identifizieren. Mit dem Kopfhörer am Ohr entsteht stattdessen in unserem Kopf ein synthetischer imaginärer Raum mit einer artifiziellen Positionierung der Künstler. Ein Effekt, so SPL, der irritieren und ermüden kann. Dem wirkt ein Filternetzwerk, das eine Lautsprecheraufstellung rekonstruiert, gezielt entgegen: Es werden Laufzeit- und Pegeldifferenzen erzeugt, die den Musikinformationen des jeweils anderen Kanals hinzugefügt werden. Erstaunlicherweise erfolgt dies analog. Und so steht die zweistufige Schaltung schon in der wandlerfreien Grundausführung des Phonitor se zur Verfügung.
Nicht nur beim Auspacken beweist die rote Farbe ihre EyeCatcher Qualitäten, auch in der im freundlichen schwarz gehaltenen Testanlage zieht der Phonitor se die Aufmerksamkeit auf sich. Aber nicht nur Blicke docken an. Ohne Umwege wird der kleine Amp mit der Phonovorstufe verbunden, zugleich stellt ein Cinch-Kabel den Kontakt zum digitalen Netzwerk her. Fortan dient der leistungsmäßig nicht besonders anspruchsvolle Sennheiser HD 800 als Quelle von rhythmischen Luftbewegungen, die optionalen Plus-Zwölf-Dezibel benötigt er nicht. Wie überhaupt die Potenz der Verstärkung über jeden Zweifel erhaben ist, ein Blick auf das Datenblatt legt davon Zeugnis ab. Niederohmige wie auch leistungshungrige Vertreter der Spezies Kopfhörer finden mit dem Phonitor einen passenden Partner.
Trotz aller Neugierde darf sich der se erst einmal im Stromnetz einleben. Abgedimmt signalisiert die Betriebsleuchte den Ruhezustand, leuchtet sie hell, dann geht es los. Emiliana Torrinis „Lifesaver“ aus dem Album Fisherman's Woman steht am Anfang einer mehrtägigen Hörsession. Der leise Song ist eingebettet in eine wunderbare Segelboot-Atmosphäre. Ebenso prononciert wie natürlich ist die Stimme der Isländerin, das Knarren und Knarzen der Schiffsplanken erscheint völlig überzeugend – für ein paar Minuten wird man auf die ruhige See entführt. Als Countertenor ist Philippe Jaroussky einer der besten seines Faches; im Jahr 2007 spielte er das Album Heroes mit Werken von Antonio Vivaldi ein. Eine musikalisch wie klangtechnisch tolle Produktion. Der Paarung Kopfhörer und Phonitor se gelingt eine facettenreiche Darbietung mit authentischen Klangfarben. Fast scheint es die Präzision der Wiedergabe die Bewegungen des Ausnahmekünstlers vor dem Mikrophon zu visualisieren.
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