tests/24-04-16_circle
 

Circle Labs P300 und M200

16.04.2024 // Wolfgang Kemper

Der Osten Europas scheint hinsichtlich audiophiler Produkte enorm kreativ zu sein. Es existieren dort viele junge, bei uns oftmals unbekannte Marken, was übrigens den Besuch der alljährlichen Warschauer Hifi-Show reizvoll macht. Diese Hersteller kommen nach meiner Wahrnehmung aus den baltischen Staaten und besonders aus Polen. Nun ist aber Circle Labs kein junges Unternehmen, das wirtschaftlich möglicherweise auf wackligen Beinen steht. Das Unternehmen um Krzysztof Wilczyński beschäftigt sich seit mehr als 25 Jahren mit anspruchsvoller Elektronik. Denn Circle Labs, so ist auf der Website zu lesen, entwickelt und produziert seit Jahren Spezialgeräte für die mikrobiologische Forschung, die in vielen hochmodernen wissenschaftlichen Einrichtungen in Polen und weltweit ihren Dienst tun. Die Liebe zur Musik in Kombination mit dem technischen Knowhow und ein gewisses Anspruchsdenken ließen die Audio-Komponenten entstehen. Angefangen hat es mit Circle Power Mono-Endverstärkern, die in der Szene viel Aufmerksamkeit entfachten. Aktuell gibt es den A200 Vollverstärker und unsere Testkandidaten: den Vorverstärker P300 und die Stereo Hybrid Endstufe M200. Hybrid steht hier für Röhren-Eingangsstufe in Kombination mit Transistor-Leistungsstufe. Dieser Endverstärker ist von vornherein auch für einen Mono-Brücken-Betrieb konzipiert und umschaltbar. Jeder liefert dann stattliche 600 Watt an acht Ohm. Der Mono-Betrieb ist aber mangels eines zweiten Exemplars nicht Thema dieses Tests.

Die Fernbedienung ermöglicht die Einstellung der Lautstärke, ein Stummschalten und die Variation der Helligkeit der Pegelanzeige am Vorverstärker
Die Fernbedienung ermöglicht die Einstellung der Lautstärke, ein Stummschalten und die Variation der Helligkeit der Pegelanzeige am Vorverstärker

Kurze Kabelwege innerhalb eines Gerätes sind eine der Maximen bei Circle Labs. Der Vorverstärker P300 ist gänzlich symmetrisch in einer von Circle Labs entwickelten Schaltung mit modernsten JFETs und BJTs aufgebaut. Die Stromversorgung erfolgt über zwei, für jeden Kanal getrennte Transformatoren mit LL-Kern und Elektrolyt-Kondensatoren vom Typ Elma Silmic II. Die Stromversorgung wird in zwei aufeinander folgenden Stufen stabilisiert. Die diskret aufgebauten Stabilisierungen profitieren von einer per LED-Matrix erzeugten Referenzstromquelle, die sich durch signifikant niedrigeres Rauschen auszeichnen sollen, als dies übliche Zener-Dioden können. Bemerkenswert finde ich, dass der P300 zwei Paar symmetrische Ausgänge besitzt, jedoch keinen asymmetrischen in Cinch-Ausführung, obwohl solche Eingänge dreifach vorhanden sind. Deshalb fragte ich Krzysztof Wilczyński, ob die nicht symmetrischen Eingänge symmetriert werden. Dies geschieht im P300 nicht, so dass an den XLR-Ausgangsbuchsen von Neutrik bei Verwendung eines Cinch-Eingangs auch kein symmetrisches Signal anliegt. Künftig wird es wohl, so erfuhr ich, eine Version des P300 auch mit Cinch-Ausgängen geben, um diesen Vorverstärker auch in anderen Konfigurationen flexibel einsetzbar zu machen. Die Cinch-Eingangsbuchsen stammen aus der hochwertigen Super Cu-Serie vom amerikanischen Lieferanten CMC. Der Signalweg vom Eingang zu den Ausgängen ist sehr kurz: Das Eingangssignal geht über die Lautstärke-Relais direkt auf die kleinen Verstärkerplatinen, die sich an der Innenseite der Geräte-Rückwand befinden. Die Ausgangsbuchsen sind direkt auf die Platine gelötet und tragen diese. So werden problembehaftete Zwischenstrecken per Kabel und überflüssige Kontakte vermieden, was der Sauberkeit des Signals nutzt. Diese Art der Montage erfordert ein sehr hohes Maß an Genauigkeit, da darf nichts schief sitzen. Der Endverstärker M200 besitzt Eingänge in Cinch und XLR, so dass er flexibel auch mit anderen Vorstufen wie beispielsweise in der Lautstärke regelbaren Streamer-D/A-Wandlern verwendbar ist. Auf den Anschluss der Lautsprecher-Kabel warten WBT-Nextgen-Polklemmen.

Nicht nur das klar gegliederte Anschlussfeld des P300 ist hier gut zu erkennen, sondern auch die massiven Gehäuse-Platten mit ihrer dezenten Verzierung
Nicht nur das klar gegliederte Anschlussfeld des P300 ist hier gut zu erkennen, sondern auch die massiven Gehäuse-Platten mit ihrer dezenten Verzierung

Ebenfalls auf der Rückseite ermöglicht ein Dreifach-Kippschalter mit den Werten 0/-8/-3 Dezibel die Beeinflussung der Eingangsempfindlichkeit und sorgt so dafür, dass die Lautstärkeregulierung am Vorverstärker im optimalen Bereich stattfindet. Diese Umschaltung nimmt auch ein wenig Einfluss auf den Klang. Krzysztof Wilczyński schrieb mir dazu: Die Anpassung erfolge durch die Tiefe der negativen Rückkopplungsschleife der Röhrenstufe. In der 0dB-Einstellung arbeite die Stufe ohne negative Rückkopplung. Bei der Einstellung -3dB komme es zu einer negativen Rückkopplung mit Verstärkungs-Abfall. In der -8dB-Position werde die Rückkopplung nochmals intensiver und die Verzerrung nehme ab, was seiner Meinung nach den Klang linearer und kontrollierter mache, aber auch die Lebendigkeit und Mikrodetails seien unterschiedlich. Je nach Anlagenkonfiguration könne eine der drei Schalterstellungen besser gefallen. Die M200 ist wie gesagt ein Hybrid-Endverstärker. In der die spannungsverstärkenden Vorstufe verrichten selektierte NOS-Röhren von Siemens aus den 60-er Jahren ihren Dienst. Diese Trioden vom Typ ECC8100 arbeiten mit einer konstanten Vorspannung, die aus einer Batterie pro Röhre als Stromquelle geliefert wird. Dieser Polarisationsstrom ist so gering, dass die CR2032 Knopfzellen extrem lange halten. Man kann sie aus Vorsicht zusammen mit den Röhren oder alle fünf Jahre wechseln. Die Verstärkerschaltung besteht je Kanal mit aus einer Röhre, einem Widerstand und einem Silber-Gold Ölkondensator aus Mundorfs Supreme-Serie. Das sorgt laut Circle Labs für einen extrem kurzen Signalweg und bestmögliche Übertragungs-Eigenschaften. Diese Röhrenstufe erhält ihren Strom von einem eigenen, mit Kupfer abgeschirmten EI-Kern Transformator. Im Netzteil finden zuerst Elektrolytkondensatoren und in der finalen Stabilisierung Polypropylenkondensatoren zur Pufferung Verwendung . In der nächsten Stufe arbeiten in jedem Kanal vier JFETs für die Ansteuerung der stromverstärkenden Leistungsstufe mit zwei Paar Sanken-Bipolartransistoren, die in einem parallelen Push-Pull-System die Ausgangsleistung erzeugen. Die Stromversorgung ist auch hier üppig: Zwei übereinander montierte Ringkerntrafos vom polnischen Hersteller Poltrafo werden mit hochwertigem Material nach Circle Labs Spezifikation gefertigt und versorgen jeweils einen Kanal oder im Mono-Betrieb jeweils einen Signalstrang. Sie könne jeder bis zu 400 Watt liefern. Acht Kondensatoren von Kemet sieben insgesamt mit stattlichen 200.000 Mikrofarad.


  • Unison Research Simply Italy Black Edition

    Unison Research feiert sich und seine erfolgreichsten Produkte selbst: Der Verstärkerklassiker Simply Italy kommt als Black Edition mit veränderten technischen Details und frischer Optik daher. Wir hinterfragen, ob es sich nur um pures Marketing oder tatsächlich um Neuerungen mit klanglich relevanten Verbesserungen handelt. Der Look der Black Edition zeichnet sich durch eine hochglanzlackierte Frontplatte, dunkel eloxierte Metalloberflächen und ein neues grafisches Design mit geänderter Typographie aus, ganz im Gegensatz zu den nach meinem Empfinden bisweilen…
    25.04.2025
  • Melco S1 und C1-D20 SFP+ Direct Attach Network Cable

    Während der letzten High End plante Melco, das LAN-Switch S1 noch Ende des Jahres auszuliefern. Nun dauerte es mit der Fertigstellung ein wenig länger, einerseits mit der des Produkts, andererseits mit der dieses Berichts. Ich wartete vergeblich auf technische Erklärungen, nutzte die Zeit aber, um die zahlreichen Möglichkeiten des S1 auszuprobieren. Ich kann mich beim besten Willen nicht daran erinnern, zuvor ein derart reichhaltig ausgestattetes Switch gesehen zu haben: Neben den sieben RJ45-Anschlüssen für Ethernet-Kabel…
    22.04.2025
  • Taiko Audio Olympus XDMI + I/O XDMI

    TAIKO AUDIO wurde von Emile Bok gegründet, der im Alter von zwölf Jahren seinen ersten Lautsprecher baute. Im Jahr 2008 entwarf und produzierte er seine ersten Audioprodukte. Heute bietet das Unternehmen vor allem einen Audio File Server/Transport namens Olympus an, eines der fortschrittlichsten und teuersten Produkte seiner Art. Einem Unternehmen einen Namen aus einer Fremdsprache zu geben, ist etwas völlig Natürliches. In Polen ist es fast ausnahmslos Englisch: Orange, 11 Bit Studios, Arctic Paper. Wenn…
    18.04.2025
  • Senna Sound Orca und Onyx

    Der serbische Hersteller Senna Sound ist neu am Markt, hat aber eine sehr nahe, ja ursprüngliche Beziehung zu dem Röhrenverstärker-Spezialisten Trafomatic Audio. Von den drei Senna-Sound-Erstlingen stehen hier der Vorverstärker Orca und die Endstufe Onyx zum Test. Das dritte Gerät wäre der Phono-Vorverstärker Phönix. Diesen bietet der deutsche Importeur Audio Offensive für 2150 Euro an. Vor- und Endstufe Orca und Onyx kosten zusammen 5850 Euro. Aus mindestens zwei Gründen sind sie optisch ungewöhnlich. Ihre kleinen…
    15.04.2025
  • Cayin Jazz 100

    Mit dem Jazz 100 bringt Cayin einen puristischen Röhrenvollverstärker in Class-A Schaltung auf den Markt, dessen direkt geheizte Single-Ended-Triode 805A feiste 35 Watt Ausgangsleistung an die Lautsprecherklemmen bringt. Nicht nur das Interesse von Klanggourmets mit erhöhtem Leistungsbedarf ist geweckt, sondern vor allem meins! Als bekennender Fan der Marke Cayin war die Vorfreude nach der Ankündigung groß, den Jazz 100 für einen Test zur Verfügung gestellt zu bekommen. Zwar gaben auch schon etliche andere Geräte des…
    11.04.2025
  • XACT PhantomTM USB und LAN

    Netzwerk- und Streaming-Spezialist Marcin Ostapowicz baut sein Angebot immer weiter aus: Es begann mit Upgrade-Baugruppen für audiophil verwendete Computer und den entsprechenden Kabeln von JCAT und der JPLAY-App. Unter dem Markennamen XACT gibt es inzwischen zwei Server, Gerätefüße und nun auch zwei High-End-Datenleitungen: PhantomTM USB und LAN. Bisher wurden Kabel ausschließlich unter dem Label JCAT angeboten. Mit dem USB- und dem Reference LAN-Kabel beschäftigte sich Roland Dietl schon vor rund neun Jahren und war davon…
    04.04.2025

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.