Mittwoch, 20 Juni 2012 02:00

Einstein The Preamp

Endstufen-Boliden sind cool! Das macht einfach was her. Hier erscheint auch mal ein höherer Preis allein durch die schiere Masse oder durch glamouröses Äußeres gerechtfertigt. Vorstufen sind dagegen mehr so etwas wie das fünfte Rad am Wagen. Zusätzliche Elektronik im Signalweg, verschlechtert nur den Klang. Muss halt sein. Oder doch nicht?
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Eigentlich liefert der CD Spieler ja genügend Spannung um die Endstufen direkt anzusteuern! Einen Versuch ist dies natürlich immer wert, aber eine potente Ausgangsstufe muss der DAC unbedingt haben. Und da fangen die Probleme oftmals schon an, diese lässt sich nämlich nicht für ein paar Cent realisieren. Spätestens aber mit dem Betrieb eines Plattenspielers stellt sich die Frage nach der Vorstufe nicht mehr.

Typischer Einstein Look, das voll verchromte Gehäuse ist schon eine Schau!
Typischer Einstein Look, das voll verchromte Gehäuse ist schon eine Schau!

Der Vorverstärker prägt entscheidend den Klang. Mehr noch als die Endstufe. Eine Fehlanpassung eines zu schwachen Endverstärkers an einen 80-Dezibel-Lautsprecher kostet Dynamik, das ist eigentlich jedem klar. Dass aber auch die Vorstufe bei schlechter Auslegung Dynamik vernichten kann, wird gerne übersehen. Die Vorstufe muss winzige Signale aus dem Millivoltbereich auf Ausgangspegel von mehreren Volt anheben. Somit ist auch einleuchtend, dass hier allergrößte Sorgfalt beim Schaltungsdesign und der Auslegung der Baugruppen erforderlich ist. Ich behaupte einfach einmal ganz frech, dass der Bau einer hervorragend klingenden Vorstufe eine viel größere Herausforderung ist, als der einer Endstufe. Leider schlägt sich dies – bei adäquater Auslegung – auch im Preis nieder.

Jedem Eingang seine eigene Röhre. Auch „halbseitig gelähmte“ XLR Signale werden von der Eingangsröhre vollsymmetriert. Massiv ausgeführte Erdungsklemme, so muss es sein!
Jedem Eingang seine eigene Röhre. Auch „halbseitig gelähmte“ XLR Signale werden von der Eingangsröhre vollsymmetriert. Massiv ausgeführte Erdungsklemme, so muss es sein!

Nicht nur in China oder Japan werden Röhrengeräte gebaut, auch wenn es manchmal den Anschein hat. Die Firma Einstein liefert den besten Beweis, dass in unseren Landen hervorragende Geräte dieser Gattung gebaut werden. Vor mir steht, nein ruht, der Röhrenvorverstärker „The Preamp“ aus gleichem Hause. Bereits optisch ist dies ein spektakuläres Objekt, eine Armee von 18 Doppeltrioden vom Typ E88CC haben sich hinter den beiden verchromten Trafogehäusen positioniert. Ist dies nun ein Gerät für eine 9 Kanal Surround Anlage?

Mit so einem Unsinn gibt sich Rolf Weiler, der Einstein-Entwickler, natürlich nicht ab. Die Idee bei diesem Design ist meines Erachtens weltweit einmalig. Man möchte nicht nur kurze Signalwege realisieren, sondern auch gleich den Eingangsumschalter einsparen. Je weniger Übergangskontakte, desto besser. Diesen Part übernehmen zehn E88CC Trioden; jeder Eingang hat somit seine eigene Triode. Der Eingangswahlschalter aktiviert dann nur noch die Heizspannung der Röhre des gewünschten Eingangs und schaltet diese um, wenn der Eingang gewechselt werden soll.

Dies bedeutet, dass im Betrieb immer nur ein Röhrenpaar im Eingang aktiviert ist. Nix mit Weihnachtsstimmung und 18 glimmenden Trioden! Aber 10 Röhren sind wegen der 8 Ausgangsröhren dennoch immer in Betrieb. Weiler setzt in dem Testgerät Philips NOS Röhren vom Typ JAN 6922 (baugleich mit E88CC) ein. JAN steht für Joint (!) Army Navy, also für Militärzwecke spezifizierte Röhren, mit Standzeiten von 10.000 Stunden! So einen Treibsatz findet man auch nicht alle Tage in einer Vorstufe. Der Vertrieb hält auch genügend Ersatzröhren vorrätig, so dass sich niemand um Nachschub sorgen muss. Die Röhren sind auf einem Subchassis federnd gelagert mit einer Eigenresonanz von 3 – 5 Hertz, dies sind Frequenzen, die vom Lautsprecher üblicherweise nicht mehr wiedergegeben werden.


Hinter Gittern: der spektakuläre Röhrensatz
Hinter Gittern: der spektakuläre Röhrensatz

The Preamp hält drei unsymmetrische und zwei symmetrische Eingänge bereit, die Ausgänge sind ebenfalls in beiden Versionen vorhanden. Intern arbeitet der Verstärker vollsymmetrisch, unsymmetrische Signale werden über die Eingangsröhre automatisch symmetriert und verstärkt. Hierfür werden zwei Hälften der 6922 Eingangstriode als kathodengekoppelter Differenzverstärker verwendet. Über das Lautstärkepoti lässt sich der Arbeitswiderstand zwischen den beiden Anoden variieren, das Ganze fungiert somit als Lautstärkeregelung, wobei das Poti nicht im Signalweg liegt. Mit diesem Schaltungskniff ist der Fremdspannungsabstand lautstärkeunabhängig. Üblicherweise verliert man bei zugedrehtem Poti und Zimmerlautstärke 15 bis 20 Dezibel an Fremdspannungsabstand und damit auch an Feinstauflösung. Zudem tendieren im Signalweg liegende Widerstands-Potentiometer dazu, bei unterschiedlichen Einstellungen auch unterschiedlich zu klingen.
Die zweite Stufe ist ebenfalls eine Spezialität von Weiler, hier handelt es sich um einen reinen Impedanzwandler in einer Art Push-Pull Schaltung. Dabei ist die Kathode der einen Triode mit der Anode der anderen Triode verbunden. Und umgekehrt. Laut Weiler sollen sich mit dieser ungewöhnlichen Schaltung Verzerrungen herausdifferenzieren. Die Vorstufe hat eine für ein Röhrengerät extrem hohe Bandbreite von sieben Hertz bis zu 250 Kilohertt, deshalb gibt es im Hörbereich bis 20 Kilohertz keinerlei Phasenverschiebungen. Der Preamp kann mit einer Ausgangsimpedanz von nur 50 Ohm aufwarten und somit alle gängigen Endstufen treiben, auch Studiogeräte mit 600 Ohm Eingangsimpedanz sollten kein Problem sein.

Links im Bild sieht man die Federn, an denen das Subchassis aufgehängt ist. Damit sollen auch die letzten Reste an Mikrophonie eliminiert werden. Eingangsröhren reagieren darauf besonders empfindlich
Links im Bild sieht man die Federn, an denen das Subchassis aufgehängt ist. Damit sollen auch die letzten Reste an Mikrophonie eliminiert werden. Eingangsröhren reagieren darauf besonders empfindlich

Wenn also jemand behauptet, im Schaltungsdesign von Röhrengeräten sei bereits alles von Tektronix oder Telefunken erfunden worden, dem empfehle ich, sich einmal die Schaltungstopologie des Preamp anzusehen. Großen Wert legt Rolf Weiler auf eine großzügig dimensionierte Stromversorgung. Hier realisiert mit zwei riesigen Ringkerntrafos, jeweils einer pro Kanal. Dies ist meiner Meinung nach auch einer der Gründe für die aberwitzige Dynamik, die diese Vorstufe liefert. Doch dazu gleich mehr.

Frei verdrahteter Aufbau, bis auf die Platinen in der Mitte für die Spannungsversorgung. Die beiden äußeren mit den Elko-Batterien sind direkt an die Trafos angekoppelt
Frei verdrahteter Aufbau, bis auf die Platinen in der Mitte für die Spannungsversorgung. Die beiden äußeren mit den Elko-Batterien sind direkt an die Trafos angekoppelt

 

Vorweg aber eine kleine Bemerkung am Rande: Ein interessantes Phänomen konnte ich zwischen den Hörgewohnheiten von Musikern und manchen Highendern  feststellen. Highender ist übrigens so ein Wort, das ich eigentlich hasse, da muss ich immer an Zwölfender denken. Egal, ein Musiker orientiert sich eher an der Interpretation, und vielleicht noch Dingen wie korrekte Stimmung der Instrumente, rhythmisch genaue Spielweise und so fort. Der besagte Highender achtet manchmal auf Dinge, die mit der Musik nichts zu tun haben. Beispielweise Tiefenstaffelung, Breite der Bühne, Nebengeräusche der Instrumente, Husten in der 5. Reihe links...

Dies kann man gut bei der CD Keith Jarrett The Köln Concert nachvollziehen. Fragen Sie einmal einen Kollegen, was ihm bei der CD auffällt. Oft kommen dann Antworten wie oben genannt, mit Nebengeräuschen ist man bei Keith Jarrett ja meistens gesegnet. Bisher hat aber jeder Musiker sofort und als erstes genannt: der Flügel ist verstimmt! Der eigentlich für das Konzert ausgesuchte Flügel wurde nicht geliefert, statt dessen musste ein vorhandener Stutzflügel mäßiger Qualität, mit einigen klemmenden Tasten herhalten. Jarrett hat hier auf geniale Weise das musikalische Geschehen den Möglichkeiten auf diesem Instrument angepasst.

Nichtsdestotrotz kommen bei dieser CD die primären Stärken des Preamp voll zum Tragen. Die dynamische Spielweise von Jarrett kann den Rest der Anlage allein im Diskantbereich vor große Probleme stellen. Richtig auffallen wird dies erst, wenn man die CD einmal über einen Vorverstärker wie diesen hört, der die Klavieranschläge realistisch abbilden kann. Das Klavier ist ein Schlaginstrument! Aber nicht nur die Dynamik ist entscheidend, sondern auch die körperhafte Darstellung des Flügels. Wenn der Grundton hier zu schwach ausgeprägt ist, bekommen wir es bei dieser Aufnahme ganz schnell mit einem Mickey Mouse Instrument zu tun. Hifi-Feinheiten sind für den Preamp natürlich auch kein Problem: als Anfangsmotiv hat sich Jarrett die Melodie des Pausengongs im Kölner Opernhaus ausgesucht, im Publikum sind daraufhin einzelne Lacher zu hören. Ganz leise nur und während Jarrett spielt, aber mit dem Preamp so deutlich wie noch nie zu hören. Etwas Anderes ist aber viel entscheidender, der Tube kann die unglaubliche Spannung, die in dieser völlig frei improvisierten Musik steckt, ins Wohnzimmer übertragen. Mit frei improvisiert meine ich übrigens keinen free Jazz, sondern Jarretts Art, einen Abend lang konzertante Musik ohne Vorplanung zu schaffen.

Die roten Drops sind Polypropylen Shuntkondensatoren. Damit nehmen die Elkos zum Auskoppeln mehr die tonale Charakteristik der Polypropylenkondensatoren an. Die Verarbeitung ist hervorragend
Die roten Drops sind Polypropylen Shuntkondensatoren. Damit nehmen die Elkos zum Auskoppeln mehr die tonale Charakteristik der Polypropylenkondensatoren an. Die Verarbeitung ist hervorragend

Nun ist der Preamp keineswegs ein Gerät, das nur Dynamik kann und sonst nichts. Deshalb habe ich mir eine CD mit einer Sopranistin herausgesucht. Dynamische Geräte haben manchmal die Eigenschaft, Sänger mehr aus dem Hals singen zu lassen als aus der Brust. Dies mag bei Popsängern mangels Stimmvermögen ja noch der Fall sein, bei einem klassisch ausgebildeten Sänger natürlich nicht. Deshalb kommt die Niederländerin Johannette Zomer einmal zu Wort, auf der CD L’Esprit Galant, begleitet von Fred Jones an einer französischen Théorbe. Dieses weniger bekannte Instrument aus der Renaissance könnte man vereinfacht ausgedrückt als Basslaute bezeichnen. Sie hat einen verlängerten Hals für die Basssaiten und hierfür einen zusätzlichen Wirbelkasten. Die biegsame und geschmeidige Stimme der Sopranistin macht aus dem vorher noch heftig zupackenden Preamp kein völlig anderes Gerät. Aber die Stimme wird feinfühlig, mit allen Facetten der Interpretation abgebildet. Allerdings weniger spielerisch und mit mehr festem Willen der Sängerin als ich es bisher kannte. Was nun richtiger ist, weiß man natürlich erst, wenn man Zomer einmal live gehört hat. Jedenfalls habe ich die Théorbe im Hintergrund noch nie so deutlich gehört und Jones als vollwertigen Interpreten wahrgenommen. Meistens erlebt man das Instrument bei dieser Aufnahme eher als Hintergrundsuntermalung.

Die Fernsteuerung ist ein „family“ Gerät, benötigt wird nur der obere Teil, mit dem unteren kann man auch den hauseigenen CD Spieler bedienen
Die Fernsteuerung ist ein „family“ Gerät, benötigt wird nur der obere Teil, mit dem unteren kann man auch den hauseigenen CD Spieler bedienen

 

Nach dieser eher beschaulichen, aber wunderbaren Musik muss noch einmal etwas in den Player, was richtig abgeht: Woody Herman Bigband Encore live at Basin Street. Diese von Philips stammende Aufnahme habe ich sowohl als LP als auch in der CD Version von Mosaic. Leider konnten auch die Mosaic Leute nicht mehr retten, was offensichtlich bei der Aufnahme vermurkst wurde. Hier fehlt es an Klangfarben und Körper und mit den Blechbläsern schien der Aufnahmetechniker ein Problem zu haben. Aber eines kann die CD auf unglaubliche Art vermitteln: die unbändige Spielfreude der Bigband. Gleich im ersten Stück, „That’s Where It Is‟, geht es richtig zur Sache. Herman hatte offensichtlich eine Vorliebe für upbeat Tempi so um die 200, was den Musikern extreme technische Fähigkeiten abverlangt. Wie die Band hier aber losfetzt, muss man mit dem Preamp einfach einmal gehört haben. Der damalige Starsaxophonist Sal Nistico setzt mit seiner unglaublichen Stakkato Technik noch eins obendrauf. Die Musik geht hier vom Lautsprecher unmittelbar in den Bauch. Wenn uns die Musik hier gefangen nimmt, ohne dass wir uns Gedanken über fehlende Klangfarben, Bässe und was weiß ich machen müssen, dann glaube ich, sind wir auf dem richtigen Weg. Der Preamp lässt keinen Zweifel daran, dass die Aufnahme gewisse Mängel aufweist. Aber er haut sie uns nicht um die Ohren!

The Preamp widerspricht der gängigen Vorstellung vom warmen, fetten Röhrensound. Er klingt nicht nach Röhre im herkömmlichen Sinne, aber auch nicht nach Transistor. Nebenbei betrachtet ist der gerade beschriebene „Röhrensound“ auch kein Problem der Röhre an sich, sondern hängt immer mit der gesamten Konstruktion zusammen. Der Einstein ist das beste Beispiel dafür.

Diese Vorstufe drückt jeder Anlage ihren eigenen Stempel auf und zwar gewaltig! Am auffälligsten ist die dazu gewonnene Dynamik, die für mich unabdingbar für korrekte Musikwiedergabe ist. Gemeint ist damit Grob- und Feindynamik. Zudem hat der Verstärker eine extrem hohe Bandbreite, die sich hinter keinem Transistorgerät zu verstecken braucht. Der Einstein fabriziert keinen Schönklang, sondern bleibt immer neutral, aber nicht bis zur Belanglosigkeit. Ich kann mit dem Gerät stundenlang Musik hören und mich auf das wesentliche – nämlich die Musik – konzentrieren. Einen Hauch mehr Klangfarben könnte ich mir manchmal wünschen, dies hat aber nichts mit der Performance des Gerätes zu tun, sondern ist eher eine Geschmacksfrage.

Zudem ist der Preamp absolut rauschfrei, auch bei aufgedrehtem Lautstärkeregler ist an meinem 108-Dezibel-Horn am Hörplatz nichts zu vernehmen. Das Gerät läuft in Class A und sorgt für wohlige Wärme, die Abdeckungen der Trafos werden richtig heiß!

Zum Schluss noch ein Hinweis: Die Netzbuchse ist im Bodenblech links vorne angebracht; man benötigt also ein Netzkabel mit abgewinkeltem Kaltgerätestecker. Ein passendes Kabel ist beigefügt, aber notorische Kabelstöpsler finden hier eine eingeschränkte Spielwiese vor.

STATEMENT

Livehaftige Musik wie im Konzert ist zu Hause im Kämmerlein nicht möglich, machen wir uns da nichts vor. Aber mit dem Preamp kommen wir der Sache schon einen gewaltigen Schritt näher. Es macht einfach Spaß, mit dieser Vorstufe Musik zu hören. Die Musik hat Drive und Verve, wo sonst mitunter nur musikalische Facts geboten werden. Und die Hifi Checkliste mit Räumlichkeit, Fokussierung, Auflösung, Basskontrolle, Wiedergabe der Frequenzenden- – habe ich was vergessen? – erfüllt er problemlos. Wer allerdings nach wohlig weichgespültem Röhrenklang sucht ist hier fehl am Platz, The Preamp ist eine Dynamitstange!


PS: Schon vor Beginn unserer Kooperation mit Positive Feedback Online testete dort unser Kollege Danny Kaey die Einstein Vorstufe. Lesen Sie eine zweite Meinung.

GEHÖRT MIT
Laufwerk Ayon CD-T
DAC Borbely Audio
Vorstufe Shindo Monbrison
Endstufe Shindo Cortese, Thomas Mayer 6HS5 PSE, 45 SET
Lautsprecher TAD/ WVL Fieldcoil Hornsystem

 

HERSTELLERANGABEN
Einstein The Preamp
Fremdspannungsabstand >95dB
Klirrgrad < 0.03%
Ausgangsspannung 2.5V an 100 Ohm
Ausgangsimpedanz 50 Ohm
Bandbreite 7 Hz bis 250 kHz
Abmessungen (B/H/T) 430/170/410 mm
Gewicht 20 kg
Preis 16000 Euro

 

HERSTELLER & VERTRIEB
Einstein Audio Components
Telefon +49 234 9731512
E-Mail info@einstein-audio.de
Internet www.einstein-audio.de

Weitere Informationen

  • Imagefolder tests/12-06-20_einstein
Bereits während der Consumers Electronic Show im Januar in Las Vegas wurde offiziell bekanntgegeben, dass der Audiozweig von Nagra nicht länger der Kudelski Group angehört. Hifistatement besuchte den renommierten Pro-Audio- und Hifi-Premium Hersteller an seinem neuen Firmensitz.
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Bevor wir kurz auf die Geschichte von Nagra eingehen, noch ein Wort zur Überschrift: Natürlich werden die Nagra-Geräte wie gewohnt unter dem – man darf wohl mit Fug und Recht sagen – legendären Namen Nagra auf den Markt kommen. Die neu gegründete Firma Audio Technology Switzerland besitzt die Namensrechte für die professionellen Aufnahmegerätschaften ebenso wie die für die High-End-Kompomenten. Für die Kunden ändert sich also rein gar nichts, da Audio Technology Switzerland selbstverständlich auch die Ersatzteilversorgung und den Service für die Nagra-Audio-Produkte übernimmt.

Zwei Modelle, die Geschichte schrieben (hier im Hörraum des Autors): Die analoge Nagra IV-S, die mit bis zu 38cm/sek lief und Sendequalität garantierte, und die Nagra DII, eine digitale Vierspur-Bandmaschine
Zwei Modelle, die Geschichte schrieben (hier im Hörraum des Autors): Die analoge Nagra IV-S, die mit bis zu 38cm/sek lief und Sendequalität garantierte, und die Nagra DII, eine digitale Vierspur-Bandmaschine

Die Geschichte von Stefan Kudelski ist von Beginn an eine Erfolgsstory. 1951 fertigt der Physikstudent sein erstes tragbares Aufnahmegerät und nennt es Nagra, was auf polnisch so viel heißt wie: Es nimmt auf. Den Bandtransport übernimmt hier ein Federwerk, das per Kurbel zuvor aufgezogen werden muss. Lediglich für die Röhrenaufnahme- und -Wiedergabe-Verstärker wird Energie aus Batterien benötigt. Die Maschine bewährt sich bei Expeditionen von Bergsteigern und Tiefseeforschern und wird bald von der Numero II abgelöst, die sich technisch von ihrem Vorgänger nicht grundlegend unterscheidet, aber schon das so charakteristische, Modulometer genannte Anzeigeninstrument besitzt, dass heutzutage viele Nagra Hifi-Komponenten schmückt. 1957 wird dann das volltransistorisierte und mit elektrischem Bandtransport ausgestattete Modell Nagra III vorgestellt. Wegen der Olympischen Sommerspiele in Rom im Jahre 1960 darf Stefan Kudelski sich über einen Großauftrag des italienischen RAI freuen: Während von den ersten Modellen gerade einmal um die hundert Exemplare abgesetzt werden konnten, waren es bei der Dreier insgesamt schon über 12000 Stück. Kein Wunder, denn eine Nagra garantiert den Rundfunkanstalten und den Studios bei der Aufzeichnung des Filmtons höchste Audio-Qualität.

Im Jahr 1960 beweist Stefan Kudelski dann, dass hochwertige Aufnahmegeräte noch deutlich kleiner sein können als seine bisherigen: Er entwickelt den Prototyp der Nagra SN, die als Geheimdienst- oder Spionage-Maschine berühmt wird. Später gibt es dann sogar eine Stereoversion diese feinmechanischen Meisterwerks: die SNST. 1968 beginnt dann die Ära der IV-er Serie, die drei Jahre später ihren Zenit erreicht: mit der Stereoversion, der IV-S. 1984 markiert die IV-STC mit SMPTE-Timecode für die Synchronisation mit Filmkameras einen weiteren technischen Höhepunkt. Inzwischen wurde auch das Problem der zu geringen Spielzeit beispielsweise für Konzertmitschnitte gelöst: Der QGB-Adapter mit zwei Wickelmotoren, der einfach an die Vierer angedockt werden kann, erlaubt den Einsatz von großen Spulen oder Bandtellern. In den ersten 30 Jahren der Firmengeschichte, in die noch die Naga E, die IS und so gerade eben auch noch das analoge Studiotonbandgerät T-Audio fallen, ist aus dem Ein-Mann-Betrieb ein  Unternehmen mit 500 Mitarbeitern geworden, die pro Jahr über 1000 Maschinen fertigen.

Der Anbruch des digitalen Zeitalters überrascht Stefan Kudelski natürlich nicht, wie die Nagra V mit ihrer Festplatte und die digitalen Vierspur-Bandmaschinen D und DII beweisen. Die Veränderungen in der Audio-Industrie veranlassen den Firmengründer aber dazu, sich auch auf anderen Geschäftsfeldern umzutun. So bringt er Nagra an die Börse und gründet 1989 Nagravision. Unter diesem Namen werden anfangs Decoder für das Bezahlfernsehen entwickelt und – noch wichtiger – verkauft: In den ersten beiden Jahren sollen über eine Million Decoder umgesetzt worden sein. Weiter geht es mit Sicherheitstechnik und Zugangssystemen für Unternehmen, Fußballstadien, Ausstellungs- und Konzerthallen wie zum Beispiel beim Montreux Jazz Festival. Später kommen dann auch noch Chipkartensysteme für das Gesundheitswesen hinzu. Um eine lange Erfolgsgeschichte kurz zu machen: Bald darauf ist die Kudelski Group Weltmarktführer beim digitalen Pay-TV und beschäftigt weltweit weit mehr als tausend Mitarbeiter.

Eine Nagra T-Audio Studio-Tonbandmaschine, hier beim Einsatz während des letztjährigen Montreux Jazz Festivals. Da schon die IV-S außer mit den CCIR- und NAB-Entzerrungen auch mit einer Nagra-eigenen Variante arbeitete, war es nötig, auch eine stationäre Maschine mit dieser Entzerrung anzubieten
Eine Nagra T-Audio Studio-Tonbandmaschine, hier beim Einsatz während des letztjährigen Montreux Jazz Festivals. Da schon die IV-S außer mit den CCIR- und NAB-Entzerrungen auch mit einer Nagra-eigenen Variante arbeitete, war es nötig, auch eine stationäre Maschine mit dieser Entzerrung anzubieten

 

Im Jahr 1997 dehnte Nagra seine Aktivitäten im Audiobereich auch auf High-End-Komponenten aus. Und mit den Röhrenvorstufen PL-P sowie PL-L und danach auch mit der Endstufe VPA konnte man die Hifi-Fans spontan begeistern. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass ich damals die faszinierenden Röhren-Monos gleich nach dem Test eines Kollegen in meinen Hörraum entführte, den sie nur deshalb wieder verlassen durften, weil ich hin und wieder doch noch gerne ein wenig lauter höre, als mit den 50 Röhren-Watt an meinen Lautsprechern möglich war. Bei allen weiteren Entwicklungen wie den Transistor-Pyramiden-Endstufen, den Phonostufen und den CD-Playern war es dann dasselbe: Gleich nach der Vorstellung einer Komponente bedurfte es bei Kunden wie bei Redakteuren gleichermaßen viel Geduld, bis man eines der begehrten Geräte habhaft werden konnten. Nagra wurde immer wieder von der Zahl der Orders positiv überrascht – und brauchte entsprechend Zeit, alle Bestellungen abzuarbeiten.

Der Erfolg der Hifi-Sparte konnte aber nichts daran ändern, dass der Audio-Bereich im Vergleich zu den rasch expandierenden Geschäften von Nagravision eine immer unwichtigere Rolle spielte – vor allem natürlich in den Bilanzen der börsennotierten Kudelski Group. Da aber nur speziell darauf ausgerichtete Strukturen dem ehemaligen Kerngeschäft die gewünschte Entwicklung garantieren können, entschloss sich die Familie Kudelski, die Audio-Sparte aus der Kudelski Group auszugliedern, um so unter dem Dach von Audio Technology Switzerlang optimale Rahmenbedingungen für die Aktivitäten in den traditionellen Geschäftsfeldern High End, professionelle Aufnahmemaschinen und Aufzeichnungsgeräte für Sicherheitsanlagen zu schaffen.

Das neue Firmengebäude liegt nicht sehr weit von der bisherigen Entwicklungs- und Produktionsstätte entfernt in Romanel-sur-Lausanne. Doch die Entfernung spielt keine so große Rolle, wenn es gilt, mit einem Lager mit über 20000 verschiedenen Teilen und über 1,2 Kilometer langen Regalflächen umzuziehen. Inzwischen ist der Umzug aber Vergangenheit, und Entwicklung und Produktion laufen wieder auf Hochtouren. Noch nicht ganz fertig ist der neue, speziell gebaute Hörraum. Aber das werden Sie im Folgenden selbst sehen können. Ich habe von meinem Besuch eine Menge Bilder mitgebracht, auf denen Sie die handelnden Personen, einen Teil der neuen Räume und sogar ein bisher offiziell noch nicht vorgestelltes Produkt kennenlernen können.

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Die neue Firmenführung: Pascal Mauroux, der Audio Technology Switzerland leitet, und Marguerite Kudelski. Der Schwiegersohn Stefan Kudelkis und die Tochter des Firmengründers wählten als Hintergrund die Vitrinen, in denen technische Meilensteine der Firmengeschichte und die dafür erhaltenen internationalen Auszeichnungen aufbewahrt werden.

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Marguerite Kudelski ist promovierte Elektronikerin und leitet die Forschungs- und Entwicklungsabteilung von Audio Technology Switzerland. Da man sowohl auf den Gebieten Sicherheitstechnik, Pro-Audio und High End forscht, ist diese Abteilung deutlich stärker und hochkarätiger besetzt als in üblichen Hifi-Firmen.

 

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Philippe Chambon kam nach der Gründung von Audio Technology Switzerland ins Team und beschäftigt sich vorrangig mit Audio-Entwickungen. Momentan arbeitet er an diversen, äußerst spannenden Projekten, die sich alle um Digital-Audio drehen. Ich musste jedoch hoch und heilig versprechen, auf keinen Fall mehr zu verraten.

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Was Thierry Frank, der mit dem erfahrenen, aber leider auf keinem Foto zu entdeckenden Jean Coquel in einem Büro arbeitet, hier auf seinem Computer entwirft, konnte ich nicht in Erfahrung bringen. Aber bei Nagra respektive Audio Technology Switzerland ist ein hohes Maß an Diskretion unabdingbar, wenn man weiter mit Regierungen und Geheimdiensten im Geschäft bleiben will.

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Wenn Herbert Bartels entweder keine Idee mehr hat, was Ihrem Gerät fehlt, oder kein passendes Ersatzteil mehr finden kann, sieht es schlecht aus. Zum Glück kommt das so gut wie nie vor. Schon am alten Firmensitz in Cheseaux-sur-Lausanne garantierte der Sales und Service Manager den Werterhalt älterer Nagra-Geräte

 

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Gérard Beuchat ist Sales Manager für den Pro-Audio-Bereich und konnte mit einer guten Nachricht aufwarten: In wenigen Monaten werden die ersten Nagra VI ausgeliefert, die auch mit einer Abtastrate von 192 Kilohertz aufnehmen können. Das beste daran: Selbst bereits ausgelieferte Maschinen sind durch ein Software-Update auf diesen Stand zu bringen!

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José Beuchat trägt den Titel Production Director nicht nur, weil er als einziger des Fertigungsteams auch recht spät am Freitagnachmittag noch anwesend war. Hier werden gerade die digitalen Sechs- respektive Acht-Spur-Recorder Nagra VI montiert

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Hier sind die Frontplatten der Nagra VI in verschiedenen Fertigungsstufen zu sehen. Sie sind in grau, blau und rot erhältlich und werden wie alle Gehäuseteile zugekauft. Zum 60. Firmenjubiläum wurde auch eine Sonderedition mit Alufront aufgelegt.

 

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Mario Jimenez als Lab Engineer obliegt die nach forschen und entwickeln zweitwichtigste Tätigkeit bei Audio Technology Switzerland: prüfen und messen. Hier nimmt er sich gerade eine fertige Nagra VI vor.

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Noch einmal eine Nagra VI und noch einmal prüfen und messen. Diesmal übernimmt aber ein Audio Precision-Mess-Computer den Job. Die Ergebnisse werden sowohl für den Kunden auf beiliegenden Messschrieben protokolliert als auch firmenintern archiviert. Ich kann mich noch gut erinnern, wie beeindruck ich vor mehr als sieben Jahren war, als ich die Protokolle meiner frisch erstandenen Nagra E samt Messband auspackte …

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Michel Paillard ist für das sogennannte „subjective testing‟ zu ständig. Auch bei diesem SD Recorder bleibt keine Taste ungedrückt, bevor er die Firma verlässt. Von diesem digitalen Aufnahmegerät gibt es – wie wir schon in den News im Januar berichteten – übrigens auch eine äußerst attraktive Hifi-Sonderedition.

 

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Kein idealer Ort für Menschen, die zu Klaustrophobie neigen, ist der zweite Arbeitsplatz von Michel Paillard: Hier hört es jedes Gerät für etwa 30 Minuten, bevor es in den Versand gehen darf.

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Nathalie Jaggi ist Mechanikerin und damit heutzutage auch Programmiererin: In der unter anderem auch mit einer deutschen CNC-Maschine ausgestatteten Werkstatt fertigt sie Teile für Prototypen und führt auch schon mal Korrekturen an fehlerhaft zugelieferten Teilen aus.

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Im fast fertigen neuen Hörraum posiert der Marketing Director – und studierte Toningeniuer – Matthieu Latour nicht etwa vor der Anlage. Nein, er verdeckt geschickt einen, wie man hört, enorm vielversprechenden Prototypen.

 

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Von außen kann man recht gut erkennen, dass bei der Konstruktion des neuen Hörraums Wert darauf gelegt wurde, dass es keine parallelen Flächen gibt. Selbst die Rückwand ist in sich nicht gerade, sondern sanft abgewinkelt. Am Festerausschnitt ist die Dicke der Wände des Hörraumes gut zu erkennen. Mehrere Holzschichten bringen es auf 14 Zentimeter. Noch beeindruckender ist das Gesamtgewicht der Konstruktion: vier Tonnen!

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Noch einmal zurück zum Thema testen und messen: Hier müssen drei 300B – zwei Endstufen und ein Vollverstärker – ihre Leistungsfähigkeit an Lastwiderständen beweisen. Natürlich wird bei der Netzspannung getestet, an der die Geräte später einmal arbeiten sollen. Hier sind es 115 Volt.

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Die neuen Vorstufen mit dem schönen Namen „Jazz‟ arbeiten intern zwar unsymmetrisch, bieten aber einen XLR-Ausgang. Nach der Präsentation auf der High End werden noch Wünsche der Vertriebe umgesetzt: Der Jazz wird auch einen symmetrischen Eingang bekommen.

 

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Damit das Testen der einzelnen Baugruppen vor der Endmontage nicht allzu viel Zeit verschlingt, gibt es bei Audio Technology Switzerland spezielle Vorrichtungen für ein jedes Gerät, die die Arbeit erleichtern und beschleunigen. Hier eine Konstruktion zur Kontrolle der Bedienungselemente des Jazz.

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Selbstverständlich muss auch das Anschlussfeld der neuen Vorstufe gründlich auf seine Funktion getestet werden. Die geschieht in einem vertretbaren Zeitrahmen mit Hilfe dieser Vorrichtung.

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Natürlich reichen Messungen allein zur Qualitätssicherung nicht aus. Mindesten ebenso wichtig ist die Dokumentation des entsprechenden Procederes. Bei Nagra respektive  Audio Technology Switzerland bleibt nichts dem Zufall überlassen.

 

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Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussieht, wir bleiben bei der neuen Vorstufe: Dies sind die Transformatoren, mit denen das Ausgangssignal symmetriert wird. Sie werden wie die Ausgangstrafos der Endstufen in der Firma gewickelt.

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In der Trafowicklerei von Audio Technology Switzerland: Hier eine Wickelmaschine, auf der auch die Eingangsübertrager für die Mikrofoneingänge der Nagra VI gefertigt werden können.

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Die zweite Wickelmaschine bei Audio Technology Switzerland: Auch die Netztransformatoren werden im Haus hergestellt. Hier erreicht man eine hohe Fertigungstiefe.

 

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Da Trafos klangentscheidende Bauteile sind, will sich Nagra nicht auf Zulieferer verlassen und ihnen die eigenen Erkenntnisse zugänglich machen. Da investiert man lieber in ausreichend Kupfer in verschiednen Materialstärken.

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Jazz oder nicht? Auch wenn die Frontplatte der des Jazz zum Verwechseln ähnlich sieht, ist dies eine wirkliche Neuentwicklung. Dieser Vorverstärker arbeitet nicht mit Röhren, sondern mit Transistoren. Noch eine kleine Anmerkung, um Ärger mit unserem Fotografen zu vermeiden: Bisher wurde noch kein endgültiger Name für die Vorstufe gefunden, und deshalb bat mich Matthieu Latour, den vorläufigen Namen nicht mit aufs Bild zu nehmen. Prinzipiell kann ich schon vollständige Geräte knipsen ...

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  • Imagefolder boulevard/12-06-14_nagra
Franck Tchang, der Erfinder der Klangschälchen, verblüfft wieder einmal mit einem recht ungewöhnlichen Ansatz: Er mischt Metalle und will mit zwei unterschiedlichen Massivdraht-Leitern fast alle Kabelprobleme lösen.
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Ich weiß noch genau, wie mich die ungeheuer positiven klanglichen Auswirkungen der Schälchen in meinem Hörraum begeistert haben und welche nicht gerade freundlichen Leserreaktionen mein Bericht darüber vor nun schon acht Jahren hervorgerufen hat. Selbst Hersteller und Vertriebe, die in meinem Hörraum zu Gast waren, sparten nicht mit ironischen Kommentaren – bis sie dann selbst hörten, was die kleinen Metallschalen akustisch leisteten. Im Laufe der Zeit haben die Resonatoren dann nach und nach ihr Voodoo-Image abgelegt und werden inzwischen von den meisten Audiophilen akzeptiert. Heute kann man sich – zumindest in einschlägigen Kreisen – ruhigen Gewissens als Klangschälchen-Benutzer outen, ohne gleich von seinem Gegenüber skeptische bis mitleidige Blicke zu ernten.

Die Livelines haben einen eher moderaten Querschnitt, werden von einem schmucken Geflecht umgeben und kommen in einer schlichten Holzbox
Die Livelines haben einen eher moderaten Querschnitt, werden von einem schmucken Geflecht umgeben und kommen in einer schlichten Holzbox

Bei Franck Tchangs Kabeln besteht von Anfang an weitaus weniger Gefahr, dass ihre Nutzer in Hifi-Kreisen als auffällig gelten. Mit einem Einstiegspreis von 600 Euro für einen Meter NF-Kabel mit Cinch-Steckern sind die Livelines zwar absolut betrachtet nicht gerade billig, dürfen in der immer extremer werdenden High-End-Szene aber geradezu als preislich moderat gelten – zumindest im Umfeld einer Anlage, in dem es Sinn macht, mit einigen Klangschälchen für den letzten akustischen Feinschliff zu sorgen. Hier an die Resonatoren zu erinnern, ist übrigens keinesfalls eine Abschweifung, sondern eher eine Hinleitung auf in den Kabeln verwendeten Materialien.

Franck Tchang, der auf seiner Website provokant behauptet, er wisse nicht, wie man normale Produkte entwickelt, entschied sich, sowohl für NF-, Digital- und USB-Kabel als auch für die Lautsprecher- und die hierzulande nicht angebotenen Netzleitungen Massivdraht einzusetzen. Dabei besteht der Draht vom Verstärker zur Box oder von der Quelle zum Verstärker aus Kupfer, der für den Weg zurück aus Silber. Dies sei notwendig, um dem Kabel die notwendige Schnelligkeit zu verleihen. Am Anfang und am Ende der beiden Massivdrähte gebe es dann jeweils ein zwei Millimeter langes Stückchen Draht aus jeder der fünf Legierungen, aus denen auch die Resonatoren gefertigt werden. Obwohl Franck Tchang hier keinesfalls die Zusammensetzungen verwendet, die beispielsweise in der Schmuckindustrie oder beim Juwelier üblich sind, nennt er sie schlicht Kupfer, Silber, Gelbgold, Rotgold und Platin. Je nach Anwendungsfall variiert nicht nur der Durchmesser der Massivleiter, sondern auch die Reihenfolge der genannten Legierungen. Deren Abfolge ist auch am Anfang und Ende eines jeden Leiters keinesfalls gleich.

Die XLR-Stecker der symmetrischen Verbindung stammen von Neutrik
Die XLR-Stecker der symmetrischen Verbindung stammen von Neutrik

Ein ein Zentimeter langes Quintett aus den verschiedenen Legierungen genau in der Mitte eines jeden Massivdrahtes optimiert das Kabel dann noch weiter für seinen Einsatzzweck. So sollen beispielsweise bei einen USB- und einem Lautsprecherkabel zwar jeweils alle fünf Metallmischungen Verwendung finden, jedoch in unterschiedlicher Reihenfolge. Genauso unkonventionell nähert sich Franck Tchang dann dem Thema Stecker: Nach einer Reihe von Experimenten entschied er sich gegen so illustre Namen wie WBT und Eichmann – die er allerdings auf Kundenwunsch ebenfalls verarbeitet – und für Neutrik, bei deren Produkten er nicht nur im Verborgenen weitere Modifikationen zur Resonanzminderung vornimmt: So versieht er zum Beispiel die Hülse des Chinch-Steckers mit drei winzigen Bohrungen, und auch die massivste Stelle der an sich hohlen Bananenstecker werden je dreimal angebohrt. Sie bestehen übrigens aus zwei miteinander verschraubten Teilen, was es dem Kunden möglich macht, den Anforderungen seiner Verstärker und Boxen entsprechend das Bananen-Ende gegen sogenannte Spades auszutauschen.


Thomas Fast, der sich nun schon fast seit einem Jahrzehnt mit großem Einsatz um den Vertrieb der Produkte Franck Tchangs in Deutschland kümmert, hatte leider kurzfristig nicht das über fünf Meter lange XLR-Kabel vorrätig, das es braucht, um in meiner Kette Vor- und Endstufen miteinander zu verbinden. Bei seinem Kurzbesuch hat er dann ein Lautsprecherkabel und eine anderthalb Meter lange symmetrische NF-Verbindung mitgebracht. Da bis auf die ein oder andere Verbindung zwischen Quelle und Vorstufe der Rest der Kette fast vollständig – bei den Netzkabeln gibt es schon mal eine Ausnahme – mit HMS bestückt ist, habe ich erst einmal die symmetrische Leitung zwischen Mytek-Wandler und Marconi getauscht – und war reichlich überrascht: Das Liveline spielt mindestens in einer Klasse mit dem Allzeit-Klassiker SunWire Reference. Es gibt einige Unterschiede, die allerdings eher in den Geschmacksbereich fallen: Das Sun wirkt eine Spur mehr erdverbunden, musiziert mit etwas gedeckteren Klangfarben und fasziniert mit einer glaubhaften, weiträumigen imaginären Bühne. Das Liveline steht dem Sun in puncto Raumillusion in nichts nach und begeistert mit einer extrem guten Auflösung und einer subjektiv empfundenen sehr hohen Schnelligkeit. Dabei ist es einen Hauch heller timbriert als das SunWire. Ein wenig dunkler kommt auch das mehrfach teurere HMS Gran Finale Jubilee daher, das einen noch minimal größeren Raum suggeriert, jedoch nicht ganz an die Lebendigkeit und Spielfreude des Liveline heranreicht. Franck Tchangs erstes NF-Kabel kann sich also auf Anhieb gegen ausgesprochen etablierte und auch deutlich kostspieliger Mitbewerber behaupten.

Die Lautsprecherkabel können vom Kunden von Spades auf Bananas umgerüstet werden. Falls Boxen und Verstärker beides erlauben, empfiehlt Franck Tchang die Bananas
Die Lautsprecherkabel können vom Kunden von Spades auf Bananas umgerüstet werden. Falls Boxen und Verstärker beides erlauben, empfiehlt Franck Tchang die Bananas

Erfreulicherweise bleibt das Lautsprecherkabel der mit der NF-Verbindung eingeschlagenen Richtung treu: Auch hier gibt es Details in Hülle und Fülle, ein sehr solides und tragfähiges Bassfundament, eine griffige Raumillusion und präzise fein- und grobdynamische Strukturen. Die Darstellungsgröße von Sängern und Musikern lässt ebenfalls keinerlei Wünsche offen. Und wieder drängt sich einem der Eindruck auf, die Musiker gingen dank der Livelines eine Spur freudiger und auch minimal schneller ihrer Arbeit nach. Zu den weiteren Schokoladenseiten der Kabel zählt die Fähigkeit, den Groove eines rhythmischen Songs ungemein packend rüberzubringen. Selten zuvor empfand ich beispielsweise den E-Bass auf Ravi Shankars „West Eat Meat‟ so treibend und dennoch fast schwerelos federnd. Dabei ist bei den Lautsprecherkabeln die Tendenz zu eher hellen, lichten Klangfarben weitaus weniger ausgeprägt als beim den XLRs. Hier wirkt die Wiedergabe der Livelines einfach nur völlig schlackenlos und von unnötigem Ballast befreit. Selbst in meiner durch die LumenWhite zu völliger Offenheit und schonungsloser Analyse tendierenden Kette neigen die Livelines nicht im Mindesten zur Schärfe oder gar Kälte. Je länger ich ihnen zuhöre, umso mehr drängt sich mir der eigentlich verpönte Begriff „richtig‟ auf.

STATEMENT

Franck Tchangs Livelines bieten eine fast schon unverschämte Menge Wohlklang fürs Geld. Hier wurde nicht in ein beeindruckendes Äußeres von Kabel und Verpackung investiert, sondern in einen wohl einzigartigen Materialmix. Und der garantiert überschäumende Spielfreude, eine begeisternde Dynamik, eine höhe Auflösung und eine große, stabile imaginäre Bühne. Eine Entdeckung!

Die drei Bohrungen sollen das Resonanzverhalten des Steckers und damit den Klang des gesamten Kabels verbessern
Die drei Bohrungen sollen das Resonanzverhalten des Steckers und damit den Klang des gesamten Kabels verbessern

 

GEHÖRT MIT
Laufwerk Brinkmann LaGrange mit Röhrennetzteil
Tonarm Kuzma 4Point, AMG 12J2
Tonabnehmer AirTight PC-1 Supreme, Brinkmann EMT ti
Computer iMac 27‟, 3.06 GHz Intel Core 2 Duo, 8 GB, OS X Version 10.6.7
D/A-Wandler Mytek 192-DSD-DAC, Prototyp
CD-Laufwerk Wadia WT3200
Audioplayer Amarra 2.4, Pure Music 1.86
Vorverstärker Brinkmann Marconi
Endstufe Brinkmann Monos
Lautsprecher LumenWhite DiamondLight Monitors
Kabel HMS Gran Finale Jubilee, SunWire Reference, Audioplan Powercord S
Zubehör PS Audio Power Plant Premier, Sun Leiste, Audioplan Powerstar, HMS-Wandsteckdosen, Acoustic System Füße und Resonatoren, Finite Elemente Pagode Master Reference Heavy Duty und Cerabase, Harmonix Real Focus

 

VERTRIEBSANGABEN
Liveline Lautsprecherkabel 2,40m
konfektioniert mit ASI Hohlbanane incl. Kabelschuh 1440 Euro
jede weiteren 50 cm +180 Euro

 

VERTRIEBSANGABEN
Liveline NF-Kabel 1m
konfektioniert mit Acoustic System RCA Stecker 600 Euro
konfektioniert mit XLR Stecker 900 Euro

 

VERTRIEB
fastaudio
Anschrift Thomas Fast

Brählesgasse 21
70372 Stuttgart
Telefon +49-711-480 88 88
E-Mail info@fastaudio.com
Internet www.fastaudio.com
Internet www.francktchang.com

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  • Imagefolder tests/12-06-08_acousticsystem
Alle Jahre wieder… so oder so ähnlich geht die Redewendung. Dieses Jahr war es eben das zweite Mal, dass die T.H.E. Newport Show in Newport Beach, Kalifornien stattfand. Angesichts des riesigen Erfolges vom letzten Jahr – circa 5000 Besucher – war also die Messlatte recht hoch gelegt. Ich gehe ich davon aus, dass es diesmal mindesten ebenso viele waren wie im letzten Jahr, obgleich die Show heuer auf zwei Hotels ausgeweitet wurde, um eine bessere und gemütlichere Atmosphäre zu schaffen.
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Gemütlich war die Show auf jeden Fall, ich bekam eigentlich nie das typische Show-Gefühl,  wenn – Sie kenne es ja sicherlich selbst – viel zu viele Leute in einem Raum stehen. Dafür gab es eben Musik pur. Im Gegensatz zur High End in München sind die Räumlichkeiten hier eher klein geraten, typische Hotelzimmer eben. Als Folge ist der Klang meist mehr oder minder ok, aber nicht unbedingt phantastisch. Dennoch gibt es immer wieder Demos, die wesentlich besser sind als die Norm. 

Eine davon konnte man im Raum von Arian Jansen erleben, der große Elektrostaten und OTLäVerstärker samt Vorverstärker auffuhr: komplette Eigenentwicklung namens Sonorus. Das besondere Etwas an dieser Kette aber war, dass Arian gleich drei(!) neuentwickelte Tonbandmaschinen, die auf der ReVox PR-99 basierten, als Tonquelle verwendete. Von wegen Analoge Plattenspieler: Tonbandmaschinen sind der letzte Schrei hier in Amerika!  Klanglich war dies wahrscheinlich eine der besten Demos, die ich auf der Show zu hören bekam: Neutral, dynamisch, extrem breitbandig und voller Charakter, da war eben richtig viel zu hören.  Das einzige Manko an der Geschichte ist eben, dass die Software schwer erhältlich ist und wenn, dann recht teuer kommt. Tape Project verlangt circa 500 Dollar pro Titel, und das ist kein Pappenstiel.

Ein ähnliches Aha-Erlebnis wie bei Sonorus hatte ich auch beim Sound der Audeze-Kopfhörern. Dabei muss ich sagen, dass ich eigentlich kaum der Typ für portables Hifi  bin: Kopfhörer haben mich nie so richtig fasziniert – ausser vielleicht meine In-Ear-Monitors von JH Audio (JH-13), die ich viel auf Flugreise verwende. Meiner Meinung nach sind die meisten Kopfhörer viel zu höhenlastig und auch kaum in der Lage, eine Klangquelle richtig in den Raum zu stellen. Die Audeze LCD-2 für knapp 1000 Dollar leisten sich diese Schwächen nicht. Sie klingen – eine ordentliche Quelle und Verstärkung wie beispielsweise Schiit Audio vorausgesetzt – absolut natürlich: von Höhenlastigkeit keine Spur. Bei Orchesterwerken agieren die Musiker auf einer imaginären Bühne, man bekommt wirklich ein Gefühl vom Aufnahmeraum. Meiner Meinung nach dürfte der von Audeze selbst entwickelte und gefertigte planar-magnetostatische Treiber der Grund für diesen Sound sein, der mich wirklich begeistert hat.

Dass die Jungs von TAD (Pionier), Luxman, Vivid, DarTZeel und Evolution Acoustics immer wieder einen Supersound auf Shows hinbekommen, ist schon fast eine Selbstverständlichkeit. Dennoch begeistert mich immer wieder, wie gut diese Demos wirklich sind. Wenn Sie einen guten Sound auf Shows suchen, dürfen Sie bei diesen Firmen fündig werden. Ich freue mich auf jeden Fall schon auf die Newport Show im nächsten Jahr.


 

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Des Show Reports zweiter Teil: Danny Kaey stellt weitere Komponenten und auch einige Persönlichkeiten der amerikanischen Hifi-Szene vor.
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Wir haben die Bilder übrigens nicht auf dem Postwege aus USA bekommen. Wie ich aber aus eigener langjähriger Erfahrung weiß, fängt bei Messen die Party oft erst an, wenn die Ausstellungsräume geschlossen sind. Da kommt man dann einfach nicht dazu, sich mit  so etwas Langweiligem wie Bilderunterschriften zu befassen. Gestern hat der Kollege Kaey dann aber doch noch Zeit gefunden.


 

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Samstag, 02 Juni 2012 02:00

T.H.E Show at Newport Beach

Hierzulande fast unbemerkt haben die Veranstalter von T.H.E. Show, einer Hotel-Parallel-Messe zur CES in Las Vegas, ihre Aktivitäten verstärkt: Nun gibt es im Laufe des Jahres auch eine Kooperation mit der New York Audio und AV Show und eine eigene Veranstaltung in Newport Beach – für den Kollegen Danny Kaey fast ein Heimspiel.
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Auch wenn T.H.E. Show für „The Home Entertainment Show‟ steht, liegt der Schwerpunkt seit langem auf zweikanaligem Audio. In The Absloute Sound schrieb Kollege Harry Pearson daher: „The Only True High-End Audio shows are T.H.E. Show and Rocky Mountain‟. Nun ist es also wieder einmal so weit. Von Freitag, den 1., bis Sonntag, den 3.Juni, öffnet T.H.E Show ihre Tore in Newport Beach. Da Danny Kaey in dieser Gegend zuhause ist, konnten ihn Strand und Sonne in Kalifornien nicht von den Sehenswürdigkeiten der Messe ablenken. Hier seine ersten Eindrücke. Weitere sollen folgen.


 

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Anders als beim ersten Konzert – und Statement – mit Engelbert Wrobel waren meine Erwartungen an den Multiintrumentalisten und Entertainer diesmal ausgesprochen hoch. Und dennoch hat er sie zusammen mit seinen transatlantischen Quartett übertroffen.


Engelbert Wrobel ist in vielen verschiedenen Besetzungen zuhause. Eine der interessantesten dürfte das schlagzeuglose Transatlantik Jazz Swingtet sein, in dem er mit der hin und wieder auch singenden Bassistin Nicki Parrot, dem ebenfalls vokal aktiven Gitarristen und Banjo-Spieler Eddie Erickson und dem Pianisten Chris Hopkins musiziert. Die stilistische Ausrichtung der vier, die das Publikum des Birdland vom ersten Stück total im Griff hatten, beschrieb Tobias Böcker in seiner Rezension des Konzertes:

Ein starkes Quartett, dessen Mitglieder im Laufe des Abends aber auch mal im Trio, im Duo oder solistisch aktiv wurden
Ein starkes Quartett, dessen Mitglieder im Laufe des Abends aber auch mal im Trio, im Duo oder solistisch aktiv wurden

 

 

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Transatlantic Jazz Swingtet


Für feinsten Swing der reinen Lehre stand im Neuburger Birdland das Transatlantic Jazz Swingtet. Inmitten der Bigbands jener Zeit, als der Jazz noch in mondänen Clubs und glitzernden Ballsälen gespielt wurde und sich ungebrochener Beliebtheit erfreute, entstanden immer auch kleinere Formationen, die nach und neben den großen offiziellen Terminen in kleinen Clubs und im kleinen Kreis ihrer Spielfreude freien Lauf ließen. Später entstand daraus der Bebop, eine heiß kochende Jazz-Essenz, die den Beginn der Moderne einläutete.

Doch gemach, Chris Hopkins am Piano, Nicki Parrot am Bass, Eddie Erickson an Gitarre und Banjo sowie Engelbert Wrobel an Saxophon und Klarinette stehen bekanntermaßen für gepflegten Swing, überaus unterhaltsam, virtuos, spritzig, witzig und so elegant wie die Schuhspitzen von Fred Astaire.

„Seven Come Eleven“ von Benny Goodman zum Beispiel. ist ein Stück des kleinen Formats, in dem seinerzeit Charlie Christian und der King of Swing sich so virtuos die Bälle zuspielten wie heute Engelbert Wrobel und Eddie Erickson. „Egyptian Fantasy“ von Sidney Bechet steht für die Inspiration, die der Jazz seit jeher bis in die postmoderne Weltmusik hinein aus der Faszination des Exotischen bezog, nicht zuletzt aus der Reflexion seiner afrikanischen Wurzeln. Ellingtons „Pitter Panther Patter“ featured mit Chris Hopkins am Piano und Nicki Parrot am Bass eines jener Duette, in denen der Duke und Jimmy Blanton seinerzeit die Emanzipation des Kontrabasses vom Begleit- zum eigenständigen Soloinstrument einleiteten.

Von wegen rückwärtsgewandt: Wer hinzuhören versteht, kann in der Quelle den Strom erahnen, sieht lebendig und frisch hervorsprudeln, was später hurtig über Turbulenzen springt, sich in Seitenarme verzweigt und lebendig weiterfließt bis in unsere Tage.

Dr. Tobias Böcker


Der Bandleader und die singende Bassistin faszinierten das Publikum mit einen intensiven Duett
Der Bandleader und die singende Bassistin faszinierten das Publikum mit einen intensiven Duett

 

Zwar ist die Rückkehr meines Neumann SM 69 Stereomikrofons von Andreas Grosser aus Berlin schon angekündigt, aber seit den Erfahrungen mit der Jecklin-Scheibe und zwei Neumann-Gefell Kugelmikrofonen bei den Statements neunzehn und zwanzig, bin ich mir gar nicht mehr so sicher, ob das Neumann für die Akustik des Birdland wirklich die erste Wahl ist. Aber diesmal brauchte ich diese Frage mangels SM 69 noch nicht zu beantworten. Wie gewohnt kamen zum Hauptmikrofon noch das Earthworks PianoMic für den Flügel und das MBHO 603 A / KA 200 N für den Kontrabass hinzu. Bei dieser bewährten Mikrofonierung konnte ich mich voll auf die diesmal zur Verfügung stehenden Aufnahmegeräte konzentrieren. Das war einmal wie üblich eine mit 192 Kilohertz arbeitende Nagra LB, die diesmal aber nicht aus dem Mischpult angesteuert wurde, sondern, da mehr als ein Signal benötigt wurde, über einen 1-auf-4-Verteiler von ANT.

Eddie Erickson brillierte auch als Entertainer und mit einem Solo-Banjo-Medley
Eddie Erickson brillierte auch als Entertainer und mit einem Solo-Banjo-Medley

Ein zweites Analog-Signal gelangte auf den EMM Labs ADC Mk IV. Das von diesem bereitgestellte DSD-Signal wurde dann mit dem Tascam DV-RA1000HD aufgezeichet. Da es wie im zweiten Artikel über DSD beschrieben außer mit dem extrem kostspieligen Sonoma System nicht möglich ist, DSD-Files im 1Bit-Modus zu bearbeiten, habe ich auch das mit der Nagra aufgezeichnete Musik-File in der Lautstärke belassen, wie es während des Konzertes aufgenommen wurde: Unkomprimiert, nicht limitiert und mit ein wenig Headroom. Beide Versionen sind also etwas was leiser, als es sonst bei einer Annäherung an die digitale Aussteuerungsgrenze üblich ist. Während bei der Hochbit-Version der Beginn des Stückes als Startpunkt gewählt wurde, gibt es beim völlig unbearbeiteten DSD-File ein wenig mehr Vorlauf. Hier wollte ich bei der Aufnahme lieber auf auf Nummer sicher gehen, um den Anfang des Stückes nicht zu verpassen. Die erste CD-Variante wurde wie bei fast allen bisherigen Downloads auch mit dem in soundBlade integrierten Sample-Rate-Converter erstellt, die zweite mit KORGs AudioGate aus dem DSD-File. Es gibt also eine Menge zu vergleichen.

Beim Duet in bester Ellington-Blanton-Tradition übernahm Chris Hopkins die Rolle des Duke
Beim Duet in bester Ellington-Blanton-Tradition übernahm Chris Hopkins die Rolle des Duke

 

Allerdings muss man berücksichtigen, dass etwaige klangliche Vorteile der DSD-Version nicht allein dem Format zu verdanken sind. Der Tascam wurde mit Daten aus bekannt guten EMM Labs-Wandler gespeist, die Nagra musste mit ihren eingebauten Wandlern vorlieb nehmen. Ich hatte mich aber für den Einsatz des EMM Labs entschieden, da ich einfach einmal wissen wolle, welche Qualität mit DSD zu erreichen ist.

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Transatlantic Jazz Swingtet
When It‘s Sleepy Time Down South
16 bit / 44,1 kHz
ca. 36,9 (wav)
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Transatlantic Jazz Swingtet
When It‘s Sleepy Time Down South
24 bit / 192 kHz
ca. 240,8 mb (wav)
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Transatlantic Jazz Swingtet
When It‘s Sleepy Time Down South
2,8 MHz
ca. 156,5 mb (dff)
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Transatlantic Jazz Swingtet
When It‘s Sleepy Time Down South
16 bit / 44,1 kHz
ca. 39,2 mb (wav)


PS: Da das Transatlantic Jazz Swingtet noch keine CD in der aktuellen Besetzung aufgenommen hat, verwenden wir als Download-Buttons die Cover der CDs, auf denen alle vier in einer größeren Besetzung zu hören sind. Die Scheiben sind über www.echoesofswing.com/shop/ erhältlich

In der sogenannten Recording Box oben im Rack befinden sich die beiden 1-auf-4-Verteilerkarten, ein Peak-Meter, ein Goniometer und die notwendigen Stromversorgungen. Der Equalizer entzerrt den Frequenzgang des Kopfhörer. Die sehr handliche Nagra LB zeichnetet mit 24Bit/192Kilohertz auf, der EMM Labs-Wandler schickte sein DSD-Signal auf den Tascam-Recorder
In der sogenannten Recording Box oben im Rack befinden sich die beiden 1-auf-4-Verteilerkarten, ein Peak-Meter, ein Goniometer und die notwendigen Stromversorgungen. Der Equalizer entzerrt den Frequenzgang des Kopfhörer. Die sehr handliche Nagra LB zeichnetet mit 24Bit/192Kilohertz auf, der EMM Labs-Wandler schickte sein DSD-Signal auf den Tascam-Recorder

PPS: Immer mal wieder erreichen uns Anfragen, ob man die Musik-Dateien denn nun auf dem Computer anhören oder doch auf der eigenen Festplatte speichern könne. Natürlich ist letzteres möglich. Hier erst einmal eine kleine Bedienungsanleitung für Mac-User: Führen Sie einen sogenannten Sekundärklick durch, je nach Trackpad-Einstellungen durch Tippen mit einem Finger unten rechts auf das Trackpad oder an beliebiger Stelle durch Tippen mit zwei Fingern. Bei der Magic Mouse kann man den Sekundärklick mit Druck auf die rechte (Standardeinstellung) oder linke Maus-Hälfte ausführen. Daraufhin erscheint ein Auswahlfenster, in dem man „Verknüpfte Datei laden‟ oder „Verknüpfte Datei laden unter‟ anklickt. Schon wird die gewünschte Datei heruntergeladen.

Wie es unter Windows funktioniert, hat Wolfgang Kemper für Sie notiert: Mit der rechten Maustaste das Download-Symbol anklicken und „Ziel speichern unter...‟ auswählen. Dann erscheint das Fenster, in dem Sie den Speicherort bestimmen können. Dort den „Speichern‟-Button anklicken und schon läuft´s.

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Schon vor der stark gestiegenen Popularität von Computer-Hifi haben Analogfans damit begonnen, ihre Vinyl-Schätze zu digitalisieren. Meist war damals ein Alesis Master-Link das Mittel der Wahl. Der Tascam DV-RA1000HD bietet nun nicht nur zeitgemäße 192kHz als Abtastrate an, sondern darüber hinaus auch noch DSD. Hifistatement lässt Sie hören, wie‘s klingt.
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Am Ende dieses Textes finden Sie nämlich je einen Song im Hochbit- und im DSD-Format zum kostenlosen Download, aufgenommen mit dem Tascam. Als Ausgangsmaterial dient hier keine Platte, sondern das Session-Tape, von dem die sommelier du son-LP Goodbye Pork Pie Hat gefertigt wurde.

Ein professioneller Auftritt: Gut ablesbares Display und beleuchtete Laufwerkstasten wie bei einer großen Bandmaschine
Ein professioneller Auftritt: Gut ablesbares Display und beleuchtete Laufwerkstasten wie bei einer großen Bandmaschine

Ganz egal, ob Sie eigene Live-Mitschnitte machen oder Ihre analogen Tonträger zukunftssicher digital archivieren möchten, der DV-RA1000HD bietet fast alles, was das Herz begehrt: Er ist ein Festplatten-Recorder mit einer 60GB-Platte und zeichnet Daten im Broadcast-Wave- und DSDIFF-Format auf. Es ist möglich, Daten von der Festplatte auf wiederbeschreibbare CDs und DVDs zu kopieren und natürlich auch in umgekehrter Richtung. Für den Datenaustausch mit dem Computer kommt man aber Dank einer USB-Schnittstelle auch ganz ohne physischen Datenträger aus. Beim Aufzeichnen oder bei der Wiedergabe stehen zwei Signalprozessoren zur Verfügung: Ein Drei-Band-Equalizer sowie ein Dynamik-Prozessor, der die Funktion eines Kompressors oder Expanders übernehmen kann und ganz nach Wunsch über das gesamte Frequenzband oder in drei Bereichen aktiv ist. Der Equalizer arbeitet intern mit einer Auflösung von 40Bit, der Dynamikprozessor mit 32Bit, aber leider nur bei Dateien bis 96kHz. Wer mit 176,4kHz, 192kHz oder gar mit DSD unterwegs ist, muss auf die Signalbearbeitung verzichten. Die Beschränkung auf 96kHz besteht auch bei den S/PDIF-Ein- und -Ausgängen. Bei den AES-EBU-Anschlüssen ist die höhere Datenrate zwar verfügbar, aber leider nur bei Verwendung von zwei Kabeln. Dies zeigt ebenso wie die maximale Abtastrate von 2,8MHz bei bei DSD, dass der DV-RA1000HD schon seit geraumer Zeit seinen festen Platz im Tascam-Progamm hat.

Was den sogenannten Master-Recorder für mich so interessant macht, ist die Verbindung von drei Fähigkeiten: Er wandelt analoge Signale in Hochbit und DSD, speichert die Daten als Songs auf der internen Festplatte und erlaubt den Zugriff auf die Platte per USB. Natürlich ist es auch möglich, mit einem A/D-Wandler, einem Computer und einem Programm wie Pure Vinyl oder Amarra Vinyl Musik zu digitalisieren und weiterzuverarbeiten. Allerdings will mir außer dem Weiss ADC2 so schnell kein A/D-Wandler einfallen, der seine Signale über Firewire oder USB ausgibt, so dass man ohne ein Interface und seine klanglichen Auswirkungen auskommt. Entscheidet man sich aber für den DV-RA1000HD, braucht man beispielsweise bei einer Live-Aufnahme nur ein bereits für die Montage in Racks oder Flightcases vorbereitetes Gerät bei sich zu haben, um von einem Hochpegelsignal zu einem per USB verfügbaren Musik-File in sehr hoher Auflösung zu gelangen.

Im Studio ist eine kabelgebundene Fernbedienung Pflicht
Im Studio ist eine kabelgebundene Fernbedienung Pflicht

Dass man bei der Benennung und Verwaltung der Songs und Projekte nicht umständlich mit Jog Dial – oder Drehrad – und Tasten hantieren muss, sondern über eine Mini-DIN-Buchse an der Frontplatte eine wohlgemerkt amerikanische Tastatur anschließen kann, erhöht den Bedienungskomfort noch weiter. Dieses Ausstattungsmerkmal macht aber auch klar, dass Tascam mit dem DV-RA1000HD zwei Zielgruppen im Blick hat: Zum einen eher konservative Hifi-Fans, die Analoges in sehr hoher Qualität auf DVD sichern und dabei vielleicht auch noch einige klangliche Korrekturen vornehmen möchte. Diese Klientel bediente früher – in geringerer Qualität – der bereits erwähnte Alesis Master-Link, der übrigens entgegen meiner damaligen Einschätzung in der Hifi-Szene weit mehr Verbreitung fand als gedacht. Zum zweiten wendet sich der DV-RA1000HD an aktive Computer-Hifi-Fans, die ihre analogen Tonträger in ihre digitale Musiksammlung integrieren möchten und auf bequeme Art zum Musik-File auf der Festplatte kommen wollen. Für diese Gruppe wäre der Korg MR-2000 eine Alternative, dessen Einfuhr die EU-Gesetzgebung aber leider verhindert – was den DV-RA1000HD hierzulande zu einem beinahe konkurrenzlosen Problemlöser macht.


Gleich nach dem Auspacken, habe ich den Tascam für eine erste Funktionskontrolle als reinen CD-Player benutzt: Erwartungsgemäß bleiben die Leistungen der integrierten D/A-Wandler ein Stückchen hinter denen des zum Vergleich herangezogenen Mytek zurück: Zwar vermag der DV-RA1000HD in punkto Bassfundament, Tonalität und Dynamik durchaus zu gefallen, aber gerade, was Feinauflösung und Raumillusion anbelangt, bekommt man mehr geboten, wenn der Mytek die vom Tascam ausgelesenen Daten wandelt. Dabei erledigt der DV-RA1000HD seinen Job als CD-Transport wirklich überzeugend, wie ein kurzer Quervergleich mit dem Wadia-Laufwerk beweist. Es lohnt sich also durchaus, den DV-RA1000HD mit einem sehr guten externen D/A-Wandler aufzuwerten.

Leider hat man nicht die Wahl, 24Bit/192kHz-Signale an nur einer AES/EBU-Buchse zu empfangen oder auszugeben. Hier sind zwei Kabel unumgänglich. Auch die S/PDIF-Buchsen führen nur Signale bis 24Bit/96kHz
Leider hat man nicht die Wahl, 24Bit/192kHz-Signale an nur einer AES/EBU-Buchse zu empfangen oder auszugeben. Hier sind zwei Kabel unumgänglich. Auch die S/PDIF-Buchsen führen nur Signale bis 24Bit/96kHz

Der DV-RA1000HD ist natürlich nicht auf bestmögliche CD-Wiedergabe hin ausgelegt, sondern in erster Linie ein Aufnahmegerät. Auch wenn ich dabei zuerst unwillkürlich an analoge Quellen denke, kopiert der Tascam selbstverständlich auch CDs auf seine Festplatte, von der man die Dateien dann bequem per USB in die Musiksammlung auf der Festplatte seines (Musik-)Computers überspielen kann. Dabei leistet er sich aber eine hochinteressante Eigenheit: Da er prinzipiell nur in 24Bit aufnimmt, wird die CD auf diesen Wert hochgerechnet. Das Kopieren einer CD auf die interne Festplatten ist also Rippen und Upsampling in einem Schritt. Ich habe dann einen meiner Lieblings-Test-Songs im Tascam auf die Festplatte kopiert, einmal mit dem im iMac integrierten Laufwerk in iTunes importiert und das ganze dann mit dem PlexWriter wiederholt. Beim Vergleichen der drei Stücke mit Amarra 2.4 über den Mytek brachte die mit dem PlexWriter gerippte Version einen Hauch mehr Feinzeichnung als die, die mit dem internen Laufwerk erstellt wurde. Die vom Tascam zusätzlich errechneten Daten führten zwar noch einmal zu einer minimal offeneren Wiedergabe und der Illusion eines um ein paar Millimeter größeren Raumes. Ob einem dieser klangliche Zugewinn aber die um den Faktor 1,5 größere Datenmenge wert ist, kann man gewiss kontrovers diskutieren. Das bequeme Rippen und Upsampling mit dem Tascam ist also eher eine nette Zugabe für experimentierfreudige Computer-Audio-Enthusiasten als der alleinige Grund zu Erwerb des DV-RA1000HD.

Sollen DSD-Daten über die BNC-Buchsen ausgetauscht werden, ist eine WordSync-Verbindung mit A/D- oder D/A-Wandler unverzichtbar
Sollen DSD-Daten über die BNC-Buchsen ausgetauscht werden, ist eine WordSync-Verbindung mit A/D- oder D/A-Wandler unverzichtbar

Das ist und bleibt natürlich die Aufnahme analoger Quellen. Deshalb habe ich zum einem einen Song eines Session-Tapes in Audio-Files gewandelt und zum anderen ein Konzert mitgeschnitten, während parallel auch die bewährte Nagra LB lief. Einen Song von Engelbert Wrobels Auftritt in Neuburg werden Sie in Kürze an dieser Stelle als Twenty-first Statement From Birdland herunterladen können, einmal in CD-Qualität, einmal als Hochbit- und einmal als DSD-Datei. Dabei dürfte das Herunterladen letzterer sogar für diejenigen interessant sein, deren Wandler keine DSD-Files abspielt. Wie im ersten Teil des Artikels über DSD von Andreas Koch ausgeführt, gilt DSD in der Studio-Szene als das ideale Format zum Archivieren von analogen Aufnahmen, da sich hieraus beliebige Hochbit-Formate erzeugen lassen. Die dazu nötige AudioGate Software können Sie, wie im zweiten Teils des DSD-Artikels beschrieben kostenlos von Korgs Homepage herunterladen. Fröhliches Experimentieren.

Dazu laden natürlich auch die beiden Dateien ein, die Sie am Ende dieses Artikels finden. Es sind digitale Kopien desselben Session-Tapes, von dem auch das an den zweiten Teil des DSD-Artikels angehängte Musik-File stammt. Während dort jedoch der EMM Labs ADC Mk IV die A/D-Wandlung übernahm, kamen hier die internen Wandler des Tascam zum Einsatz: Einmal wurde der Song in ein Hochbit-File mit 24Bit/192kHz, das andere Mal in ein DSD-File mit 2,8MHz konvertiert. Sie haben also nicht nur die Möglichkeit, die Hochbit-Version mit DSD zu vergleichen. Sie können, wie gesagt, auch die native Hochbit-Datei mit derjenigen Hochbit-Variante vergleichen, die sich mit Korgs AudioGate aus der DSD-Datei erzeugen lässt. Zudem bietet sich ein Vergleich der beiden DSD-Dateien an – direkt oder mit dem Umweg der Konvertierung in Hochbit –, um die Qualität der in den Tascam integrieren D/A-Wandler einschätzen zu können.


Kurze Signalwege: Die Signalplatine mit den direkt darauf verlöteten Buchsen sitzt direkt hinter der Rückwand, das Netzteil liegt hinter der Frontplatte
Kurze Signalwege: Die Signalplatine mit den direkt darauf verlöteten Buchsen sitzt direkt hinter der Rückwand, das Netzteil liegt hinter der Frontplatte

Da es sich meiner Erfahrung nach dabei eher um marginale Unterschiede handelt, möchte ich Sie weder mit meiner Einschätzung in Ihrem Urteil beeinflussen, noch denjenigen, die beispielsweise nicht über 24Bit/192kHz-fähige Wandler für eigene Experimente verfügen, eine Aussage schuldig bleiben. Deswegen finden Sie meine Eindrücke erst auf der kommenden Seite.

STATEMENT

Der Tascam vermag klanglich voll zu überzeugen – wenn auch ein sehr guter externer Wandler noch ein wenig mehr zu leisten imstande ist – und verfügt über fast alles, was man sich für digitale Aufnahmeaktivitäten wünschen kann. Zudem bietet er – von mobilen Spielzeugen einmal abgesehen – als einziges mir bekanntes Gerät die Möglichkeit, Signale in DSD-Dateien zu wandeln und aufzuzeichnen. Das macht ihn momentan zum interessantesten Digital-Recorder überhaupt.
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Charlie Mariano & Dieter Ilg
Goodbye Pork Pie Hat
24 bit / 192 kHz
ca. 482,2 mb (wav)
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Charlie Mariano & Dieter Ilg
Goodbye Pork Pie Hat
1 bit / 2,8 MHz
ca. 295,8 mb (wav)

 

GEHÖRT MIT
Computer iMac 27‟, 3.06 GHz Intel Core 2 Duo, 8 GB, OS X Version 10.6.7
Digital-Recorder Nagra LB
D/A-Wandler Prototyp, Mytek Digital
A/D-Wandler EMM Labs ADC IV Mk
CD-Laufwerk Wadia WT3200
Audioplayer Amarra 2.4
Vorverstärker Brinkmann Marconi
Endstufe Brinkmann Monos
Lautsprecher LumenWhite DiamondLight Monitors
Kabel HMS Gran Finale Jubilee, AudioQuest Coffee (USB), AudioQuest Eagle Eye (BNC), Audioplan Powercord S
Zubehör PS Audio Power Plant P5, Sun Leiste, Audioplan Powerstar, HMS-Wandsteckdosen, Acoustic System Füße und Resonatoren, Finite Elemente Pagode Master Reference Heavy Duty und Cerabase, Harmonix Real Focus

 

HERSTELLERANGABEN
Tascam DV-RA1000HD
Analoge Audio-Eingänge 1 x Cinch, 1 x XLR
Analoge Audio-Ausgänge 1 x Cinch, 1 x XLR
Digitale Audio-Eingänge 1 x S/PDIF (bis 96 kHz)
2 x AES/EBU (bis 192 kHz)
2 x BNC (S/PDIF, DSD-Raw)
Digitale Audio-Ausgänge 1 x S/PDIF (bis 96 kHz)
2 x AES/EBU (bis 192 kHz)
2 x BNC (S/PDIF3, DSD-Raw)
WordClock BNC WordClock In, Out und Thru
Sonstige Schnittstellen USB 2.0 Type B, Keyboard In Mini-DIN, RS-232C Control I/O, Kopfhörerbuchse 6,3mm Klinke, Fernbedienung 2,5mm Miniklinke
Abmessungen (B/H/T) 49/10/36 cm
Gewicht 6,8 kg
Preis 2400 Euro

 

VERTRIEB
Tascam - Teac Professional
Anschrift Teac Europe GmbH
Bahnstraße 12
65205 Wiesbaden
Telefon 0611 71580
E-Mail tascam-sales@teac.de
Internet www.tascam-europe.com

Tascam ist der professionelle Ableger von Teac. Kein Wunder also, dass der DV-RA1000HD über ein hochwertiges Teac-Laufwerk verfügt und sich als hervorragend klingender Datenlieferant profilieren kann
Tascam ist der professionelle Ableger von Teac. Kein Wunder also, dass der DV-RA1000HD über ein hochwertiges Teac-Laufwerk verfügt und sich als hervorragend klingender Datenlieferant profilieren kann

Wie bereits angedeutet, sind die klanglichen Unterschiede zwischen der Hochbit- und der DSD-Datei, die ich über den in den Tascam integrierten D/A-Wander beurteilt habe, da die mir zur Verfügung stehenden DACs keine AES/EBU-Eingänge für den Signaltransport über zwei Kabel haben, nicht gerade riesig. Dennoch ist für mich die Entscheidung klar: Über DSD wird Goodbye Pork Pie Hat noch ein wenig fließender und mit einer noch atmosphärischeren Raumanmutung wiedergegeben. Dagegen wirkt die Wiedergabe der Hochbit-Datei weniger geschmeidig und einen Hauch technischer. Zudem ist die DSD-Datei signifikant kleiner. Weitere Aufschlüsse wird der Vergleich der beiden Formate mit Songs bringen, die im Birdland aufgenommen wurden und in ein paar Tagen an dieser Stelle zum kostenlosen Download bereitstehen werden.

Die obere Platine ist abgesehen von den Buchsen für die DSD-Signale für die analoge Signalverarbeitung zuständig
Die obere Platine ist abgesehen von den Buchsen für die DSD-Signale für die analoge Signalverarbeitung zuständig

 

Weitere Informationen

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Montag, 21 Mai 2012 02:00

Guru QM 10 / II

Schwedische Kleinlautsprecher für wandnahe Aufstellung mit dem Outfit von überdimensionierten Apple-PC-Boxen, die in Konkurrenz zu ausgewachsenen Männerboxen treten wollen? Na klar, und die Kinder bringt der Papst! Schwedisch stimmt, mit dem Computerhersteller haben sie nicht zu tun, und den Vergleich mit den Großboxen müssen sie auch nicht scheuen.
teaser


Die QM 10 / II der schwedischen Marke Guru liefen mir das erste Mal über den Weg bei den Norddeutschen Hifi-Tagen 2011, als mein erster Blick auf zwei relativ große Zwei-Wege-Säulen fiel, die fetten Tiefbass absonderten. Daneben standen kleine kastenförmige Lifestyle-Böxchen, denen man die Chassis auf der falschen Seite verkehrt herum eingebaut hatte. Niedlich! Als der Vorführer dann mal lauter machte und bei den schmucken Zierlautsprechern plötzlich jeweils eine kleine LED anfing zu zucken, bemerkte ich den Irrtum und hielt erst mal die Klappe, da ich mit fortschreitendem Alter auch in Momenten größten Erstaunens darauf achte, nicht mit offenem Mund dazustehen.

Guru Pro Audio ist im malerischen Uppsala circa 60 Kilometer nördlich von Stockholm beheimatet und nimmt für sich in Anspruch, mit den QM 10 / II  für 1990,00 Euro den kleinsten und günstigsten richtigen Fullrange-Lautsprecher dieses Planeten zu fertigen. Erst seit 2007 produziert die Firma Lautsprecher, die aus Forschungsprojekten über das menschliche Hören über Einzelanfertigungen für professionelles Abmischen in der QM 60 mündeten. Die QM 10 / II (QM steht übrigens für Quality Manager und nimmt damit direkt Bezug auf den professionellen Hintergrund) ist die letzte Inkarnation dieser Reihe.

BREITER ALS HOCH UND TIEF. DURCH DIE UNKONVENTIONELLE ANORDNUNG DER CHASSIS WIRD AUF MÖGLICHE MEMBRANFLÄCHE VERZICHTET
BREITER ALS HOCH UND TIEF. DURCH DIE UNKONVENTIONELLE ANORDNUNG DER CHASSIS WIRD AUF MÖGLICHE MEMBRANFLÄCHE VERZICHTET

Anderthalb Jahre später liegen zwei Kartons in meinem an sich nicht mehr vorhandenen Hörraum – neuerlicher Nachwuchs hat jede Raumordnung im Haushalt gekippt. In dem einen befindet sich ein Pärchen QM 10 / II, in dem anderen ein Paar Lautsprecherständer von Atacama Audio, das speziell für die Guru konzipiert ist, mit Aufnahmen in der Stellplatte für die vier Füße der QM 10 versehen ist und überschaubare 249,00 Euro pro Paar kostet.

Zieht man die in einem hübschen Extrakarton befindlichen, in weißem Hochglanzlack (es gibt sie auch in schwarz und rot) gehaltenen Lautsprecher ans Licht, kommen einem spontan Assoziationen wie „stylish“, „zeitgeistig“, „goldig“, „originell“ in den Sinn, aber niemals Full-Range! Das Klettband, das die Verpackung für die Abdeckungen verschließt, verkündet „Welcome to the Guru world“, die man jetzt wohl betritt – ich bin gespannt.

SPIKES PASSEN NICHT IN DIE PHILOSOPHIE DER SCHWEDEN: DIE WEICHEN FÜßE DER QM 10 / II PASSEN PERFEKT IN DIE GURU-STANDS
SPIKES PASSEN NICHT IN DIE PHILOSOPHIE DER SCHWEDEN: DIE WEICHEN FÜßE DER QM 10 / II PASSEN PERFEKT IN DIE GURU-STANDS

Die Lautsprecher sind sauber verarbeitet, die Oberseite in hellem Grau abgesetzt. Die Füße sind aus Moosgummi und hören auf den Namen Guru Anodyne Pad. Der Kopf und Entwickler hinter Guru, Ingvar Öhmann, lehnt Spikes und jede Form der Ableitung von Energie ab und steht damit inzwischen wohl so ziemlich allein da. Laut Manual soll auch nur auf die Stellhöhe geachtet werden (60 Zentimeter), der Untergrund ist nicht weiter spezifiziert, sogar ein Brett vor der Wand soll reichen. Immerhin muss man sich nicht den Kopf über den Anschluss der Kabel zerbrechen, diese finden ausschließlich Kontakt über die auf der Rückseite eingelassenen Bananenbuchsen. Das Gehäuse ist aus MDF, die obere Platte und die Chassisumrandung aus Aluminium. Über die Chassis ist nicht viel herauszubekommen. Die Membran des 102 Millimeter großen Konus-Tieftöners sieht nach einem Geflecht aus und besteht aus einer nicht näher spezifizierten Mineralfaser, die 20 Millimeter-Gewebekalotte verfügt über eine breite Aufhängung. Beide Chassis machen nicht den Eindruck von High-Tech, müssen sie ja auch nicht. Ausbauen dürfen wir sie nicht, sie sollen dabei irreparablen Schaden nehmen. Na gut, dann eben nicht.


Die technischen Daten helfen einem auch nicht wirklich weiter. Die Übergangsfrequenz zwischen Hoch- und Tieftöner liegt laut Datenblatt zwischen 2 und 7 Kilohertz, im Raum (in jedem?) sollen die Böxchen 30 Hertz abliefern. Aha!

Widmen wir uns also lieber dem praktischen Teil. Die Ständer sind schnell montiert und machen einen sehr guten und stabilen Eindruck. Um Kontakt mit dem Fußboden aufzunehmen, können wahlweise Spikes montiert oder Gummifüßchen geklebt werden - hier kann schon mal nichts schief gehen.

NICHT WIRKLICH VARIABEL, DAFÜR GIBT ES EINEN BILDSCHÖNEN, AUFGERÄUMTEN RÜCKEN ZU BESTAUNEN: DIE BUCHSEN ZUR AUFNAHME VON BANANENSTECKERN SIND IN DAS GEHÄUSE EINGELASSEN
NICHT WIRKLICH VARIABEL, DAFÜR GIBT ES EINEN BILDSCHÖNEN, AUFGERÄUMTEN RÜCKEN ZU BESTAUNEN: DIE BUCHSEN ZUR AUFNAHME VON BANANENSTECKERN SIND IN DAS GEHÄUSE EINGELASSEN

Bei der Aufstellung wird es dann aber knifflig. Die Lautsprecher sind für den Gebrauch direkt vor einer Wand, die mit als Abstrahlfläche und damit Multiplikator genutzt wird, konzipiert. Den Winkel nach innen bestimmt dann die Länge der verwendeten Bananenstecker. Also einfach vor die Wand stellen und gut ist. Aber vor welche Wand? Als zumindest ansatzweise bewusster Hörer hat man schon vor Ewigkeiten darauf geachtet, dass im Hörraum die Akustik mit allerlei Dingen vor den Wänden und in den Ecken entschärft wird. Auch in den Regalen keine einheitlichen Flächen, sondern schön verschiedene Oberflächen, die unterschiedlich tief in den Fächern versenkt sind, damit sich der Indirektschall auch hübsch ungleichmäßig bricht und dem Signal nicht mehr so viel beimengt. Der erste Versuch befördert den einen Lautsprecher auf der linken Seite dicht an die Raumecke rechts neben eine Flügeltür. Die Basisbreite ist so sehr eingeschränkt, dafür kann man empfindliche Naturen in der dem linken Lautsprecher gegenüber liegenden Zimmerecke ob der Basswellen, die sich da ansammeln, sich an den Solarplexus fassen sehen – das kann so nicht im Sinne des Erfinders sein. Also den Raum umgeräumt und die QM 10 auf die lange Seite verfrachtet, wo sie genug Abstand von den Zimmerecken und eine Stereobreite von 2,5 Meter in einem 26 Quadratmeter Raum haben. Der ideale Hörabstand beträgt laut Guru bei einer Stereobreite von 1 Meter = 1,2 Metern, was in der Praxis auch gut hinkommt. Zum Ausrechnen anderer Aufstellungen möge sich jeder Interessierte das Verhältnis selbst ausrechnen.

Bevor ich nun zum Hörtest komme, der Hinweis, dass ich versucht habe, den Klang nicht nur im Zusammenhang mit der Größe der Lautsprecher, sondern absolut zu sehen, was in Anbetracht der Eigenschaften nicht immer so ganz einfach war.

Zum Beginn des Hörtests macht sich erst mal etwas Ernüchterung breit. Viel qualliger Bass, etwas unterbelichtet in den oberen Lagen. Nicht schlecht, aber gemessen an dem bereits woanders Gehörten dann doch ein bisschen wenig. Das Manual weiß Rat. Man soll hübsche Vorhänge kaufen und diese auf der Lautsprecherwand am besten bodenlang von Wand zu Wand aufhängen, ganz viele Plüschflächen (1/8 der gesamten Flächen) im Zimmer haben, idealerweise einen Kaffeetisch im Stereodreieck und Bilder an den Wänden, so wird es richtig gut...

Ganz so krass ist es in der Praxis dann doch nicht, aber es lohnt sich durchaus, den einen oder anderen Rat zumindest teilweise zu beherzigen, sonst verschenkt man viel Potential dieser faszinierenden Lautsprecher. In meinem Fall zwei kleine Quadrate Stoff hinter den Lautsprechern und eine Dämpfung dazwischen in Form eines Futons auf einem niedrigen Gestell. Je nach gewünschtem Höhenpegel mit oder ohne Decken. Zu weit von der Wand abgerückt werden sollten sie nicht, schließlich ist die hilfreiche Hand der zusätzlich abstrahlenden Fläche mit in die Abstimmung der Weiche eingeflossen. Derart aus- beziehungsweise eingerichtet konnte es endlich in den Hörtest gehen und eins vorweg, der Aufwand hat sich absolut gelohnt.

VOR DIE WAND GESTELLT, VERSCHWINDEN DIE STELLFLÄCHEN DER LAUTSPRECHER OPTISCH VÖLLIG. SEHR HARMONISCHE KOMBINATION VON STÄNDERN UND LAUTSPRECHERN
VOR DIE WAND GESTELLT, VERSCHWINDEN DIE STELLFLÄCHEN DER LAUTSPRECHER OPTISCH VÖLLIG. SEHR HARMONISCHE KOMBINATION VON STÄNDERN UND LAUTSPRECHERN

 

Das erste, leise Reinhören ist erst mal sehr unspektakulär. Gewöhnen muss man sich vor allem optisch an die kaum noch gewohnte wandnahe Aufstellung. Was als erstes auffällt, ist der Bass. Tief, machtvoll und mit viel Druck. Zuerst denkt man sich, dass das bei der Größe doch absolut unmöglich ist. Etwas später kommt man zum Schluss, den Bass nicht mehr in der Relation zur Größe zu sehen, sondern insgesamt sehr beeindruckend zu finden. Man kann der Versuchung kaum widerstehen, die QM 10 / II mit fiesen, elektronischen Bassattacken von Massive Attack, Björk, Radiohead, Underworld oder K&D zu füttern und darauf zu warten, dass sie einknicken. Eine Kinderei, werden Sie sagen, aber die wollen ja Fullrange sein. Sind sie auch. Völlig unangestrengt und locker treten die Kleinen bei Bedarf auf den Hörer ein, nageln ihn in den Sessel und schieben gleichzeitig Basswellen über den Fußboden auf einen zu. Trotz der Lautstärke lassen sich E-Bassläufe hervorragend von anderen Tieftonanteilen unterscheiden. Gezupfter Kontrabass bei Jazz ist jederzeit in Volumen, Schwingung und Melodie klar vom Rest des Geschehens zu unterscheiden beziehungsweise steht als ganzes Instrument im Raum. Derartiges habe ich mit Lautsprechern dieser Preisklasse noch nicht erlebt. Der Versuch, die Lautsprecher zum Blinken mit ihren Not-LEDs zu überreden, führt zum Erscheinen meiner Frau, die meint, dass unsere Nachbarn bestimmt gleich die staatliche Ordnungsmacht rufen würden und damit nicht so ganz unrecht hätten.

Dabei bleibt der Bassbereich stets auf der verbindlichen Seite. Ganz harte Impulse werden etwas aufgeweicht, der allerletzte Punch fehlt. Trotzdem ist all dies eben nicht nur in Anbetracht des Preises und der Größe absolut bemerkenswert. Dass der Tiefton unter Zuhilfenahme der Wand – die einem manchmal fast leid tun kann, bei den Mengen an Bass, die sie schieben muss -  generiert wird, ist klar, aber das so kontrolliert hinzukriegen ist eine Kunst für sich. Und auch diese Erklärung lässt einen beim Anblick des kleinen Gehäuses und Tieftöners, wenn auch mit Bassreflexunterstützung, etwas ratlos zurück. Denn dies ist in Anbetracht der Größe des Lautsprechers unglaublich und physikalisch an sich auch nicht möglich. Dass hier viel mit psychoakustischen Effekten gearbeitet wird, merkt man spätestens dann, wenn man aus dem bassgefluteten Raum geht und die Tür hinter sich schließt. Der Bass ist weg, wo man doch erwartet hätte, dass die Tür heftig mitschwingt. Derartige Tieftonpegel mit meinen alten Rogers-Monitoren lassen die Scheiben samt Fensterflügel flattern. Wie der Effekt bei der Guru technisch realisiert ist, lässt sich in einem kurzen Test nicht klären. Ist aber auch egal, so lange es so gut funktioniert und gleichzeitig die Nerven der Mitbewohner und Nachbarn schont.

Nun besteht Musik ja nicht nur aus Bass. Zwar liefert dieser das Fundament, doch all das bringt für sich nichts, wenn mittlere und hohe Bereiche hinterher hinken. Das tun sie bei der Guru zum Glück nicht. Die Mitten schließen sich völlig bruchlos an den Tiefton an und sind absolut delikat. Offen, ohne analytisch, feinzeichnend, ohne sezierend und angenehm, ohne weich zu sein. Das räumliche Abbildungsvermögen ist insofern bemerkenswert, dass sich immer ein gewisses Gefühl des Dabeiseins mit gewisser Distanz einstellt. Abstände zwischen den Instrumenten bleiben fein gewahrt, der Raum dazwischen ist schwarz. Die Abmessungen der räumlichen Höhe, Tiefe und Breite - bei Bedarf auch über die Grenzen der Lautsprecher hinaus – immer nachvollziehbar und auf faszinierende Weise richtig. Details und Feininformationen sind in Hülle und Fülle  vorhanden, werden aber nicht mit dem Seziermesser aus dem Geschehen rausgeschält, sondern so nebenbei aus dem Ärmel geschüttelt. Hatte man diesen umkippenden Mikrofonständer in der Jazzaufnahme wirklich vorher schon mal gehört?

DER KONVENTIONELLE TIEFTÖNER LIEFERT AUCH KEINE ERKLÄRUNG FÜR DIE AUSSERGEWÖHNLICHE BASSPERFORMANCE DER GURU
DER KONVENTIONELLE TIEFTÖNER LIEFERT AUCH KEINE ERKLÄRUNG FÜR DIE AUSSERGEWÖHNLICHE BASSPERFORMANCE DER GURU

Ein weiteres Sahnestück der QM 10 / II ist die von vielen Herstellern immer wieder gern für sich in Anspruch genommene Zeitrichtigkeit. Ob nun kleine Jazzbesetzung oder großes Sinfonieorchester, alle Beteiligten spielen auf den Punkt miteinander, jeder Ton scheint den nächsten zu bedingen – man kann es auch Swing oder Groove nennen. Das Schöne dabei ist die völlige Homogenität und die Abwesenheit irgendeiner Betonung, die einen Bereich besonders in den Vordergrund stellt und so Geschwindigkeit „produziert“. Manchmal muss man sich ein wenig umgewöhnen: Das ausgeprägte Rhythmusgespür gepaart mit der Klarheit im Bass eröffnen manchmal neue Ein- und Ausblicke auf das musikalische Geschehen, zig-mal Gehörtes ertönt vielleicht nicht neu, aber mit geänderter Textur. Dabei gehen die Guru ausgeprägt neutral und sehr sauber zu Werke. Dadurch entdeckt man manchmal bisher nicht wahrgenommene Unsauberkeiten, die man in einigen Aufnahmen gar nicht vermutet hätte. Bevor diese Entdeckung in Frust umschlagen kann, verfolgt man dann plötzlich ganz angeregt diesen speziellen Basslauf, der sich so beiläufig und unvermutet von den begleitenden Toms etabliert und völlig verständlich an eigener räumlicher Position mit seiner Melodie vor sich hin läuft. Das macht die Kleinen zu einer fesselnden Angelegenheit, und ich habe mich dabei ertappt, die gerade zum Test verwendete CD oder LP nach dem eigentlichen Teststück einfach weiter bis zum Ende gehört zu haben. Dass die schwedischen Entwickler die Wichtigkeit von Dynamik richtig einschätzen, macht die Sache nur noch besser. Sowohl fein- als auch grobdynamisch leisten die QM 10 / II Großartiges.  All dies spielt sich auf einer Linie zwischen und hinter den Lautsprechern ab, offensiv auf den Hörer geht die Guru nicht zu.

Stimmen stehen definiert im Raum und fügen sich harmonisch, klar und sauber in den Gesamtklang mit ein. Bei gehobener Lautstärke gibt es ein manchmal ein wenig viel Druck in den oberen Mittellagen, wogegen die allerhöchsten Nuancen etwas abfallen. Aber hier hilft auf lange Sicht bestimmt ein Griff in die Trick- beziehungsweise Stoffkiste.

Der Hochtonbereich schlägt dabei niemals über die Stränge oder drängelt sich ungebührlich in den Vordergrund. Eher sanft schimmernd, als funkelnd gleißend können die Guru nicht wirklich böse oder aggressiv sein. Aber für Leute, die richtig Pegel fahren, es knallen und fetzen lassen möchten, sind die Kleinen sowieso nichts.


Die Abhörlautstärke pendelt sich automatisch in einem Bereich zwischen fast Zimmerlautstärke und ordentlich (aber nicht zu) laut ein. Darunter wird die Wiedergabe etwas unklar, darüber ist im Verhältnis einfach zu viel Bass da. Auch die Abbildungsgröße variiert mit der Lautstärke. Im angesprochenen Bereich genau richtig, darunter kleiner, darüber gegenüber dem Bass auch irgendwie. Das erinnert an Monitorlautsprecher, die in einem bestimmten Bereich am besten klingen, wie zum Beispiel die Monitor 30 von Harbeth. Zum Glück ist der Bereich bei der Guru QM 10 / II weit gefasst und sollte in der Praxis an sich immer irgendwie passen.

DIE WEICHE DER GURU QM 10 / II: FÜR DEN WANDNAHEN BETRIEB OPTIMIERT. OBEN LINKS DIE SCHALTUNG FÜR DIE ÜBERLASTANZEIGE
DIE WEICHE DER GURU QM 10 / II: FÜR DEN WANDNAHEN BETRIEB OPTIMIERT. OBEN LINKS DIE SCHALTUNG FÜR DIE ÜBERLASTANZEIGE

Stichwort Elektronik. Eigentlich ist es fast egal, was man vor die QM 10 / II hängt, die klingen immer. Natürlich ist es das nicht und die Guru kein limitierendes Element beim Durchreichen der Charakteristik unterschiedlicher Elektronik. An der Musikalität, dem Auf- Den-Punkt-Spielen ändert sich erfreulicherweise nichts. Nur, hat jemand einen kleinen Verstärker und nicht genug Geld für ein komplettes Upgrade, möge er sich die Guru ruhig mal an seiner „kleinen“ Elektronik anhören.

STATEMENT

Anders, toll, cool! In der Preisklasse ein absolutes Individuum mit dem gewissen Etwas. Wer sie stellen kann und sich ein wenig Mühe gibt, kriegt für das Geld keinen basskräftigeren, aber auch keinen so schön und natürlich auf den Punkt spielenden Lautsprecher.  Dass sie dabei auch noch hübsch aussehen und wenig Platz wegnehmen, ist sicher kein Nachteil.
GEHÖRT MIT
Plattenspieler TW-Acustic Raven .5
Tonarme Rega RB 700
Phonopre stst Agmen Phono
Systeme Audio Technica AT-7V, Dynavector DV20X/II
CD-Spieler Denon DCD-1290
Wandler Heed Dactilus 2
Verstärker Unison Unico Primo, NAD 302, Mission Cyrus Two + PSX
Lautsprecher Rogers Studio1
Kabel TaraLabs, RG142, Vovox, Sommer, Oehlbach

 

HERSTELLERANGABEN
Guru QM 10 / II
Frequenzgang im Raum 30 Hz – 30 kHz
Wirkungsgrad 87 dB (2,83 V, 1m)
Imdedanz 5Ω (min 4Ω). Nennimpedanz: 8Ω
Übergangsfrequenz 2 – 7 kHz
Verstärkerleistung 5 W – 150 W
Kurzeitbelastbarkeit >300 HZ    >160 W
Gehäusetyp Helmholtz Resonator
Gehäusematerial MDF/Aluminium
Chassis Höchtöner 1 x 20,5 mm Gewebekalotte, Tieftöner 1 x 102 mm Mineralfasermembran
Hörabstand 1 – 4 m
Abmessungen (BxTxH) 300 x 252 x 232 mm
Nettogewicht 6 kg
Aufstellung Vor einer Wand, eingewinkelt, Höhe 60 cm
Ausführungen Schwarz, weiß und rot in Klavierlack
Paarpreis 1999 Euro
Preis Guru-Stands 249 Euro

 

VERTRIEB
Roza High End Vertrieb
Anschrift Tim Roza
Meiendorfer Straße 64
22145 Hamburg
Telefon 040 602 44 77
Fax 040 602 55 06
E-Mail info@roza-highend.de

Weitere Informationen

  • Imagefolder tests/12-05-21_guru
Nach Andreas Kochs Plädoyer für DSD beleuchten wir hier ein Projekt aus dem Umfeld des 1-Bit-Consortiums und gehen der Frage nach, ob auch überall Ein-Bit drin ist, wo DSD draufsteht – ein Problem, das bei Hochbit-Formaten natürlich ebenfalls virulent ist.
teaser


Am Abend nach dem Schließen der High End war wieder einmal Stig Bjørge, der Inhaber der Firma Lyra, die in Japan die renommierten Tonabnehmer gleichen Namens fertigt, in meinem Hörraum zu Gast. Aber diesmal ging es nicht um eine seiner analogen Pretiosen. Stig verlangte nach Batterien verschiedener Größen, entnahm seinem Koffer eine Schaltung ohne Gehäuse, einen – wie man auf den ersten Blick erkennen konnte – recht heftig modifizierten Wandler, eine Spannungswandler sowie ein Handvoll SD-Karten. Nachdem er alles soweit verkabelt hatte, verbanden wir den Wandler mit meiner Anlage, Stig schob eine SD-Karte in die Ansammlung von Platinen, Musik erklang und das Display zeigte die in diesem Falle magische Zahl 11,3. So beeindruckend die Versuchsanordnung auch musizierte, nach vier Messetagen stand uns weder der Sinn nach langen Fachgesprächen noch nach vergleichendem Hören – da schien uns das ein oder andere frisch gezapfte Thoma-Märzen einfach verlockender. Und deshalb hat Stig die wichtigsten Fakten eines der wohl zukunftsträchtigsten Projekte in der Digitaltechnik später kurz schriftlich zusammengefasst. Hier die Übersetzung seiner Beschreibung eines SD-Karten-Transports samt passendem Wandler mit aberwitzigen Abtastraten:

Ein Blick auf das Gesamte System: Der SD-Card-Transport links im Bild wird ausschließlich von Batterien versorgt. Der Wandler/Vorverstärker wird vom integrierten Netzteil gespeist, die Batterien liefern lediglich die Energie für die Platinen der synchronisierten Clock
Ein Blick auf das Gesamte System: Der SD-Card-Transport links im Bild wird ausschließlich von Batterien versorgt. Der Wandler/Vorverstärker wird vom integrierten Netzteil gespeist, die Batterien liefern lediglich die Energie für die Platinen der synchronisierten Clock

 





SDTrans384 und Fidelix Caprice

von Stig Bjørge

Der SDTrans384, der früher SDTrans192 genannt wurde, ist ein MicroSD Memory Card Transport mit I2S-Ausgang über eine HDMI-Schnittstelle. Diese I2S-über-HDMI-Verbindung ist mit der von PS Audio kompatibel und wird mit Zustimmung von PS Audio verwendet. Zum Transport gibt es einen eigenen Thread.

Die ursprüngliche Idee war es, mit dem batteriebetriebenen MicroSD Memory Card Transport eine komplett nebengeräuschfreie Umgebung zur Wiedergabe hochaufgelöster WAV-Dateien zu schaffen. Üblicherweise spielen selbst Audiophile solch hochwertige Dateien direkt mit ihrem Computer ab und zwar meist über USB-Interfaces. Aber ein Computer ist eine sehr geräuschvolle Umgebung und nicht gerade ideal, wenn es darum geht, höchste Wiedergabequalität zu erreichen. Musikserver basieren ebenfalls auf Computern, und selbst wenn sich einige Hersteller Mühe geben und bessere Netzteile und andere Filtertechnik einsetzen, kommt man um die Tatsache nicht herum, dass auch Musikserver Computer mit lauten Komponenten sind.

Ein weiterer Grund für die Verwendung von MicroSD Memory Cards ist es, alle beweglichen Teile wie sich drehende Scheiben bei der CD, der DVD oder bei Festplatten zu vermeiden. Deshalb haben auch einige Hersteller von Computern und Musikservern begonnen, in ihren Geräten Solid State Drives (SSD) einzusetzen, die ebenfalls auf Halbleiterspeichern beruhen und keine sich drehenden oder überhaupt beweglichen Teile besitzen. Es ist unbestreitbar, dass die Musik einer gut gerippten CD – indem man beispielsweise das weltweit bekannte Programm Exact Audio Copy verwendet – auf eine MicroSD Memory Card oder SSD übertragen und in der ruhigstmöglichen Umgebung wie beispeisweise auf dem SDTrans384 abgespielt eine höhere Klangqualität bietet als dieselbe CD in einem CD-Player, und zwar deshalb, weil man eine geräuschvolle Umgebung mit Motoren zum Drehen der Scheiben und Laser, die die ganze Zeit in Bewegung sind, um die sich drehende Scheibe zu lesen, vermeidet.

Der SDTrans spielt PCM-Dateien bis 384kHz ab. Die aufgesetzte Platine stellt die  I2S-über-HDMI-Schnittstelle bereit
Der SDTrans spielt PCM-Dateien bis 384kHz ab. Die aufgesetzte Platine stellt die I2S-über-HDMI-Schnittstelle bereit

 

Der SDTrans wurde als Hobby und ganz persönliches Forschungsprojekt von den beiden japanischen Ingenieuren Bunpei und Chiaki entwickelt. Momentan ist Chiaki der Hauptentwickler. Anfangs konnte der SDTrans Dateien mit maximal 24bit/192kHz abspielen, aber die beiden Ingenieure waren auch an Multi-Bit-Formaten wie beispielsweise DXD mit 352,8kHz/24 und ganz hinauf bis 384kHz/32kHz interessiert.

Später wollten sie auch die DSD-Wiedergabe verbessern, bei der die SACD mit 64-fachem Oversampling oder 2,8MHz arbeitet, während bei DSD auch höheres Oversampling und höhere Frequenzen wie etwa 128-fach oder 5,6MHz und gar 256-fach oder 11,3MHz möglich sind. DSD wurde in Japan an der Waseda Universität entwickelt, die auch das 1-Bit-Consortium beherbergt. Dort wird auch weiterhin an DSD mit noch höherer Qualität geforscht. Bunpei und Chiaki unterhalten enge Beziehungen zur Waseda Universät und dem 1-Bit-Consortium.

Nachdem Bunpei und Chiaki den SDTrans384 Memory Card Transport entwickelt hatten, war es unerlässlich einen D/A-Wandler zu haben, der in der Lage ist, dessen Signale von sehr hoher Qualität zu empfangen und zu konvertieren. ESS Technology in Kalifornien fertigt einen extrem leistungsfähigen Chip mit der Bezeichnung ES9018, einen echten 32bit-Chip, der in der Lage ist, Multibit-Dateien mit dem höchsten Oversampling ebenso wiederzugeben wie DSD-Dateien mit extrem hoher Abtastrate. Nur wenige Firmen und Einzelpersonen sind in der Lage, die volle Leistung dieses Wandlers wirklich zu nutzen. Einige kleinere Hersteller wie die japanische Firma Fidelix sind aber sogar noch einen Schritt weitergegangen und haben ihr eigenes System um diesen Chip herum entwickelt. Der Fidelix Caprice ist ein Wandler und Vorverstärker, der den ES9018 Wandler-Chip in Kombination mit einer optisch isolierten I2S-über-HDMI-Schnittstelle kombiniert. Der SDTrans wurde so ausgelegt, dass er mit dieser Schnittstelle des Fidelix Caprice kompatibel ist.

Allerdings benutzt die normale Version dieses Systems noch getrennte Uhren für die beiden Geräte: Der SDTrans besitzt zwei interne Uhren mit 22.5792MHz und 24.576MHz, während der Fidelix Caprice von einer einzigen Uhren mit etwa 96MHz getaktet wird. Später testeten Bunpei und Chiaki eine synchroniserte Uhr mit einer „gehackten Version‟ des Fidelix Caprice – allerdings mit Erlaubnis seinen Entwicklers Nakawa. Für die synchronisierte Version von Fidelix Caprice und SDTrans entwarf Chiaki zwei neue Platinen, eine für den Transport und eine für den Wandler. Die Platine für den Fidelix Caprice enthält zwei speziell für diese Anwendung maßgeschneiderte NDK Quarzoszillatoren mit sehr geringem Phasenrauschen mit den Frequenzen 90,3168MHz und 98,304MHz. Diese beiden Uhren takten sowohl den auf dem ES9018 basierenden Wandler als auch den SDTrans384. Diese Entwicklung führte zu einer beträchtlichen klanglichen Verbesserung und trug dazu bei, dass der SDTrans so weiterentwickelt werden konnte, dass er nun DSD-Files mit 11,3MHz oder 256-fachem Oversampling wiederzugeben vermag.

Der Fidelix Caprice wandelt mit dem hervorragenden Sabre32 Reference DAC (ES9018), der noch über dem Ultra DAC des Mytek angesiedelt ist. Schade, dass es für Fidelix hierzulande keinen Vertrieb gibt
Der Fidelix Caprice wandelt mit dem hervorragenden Sabre32 Reference DAC (ES9018), der noch über dem Ultra DAC des Mytek angesiedelt ist. Schade, dass es für Fidelix hierzulande keinen Vertrieb gibt

Viel Musikliebhaber und professionelle Audioanwender kennen die Firma Korg als Hersteller von DSD-Recordern. Korg bietet aber auch ein Programm namens AudioGate an, mit dem man Dateien von Mulit-Bit zu DSD und umgekehrt konvertieren kann. Up- und Downsampling von DSD-Files ist mit AudioGate ebenfalls möglich. Momentan ist die Abtastrate auf 128-faches Oversampling respektive 5,6MHz beschränkt. Bunpei entwickelte jedoch eine Methode, den Header von Dateien so zu verändern, dass das Programm bereits hochgerechnete Dateien für unbehandelt hält, so dass sie noch einmal einem Upsampling unterzogen werden können. So macht Bunpei es möglich, Dateien mit 11,3MHz zu erstellen. Es ist momentan sogar möglich, noch weiter zu gehen und Dateien mit 512-fachem Oversampling und und 22,6MHz zu erstellen, aber auf diesem Level ist es für die meiste Hardware sehr schwer, Schritt zu halten.

Die Originaldateien, die für die Umwandlung in DSD und dann zum Upsamling benutzt wurden, waren CDs mit 16bit/44,1kHz, Audio-Files mit 16bit/48kHz, 24bit/192kHz, 24bit/352,8kHz (DXD) und mit älteren Sony PlayStations gerippte SACDs sowie andere DSD-Aufnahmen wie die, die das 1-Bit-Consortium an der japanischen Wasada Universität machte.

Das momentane System, das mehr zu leisten vermag, als jede kommerziell erhältliche Audiokomponente, kann als ein Mittelding zwischen einem Forschungsprojekt und einem ambitionierten Do-It-Yourself-Projekt angesehen werden. Es ist noch nicht möglich, das komplette System zu kaufen. Fidelix bieten den Caprice Wandler und Vorverstärker lediglich in Japan an, entweder ohne die I2S-über-HDMI-Schnittstelle oder als Option auch mit. Allerdings verfügt auch der Caprice mit der I2S-über-HDMI-Schnittstelle nicht über die synchronisierte Clock. Dennoch ist er im Grunde in der Lage, die hochgerechneten DSD-Dateien zu wandeln, wenn man sie mit dem SDTrans384 abspielt. Die aktuelle Version, die auf den Bildern zu sehen ist und die ich in Dirk Sommers Hörraum gespielt habe, geht wie gesagt noch einen Schritt weiter, indem eine synchronisierte Uhr für den SDTransport und den Caprice Wandler benutzt wird. Es ist noch nicht entschieden, ob diese Version zum Verkauf angeboten werden wird, da sie Modifikationen des Fidelix Caprice durch Bunpei und Chiaki erfordert.

Es sei noch einmal betont, dass es hier nicht um kommerziell zu erwerbende Produkte geht, sondern viel mehr um anspruchsvolle Forschung nach dem, was die Zukunft bringen könnte.


Die hochstehend eingebaute Platine stammt von Bunpei und Chiaki, stellt die I2S-über-HDMI-Schnittstelle für den Caprice bereit und dient der Synchronisierung von Wandler und Transport
Die hochstehend eingebaute Platine stammt von Bunpei und Chiaki, stellt die I2S-über-HDMI-Schnittstelle für den Caprice bereit und dient der Synchronisierung von Wandler und Transport

Vielen Dank an Stig Bjørge für diese Ausführungen, die er während seines Europa-Aufenthaltes verfasst hat, und die Bilder, die er unterwegs – natürlich mit einer seiner so sehr geschätzten Leicas – geschossen hat. Selbstverständlich wird Hifistatement Sie darüber informieren, wenn sich die Mitarbeiter an diesem Hobby- und Forschungsprojekt dazu entschließen sollten, Transport und Wandler zum Kauf anzubieten. Korgs technisch hochinteressante, mir optisch aber etwas zu verspielte Software AudioGate können Sie nach einer Registrierung kostenlos herunterladen.

Der DSD-Recorder MR-2000s darf – wie im ersten Teil dieses Artikels bereits erwähnt – seit einiger Zeit in der EU nicht mehr vertrieben werden. Wie ich leider aus eigener Erfahrung weiß, tauchen auch keine Geräte auf dem Gebrauchtmarkt auf. Zur rechtlichen Situation eines Importes aus den USA vermag ich nichts zu sagen, technisch dürfte es mit der hiesigen Stromversorgung aber keine Probleme geben.

Wie in Stigs Beschreibung des Projekts eher am Rande erwähnt, ist es ein gar nicht so geringes Problem, an Musikdateien in DSD zu kommen – besonders, wenn es etwas mehr sein darf als die üblichen 2,8MHz. Noch ist das Angebot an käuflich zu erwerbenden DSD-Downloads nämlich äußerst überschaubar. Wie wäre es daher mit ein wenig Selbsthilfe: Erstellen Sie doch eigene Musik-Files, indem Sie Ihre Schallplatten und Tonbänder auf DSD archivieren. Das ist mit dem Tascam DV-RA1000HD möglich, weshalb ich ihn in Kürze an dieser Stelle einmal ausführlich vorstellen werde. Die Abtastrate liegt beim Tascam jedoch leider nur bei 2,8MHz. Da wäre der Korg MR-2000 mit der doppelten Frequenz schon eher das Mittel der Wahl, wenn man ihn denn bekäme. Eine andere Möglichkeit, zumindest Dateien mit 2,8MHz zu bekommen, ist es, die Daten einer SACD mit einem älteren Modell einer Sony PlayStation und einer speziellen Software auszulesen.

Der Screenshot zeigt die Benutzeroberfläche der von Korg kostenlos angebotenen Software AudioGate, die Up- und Down-Sampling sowie Konvertierungen zwischen DSD und PCM erlaubt
Der Screenshot zeigt die Benutzeroberfläche der von Korg kostenlos angebotenen Software AudioGate, die Up- und Down-Sampling sowie Konvertierungen zwischen DSD und PCM erlaubt

Allerdings kann man auch hier nicht sicher sein, dass die Musik von Beginn der Produktionskette bis zum Schluss immer im 1-Bit-Format geblieben ist. Zwar gibt es schon seit geraumer Zeit gute DSD-Analog/Digital-Wandler wie etwa die von dCS, Digital Audio Denmark, EMM Labs oder Mytek, aber nur eine Studiosoftware, bei der das Signal beispielsweise bei Ein- und Ausblendungen oder dem Mischen im 1-Bit-Format bleibt: den von Andreas Koch entwickelten Sonoma DSD Multitrack Recorder and Editor. Die 32-Kanal-Version mit EMM Labs-Wandlern kostet jedoch über 90000 Dollar. In weiter verbreiteten Programmen wie Pyramix wird das Signal beispielsweise für eine Ausblendung in PCM mit 352,8kHz (DXD) gewandelt, die Ausblendung berechnet und das resultierende PCM-Signal wieder in ein 1-Bit-Signal konvertiert. Dabei werden immer nur die Teile des Song gewandelt, die auch wirklich bearbeitet werden. Wenn aber zum Beispiel die Lautstärke eines Liedes näher an die Aussteuerungsgrenze gebracht werden soll, muss der gesamte Song ins vermeintlich schlechter klingende PCM-Format und zurück konvertiert werden. Aus Kostengründen und um sich wiederholtes Konvertieren zu ersparen, wird bei vielen Produktionen erst im Hochbit-Format – eher 96kHz als 352,8kHz (DXD) – aufgenommen und dann der fertige Zweikanal-Mix in DSD übertragen. Eine der rühmlichen Ausnahmen, was die Abtastrate angeht, stellt das Label 2L dar: Hier werden alle Formate, also auch DSD-Files, vom DXD-Master konvertiert.


Dass es durchaus sinnvoll sein kann, selbst die Daten einer CD vor der Wandlung in DSD zu konvertieren, habe ich vor mehr als zehn Jahren beim Test des dCS Delius Wandlers und Purcell Upsamplers feststellen können: Hier klang das, was von der CD kam, einfach am besten, wenn es vor der Wandlung ins 1-Bit-Format konvertiert wurde. Hochbit-Formate konnten da einfach nicht mithalten. Wenn man aber davon überzeugt ist, dass ein 1-Bit-Datenstrom besser klingt als PCM, dürfte man einfach ein ungutes Gefühl haben, wenn man weiß, dass das noch so wohl tönende DSD-File auf der eigenen Festplatte zumindest zwischenzeitlich mal ein Hochbit-Signal war. Aber da geht es dem Analogfan auch nicht besser: Wenn er heute noch ein aktuelles Album auf Schallplatte bekommt, kann er fast sicher sein, dass die darauf enthaltene Musik während des gesamten  Produktionsprozesses als Datensatz vorlag und erst zur Überspielung in Lack oder Kupfer wieder ins Analoge gewandelt wurde.

Wer nun – wie auch ich vor kurzem noch – meint, zumindest die Nutzer von Computer-Hifi mit ihren für gutes Geld erworbenen High-Resolution-Files seien auf der sicheren Seite, dürfte auch nicht immer richtig liegen, zumindest wenn es um Dateien mit Abtastraten oberhalb von 96kHz geht: Heinrich Schläfer, Mastering-Koryphäe und Ex-Mitinhaber des bestens beleumundeten österreichischen Labels Quinton Records, merkte während eines Telefonats letztlich ganz beiläufig an, dass das meiste heutzutage in den Studios zu findende, sogenannte Outboard-Equipment – Hallgeräte, Kompressoren, Equalizer und so weiter – lediglich mit 96kHz arbeite. Den Rest erledige dann oft ein guter Upsampler. Und mit ein wenig Geschick und einigen Tricks bekäme man das auch so hin, dass die Manipulation mit einem einfachen Test nicht nachweisbar sei.

Joe Kubala nimmt mit synchronisierten Korg MR-2000 mit 5,6Mhz auf, mixt und mastert analog und zeichnet den Stereo-Mix in DSD und oft auch analog auf
Joe Kubala nimmt mit synchronisierten Korg MR-2000 mit 5,6Mhz auf, mixt und mastert analog und zeichnet den Stereo-Mix in DSD und oft auch analog auf

Bevor wir nun jedoch vor lauter Misstrauen die ungemein positive Tatsache aus dem Blick verlieren, dass wir heute mit hochaufgelösten PCM- und DSD-Files viel näher an die Musik kommen als je zuvor, stelle ich Ihnen jemanden vor, der die Vorzüge der DSD-Technik teils zum eigenen Vergnügen, teils zur Produktion hervorragenden Demo-Materials für Hifi-Shows kreativ nutzt: Joe Kubala, einer der beiden Inhaber der Nobel-Kabel-Schmiede Kubala-Sosna, nimmt schon seit einiger Zeit mit einen ganzen Rack voller synchronisierter Korg MR-2000 live auf mehrere Spuren auf. Bei 5,6MHz sei die Qualität seiner „digitalen Mehrspurmaschine‟ durchaus mit dem analogen Pendant zu vergleichen, meint er. Zum Mixen und Nachbearbeiten der einzelnen Spuren wechselt Joe Kubala dann wieder in die analoge Ebene. Den Mix-Down auf zwei Kanäle speichert er anschließend sowohl auf DSD mit 5,6Mhz als auch auf Tonband. Ich werde versuchen, mal eine seiner Aufnahmen für einen Download zu bekommen.

Zwar steht in einer Publikation wie Hifistatement das Wort im Vordergrund, aber so ganz ohne Musik möchte ich den zweiten Teil meiner DSD-Reihe doch nicht beenden. Zum Download habe ich das Titelstück der zweiten sommelier du son-LP Goodbye Pork Pie Hat ausgewählt. Charlie Mariano und Dieter Ilg haben die Charles-Mingus-Komposition in der recht halligen Akustik der Kapelle des Schlosses Solitude in Stuttgart als Zugabe gespielt. Das Saxophon wurde mit einem AKG C 414 B-ULS und der Bass mit einem Neumann SM 69 fet aufgenommen. Den Song vom analogen Session-Tape habe ich für den Download mit dem „amtlichen‟ EMM Labs ADC Mk IV in ein DSD-Signal mit 2,8MHz gewandelt, auf dem Tascam-Recorder gespeichert und von dort per AudioQuest Diamond USB auf den Computer überspielt. Viel Spaß damit.

Der EMM Labs-Wandler – hier mit einem Frequenzgenerator zum peniblen Pegelabgleich – ist nur in einer Acht-Kanal-Version zu bekommen, was ihn für die meisten Heimanwendungen leider zu kostspielig macht
Der EMM Labs-Wandler – hier mit einem Frequenzgenerator zum peniblen Pegelabgleich – ist nur in einer Acht-Kanal-Version zu bekommen, was ihn für die meisten Heimanwendungen leider zu kostspielig macht

PS: Einige der – natürlich in allen Produktionsschritten rein analogen – LPs sds 0014-1 sind noch im einschlägigen Fachhandel und im Hofladen Dieter Ilgs zu haben.

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Charlie Mariano & Dieter Ilg
Goodbye Pork Pie Hat
2,8MHz
ca. 295,7 mb (DFF)

Weitere Informationen

  • Imagefolder basics/12-05-19_dsd

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