tests/25-05-14_tad
 

TAD-ME1TX

14.05.2025 // Roland Dietl

Natürlich kommen diese exzellenten Fähigkeiten im Mittenbereich nicht nur der Wiedergabe von Stimmen, sondern auch der von akustischen Instrumenten zugute. Besonders interessant wird es, wenn beides zusammentrifft. Auf dem bemerkenswerten Album Time & Place von Claire Martin enthalten die meisten Songs Arrangements für das Montpellier Cello Quartett, das ein integraler Bestandteil der Darbietungen ist (Claire Martin with the Montpellier Cello Quartet – Time & Place – Linn). Wie sich bei David Bowies „The Man Who Sold the World“ das sich windende Cello in der makellosen Oberstimme der Sängerin „spiegelt“, wird mit der ME1TX zum Erlebnis. Im Hochtonbereich ist das Auflösungsvermögen der ME1TX phänomenal. Immer wieder bleibe ich bei völlig unterschiedlichen Stücken hängen und lausche fasziniert der jeweiligen Schlagzeug-Begleitung. Bei Kind of Spain (Wolfgang Haffner: Kind of Spain – ACT) wird mir zum ersten Mal so richtig bewusst, wie viel und wie ausgeprägt Wolfgang Haffner bei den einzelnen Stücken mit dem Besen arbeitet. Dieses Auflösungsvermögen ist schön und gut, sagen Sie, aber wie sieht es mit der Langzeittauglichkeit aus? Nervt das vielleicht schon nach ein bis zwei Stunden Musik hören? Nein, überhaupt nicht, ich kann nicht genug davon bekommen.

Doch so ganz sicher bin ich mir nicht, bis im 1. Satz aus dem „Divertimenti K. 136“ von W. A. Mozart mit der Academy of St. Martin In The Fields unter der Leitung von Neville Marriner (Decca Legacy Volume Four - FIM UHD) meine letzten Zweifel verfliegen. Die Streicher wurden von der Aufnahmetechnik brillant eingefangen, was aber nicht heißt, dass sie auch an jeder Stelle immer rund und einschmeichelnd klingen – ganz im Gegenteil. Mit der ME1TX scheint es keinerlei Limitierung nach oben zu geben. Sie spielt glockenklar, in höchstem Maße musikalisch und immer mit einer faszinierenden Leichtigkeit. Ganz ehrlich: Das habe ich so nicht unbedingt erwartet. Doch was nützen der beste Hochtonbereich und der beste Mitteltonbereich, wenn beides nicht zusammenpasst. In der ausgezeichneten Aufnahme des „Streichquartetts Op. 76, No. 5, Finale“ von Joseph Haydn (The Nordic Sound: 2L audiophile reference recordings - 24/192) sprüht das Engegård Quartet nur so vor Spielfreude und mit der ME1TX sitzen wir mittendrin. Die klanglichen Ecken und Kanten werden nicht geschönt, vor allem aber gehen hohe und mittlere Lagen perfekt ineinander über. Es ist schon große Klasse, wie es TAD bei der ME1TX gelungen ist, beide Bereiche so harmonisch in Einklang zu bringen.

Das Bi-Wiring Terminal mit den vormontierten, hochwertigen Kabelbrücken
Das Bi-Wiring Terminal mit den vormontierten, hochwertigen Kabelbrücken

Die Vorteile eines Koax-Lautsprechers bei der Wiedergabe liegen auf der Hand: Phasenkohärenz, perfekte Abbildung, großes Tiefengefühl, überragender Realismus. Gleiches gilt auf der Aufnahmeseite für den Ein-Mikrofon-Ansatz. Das Album Nola: Music and Drawings from New Orleans ist eine solche Aufnahme, eine frische, energiegeladene, clevere Mischung aus funkiger Dichte und herbem Soul-Jazz (Red: NOLA: Music and Drawings from New Orleans - 24/352). Bei „It Ain't My Fault“ können wir die rhythmische Lebendigkeit von Red in jeder musikalischen Phrase spüren. Die ME1TX ist wie gemacht dafür und zaubert über den gesamten Frequenzbereich einen außergewöhnlichen harmonischen Klang mit einer holografischen Klangbühne. Die damit einhergehende Authentizität ist bemerkenswert. Doch die ME1TX kann auch ganz groß: Hören wir in die „Sinfonie Nr.4“ von Beethoven mit Rene Leibowitz und dem Royal Philharmonic Orchestra – eine legendäre Wilkinson/Gerhardt Produktion aus dem Jahre 1961 – in der klanglich herausragenden Überspielung von High Definition Tape Transfers (Beethoven: Symphony No. 4 & 7 – HDTT9662). Die ME1TX entwirft sowohl in der Tiefe als auch in der Breite eine richtig große Klangbühne, die weit über das hinaus geht, was man von einem Kompakt-Lautsprecher gemeinhin zu erwarten glaubt. Da kann selbst so manch ausgewachsener Standlautsprecher nicht mithalten. Doch es ist nicht die räumliche Tiefe und Breite allein, sondern auch die Art und Weise, wie die ME1TX den Konzertsaal bis zu den äußersten Rändern ganz genau ausleuchtet.

Ihnen fehlt etwas in meiner Beschreibung? Ja, mir ist schon klar, an dem Thema Basswiedergabe der ME1TX komme ich nicht vorbei. Kompaktlautsprecher müssen immer mit dem Vorurteil kämpfen, nur einen bescheidenen Bass zu haben. Das ist genauso richtig wie falsch. Basswiedergabe ist ein schwieriges Thema, weil die Beurteilung der Bassqualität nicht ohne die Würdigung der jeweiligen Raumakustik stattfinden kann. Außerdem gibt es eine nicht zu unterschätzende persönliche Geschmackskomponente. Die einen bevorzugen einen knackig sauberen Bass, während die anderen es gern etwas fülliger mögen. Für mich ist der absolute Tiefgang weniger wichtig als die Präzision, mit der Bassimpulse ein- und ausschwingen. Messtechnisch reicht die ME1TX in meinem Hörraum bis knapp 40 Hertz hinab. Gehörmäßig können wir das auch gut mit den entsprechenden Musik-Tracks (Nr. 43 bis 47) aus dem Album Audiophile Speaker Set Up überprüfen. Viel wichtiger ist für mich der subjektive Basseindruck. Auf dem Album Kock Out 2000 haut der Schlagzeuger Charly Antolini im Tiefton gewaltige Impulse aus den Fellen. Bei „Arabian Desert Groove“ ist die ME1TX dabei ganz klar auf der straff konturierten, trockenen Seite und dabei unglaublich schnell. Das gefällt mir sehr gut und passt für meinen Geschmack ganz ausgezeichnet zum anspringend dynamischen Mittel-/Hochtonbereich. Natürlich gehört auch zur Wahrheit, dass der allerletzte Tiefgang fehlt, aber was die Basspräzision angeht, bleiben bei mir keine Wünsche offen. So kommen die Titel auf dem bekannten Album Hell Freezes Over von den Eagles (Eagles: Hell Freezes Over - XRCD) mit einem wahrlich knackigen, straffen Bass daher; was die ME1TX hier abliefert, ist außerordentlich sauber mit ordentlich Tiefgang.


  • Keces Ephono+

    Nein, ich werde mich ab sofort nicht mehr nur mit günstigen Hifi-Komponenten beschäftigen, auch wenn durch den Test des erschwinglichen Eversolo DAC-Z10 und des Ephono+ der Eindruck entstehen konnte. Denn obwohl Keces der Signalverarbeitung und dem Netzteil je ein eigenes Gehäuse spendiert, ist die Phonostufe für gerade einmal 1.200 Euro zu haben. Ich habe zwar gegenüber Komponenten mit moderaten Preisen genau so wenig Berührungsängste wie gegenüber solchen mit exorbitant hohen – wie sich Anfang des…
    23.12.2025
  • Galion Audio Navy Röhrenvorverstärker

    Wir haben das röhrenbestückte Vorverstärker-Flaggschiff Navy des jungen kanadischen HiFi-Unternehmens Galion Audio unter die Lupe genommen. Der Line-Vorverstärker mit vier Doppeltrioden 12AT7 (ECC81) wartet nicht nur mit hochwertigen Bauteilen auf, sondern er ist das spannende Designprodukt eines high-fidelen Überzeugungstäters. Mir sagte der Markenname Galion Audio bislang wirklich gar nichts. Das junge Unternehmen aus Québec in Kanada wurde 2020 von Thomas Tan, einem passionierten Audiophilen, YouTuber („Thomas & Stereo“) und Content Creator, gegründet. Ziel war, seine…
    16.12.2025
  • Eversolo DAC-Z10

    Meine beiden D/A-Wandler, der DAVE im Arbeits- und der HUGO TT2 im Wohnzimmer, werden serienmäßig von Schaltnetzteilen gespeist. Bei letzterem kommt seit einiger Zeit ein Ferrum Hypsos, bei Chord Electronics Topmodell ein lineares Dreifach-Netzteil zum Einsatz. Ein solches versorgt auch den Eversolo DAC-Z10 – zum Preis von 2.000 Euro. Und nein, es sind keine drei ausgelagerten Stromversorgungen, für die der genannte Preis gilt. Dafür bekommt man das vollständige Topmodell unter Eversolos DACs. Es ist schon…
    09.12.2025
  • Raidho X2.6 Standlautsprecher

    Mit Lautsprechern von Raidho haben wir uns bei Hifistatement schon öfter beschäftigt. Im Fokus standen dabei die Kompaktlautsprecher TD1.2 aus der TD-Serie sowie X1t und X1.6. aus der X-Serie. Diesmal haben wir den Standlautsprecher X2.6 zu Gast, das aktuell größte Modell der X-Serie. Raidho verspricht, mit der X-Serie besonders viel Leistung – sprich Klangqualität – für den aufgerufenen Preis zu bieten. Wobei, „billige“ Lautsprecher – ganz gleich nach welchem Maßstab - hat Raidho noch nie…
    02.12.2025
  • Canor Virtus A3

    Zur diesjährigen HighEnd stellte Canor den Virtus A3 Hybrid-Vollverstärker vor. Der lockt mit einem integrierten Digital-Analog-Wandler und einer diskret aufgebauten Phono-Vorstufe für MM- und MC-Tonabnehmer. Sowohl seine Technik als auch die Ausstattung bieten Ungewöhnliches. Vor allem aber soll er klanglich beeindrucken. Das slowakische Entwickler-Team konnte mich bereits vor einem Jahr überzeugen: Der Vollverstärker Virtus I2 aus der Premium Line musizierte in meinem Hörraum wie keiner zuvor in dieser Preisklasse. Der war ein gestandener Röhren-Vollverstärker. Auch…
    28.11.2025
  • Dan D’Agostino Progression S350

    Dan D’Agostino ist eine Legende im Verstärkerbau. Er folgte wohl nie einer Mode, sondern vertraut bei allen Entwicklungen seinem Gehör und seiner Leidenschaft für den guten Klang. Mehr als 50 Jahre baut er nun schon Verstärker, immer mit dem Ziel, das „Wesen der Musik hörbar zu machen“. Erfüllt auch der S350 diese hoch gesteckten Ambitionen? Die Progression S350 ist die kleinste Stereoendstufe im Gesamtprogramm. Optisch trägt sie alle charakteristischen Merkmale einer echten D’Agostino. Angefangen mit…
    25.11.2025

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.