tests/22-04-05_cayin
 

Cayin CS-6PH

05.04.2022 // Carsten Bussler

Nach dem Einschalten gewährte ich dem Cayin zunächst eine volle Stunde zum Aufwärmen und Akklimatisieren, bis ich denn die ersten Platten auflegte. Normalerweise sind die Röhren ja nach circa zwanzig Minuten sowieso voll da, allerdings handelte es sich bei meinem Gerät um ein fabrikfrisches Teil, das ohnehin noch nicht eingespielt war. Das „Einbrennen“ nagelneuer Geräte ist für mich übrigens ein immer wieder spannender Effekt: Ich finde es faszinierend, wie Geräte von Stunde zu Stunde spürbar klanglich zulegen und ihren akustischen Grauschleier nach und nach ablegen. So verhielt es sich auch mit Cayins CS-6PH. Nach gut einer Woche und ungefähr dreißig Betriebsstunden konnte ich schließlich keine signifikanten Veränderungen mehr feststellen und der Charakter der Phonovorstufe offenbarte sich vollends. Ein wesentliches Merkmal war für mich das kräftige und stabile Tieftonfundament, auf dem alles aufbaute. Basstöne kamen gleichwohl wuchtig, aber auf eine fast musikalische, spielerisch anmutende Weise federnd daher, dabei eher schnell als von abgrundtiefer Schwärze geprägt. Hier möchte ich einen technischen Grund nennen und erklären, dass ich ganz klar das stabile, offenkundig astrein ausgelegte Netzteil im Verdacht habe, für diese außergewöhnliche Tieftonperformance verantwortlich zu sein. Das hat so viel Spaß gemacht, dass ich etliche kultige 12“-Scheiben der Electronic-Helden Depeche Mode aus längst vergessen geglaubten Plattenregalecken herauszog. „Precious“ (Mute Records, 2005) oder „Shake the Disease“ (Mute Records, 1985) kamen mit richtig schön fetten Bässen daher, das war schon regelrecht süchtig machend und der Lautstärkepegel häufig nahe der Schmerzgrenze… Wow!

Für MC-Tonabnehmer stehen fünf praxisgerechte Werte zur Einstellung der richtigen Impedanz zur Verfügung
Für MC-Tonabnehmer stehen fünf praxisgerechte Werte zur Einstellung der richtigen Impedanz zur Verfügung

Aber es ging natürlich auch feinsinniger und das Hochtonspektrum sowie der für den Stimmenbereich so wichtige Mittelton standen den untersten Oktaven in nichts nach. Wenn die viel zu früh verstorbene Sängerin der Cranberries, Dolores O´Riordan, „Ode to my Family“ (No Need to Argue, Island Records, 1994) oder „Linger“ (12“, Island Records, 1993) sang, war das von Herz öffnender Feinsinnigkeit geprägt. Subtilste Nuancen und Sibilanten ihrer Stimme wurde wie auf dem Präsentierteller herausgearbeitet, zwar nicht euphonisch, aber weit entfernt von harter Analytik.

In Europa obligatorisch ist die Abdeckhaube, die allzu neugierige Kinderhände oder Tierpfoten vor den heißen Röhren und das Gerät vor etwaigen Beschädigungen schützt
In Europa obligatorisch ist die Abdeckhaube, die allzu neugierige Kinderhände oder Tierpfoten vor den heißen Röhren und das Gerät vor etwaigen Beschädigungen schützt

Überhaupt erschien mir die CS-6PH ungemein akribisch und detailversessen zu sein. Sehr genau schälte sie feinste und auch leise, eher im Hintergrund befindliche, subtil ausschwingende Töne heraus. Das gelang wohl auch deshalb so gut, weil das Gerät völlig frei von Störgeräuschen und Artefakten agierte, was für eine blitzsaubere schaltungstechnische Auslegung spricht. Auch ohne Signal bei komplett aufgedrehtem Pegelregler war das wahrnehmbare Grundrauschen auf außerordentlich niedrigem Niveau. Hauptsächlich hörte ich mit dem MM-Tonabnehmer Pro-Ject Pick it PRO, der ja von Haus aus mit dem Debut PRO ausgeliefert wird und auch unter dem Namen Ortofon 2M Silver bekannt ist. Aber natürlich probierte ich auch eine MC-Tondose aus, und zwar das Ortofon Quintet Red, um dem MC-Zweig des Cayin auf den Zahn zu fühlen. Und auch hier zeigte sich das erfreulich niedrige Rauschniveau der Phonostufe. Für das Quintet Red war ein Verstärkungsfaktor von 57 dB völlig ausreichend, bei 61 oder 65 dB nahm das Rauschniveau minimal zu.

Für MM- und MC-Tonabnehmer stehen jeweils ein asymmetrischer RCA-Eingang zur Verfügung, ausgangsseitig verbandelt der Cayin die Phonovorstufe optional asymmetrisch via RCA- oder symmetrisch via XLR-Stecker mit einem Verstärker
Für MM- und MC-Tonabnehmer stehen jeweils ein asymmetrischer RCA-Eingang zur Verfügung, ausgangsseitig verbandelt der Cayin die Phonovorstufe optional asymmetrisch via RCA- oder symmetrisch via XLR-Stecker mit einem Verstärker


  • Acapella Harlekin 2

    Es ist zwar schon fast nicht mehr wahr, solange ist es her, aber ich war mal treuer Audio-Forum-Kunde und lange Jahre Besitzer zweier ATR Monitor, bevor die Kreationen von Alfred Rudolph unter dem Namen Acapella angeboten wurden. Nun stehen wieder Zwei-Weg-Lautsprecher aus der Duisburger Manufaktur im Wohnzimmer und machen richtig Spaß. Dass ich damals in eine gewisse ATR/Acapella-Abhängigkeit geriet, hatte mit dem ausgeklügelten Aufsteigerkonzept von Hermann Winters und Alfred Rudolph zu tun. Wie ich schon…
    21.10.2025
  • Bladelius Oden Class-A II

    Bladelius wurde 1997 in Alingsås, Schweden, gegründet und ist Teil der Bladelius Design Group. Der Gründer ist Michael Bladelius, einer der renommiertesten Designer in der Welt der Audiotechnik. Wir testen seinen neuesten Vollverstärker, den Odfen Class-A II. Dies ist seine Weltpremiere. Es ist wie ein Mantra, in jedem Artikel über Bladelius wiederholt, aber es führt kein Weg daran vorbei: Michael Bladelius ist eine der interessantesten Persönlichkeiten der zeitgenössischen Audioindustrie. Wie wir in unserem Test der…
    14.10.2025
  • Ortofon MC X40

    Nach dem jüngsten Test des günstigsten MC-Tonabnehmers X10 aus Ortofons Einstiegsserie „X“ greifen wir nun ganz oben ins Regal und holen uns den X40 heraus. Dieser wartet unter anderem mit Bor-Nadelträger und einer Nadel mit Shibata-Schliff auf. Wir klären, ob und wie sich dieser technische Mehraufwand klanglich bezahlt macht. Bereits das Ortofon MC X10 hat mich durch seine ganzheitliche musikalische Abbildung und seinen lebendigen, riesigen Spaßfaktor stark beeindruckt, nicht zuletzt vor dem Hintergrund des für…
    07.10.2025
  • SV-Audio by Storgaard & Vestskov Frida

    The Frida from SV-Audio by Storgaard & Vestskov had already astonished me at the 2024 Hamburg HiFi Days to such an extent that I lingered in the Danes’ room for a long time, listening intently to their presentation. This loudspeaker so clearly defied its physical size that it was impossible not to be captivated. Now, this precious creation from Bornholm has finally found its way into my home. For seasoned hi-fi veterans like myself, moments…
    02.10.2025
  • Lu Kang Audio Spoey 200

    Das erste Mal sind mir die Lautsprecher von Lu Kang Audio in einer sehr guten Vorführung auf der High End 2023 aufgefallen. Zu dem Zeitpunkt waren sie auf dem deutschen Markt noch überhaupt nicht erhältlich. Durch die Aufnahme in das Portfolio des Vertriebs audioware aus Österreich hat sich das jetzt europaweit geändert. Für den Test der Spoey 200 habe ich mir die Zeit genommen, Firmeninhaber Cheng-Chien „Rox“ Shih und die Marke Lu Kang in Ruhe…
    30.09.2025
  • exD konNET-k und konNET-o

    exD ist eine Marke aus Hongkong, von der Sie vielleicht zum ersten Mal hören. Der Hersteller hat kürzlich die Netzwerk-Switches konNET-k und konNET-o vorgestellt, die speziell für den Einsatz in hochwertigen Audio-Setups entwickelt worden sein sollen. exD hat ganz offensichtlich eine Passion für eigenwillige Typografie bei Marken- und Produktnamen, aber auch dafür, die klangliche Qualität der digitalen Audiowiedergabe bereits an der Quelle zu optimieren. Der Designer hinter der Marke ist Albert Leung und er hat…
    16.09.2025

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.