Schauen wir uns die neuen Armonia Carbon genauer an: Zur Haptik lässt sich nur Erfreuliches sagen: Die Ummantelung aus Baumwollgewebe fasst sich weitaus angenehmer an als alle anderen Kabel in meinem hifidelen Haushalt. Leider spielt dies nur beim Verlegen meist einmalig eine Rolle. Der technische Aufbau aller vier Kabeltypen macht sie nicht steif und erlaubt auch kleine Radien, so dass man keine großen Längen benötigt, um knickfrei Bögen zu legen. Auf diese Weise spart man zudem Platz hinter den verbundenen Komponenten.
Zuerst beschäftige ich mich mit dem Armonia Carbon Lautsprecherkabel:. Es ist wahlweise an einem Ende oder an beiden mit rhodinierten Gabelschuhen oder Hohl-Bananensteckern aus IAH-eigener Ferigung bestückt. Bei letzteren sorgt ein integrierter Andruck-Steg für optimalen Kontakt. Wie bei allen Armonia Carbon bestehen die Leiter aus sauerstofffreiem Kupfer. Es handelt sich beim Lautsprecherkabel um vierzehn verdrillte Drähte. Zur Isolierung wird hier Teflon genutzt. Der Kohlenstofffilm in der Abschirmung ist das entscheidende Novum, was laut Hersteller zu tieferen Bässen, transparenten Mitten und brillanten Höhen führen soll.
Das Armonia Carbon Lautsprecherkabel lasse ich nach längerem Einspielen zuerst gegen das Shunyata Andromeda antreten, das zwar betagt ist, aber beileibe keinen schlechten Ruf genießt. Ich wähle „Die Rheinnixen“ von Jaques Offenbach vom Album Fairy Tails mit Regula Mühlemann (Qobuz 96/24). Über mein Test-Setup muss man vielleicht wissen, dass der modifizierte PS Audio Directstream DAC spätestens durch den Einbau des filterfreien Kaltegeräte-Stromanschlusses von Furutech hinsichtlich Transparenz deutlich zulegte, auch der Soulnote A2 in die gleiche Richtung tendiert, und, seitdem meine Phonar Veritas 9.2SE auf dem als Zubehör angebotenen Sockel siebzehn Zentimeter höher über dem den Bass verstärkenden Fußboden stehen, diese auch schlanker aufspielen. Die Test-Kette musiziert also insgesamt per se hochgradig analytisch. Das HMS erfreut bei der feinen Streicher- und Holzbläser-Instrumentierung und erst Recht beim Gesang von Frau Mühlemann durch ebenso schöne wie ehrlich anmutende Fülle und Koloration. Das Shunyata ähnelt in dieser Konfiguration mit seiner ihm eigenen analytischen Diktion durchaus den Qualitäten des HMS. Die sezierende Klarheit geriet hier jedoch für meinen Geschmack nahe an die Grenze des Schönen. Als gravierend empfinde ich jedoch, dass der packende und mitreißende musikalische Fluss sich hier nicht einstellen mag. Beim Hören mit dem Shunyata fällt mir auf, dass dieses ungewohnt sauber seziert, angehmer als ich es bislang in dieser Geräte-Konfiguration erlebte. Dies deutet erfahrungsgemäß auf besser Zuspieler hin, was ja bei Einsatz derselben Geräten nur aus der Verkabelung, also dem Aurora Carbon Cinch- oder XLR-Kabel – ich benutzte beide im Wechsel - und den Aurora Carbon Netzkabeln resultieren kann. Die schaffen es, dass auch das Shunyata an keiner Stelle beim Album Fairy Tales lästig klingt. Aber zu diesen Kabeln kommen wir später.

Erst einmal wechsele ich wieder auf das HMS, um es nun mit dem QED Silver Spiral, meinem Allzeit-Referenzkabel, weil es allgemein recht bekannt ist, zu vergleichen. Dazu wähle ich den Titel „Falstaff;: Ninfe! Elfi! Silfi!...“ vom selben Album. Das QED klingt angenehm gefällig, weil es die mittleren Tonlagen vergleichsweise etwas betonter reproduziert. Das kommt bei dieser Musik den Klangfarben von Gesang und Instrumenten wie Harfe, Streichern und einigen Bläsern zugute. Doch auch beim QED bleibt die Feindynamik und die Spannung gegenüber dem Armonia Carbon auf der Strecke. Man könnte auch ungerührt ein Buch dabei lesen. Sie wissen, was ich damit meine. Das HMS ist mit seinem selbst bei dieser ruhigeren Musik mitreißenden Charakter der Realität näher, ja livehaftiger und spricht mich auch emotional mehr an. Ich will die Stärken des HMS gegenüber dem QED mit anderer Musik hinterfragen und streame dazu das ECM Album von Lester Bowie in CD-Auflösung von Qobuz, und zwar den Titelsong von The Great Pretender. Zuerst kommt das QED zum Einsatz, das diese leicht schräge Musik, bei der man ohnehin schwerlich weghören kann, mit sattem Grundton, glaubwürdigen Klangfarben plastisch darstellt. Ich hatte nicht erwartet, welche tonale Ähnlichkeit dies mit dem Armonia Carbon haben sollte. Was beim HMS dann allerdings brachial überzeugte, waren wieder die mitreißende Lebendigkeit, die schon bei den ersten leisen Takten wahrnehmbare Feindynamik und der geradezu anmachenden Charakter, mit denen das neue HMS den Spaßfaktor erheblich steigert. Das ist bei keinem der Vergleichskabel auch nur annähernd so zu spüren. Da das Lautsprecherkabel Armonia Carbon auch sonst an keiner Stelle zu den Vergleichskandidaten Schwächen zeigt, ist es ihnen in jeder Hinsicht überlegen. Auch hier bei Lester Bowie überzeugt das HMS mit Klangfülle ebenso wie mit seinen Klangfarben bei allen Instrumenten, zudem mit Detailreichtum und sensibler dynamischer Abstufung. Eine beeindruckende Weiterentwicklung!