tests/25-04-01_aavik
 

Aavik SD-880 Streamer/DAC

01.04.2025 // Roland Dietl

Beginnen wir im Hochtonbereich. Ich weiß nicht warum, aber ich habe hier eine sehr transparente, neutrale Wiedergabe erwartet. In den Streichersonaten von G.A. Rossini für zwei Violinen, Cello und Kontrabass (Salvatore Accardo - Rossini: 5 Sonate a Quattro - LIM UHD) klingen die Streicher zu meiner Überraschung bis in die höchsten Tonlagen ausnehmend weich, flüssig und strahlend zugleich. Ich will jetzt nicht behaupten, dass der SD-880 auf der klanglich warmen Seite liegt, aber von seelenloser Analytik findet sich nicht der Hauch einer Spur. Auf der anderen Seite höre ich bei mir bestens bekannten Aufnahmen auf einmal Details, die ich bisher allenfalls vermutet habe. Auf dem Album Viva! (Ottmar Liebert & Luna Negra: Viva!) spiegelt jeder Titel den ausgeprägten Live-Konzert-Charakter der Stücke wider. Gerade bei den begleitenden Percussions erkenne ich jetzt Feinheiten, die mir bisher offensichtlich verborgen geblieben sind. Springen wir zum anderen Ende des Frequenzspektrums. Das gesamte Klangfundament des SD-880 ruht auf einem ausnehmend sauberen, exakt definierten Bass. In „What's On?“ eröffnet Joe Stilgoe zusammen mit dem Bassisten Tom Farmer und dem Schlagzeuger Ben Reynolds einen rockigen Streifzug durch seine Jugend als Kinobesucher, der zum Mitwippen regelrecht einlädt (Joe Stilgoe: Songs On Film: The Sequel – Linn Records, 24/96). Der obere Bassbereich ist aufnahmetechnisch für meinen Geschmack schon sehr ausgeprägt eingefangen und kann leicht zu viel werden, besonders wenn die Präzision zu wünschen übrig lässt. Der SD-880 glänzt mit Definition und enormen Druck, ohne Verlust der runden, federnd-lebendigen Struktur, die so erheblich zum Spaßfaktor bei dieser Aufnahme beiträgt. Der ein oder andere DAC mag hier kräftiger zu langen, aber mit Sicherheit nicht an die Sauberkeit und Kontrolle des SD-880 heranreichen. Das führt zu einer bestechenden Durchhörbarkeit, die mich neue Feinheiten im Aufbau der Bassstruktur entdecken lässt.

Das Streaming-Board und darunter das DAC-Mainboard
Das Streaming-Board und darunter das DAC-Mainboard

Zwischen oberem und unterem Frequenzspektrum liegt ein nahtlos eingebetteter Mitteltonbereich mit einer ganz besonderen Aura. Bei dem Stück „Jota“, gespielt von Pepe Romero (Pepe Romero: Flamenco! - Mercury Living Presence CD), hat die Solo-Gitarre einerseits unglaublich viel Substanz und Farbe, während andererseits hart angeschlagene Akkorde Präzision und Wucht besitzen. Die Wiedergabe menschlicher Stimmen ist ein Erlebnis der besonderen Art. Hören wir uns durch den Sampler Jazz Ballads (Jazz Ballads - 2xHD, 24/44,1) der – wie der Titel schon andeutet – hervorragende Aufnahmen jazziger Balladen in der Interpretation erstklassiger Sängerinnen bietet. Der SD-880 präsentiert sowohl die Textur als auch das Timbre der doch sehr unterschiedlichen Stimmen auf eine außergewöhnlich natürliche, aber zugleich detaillierte Art und Weise. Er versteht es, jeder Stimme dieses untrügliche „menschliche Element" zu verleihen, das sie so außerordentlich authentisch klingen lässt. Doch gerade die Wiedergabe von Stimmen ist untrennbar mit der für mich herausragenden Fähigkeit des SD-880 verbunden, dem räumlichen Abbildungsvermögen. Aber was ist so besonders daran? Geht es um noch mehr räumliche Tiefe? Nein, das genau ist es nicht! Stellen Sie sich ein Puppentheater vor, wo zweidimensionale Figuren auf einer Bühne bewegt werden. Die Puppen lassen sich in jede beliebige Position auf der Bühne bringen: links, rechts oder in der Mitte, einmal mehr im Vordergrund, einmal weiter hinten auf der Bühne. Insoweit ergibt sich durchaus eine räumliche Tiefenwirkung. Wir ersetzen nun die Puppen mit Musikern, die auf einer imaginären Bühne spielen. Je nach Aufnahme und den Fähigkeiten unserer Wiedergabekette empfinden wir die Bühnenabbildung mal mehr oder weniger tief. Die herausragende Eigenschaft des SD-880 ist nun, dass er unseren bisher zweidimensionalen Musikern (Puppen) eine dritte Dimension verleiht! In den gerade gehörten Jazz Ballads erhalten damit Sängerinnen und Begleitinstrumente eine Bühnenpräsenz der ganz besonderen Art. Im dritten Satz aus dem „Concierto de Aranjuez“ in der exzellenten Aufnahme mit Narciso Yepes als Solist und dem Orchester Orquesta Sinfónica De La R.TV. Española unter der Leitung von Odón Alonso (Joaquín Rodrigo: De Aranjuez & Fantasía Para Un Gentilhombre - HDTT5307/352kHz) lässt der SD-880 die Instrumente auf der Bühne erlebbar werden. Durch die Dreidimensionalität ist die Präsenz des Solisten und der anderen Soloinstrumenten des Orchesters geradezu fühlbar und es entsteht eine außergewöhnlich authentische Aura. Befördert wird dieser Eindruck noch durch die Fähigkeit des SD-880, die Musiker in einer bisher nicht gehörten Präzision auf der Bühne zu platzieren und voneinander abzugrenzen. Mit der präzisen Verortung des Solisten im Verhältnis zum Orchester einerseits und der im Orchester auf der Bühne weiter hinten sitzenden Solo-Instrumente andererseits wird der Eindruck einer besonders großen und zugleich natürlichen Tiefe der Aufnahme eindrucksvoll verstärkt.

Die diskret aufgebaute Analog-Stufe
Die diskret aufgebaute Analog-Stufe

Die Wiedergabe von „Estudiantina“, einem bekannten Stück von Émile Waldteufel, mit dem Orchester der Oper Monte-Carlo unter der Leitung von Willi Boskovsky (Waldteufel: Valses et polkas) gelingt einfach mitreißend. Die Standard-Orchestrierung von Waldteufel ist für Streicher, doppelte Holzbläser, zwei Kornette, vier Hörner, drei Posaunen und drei Tuben sowie Schlaginstrumente und Pauken. Im zweiten Walzer liegt die Melodieführung abwechselnd bei den verschiedenen Bläsergruppen, die im Orchester hinter den Streichern sitzen. Wie sich mit dem SD-880 die Bläsergruppen aus dem sonst meist eher diffusen Hintergrund lösen, sich sowohl voneinander als auch von den davor sitzenden Streichergruppen abheben, ist ganz große Klasse. Genauso bemerkenswert ist, dass erste und zweite Violinen nicht – wie so oft – mehr punktuell links oder halb links fokussiert werden, sondern sich viel realistischer bis weit in die Mitte der Bühne erstrecken.


  • Unison Research Simply Italy Black Edition

    Unison Research feiert sich und seine erfolgreichsten Produkte selbst: Der Verstärkerklassiker Simply Italy kommt als Black Edition mit veränderten technischen Details und frischer Optik daher. Wir hinterfragen, ob es sich nur um pures Marketing oder tatsächlich um Neuerungen mit klanglich relevanten Verbesserungen handelt. Der Look der Black Edition zeichnet sich durch eine hochglanzlackierte Frontplatte, dunkel eloxierte Metalloberflächen und ein neues grafisches Design mit geänderter Typographie aus, ganz im Gegensatz zu den nach meinem Empfinden bisweilen…
    25.04.2025
  • Melco S1 und C1-D20 SFP+ Direct Attach Network Cable

    Während der letzten High End plante Melco, das LAN-Switch S1 noch Ende des Jahres auszuliefern. Nun dauerte es mit der Fertigstellung ein wenig länger, einerseits mit der des Produkts, andererseits mit der dieses Berichts. Ich wartete vergeblich auf technische Erklärungen, nutzte die Zeit aber, um die zahlreichen Möglichkeiten des S1 auszuprobieren. Ich kann mich beim besten Willen nicht daran erinnern, zuvor ein derart reichhaltig ausgestattetes Switch gesehen zu haben: Neben den sieben RJ45-Anschlüssen für Ethernet-Kabel…
    22.04.2025
  • Taiko Audio Olympus XDMI + I/O XDMI

    TAIKO AUDIO wurde von Emile Bok gegründet, der im Alter von zwölf Jahren seinen ersten Lautsprecher baute. Im Jahr 2008 entwarf und produzierte er seine ersten Audioprodukte. Heute bietet das Unternehmen vor allem einen Audio File Server/Transport namens Olympus an, eines der fortschrittlichsten und teuersten Produkte seiner Art. Einem Unternehmen einen Namen aus einer Fremdsprache zu geben, ist etwas völlig Natürliches. In Polen ist es fast ausnahmslos Englisch: Orange, 11 Bit Studios, Arctic Paper. Wenn…
    18.04.2025
  • Senna Sound Orca und Onyx

    Der serbische Hersteller Senna Sound ist neu am Markt, hat aber eine sehr nahe, ja ursprüngliche Beziehung zu dem Röhrenverstärker-Spezialisten Trafomatic Audio. Von den drei Senna-Sound-Erstlingen stehen hier der Vorverstärker Orca und die Endstufe Onyx zum Test. Das dritte Gerät wäre der Phono-Vorverstärker Phönix. Diesen bietet der deutsche Importeur Audio Offensive für 2150 Euro an. Vor- und Endstufe Orca und Onyx kosten zusammen 5850 Euro. Aus mindestens zwei Gründen sind sie optisch ungewöhnlich. Ihre kleinen…
    15.04.2025
  • Cayin Jazz 100

    Mit dem Jazz 100 bringt Cayin einen puristischen Röhrenvollverstärker in Class-A Schaltung auf den Markt, dessen direkt geheizte Single-Ended-Triode 805A feiste 35 Watt Ausgangsleistung an die Lautsprecherklemmen bringt. Nicht nur das Interesse von Klanggourmets mit erhöhtem Leistungsbedarf ist geweckt, sondern vor allem meins! Als bekennender Fan der Marke Cayin war die Vorfreude nach der Ankündigung groß, den Jazz 100 für einen Test zur Verfügung gestellt zu bekommen. Zwar gaben auch schon etliche andere Geräte des…
    11.04.2025
  • XACT PhantomTM USB und LAN

    Netzwerk- und Streaming-Spezialist Marcin Ostapowicz baut sein Angebot immer weiter aus: Es begann mit Upgrade-Baugruppen für audiophil verwendete Computer und den entsprechenden Kabeln von JCAT und der JPLAY-App. Unter dem Markennamen XACT gibt es inzwischen zwei Server, Gerätefüße und nun auch zwei High-End-Datenleitungen: PhantomTM USB und LAN. Bisher wurden Kabel ausschließlich unter dem Label JCAT angeboten. Mit dem USB- und dem Reference LAN-Kabel beschäftigte sich Roland Dietl schon vor rund neun Jahren und war davon…
    04.04.2025

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.