Bei Snarky Puppys Album Family Dinner Part One zeigen die Raidos, dass sie sich durchaus aufs Zurechtsortieren des anspruchsvollen Arrangements des Livemitschnitts verstehen. Die Interpretation des Stücks „Gone Under“ von und mit Shayna Steele ist ein stampfendes Groove-Ungetüm. Die Aufnahme hat Ecken und Kanten und ist sicher nicht perfekt, aber genau das macht sie so spannend. Das Fender Rhodes gleich zu Beginn des Stücks wird von den X1.6 herrlich butterweich bei gleichzeitig minutiöser Detailreproduktion herausgearbeitet. Im späteren Verlauf gesellen sich noch Hammond, E-Bass, Gitarren, Schlagzeug, Percussion und eine Bläsersektion zum Geschehen. Die kompakten Lautsprecher haben alle Instrumente im Griff und halten sie viel trennschärfer auseinander, als ich der Aufnahme überhaupt zugetraut hätte. Auf manchen Lautsprechern können einem die Bläser durchaus auf die Nerven gehen, und auch, wenn Shayna richtig loslegt, sticht die Stimme schon recht weit aus dem Arrangement hervor. Das Tuning der Raidhos mildert die kleinen Unzulänglichkeiten der Aufnahme absolut gelassen, galant und wohldosiert ab. Es klingt ein wenig runder, gefälliger und zugänglicher als ich es gewohnt bin. In dieser Hinsicht kann man den Raidhos einen eigenen Charakter nicht absprechen. Sie verstehen es, weniger guten Aufnahmen ein wenig auf die Sprünge zu helfen. Trotzdem bringen sie so viele Details aus jeglichen Aufnahmen wie selten ein Lautsprecher. Ich weiß nicht, wie es bei Ihnen ist, aber der Frequenzverlauf entscheidet für mich nach wie vor an erster Stelle, ob mir ein Lautsprecher gefällt oder nicht. Der Lautsprecher kann auf der Zeitebene noch so beeindruckend sein, die Bühne kann noch sonst wie groß und weitläufig sein, wenn mir das Frequenztuning eines Lautsprechers nicht gefällt, dann könnte ich nicht mit ihm leben. Obwohl ich nicht nur beruflich darauf angewiesen bin, sondern mich darüber hinaus auch aus persönlicher Vorliebe mit maximal linearen Lautsprechern umgebe und auch nicht davor zurückschrecke mit DSPs nachzuhelfen, treffen die Raidhos bei mir (natürlich ohne Korrektur) einen Nerv. Obwohl die X1.6 nicht zu den allerlinearsten Vertretern ihrer Spezies gehören, ist ihre Abstimmung hochgradig schlüssig. Egal ob ich mich am Morgen, oder nach einem Arbeitstag an die Raidhos setze, jedes Mal fesseln sie mich sofort, und das Hören macht über Stunden hinweg einfach nur Spaß. Dabei agieren sie hochmusikalisch, souverän, ermüdungsfrei und somit langzeittauglich. Bei meinen eigenen Lautsprechern schwankt dieser Eindruck deutlich stärker. Mal bin ich wunschlos glücklich, an anderen Tagen oder mit bestimmten Musikstücken wünsche ich mir Veränderung.
Einen besonderen Effekt bietet auch das Stück „Draisine Song“ vom Album Dig It To The End der schwedischen Band Tonbruket. Ich mag an ihm den entspannt säuselnden Dialog zwischen der Gitarre auf dem rechten Kanal und den Keys auf dem linken. Während die Gitarre auf verschiedenen Lautsprechern stets trennscharf abgebildet wird, verschwimmen die Keys mitunter ein wenig. Den X1.6 gelingt es, auch die Keys nachdrücklich herauszuarbeiten, und sie lassen beide Instrumente dennoch zart ineinander schmelzen. Ein ähnlich besonderes Erlebnis wie der glockig blubbernde Synthsound in Peter Gabriels „Panopticom“ ist diesmal der ebenfalls schwer kategorisierbare Sound, der nach kleinen auf den Boden gestreuten Metall- oder Glasstückchen klingt. Auch dies ist ein Klang, den ich selten so prägnant aus dem Gesamtarrangement herausgearbeitet und räumlich positioniert hören konnte. Er scheint ebenfalls direkt hinter der Hochtöner-Membran zu schweben. Und genau diese ist aufgrund ihrer Magnetostat-Bauweise für die besondere Fähigkeit zum Herausarbeiten derartigen Details verantwortlich. In diesen Momenten, in denen sich die Raidhos besonders hervortun, machen sie klar, dass die „kleinere“ X-Serie keinesfalls ein Kompromiss sein muss. Sie spielen bereits auf derart hohem Niveau, dass ein Aufstieg in die TD-Serie für ein Gros der Hörerschaft überhaupt nicht relevant sein dürfte.
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