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Thiele, Blue Amp und Ortofon: State of the ATR

07.06.2022 // Dirk Sommer

Doch kommen wir endlich zum einzigen Gerät, über das an dieser Stelle bisher nichts zu lesen war: Helmut Thieles Laufwerk TT01. Während er mit seinem Tonarm neue Wege beschreitet, kann das Laufwerk eher als Kulminationspunkt seiner zahlreichen bisherigen Plattenspieler-Entwicklungen gelten: Hier greift er auf bewährte Lösungen zurück, die er in hoher Perfektion und mit großem Aufwand realisiert. Mit einem Gesamtgewicht von 17 Kilogramm, von dem ein Großteil auf das Chassis entfällt, kann man beim TT01 nicht wirklich von einem Masselaufwerk sprechen. Das Chassis besteht aus drei mit speziellen Klebeschichten verbundenen Ebenen aus unterschiedlich Holzwerkstoffen, die nach dem Prinzip des „Constraint Layer Dampings“ dafür sorgen, dass Resonanzen minimiert werden. Das gilt besonders für die unvermeidlichen Störungen, die vom auf der unteren Ebene montierten Antriebsmotor ausgehen. Der wird aus einer Vielzahl von Exemplaren auf Laufruhe selektiert und teilt sich seine Ebene mit den drei höhenverstellbaren Standfüßen, der Motorsteuerung und den XLR-Buchsen, die mit dem Tonarm verbunden sind.

Die Plattentellerauflage Thiele RM01 und der Zentrierstift aus Kunststoff, der keine Geräusche aus dem Lager auf die Platte überträgt
Die Plattentellerauflage Thiele RM01 und der Zentrierstift aus Kunststoff, der keine Geräusche aus dem Lager auf die Platte überträgt

Die mittlere Ebene ist allein der Tonarmbasis vorbehalten, während die obere die Bedienungselemente für die Laufwerksfunktionen und das Tellerlager beherbergt. Das ist als Gleitlager mit einer zehn Millimeter starken, gehärteten Stahlachse ausgeführt, die in einer Bronzebuchse geführt wird. Die Achse tritt über eine Keramikkugel mit einem Durchmesser von sieben Millimeter mit dem Lagerspiegel in Kontakt. Der besteht aus Delrin und hat eine Bohrung in der Mitte, so dass die Kugel auf einem definierten Kreisring läuft. Zusammen mit der Schmierung mit einem Spezialfett ergibt sich so ein kontrolliertes Bremsmoment. Der Motor muss also gegen eine kleine, gleichmäßige Last arbeiten, was seinen mechanischen Lauf beruhigen soll. Über einen Flachriemen treibt er den Subteller aus Aluminium. Auf diesem liegt eine Acrylscheibe auf, die mit dem metallenen Außenring verbunden ist. Dieser Materialmix soll den Teller als ganzes bedämpfen und beruhigen. Eine von Helmut Thiele selbst entwickelte Plattenmatte aus mehrschichtigem Verbundmaterial, die als RM01 zum Preis von 180 Euro auch einzeln erhältlich ist, stellt den Kontakt zwischen Vinyl und Teller her. Die Verwendung eines Plattenpucks empfiehlt der Designer auf Nachfrage erst einmal nicht. Das Laufwerk samt externem Netzteil ist genauso hochwertig verarbeitet wie der Tonarm und lässt weder optisch noch technisch irgendwelche Wünsche offen.

Unter der Plattentellerauflage: Der Subteller und der Teller aus Acryl und metallenem Außenring
Unter der Plattentellerauflage: Der Subteller und der Teller aus Acryl und metallenem Außenring

Wie so oft beginne ich meine Annäherung an Analoges mit Art Farmer und Jim Halls Big Blues. Nun gut, ich habe das Album bisher weder mit den Dragon NF-Kabeln zwischen Vor- und Endstufe noch über die Børresen Acoustics 05 Silver Supreme Edition gehört, und beide dürften ihren Anteil zu diesem großartigen Erlebnis beitragen: Mike Moores Bass knarzt sonor, das Fell der Bass Drum scheint man fast sehen zu können und darüber tanzen die Impulse von Flügelhorn, elektrischer Gitarre und Vibraphone: eine Schwelgerei in Klangfarben und Transienten. Vom bisher mit anderen Ausbaustufen meiner Kette Gehörten unterscheidet sich die aktuelle Wiedergabe vor allem dadurch, dass die Instrumente nun in einem größeren, luftigen Raum erklingen – und das spricht auch für die immensen Fähigkeiten von Thiele, Ortofon und Blue Amp: Was die Quelle nicht bringt, kann auch die beste übrige Kette nicht hervorzaubern. Und in Sachen Raumdarstellung sind das bekanntermaßen in erster Linie Feininformationen. Das Quartett verleiht hart angerissenen Gitarrensaiten, Schlägen auf Becken und Felle und dem mit Vehemenz angeblasenen Flügelhorn so viele Energie, dass der Unterschied zu echten, live gespielten Instrumenten ungemein klein ausfällt: Thiele und Co. haben mich schon mit der ersten Scheibe für sich eingenommen!


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