Inzwischen haben Lautsprecher und Kabel genug Betriebsstunden, um in die genauere musikalische Betrachtung einzusteigen. Wenn ich die Ascendance 2 mit meinen doppelt so teuren Phonar vergleiche, ist der Unterschied erschreckend groß. Die Lebendigkeit, Impulsschnelligkeit, mitreißende Vordergründigkeit der Ascendance vermittelt Musik packend und analytisch aufgefächert wie über einen Monitor. Dagegen wirken die Phonar tendenziell träge und fast schon gefällig langweilig, selbst wenn sie mit dem OePhi Ascendance Lautsprecherkabel angeschlossen sind. Jedoch beeindrucken die Phonar Veritas P9.2 SE mit einem ganz anderen Tieftonfundament. Wenn ich diese beiden so unterschiedlichen klanglichen Auftritte gegeneinanderstelle, ist die Frage nach dem größeren Spaß-Faktor und der intensiveren Bindung an die Musik leicht zu beantworten. Unabhängig von ihrem Preisvorteil hat die OePhi die Nase vorn. Aber Vorsicht! Die Physik setzen die Dänen nicht außer Kraft. Es bleibt die Frage, ob man bei der Ascendance 2 auf den Tiefstton, den die Phonar locker und überzeugend besser im Hörraum generiert, verzichten mag. Allein von der musikalischen Faszination her würde ich die Frage positiv beantworten, wie ich es gleich noch an einigen Beispielen beschreiben will. Da kommt natürlich ganz schnell der Gedanke an einen oder zwei Subwoofer auf, was die ganze Sache bei adäquater Qualität in eine andere Preisdimension hieven würde. Wenn ich das Live-Album Tutu Revisited von Marcus Miller höre, ist untenrum mit der OePhi eindeutig zu wenig los. Zwar macht die dennoch Spaß, weil der Bass, wie das ganze Frequenzspektrum, kraftvoll und vor allem extrem lebendig vermittelt wird. Aber es fehlt gefühlt mindestens eine tiefe Oktave. Aber das war's dann auch schon mit der Kritik an diesem Lautsprecher-Juwel. Wenn der direkte Vergleich nicht gegeben ist, mag das auch gar nicht so auffallen und ist vielleicht bedeutungslos dank der überzeugenden Stärken der OePhi Acoustics.
An dieser Stelle denke ich dann natürlich auch an die Standbox-Alternative Ascendance 2.5, die ja auch nicht mehr Stellplatz beansprucht als unser Testkandidat auf den Solid Steel Ständern. Aber bleiben wir bei der Sache: Gerade habe ich das Album 1983 von Sophie Hunger gehört. Schon beim ersten Track „Leave Me with the Monkeys“ fällt die überzeugende Ehrlichkeit der Stimmwiedergabe sofort auf. Neben der klaren Artikulation und sauberen Abgrenzung zur zu einem schönen Klangteppich gewebten Background-Begleitung ist es vor allem das Stimmvolumen. Hier höre ich eine Frau, nicht nur eine Stimme, überzeugend und intensiv. Auch das ( Synthesizer- ?)Schlagzeug passte mit seiner Tieftonintensität perfekt in die Tonalität des Songs. Selbst bei „Hey Now“ von London Grammar wird der Tiefst-Ton eindrucksvoll vermittelt, und begeisternd steht auch hier Hannah Reid mit ihrer Stimme im Raum, umgeben von ihrer plastisch abgebildeten Begleitung, was insgesamt einen sehr schönen Raum mit klaren Positionen und viel Tiefe ergibt. Die Klangfarben der Instrumente überzeugen ebenso wie der Gesang von Hannah Reid. Ich rufe als nächste wieder meinen Blues-Oldie von Taj Mahal auf. The Natch´l Blues beginnt mit „Good Morning Miss Brown“. Das homogene Miteinander gefällt nicht nur durch die glaubwürdigen Klänge der Instrumente, den Reichtum an Nuancen und eine Reproduktion ohne jede Härte. Zur räumlichen Tiefe und Breite passt auch die Höhe der Abbildung. Das kann ich mir besser nicht wünschen. Als nächstes spiele ich „Tarantula“ von Klaus Doldingers Passport Album Looking Thru, und zwar ordentlich laut. Das Klangbild ist völlig losgelöst von den Lautsprechern. Die sind hier, wie schon bei den Musikstücken zuvor bei zivilerem Pegel praktisch nicht ortbar. Der Klangteppich breitet sich dreidimensional nach vorn in den Raum aus, und sobald das Tenorsaxophon von Klaus Doldinger loslegt, fetzt es ordentlich. Aggressiv wie es soll, aber eben nicht giftig oder nervig. Auch hier erlebe ich ein Höchstmaß an Authentizität und einfach packende Musik.
Ich drehe die Musik nun deutlich leiser und finde bestätigt, was sich zunehmend herauskristallisiert: Die Ascendance 2 haben auch bei sehr kleinen Pegeln ein rundum voluminöses Klangbild. Aber dank ihres Charakters lassen sie den Hörer kaum in Ruhe, weil sie ihn reizen, aufzudrehen und die Musik intensiver zu erleben. Als Nachteil empfinde ich diese Eigenschaft ganz und gar nicht, im Gegenteil. A Tribute to Charlie Parker with Strings (Live) vom Charlie Watts Quintet ist das nächste Album. Die Atmosphäre im Ronnie Scotts Birmingham, wo die Aufnahme im November 1991 entstand, ist vom ersten Ton des Ansagers an spürbar. Sobald Bernard Fowler beginnt, die Story zu erzählen, die Charlie Watts bereits anno 1965 als Kinderbuch „Ode to a High Flying Bird“ herausbrachte, vermitteln die OePhis dieses Gefühl des Dabeiseins. Die Klangfarben von Piano und vordergründigem Alt-Saxophon gefallen ebenso wie der Punch von Charlie Watts Schlagzeugspiel. Wieder stimmen die Bühnen-Abbildung und die Ordnung der Instrumente. Hinsichtlich der Klangfarben hebt sich die Ascendance 2 positiv von vielen, auch deutlich kostspieligeren Lautsprechern ab. Ich bin geneigt, ihr insgesamt einen eher trockenen Klangcharakter bescheinigen zu wollen, würde ihr aber damit wohl nicht wirklich gerecht. Was als trocken erscheinen mag, ist die Abwesenheit von unangemessen übertriebenen Farbtupfern. Die OePhi lässt bislang an keiner Stelle, bei keinem Instrument, bei keiner Stimme – auch hier nicht bei Bernard Fowler, dessen Stimme als jahrzehntelangem Background-Sänger der Rolling Stones ich zu kennen glaube – Zweifel an der Echtheit der Klangfarbe. Alles wirkt enorm glaubwürdig. Denn vielfach haben Wiedergabeketten, die mit besonderer Klangfarbenpracht begeistern, einen Hang zum Überzeichnen, hier und da, an einer oder anderer Stelle im Frequenzspektrum, meist nur ein wenig. Bei der Ascendance 2 kann ich dies partout nicht heraushören. Meine große Anlage schönt da mehr, was allerdings manch mäßiger Aufnahme, vor allem Oldies, zugute kommt. Beim Taj-Mahal-Album aus den 60ern überzeugte die OePhi uneingeschränkt und vermittelte gefühlvoll den Blues. Auch bei der 96-Kilohertz-Version vom Take Me to the Alley Album von Gregory Porter, gespielt per Roon von der Oladra Festplatte, vermitteln die Dänen ein feindynamisches, ehrliches Klangbild, bei dem die Diskant-Klavieranschläge bei „In Fashion“ ebenso überzeugend dargestellt werden wie der Kontrabass oder die Lead- und Begleitstimme im Titelsong. Nichts wird übertrieben, nirgends zu viel Coleur. Was will man mehr?