tests/23-01-31_ortofon
 

Ortofon MC Diamond

31.01.2023 // Dirk Sommer

Beim klanglich so beeindruckenden MC Diamond greift Leif Johannsen natürlich auf bewährte Baugruppen zurück: Da wäre zuerst einmal das Gehäuse, das im Selective-Laser-Melting- oder kurz SLM-Verfahren hergestellt wird. Dabei werden Titanpartikel per Laser miteinander verschmolzen, wobei die Partikel an der Außenseite so stark erhitzt werden, dass sie eine Metallgitterstruktur ausbilden. Im Inneren wird mit weniger Hitze gearbeitet, die Struktur bleibt amorph. Resultat ist ein Gehäuse, das eine sehr hohe Festigkeit mit starker innerer Dämpfung verbindet und damit für Resonanzen weitaus weniger anfällig ist als ein aus einem massiven Stück Metall herausgearbeiteter Körper. Die Nadel besitzt den bekannten Ortofon-Replicant-100-Schliff und ist wie erstmals 2018 beim limitierten MC Century auf einem Diamant-Nadelträger montiert. Das hoch effiziente Magnetsystem bezieht seine Kraft aus einem Neodymium-Eisen-Bor-Magneten, dem stärksten momentan verfügbaren Material, besitzt ein vorderes Joch aus einer Kobalt-Eisen-Legierung, ein hinteres aus reinem, kohlenstoffarmen Eisen, wurde 2008 zum Patent angemeldet und kam 2011 zusammen mit einem nicht-magnetischen Spulenträger erstmals im MC Anna zum Einsatz. Beim MC Diamond bestehen die darauf gewickelten Spulen aus hochreinem, sauerstofffreien Kupfer.

Im folgenden Abschnitt geht es um „Multi Wall Carbon Nano Tubes“. Da sie mit bloßem Auge nicht sichtbar sind, soll diese Grafik helfen, sich ein Bild davon zu machen
Im folgenden Abschnitt geht es um „Multi Wall Carbon Nano Tubes“. Da sie mit bloßem Auge nicht sichtbar sind, soll diese Grafik helfen, sich ein Bild davon zu machen

Im Prinzip ist das Wide Range Damping System ein alter Bekannter: Eine Kombination von zwei Dämpfungsgummis unterschiedlicher Härte, zwischen denen eine Platinscheibe sitzt, sorgt für eine möglichst gleichmäßige Kontrolle der Bewegung des Nadelträgers über einen großen Frequenzbereich. Die schwere Scheibe verhindert, dass Schwingungen von einem Dämpfer auf den anderen übertragen werden. Beim MC Diamond wird nur erstmals eine neue Gummimischungsformel verwendet, die auf dem hocheffizienten Nanofüllstoff „Multi Wall Carbon Nano Tubes“ oder kurz „MWCNT“ basiert. Die Nano-Röhrchen zeichnen sich dadurch aus, dass ihre mechanische Zugfestigkeit 400-mal höher als die von Stahl sein kann, ihr Elastizitätsmodul mehr als zehnmal höher als der von Industriefasern ist, ihre Dichte ein Sechstel geringer ist als die von Stahl und die Wärmeleitfähigkeit besser als die von Diamanten. Zudem sind die Nano-Röhrchen sehr dünn. Ortofon bezieht die MWCNT in einer Vormischung in festem Zustand von einem zuverlässigen europäischen Hersteller. Bei der Verarbeitung muss eine strikte Prozesskontrolle eine gleichmäßigen Dispersion gewährleisten, damit eine qualitativ hochwertige Gummimischung entsteht. Die Dämpfer aus mit MWCNT gefülltem Gummi sind etwa 15 Prozent leichter und sollen aufgrund der geringeren Masse schneller reagieren. Bei gleichen Volumen enthalten Dämpfer mit Nano-Röhrchen statt Standardfüllstoffen einen höheren Anteil an Butylkautschuk und verfügen bei gleichem Härtegrad im Vergleich zu Standarddämpfern über bessere Dämpfungseigenschaften.

Die schwarze Masse ist das Master Badge, in dem die Nano-Röhrchen oder Multi Wall Carbon Nano Tubes enthalten sind
Die schwarze Masse ist das Master Badge, in dem die Nano-Röhrchen oder Multi Wall Carbon Nano Tubes enthalten sind

Wie ich bei der Lektüre des Artikels über meinen ersten Besuch bei Ortofon im Jahr 1999 entdeckt habe, wies mich Per Winfeld damals auf eine Besonderheit im Dämpfungssystem der SPUs hin, die heute nicht mehr thematisiert wird, aber auch bei den aktuellen Modellen zu finden ist: Bei fast allen MC-Tonabnehmern sorgt ja ein Spanndraht dafür, dass der Nadelträger samt Spulen nach der Auslenkung durch die Rille in seine Ausgangsposition zurückkehrt. Doch leider wirkt der Spanndraht nicht nur dem Zug der Nadel entgegen, sondern verschiebt den Drehpunkt der gesamten Konstruktion wegen seiner Flexibilität auch weiter nach hinten, als es für eine kontrollierte Bewegung der Spulen im Magnetfeld wünschenswert wäre. Ortofon umgibt den Spanndraht daher bis auf einen kurzen Abschnitt nach der Verbindung mit dem Nadelträger mit einer relativ dicken Eloxidschicht, so dass der flexible Bereich stark reduziert wird: Der Drehpunkt liegt dadurch deutlich weiter vorne und Resonanzen im Spanndraht werden stark reduziert. Als Spanndraht komme ein Pianodraht mit einem Durchmesser von 0,11mm zum Einsatz, präzisiert Leif Johannsen. Auf den werde an der Stelle, die flexibel bleiben soll, ein Gummiring aufgebracht, bevor der Draht in ein Nickelbad kommt, das er erst wieder verlässt, wenn die nicht abgedeckten Abschnitte einen Durchmesser von 0,28 Millimeter aufweisen. Im MC Diamond verbinden sich seit Jahrzehnten bewährte Lösungen mit neuster Nano-Technologie.


  • Unison Research Simply Italy Black Edition

    Unison Research feiert sich und seine erfolgreichsten Produkte selbst: Der Verstärkerklassiker Simply Italy kommt als Black Edition mit veränderten technischen Details und frischer Optik daher. Wir hinterfragen, ob es sich nur um pures Marketing oder tatsächlich um Neuerungen mit klanglich relevanten Verbesserungen handelt. Der Look der Black Edition zeichnet sich durch eine hochglanzlackierte Frontplatte, dunkel eloxierte Metalloberflächen und ein neues grafisches Design mit geänderter Typographie aus, ganz im Gegensatz zu den nach meinem Empfinden bisweilen…
    25.04.2025
  • Melco S1 und C1-D20 SFP+ Direct Attach Network Cable

    Während der letzten High End plante Melco, das LAN-Switch S1 noch Ende des Jahres auszuliefern. Nun dauerte es mit der Fertigstellung ein wenig länger, einerseits mit der des Produkts, andererseits mit der dieses Berichts. Ich wartete vergeblich auf technische Erklärungen, nutzte die Zeit aber, um die zahlreichen Möglichkeiten des S1 auszuprobieren. Ich kann mich beim besten Willen nicht daran erinnern, zuvor ein derart reichhaltig ausgestattetes Switch gesehen zu haben: Neben den sieben RJ45-Anschlüssen für Ethernet-Kabel…
    22.04.2025
  • Taiko Audio Olympus XDMI + I/O XDMI

    TAIKO AUDIO wurde von Emile Bok gegründet, der im Alter von zwölf Jahren seinen ersten Lautsprecher baute. Im Jahr 2008 entwarf und produzierte er seine ersten Audioprodukte. Heute bietet das Unternehmen vor allem einen Audio File Server/Transport namens Olympus an, eines der fortschrittlichsten und teuersten Produkte seiner Art. Einem Unternehmen einen Namen aus einer Fremdsprache zu geben, ist etwas völlig Natürliches. In Polen ist es fast ausnahmslos Englisch: Orange, 11 Bit Studios, Arctic Paper. Wenn…
    18.04.2025
  • Senna Sound Orca und Onyx

    Der serbische Hersteller Senna Sound ist neu am Markt, hat aber eine sehr nahe, ja ursprüngliche Beziehung zu dem Röhrenverstärker-Spezialisten Trafomatic Audio. Von den drei Senna-Sound-Erstlingen stehen hier der Vorverstärker Orca und die Endstufe Onyx zum Test. Das dritte Gerät wäre der Phono-Vorverstärker Phönix. Diesen bietet der deutsche Importeur Audio Offensive für 2150 Euro an. Vor- und Endstufe Orca und Onyx kosten zusammen 5850 Euro. Aus mindestens zwei Gründen sind sie optisch ungewöhnlich. Ihre kleinen…
    15.04.2025
  • Cayin Jazz 100

    Mit dem Jazz 100 bringt Cayin einen puristischen Röhrenvollverstärker in Class-A Schaltung auf den Markt, dessen direkt geheizte Single-Ended-Triode 805A feiste 35 Watt Ausgangsleistung an die Lautsprecherklemmen bringt. Nicht nur das Interesse von Klanggourmets mit erhöhtem Leistungsbedarf ist geweckt, sondern vor allem meins! Als bekennender Fan der Marke Cayin war die Vorfreude nach der Ankündigung groß, den Jazz 100 für einen Test zur Verfügung gestellt zu bekommen. Zwar gaben auch schon etliche andere Geräte des…
    11.04.2025
  • XACT PhantomTM USB und LAN

    Netzwerk- und Streaming-Spezialist Marcin Ostapowicz baut sein Angebot immer weiter aus: Es begann mit Upgrade-Baugruppen für audiophil verwendete Computer und den entsprechenden Kabeln von JCAT und der JPLAY-App. Unter dem Markennamen XACT gibt es inzwischen zwei Server, Gerätefüße und nun auch zwei High-End-Datenleitungen: PhantomTM USB und LAN. Bisher wurden Kabel ausschließlich unter dem Label JCAT angeboten. Mit dem USB- und dem Reference LAN-Kabel beschäftigte sich Roland Dietl schon vor rund neun Jahren und war davon…
    04.04.2025

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.