Sie haben vermutlich davon gehört, dass Hans Manfred Strassner, den man mit Fug und Recht als Vordenker hinsichtlich audiophiler Kabelentwicklung nicht nur in Deutschland anerkennen darf und sollte, sein Unternehmen HMS Elektronik aus Altersgründen zum 1.1.2024 an die International Audio Holding B.V., Inhaber der Marken Siltech und Crystal Cable, übergab.
Dies ist inzwischen eine ganze Weile her, und nun ist der Zeitpunkt gekommen, an dem die Niederländer verbesserte Versionen des übernommenen Portfolios vorstellen. Dass seit der Übernahme mehr als anderthalb Jahre verstrichen sind, zeigt einerseits, auf welch hohem Niveau Hans M. Strassner sein Erbe etablierte, andererseits auch die Sorgfalt, mit der man sich bei der International Audio Holding im niederländischen Elst der neuen Sache angenommen hat. Dort entwickelt man nun mit HMS die dritte Kabel-Produktgruppe neben Siltech und Crystal Cable. So wie diese durchaus unterschiedliche Zielgruppen ansprechen, soll auch HMS sich von den Ursprungsmarken der Niederländer weiterhin unterscheiden. Die bisher bewiesenen, bemerkenswerten Ingenieursleistungen des IAH-Teams um Edwin van der Kley Rynveld beziehen sich nicht allein auf analoge und digitale Leitungen, sondern auch auf Verstärker und einzigartige Lautsprecher wie die technisch außergewöhnlichen Crystal Cable Minissimo Forte.
Werner Kempf ist für den Vertrieb all dieser Produkte von IAH in Deutschland zuständig und bot mir an, eines der neuen HMS Kabelsortimente für diesen Test auszusuchen. Natürlich reizt es stets, sich mit dem Besten und Teuersten zu befassen. Aber eine allgemein akzeptablere preisliche Größenordnung macht vielleicht mehr Sinn, zumal mir Werner Kempf verriet, dass man im Entwickler-Team der Meinung sei, dass die neue Serie Armonia Carbon hinsichtlich ihres Preis/Klang-Verhältnisses besonders attraktiv sei, schon beinahe besorgniserregend hinsichtlich der qualitativen Abgrenzung zu den teureren Alternativen. Demzufolge fiel die Wahl leicht, und ich wählte drei Stromkabel, das Lautsprecherkabel und je eine analoge Signalleitung in Cinch und XLR, um umfassend über die Armonia Carbon Linie berichten zu können. Digitale Kabel gibt es in dieser Linie nicht, wohl aber Phono-Leitungen in zwei Anschluss-Varianten. Die muss ich jedoch ausklammern, weil mein Tonarm durchverkabelt ist. Der technischer Aufbau der Phonokabel ist jedoch identisch mit dem der Interconnect RCA oder XLR. Unterhalb der Linien Suprema MC2 und Gran Finale 50 – wobei die 50 für das Jubiläum steht –, aber oberhalb der Linien Concertato und Foundations liegt Armonia Carbon genau im Mittelfeld. Das gilt für die Preisgestaltung gleichermaßen wie den musikalischen Anspruch seitens des Herstellers. Bekanntlich gab es die Armonia Serie ja schon zu Zeiten von Hans M. Strassner. Die entscheidende technische Innovation besteht nun in der erstmaligen Verwendung des Werkstoffes Carbon. Beim neuen Armonia Carbon wird das Ferritmaterial der Vorgänger in der Abschirmung, das die Signalleiter vor Störungen aller Art von außen schützen sollte, durch eine Beimischung von Kohlefaser ersetzt. Die Weiterentwicklung mit höchst präziser Leitergeometrie der Niederländer folgt im Kabelaufbau derselben Philosophie wie der von Hans M. Strassner, soll aber den Schutz vor RFI und EMI durch bessere Filterwirkung optimieren und eine statische Ableitung von Störgeräuschen bewirken. Die HMS-typischen auffälligen Kästchen um die Kabel, die bei Lautsprecherleitungen auch als Splitter dienen, enthalten jetzt keine elektronischen Bauteile mehr. Die früheren Zobel-Glieder zur Verhinderung hochfrequenter Schwingungen oder Intermodulationen sind laut dem Entwicklungsteam in den Niederlanden nicht mehr notwendig, da die neue Karbon-Legierung hinreichend für Störungsunterdrückung sorge. Die Signale müssen nun nicht mehr eine zusätzliche technische Mini-Schaltung durchfließen. Auf den vielleicht als Reminiszenz an Hans M. Strassner oder auch wegen des Wiedererkennungswertes der Marke HMS verbliebenen Kästchen ist die Laufrichtung der Kabel jeweils deutlich markiert. Weiterhin finden sich hier die individuellen Seriennummern. Denn die Kabel werden messtechnisch geprüft und gleichwertige gepaart. Es gehört auch zum Kundenservice von IAH, die Produkte den Kunden zuzuordnen, und deshalb verlängert sich bei einer Registrierung innerhalb zweier Wochen nach Kauf die Garantiezeit um weitere drei Jahre. Die schwarzen Kästchen befinden sich an den Kabeln stets empfängerseitig, beim Lautsprecherkabel natürlich wegen der Splitting-Funktion beidseitig.

Zuerst spiele ich alle Kabel ein paar Tage lang ein. Alle vorhandenen Verbindungen außer dem Netzwerk in meiner Anlage mit PS Audio DAC, Soulnote Vollverstärker und Phonar Lautsprechern werden durch die Armonia Carbon ersetzt und bei mittlerem Pegel ein paar Stunden eingespielt. Dabei zwingt meine Neugier zu ersten Hörchecks mit unterschiedlichen Musikstücken. Mein erster Eindruck wird bestimmt durch ein tonal eher helles, als den Bass betonendes Timbre mit enorm viel Präzision und Detailfülle. Trotz dieser Tonalität klingen die Musikstücke jedoch nicht in den Höhen überzeichnet oder nervig. Das Klangbild hält sich stets sicher auf dem schmalen Grad beeindruckender Klarheit, was mich dazu bewegte, auch schlechte Aufnahmen zu probieren. Selbst da kippte nichts ins Übertriebene oder gar Unerträgliche. Von Siltech oder Crystal Cable kenne ich dieses Verhalten, obwohl ich mit letzterem schon mal Probleme bekam, wenn die Audio-Kette insgesamt nicht harmonierte. Neben diesem beachtlichen Auflösungsvermögen waren es drei Dinge, die mich schon jetzt beim Einspielen positiv ansprachen: Dynamik, Schnelligkeit bei den Transienten, aber vor allem der musikalische Fluss und die damit einhergehende Spielfreude.