Diese Box hat aus audiophiler Sicht mit zwei Handicaps zu kämpfen: Zum einen handelt es sich um ein aktives Konzept, zum anderen wird der größte Teil des Frequenzspektrums von einem noch immer exotischen und zumindest in der Vergangenheit umstrittenen Schallwandler abgestrahlt – bei vorurteilsfreier Betrachtung wird man darin allerdings zwei gravierende Vorteile erkennen.
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Die MSMs1 ist breiter als tief und damit eine sehr elegante Erscheinung, was durch die sehr gute Verarbeitung noch unterstrichen wird
Die MSMs1 ist breiter als tief und damit eine sehr elegante Erscheinung, was durch die sehr gute Verarbeitung noch unterstrichen wird


Unterhalb von 330 Hertz übernimmt ein konventionelles Konus-Chassis mit Glasfaser-Polyester Membran
Unterhalb von 330 Hertz übernimmt ein konventionelles Konus-Chassis mit Glasfaser-Polyester Membran
Da wir gerade bei Vorurteilen sind: Einem naheliegenden möchte ich gleich entgegentreten. Dass die MSMs1 hier Gegenstand näherer Betrachtung wurde, hat nicht das geringste mit meiner seit einigen Jahren wachsenden Affinität zur Studio-Szene zu tun, in der die Kompaktversion der MSMs1, die MSMc1, von einem renommierten Fachmagazin gar zum „besten Studio-Monitor der Welt‟ ausgerufen wurde. Meine erste Begegnung mit dem Manger-Diskus – die offizielle Bezeichnung für das Gehäuse lautet S05 – fand in den frühen 80er statt. Bei diesem auch optisch eigenwilligen Modell musste der von Josef W. Manger entwickelte Biegewellenstrahler den gesamten Frequenzbereich abdecken, was allerdings in den unteren Lagen nicht perfekt gelang. Nach einem Test zweier beiger Diskusse in heimischen Wohnzimmer habe ich lange darüber nachgegrübelt, ob es nicht möglich sei, zwei Paar Lautsprecher unterzubringen – und in Studententagen das größere Problem – zu finanzieren, nach dem Motto: Wenn‘s rocken soll, kommen die konventionellen Lautsprecher zum Einsatz, wenn Präzision und Raum Priorität haben, übernehmen die Manger. Vorrangig aus pekuniären und erst in zweiter Linie aus Platzproblemen ist aus dieser Idee dann leider nicht geworden.

Später, als ich mich auch schreibend mit Hifi auseinandersetzte, kam es dann zu einer zweiten Begegnung mit nun drei Biegewellenstrahlern je Stereokanal, die aber ebenfalls von keinem Happy End gekrönt wurde: Das Trio von Manger-Schallwandlern residierte in der Front und den beiden Seiten der Mittelhochton-Einheit einer Audio Physik Medea. Diese Box faszinierte mich in allen nur erdenklichen Disziplinen außer einer. In meinem Hörraum, der leider kein Saal ist, sorgten die seitlich montierten, der Wand zugewandten Chassis für sehr frühe erste Reflexionen und damit dafür, dass der Standort der Lautsprecher deutlich zu orten war. Und gerade das völlige Zurücktreten der Boxen hinter die Musik war ja ansonsten eine Paradedisziplin von Audio Physic Lautsprechern. Nach einigen Wochen vergeblicher Optimierungsversuche habe ich dann schließlich auf einen Test verzichtet. Um so höher sind nun allerdings die Erwartungen an die MSMs1.


Die weckt rein optisch keinerlei Assoziation an Studioequipment. Mit ihrer hohen, schlanken Form und der perfekten Oberfläche wirkt sie ausgesprochen elegant und hat nach meinen bisherigen Erfahrungen einen ausgesprochen hohen Wife Acceptance Factor: Statt im Flur auf ihren Einsatz im Hörraum zu warten, durften die MSMs1 auf Wunsch meiner Gattin die Zeit im Wohnzimmer verbringen, wo sie nicht nur optisch eine gute Figur machten. Selbst unter den hier nicht optimalen Bedingungen – im diesem Raum habe ich keinerlei Hifi-Hoheit – bezauberten die Manger mit einer so ungeheuer stimmigen, von jeglichen Effekten freien und detailreichen Wiedergabe, dass der unvermeidliche Umzug in den Hörraum nicht ohne einen Anflug von Trennungsschmerz vonstatten ging.

Die Dicke der Membran des Manger-Wandlers nimmt von innen nach außen beständig zu
Die Dicke der Membran des Manger-Wandlers nimmt von innen nach außen beständig zu

Dort steht dann eben wieder die Beschäftigung mit Hifi statt purem Musikgenuss auf dem Programm: Ich kenne keinen rationalen Grund für die Ablehnung von Aktivlautspechern. Das Signal lässt sich auf Line-Level leichter und verlustfreier in die für die einzelnen Chassis geeigneten Frequenzbereiche aufteilen. Durch die direkte Kopplung der Endstufen an die Treiber wird der volle Dämpfungsfaktor der Verstärker wirksam und selbst Frequenzgangkorrekturen sind mit geringem Aufwand möglich. Ob viele Hifi-Begeisterte der Qualität der eingebauten Verstärker nicht trauen, die Möglichkeit nicht missen möchten, ihre Anlage schrittweise durch den Austausch von Komponenten zu optimieren, oder einfach mit Kabeln und Verstärkern experimentieren wollen und deswegen Aktivboxen links liegen lassen, kann ich nicht beurteilen. Tatsache ist aber leider, dass das technisch überlegene Konzept nicht den Marktanteil hat, der ihm eigentlich gebührte. Genau so verwunderlich ist es, dass der bereits in den 70-er Jahren vorgestellte und seitdem beständig weiterentwickelte Manger-Schallwandler noch immer nicht mehr Verbreitung gefunden hat: Er deckt in seiner heutigen Version einen Frequenzbereich von 80 bis 40000 Hertz ab, auch wenn er in der MSMs1 erst ab 330 Hertz arbeitet, um höhere Pegel zu realisieren, und hat eine Anstiegszeit von nur 13 Mikrosekunden. Zudem weist der Manger-Wandler eine nahezu ideale Sprungantwort auf, die einer konventionellen Mehrwegebox prinzipbedingt verwehrt bleibt. Aber gerade Einschwingvorgänge sind für das Erkennen und Orten von Stimmen und Instrumenten von großer Bedeutung.

Die Elektronik-Einheit wurde harmonisch in das Gehäuse integriert. Kühlkörper rechts und links sorgen für stabile thermische Verhältnisse
Die Elektronik-Einheit wurde harmonisch in das Gehäuse integriert. Kühlkörper rechts und links sorgen für stabile thermische Verhältnisse
Wer sich auch nur ein wenig mit den verschiedenen Schallwandlerprinzipien beschäftigt hat, wird dem Manger-Wandler gewiss schon begegnet sein. Daher erspare ich Ihnen und mir eine detaillierte Funktionsbeschreibung und beschränke mich auf einige wenige Fakten: Anders die Membran eines konventionellen dynamischen Schallwandlers führt die Membran des Manger-Wandlers keine kolbenförmigen Bewegungen aus. Eine schon im Jahre 1969 patentierte Doppelschwingspule, die sich bei deutlich reduziertem Gewicht wie eine sehr lange, lineare Hübe garantierende Spule verhält, versetzt eine sogenannte „biegeweiche Platte‟ in Schwingungen, die sich vom Zentrum zum Rand der Platte ausbreiten. Die Eigenschaften der Platte sollen sich an der Basilarmembran des menschlichen Ohres orientieren: Ihre Steifigkeit nimmt von innen nach außen in einem gleichen Verhältnis zu. Bei der Platte des Manger-Wandlers laufen hohe Frequenzen im inneren Bereich der Membran schnell aus, die langen Wellen tiefer Frequenzen gelangen hingegen konzentrisch bis an den Rand der Platte zum Sterndämpfer, wo sie absorbiert werden, so dass es nicht zu Reflexionen vom Rand kommen kann.

Dieser ungewöhnliche Schallwandler wird in der MSMs1 mit einem konventiellen 20-Zentimeter-Bass-Chassis verbunden, dessen Glasfaser-Polyester-Sandwich-Membram von einer Schwingspule mit 38 Millimeter Durchmesser angetrieben wird. Die Elektronik-Einheit stellt dem Manger-Wandler 180 und dem Bass-Chassis 250 Watt zur Verfügung. An der Vielzahl der Anpassungsmöglichkeiten an unterschiedlichste akustische Raumgegebenheiten erkennt man noch, dass die MSMs1 ihre Wurzeln im Studiobereich hat. Aber weder in unserem Wohnzimmer noch im Hörraum habe ich auch nur die geringste Veranlassung gehabt, einen der Schalter oder Steller aus seiner Null-Position zu bewegen – bis auf die Pegelschalter, die in der Verbindung mit der Brinkmann Marconi für eine höhere Eingangsempfindlichkeit sorgten als zuvor beim Zusammenspiel mit der Higher Fidelity-Vorstufe. Auch bei der Aufstellung erweisen sich die MSMs1 als unkritisch: Wenn sie auf den Hörplatz oder einen Punkt etwa 50 Zentimeter davor ausgerichtet werden, erlauben sie den vollen Musikgenuss auf zwei Plätzen nebeneinander. Hier muss man nicht allein sklavisch an einem Sweetspot verharren.


Die MSMs1 bietet eine Reihe von Entzerrungen, um bei verschiedenen Aufstellungsvarianten optimale Ergebnisse zu garantieren. Sie nimmt lediglich über einen symmetrischen Eingang Kontakt mit der Vorstufe auf
Die MSMs1 bietet eine Reihe von Entzerrungen, um bei verschiedenen Aufstellungsvarianten optimale Ergebnisse zu garantieren. Sie nimmt lediglich über einen symmetrischen Eingang Kontakt mit der Vorstufe auf

Zwar ist im Wohnzimmer das Abspielen einschlägiger Testplatten verpönt, aber das konnte – wie erwähnt – nicht verhindern, dass schon dort die besonderen Fähigkeiten des MSMs1 zutage traten: Da gibt es nicht die kleinste Spur von Effekthascherei, tonal stimmt einfach alles, Impulse erscheinen klarer und ein wenig kräftiger, und die Vielzahl von Details lenkt nicht von der Musik ab, sondern zieht den Zuhörer in sie hinein. Selbst wenn das undifferenziert oder abgegriffen klingen mag, mir drängt sich beim Hören der MSMs1 dieser Begriff einfach auf: Dieser Lautsprecher klingt für mich schlicht „richtig‟. Dabei möchte ich keinesfalls verhehlen, dass er mich in einer Disziplin zumindest leicht irritiert. Wenn die MSMs1 mehr Details enthüllt und sie anders als gewohnt gewichtet oder wenn sie Impulse schärfer fokussiert, wirkt dieses Vorgehen für mich spontan völlig überzeugend. Wie sie jedoch mit dem Thema Raumdarstellung umgeht – einige Aufnahmen wirken zweidimensionaler als zuvor, andere zum Greifen plastisch –, will mir auf Anhieb nicht als richtiger oder besser erscheinen. Zu diesem Thema muss ich in vertrauterer Umgebung doch noch einige einschlägige Scheiben auflegen.

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BU: Die Platine mit den in SMD-Technik aufgebauten Entzerrungsschaltungen verdeckt den Blick auf den Netztrafo
Im Hörraum mache ich es mir dann erst einmal bequem. Viele der für mich aussagekräftigen Songs von CDs befinden sich auf der Festplatte des iMac und stehen so blitzschnell zur Verfügung, wobei dank Amarra-Player und Mytek-Wandler auch die Qualität nicht zu kurz kommt: Die digitalen Testklassiker bestätigen die ersten Erfahrungen aus dem Wohnzimmer: Ich finde bei der MSMs1 keinen einzigen Kritikpunkt und lasse mich von messerscharfen Impulsen und einer stupenden, doch nie kalten Auflösung bezaubern. Die vielfach teuren LumenWhite und die Brinkmann-Monos vermisse ich wirklich nicht – außer bei den Stücken, bei denen ich etwas mehr Tiefe erwarte. Wenn es um Raumdarstellung geht, greifen ich gern auf Dick Schorys Bang Baaroom and Harp, Reissue der LSP-1866, zurück: Die MSMs1 erweckt hier die Illusion einer riesigen Halle, auch in die Höhe. Die imaginäre Bühne beginnt aber schon auf der Ebene der Lautsprecher und nicht erst dahinter. Dadurch erscheinen Instrumente nicht ganz so weit entfernt platziert wie von der LumenWhite gewohnt – abgesehen von den beiden in der Tiefe des Raumes verschwindenden Stepptänzern: Die konnte ich bisher nicht so lange auf ihrem Weg von der Bühne verfolgen. Das mag allerdings auch damit zu tun haben, dass ich mich diesmal habe verleiten lassen, den Pegelregler noch ein wenig weiter aufzudrehen als üblich. Die MSMs1 klingen auch bei hohen Lautstärken völlig unangestrengt – das tun die LumenWhite auch –, bleiben dabei aber frei von jeglicher Lästigkeit oder Schärfe und verursachen so auch keinerlei Stress beim Hörer. Mit den Manger kann man sehr laut über eine relativ lange Zeit so entspannt Musik genießen, dass hier ein hohes Maß an Selbstdisziplin gefragt ist, damit es für die Ohren nicht des Guten zu viel wird. Denn die stecken hohe Pegel auf die Dauer nicht so unbeeindruckt weg wie die MSMs1.


Auch das 200-Millimeter-Bass-Chassis verfügt über einen kräftigen Antrieb
Auch das 200-Millimeter-Bass-Chassis verfügt über einen kräftigen Antrieb
Wenn die Ohren nicht durch übermäßigen Druck desensibilisiert sind, fällt auf, dass die MSMs1 sehr fein zwischen einer realistisch anmutenden Raumillusion und recht kunstlos hinzugefügtem Hall aus dem Prozessor unterscheiden können. Deswegen tendiere ich nun stark dazu, die mal völlig flache, mal ungeheure plastische Raumdarstellung der Manger für die ehrlichere zu halten – selbst wenn die der Lumen bei weniger gut gelungenen Produktionen ein bisschen einschmeichelnder rüberkommt. Wer Effekte liebt und unbedingten Wohlklang sucht, der ist für die ebenso präzise wie ehrliche MSMs1 einfach noch nicht reif.

Um noch einmal auf das Thema Selbstdisziplin in puncto Lautstärke zurückzukommen: Bei keiner Platte fällt sie mir so schwer wie bei Jonas Hellborgs Elegant Punk. Das schon fast subsonische „Drone‟ genieße ich einmal über meine LumeWhite, bevor die MSMs1 übernimmt. Ein klein wenig macht sich die deutlich größere Membranfläche der WhiteLight doch bemerkbar: Sie erzeugt noch eine Spur mehr Druck und bietet eine etwas größere Abbildung als die Manger, die jedoch mit schlicht atemberaubender Präzision für sich einnimmt. Bei „It‘s The Pits Slight Return‟ spielt die MSMs1 wie erwartet  ungeheuer souverän, schnell und druckvoll. Ihr gelingt das Kunststück, emotional ungeheuer ansprechend und dennoch absolut kontrolliert zu agieren. Dabei erweist sie sich als ausgesprochen pegelfest: Ich habe es jedenfalls nicht geschafft, die rote Lampe des in die Elektronik integrierten Limiters auch nur zum Flackern zu bringen.

15 Neodymmagnete, die ihr 1,32 Tesla starkes Magnetfeld auf einen Luftspalt von nur 0,95 Millimeter konzentrieren, liefern den Antrieb für die Membran
15 Neodymmagnete, die ihr 1,32 Tesla starkes Magnetfeld auf einen Luftspalt von nur 0,95 Millimeter konzentrieren, liefern den Antrieb für die Membran

STATEMENT

Vorausgesetzt Sie möchten wirklich wissen, was Ihre Tonträger zu bieten haben, kann ich mir nicht vorstellen, dass Sie einen unkomplizierteren, wohnraumfreundlicheren, ehrlicheren und besser klingenden Lautsprecher finden als die Manger MSMs1 – jedenfalls nicht zu diesem Preis. Doch Vorsicht: Wer einmal gehört hat, wie viel der Manger-Schallwandler richtig macht, hat es nicht leicht, zu konventionellen Konzepten zurückzukehren. Pures High End per Plug and Play zum überaus angemessenen Preis: Die MSMs1 sind ein audiophiler Glücksfall.
GEHÖRT MIT
Plattenspieler Brinkmann LaGrange mit Röhrennetzteil
Tonarm Brinkmann 12.1, Kuzma 4Point
Tonabnehmer Lyra Olympos, Brinkmann EMT ti
Phonostufe Einstein The Turntable’s Choice symmetrisch
Computer iMac 27‟, 3.06 GHz Intel Core 2 Duo, 8 GB, OS X Version 10.6.7
CD-Laufwerk Wadia WT3200
D/A-Wandler Mytek Silver Preamp, Prototyp
Bandmaschine Studer A 80
Vorverstärker Brinkmann Marconi
Endstufe Brinkmann Monos
Lautsprecher LumenWhite DiamondLight Monitors
Kabel Precision Interface Technology, Sunwire Reference, HMS Gran Finale Jubilee, Audioplan Powercord S
Zubehör PS Audio Power Plant Premier, Clearaudio Matrix, Sun Leiste, Audioplan Powerstar, HMS-Wandsteckdosen, Acapella Basen, Acoustic System Füße und Resonatoren, Finite Elemente Pagode, Master Reference Heavy Duty und Cerabase, Harmonix Real Focus

 

HERSTELLERANGABEN
Manger Reference Active System MSMs1
Typ Aktives 2-Weg System
Frequenzbereich 30 Hz - 40 kHz
Übergangsfrequenz 330 Hz
Maximaler Schalldruckpegel kurzzeitig 110 dB
Abmessungen (H x B x T) 1139 x 270 x 214mm
Gewicht 48kg

Chassis

 
Hochtöner Manger Schallwandler, Bandbreite 80Hz - 40kHz, Anstiegszeit 13μs
Tieftöner 200mm Glasfaser-Polyester Sandwich Konstruktion, 38mm Spulendurchmesser
Gehäuse Geschlossen

Verstärkereinheit

 
Max. Ausgangsleistung LF 250W an 8Ohm
Max. Ausgangsleistung HF 180W an 8Ohm
Leistungsbandbreite HF 250kHz (-3dB)
Eingangsempfindlichkeit 6dBu (1,55V) oder 0dBu
Eingangsimpedanz 10kOhm
Kontrollschalter Input Trim Schalter: 11 Positionen (-2,5dB bis 2,5dB)
Input Sensitivity Schalter: 6dBu, 0dBu
Polarity Schalter
AV-Filter: Hochpass-Filter (80Hz, 12dB)
LF-Module Schalter: LF -6dB
Room Acoustics Correction Schalter: Hochpass bei 100Hz (+3dB, 0dB, -3dB, -6dB)
Nearfield-/Cinema Screen Correction Schalter: Glockenfilter bei 3,25kHz, 1,0oct.(+3dB, 0dB, -1,5dB, -3dB)
High Frequency Trim Schalter: Shelving Filter bei 10kHz (+2dB, +1dB, 0dB, -1dB, -2dB)
Eingangsbuchse XLR-3 (symmetrisch)
Netzanzeige LED grün
Limiteranzeige LED grün/rot

Ausführungen

Seidenmatt nach RAL, Nextel oder Klavierlack
Paarpreis ab 13200 Euro

 

HERSTELLER
Manger Products
Anschrift Industriestraße 17
97638 Mellrichstadt
Telefon +49/9776/9816
E-Mail info@manger-msw.com
Internet www.manger-msw.com

Weitere Informationen

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Samstag, 25 Februar 2012 01:00

Zu Audio OMEN DEF

Zu Audio mag in unseren Breiten für viele noch ein unbeschriebenes Blatt sein, in den Vereinigten Staaten hat die Firma aus Utah in den zwölf Jahren ihres Bestehens schon für einiges Aufsehen gesorgt. Ich habe mir die OMEN DEF intensiver angehört.
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Meine Generation hat Neil Young eine Menge zu verdanken: seit Harvest den endgültigen Soundtrack für Lagerfeuerromantik und seit kurzem auch eine hübsche Argumentationshilfe gegen die MP3 Kultur. Wenn es darum geht, die analoge Welt zu verteidigen, bringt der Kanadier auch schon mal die Ikone der digitalen Alltagskultur ins Spiel: „When Steve Jobs went home, he listened to vinyl.“ Ein feiner Satz, den man in Ruhe genießen kann und der Hoffnung gibt.

Aber welches Angebot hat die klassische HiFi Industrie mit ihrer überalterten Kundenstruktur für junge Konsumenten, die mit Datenreduktion und Miniaturlautsprechern musikalisch sozialisiert wurden? Wie gewinnt man zum Beispiel als Lautsprecherhersteller ein Publikum, das häufig Musik nicht als Kulturgut an sich, sondern als Bestandteil einer Erlebnis -und Eventkultur erlebt? Ein Lautsprecher für diese Zielgruppe müsste halbwegs erschwinglich sein, einen hohen Spaßfaktor besitzen und auch vom Styling einiges hermachen. Wenn er dann noch eine musikalische Performance liefert, die die ältere Generation der Röhrenliebhaber an die gute alte Zeit erinnert, kommt man der Kurzbeschreibung der Zu Audio OMEN DEF Lautsprecher schon recht nahe.

Doch zuerst ein wenig Firmenhistorie: Einige Kommentatoren vergleichen die Geschichte der Firmengründer Sean Casey und Adam Decaria mit dem Leben eines Rockstars, mit dem steilen Aufstieg zu Starruhm und dem jähen Absturz inklusive. Druid war der Name des Lautsprechers, der den guten Ruf von Zu Audio begründete und innerhalb von kürzester Zeit für die junge Firma ein verheißungsvolles Zukunftsbild malte. Was zuerst von Mund zu Mund Propaganda gestützt war und durch Direktverkäufe im Internet kostengünstig abzuwickeln war, wurde nach der euphorischen Pionierphase in die vermeintlich sichere Struktur eines Vertriebes über niedergelassene HiFi Studios umgewandelt. Dabei ging mancherlei schief: Die junge Internetklientel folgte dem Produkt nicht in die Läden, neue Käuferschichten waren zu Zeiten der Finanzkrise 2008 schwer zu finden, die hohen Investitionskosten drohten der Firma das Genick zu brechen. Mit Hilfe eines Finanzinvestors wurde Zu Audio gerettet und besann sich alter Stärken. Man nahm sich zum Ziel, in den Vereinigten Staaten Produkte mit einem erkennbar guten Preis/Leistungsverhältnis herzustellen und setzte in Bezug auf Aussehen und Performance auf Werte, die der Stammklientel wichtig waren, um den Wert der Marke Zu Audio zu stärken und die Kundenbindung zu erhöhen. So hat Zu Audio heute eine Produktpalette, die den Einsteiger in die dynamische Zu Audio Welt ebenso mit dem charakteristischen Breitbänder-Charme begleitet wie den Heimkinofan oder den absoluten Highender, der auch gerne bereit ist, den Wert eines Mittelklassewagens in Lautsprecher zu investieren.

Sauber verarbeitet: Gelungenes Zusammenspiel von Holz und Aluminium
Sauber verarbeitet: Gelungenes Zusammenspiel von Holz und Aluminium

Das Modell OMEN DEF fand den Weg in den Hörraum über einige Umwege. Kollege Amré Ibrahim, der eine wunderbare und liebevoll abgestimmte Röhren-Kette sein Eigen nennt, wurde auf den wirkungsgradstarken Lautsprecher aufmerksam, hatte aber den Eindruck, dass die stattlichen OMEN DEF von ihrer Bassperformance nur schwer mit seinem Raum harmonierten. Eine Übersiedelung der immerhin knapp   1,2 Meter hohen Lautsprecher, die eine Grundfläche von 30,5 x 30,5 Zentimeter aufweisen und 36 kg wiegen, empfiehlt die Verwendung eines guten deutschen Mittelklassekombis und wenn möglich die Unterstützung zweier helfender Hände. Die Testexemplare waren in edlem Walnuss furniert, weitere Versionen sind in schwarzer Esche und in einer roten Lackierung erhältlich, die ein Marketingpoet als „Sangria Red“ bezeichnet hat.


Stattliche Erscheinung, dennoch wohnraumfreundlich
Stattliche Erscheinung, dennoch wohnraumfreundlich
Die gesamte OMEN Produktpalette umfasst den OMEN Center, die kleine Variante des OMEN Bookshelf Lautsprechers und einen kleinen Standlautsprecher, den OMEN Standard. Dabei teilen sich die genannten Produkte etliche Designmerkmale. Verfügt die OMEN Standard über einen der charakteristischen 25 Zentimeter Breitbandpapierlautsprecher, so arbeiten in der OMEN DEF gleich zwei der Zu-typischen Chassis in einer Quasi D’Appolito Anordnung.  Dieser Ansatz ist bei Lautsprecherentwicklern durchaus umstritten. Die Breitbänder mit dem beträchtlichen Durchmesser laufen völlig ohne Weiche durch, erst bei 10000 Hertz sorgt ein Superhochtöner dafür, dass auch das oberste Frequenzspektrum vertreten ist. Aufgrund der räumlichen Nähe der Chassis sind im Übernahmebereich Intermodulationen unvermeidlich, was üblicherweise zu einem welligen Frequenzgangverlauf führt. Entscheidend für den Hörgenuss sind jedoch nicht Messprotokolle, sondern die tatsächliche Performance am Aufstellungsort. Bis die Schallwelle das Ohr des Hörers erreicht, spielen noch so viele Einflussfaktoren elektronischer und raumakustischer Art eine Rolle, dass das, was der eine Entwickler als „so nicht machbar“ bezeichnen würde, beim Hörer durchaus als individuelle Klangcharakteristik positiv aufgenommen werden kann.

So nahe wie möglich: Die Tiefmitteltöner rücken an den Hochtöner heran
So nahe wie möglich: Die Tiefmitteltöner rücken an den Hochtöner heran

Zu Audio legt Wert darauf, dass der Zehnzöller und der Superhochtöner in Ogden, in Zu Audios eigener Manufaktur in Utah hergestellt werden. Tatsächlich erinnern die Treiber jedoch stark an Chassis von Eminence, wovon sich jeder Konsument mit ein paar Handgriffen überzeugen kann.


Hochtöner mit Aluminiumhornansatz: Zu Audio goes Eminence ;)
Hochtöner mit Aluminiumhornansatz: Zu Audio goes Eminence ;)

Der Breitbänder bildet den Großteil des Frequenzspektrums ab, laut Zu Audio läuft er ohne Weiche von 30 bis 12000 Hertz. Weil er darüber bauartbedingt stark bündelt und ohnehin steil abfällt, wird der Hochtöner ergänzend mit einem Hochpassfilter dazu geschaltet. Er soll für die nötige Luftigkeit sorgen, einige Glanzpunkte setzen und die an sich hervorragende Räumlichkeit der Breitbänder unterstützen. Insgesamt gibt Zu Audio einen Wiedergabebereich von 30 bis 25000 Hertz an, und das bei einer Nominalimpedanz von sechs Ohm und einem Wirkungsgrad von 98 Dezibel. Mit diesen Daten konfrontiert, werden Liebhaber leistungsschwacher Röhrenverstärker sofort hellhörig. Tatsächlich gibt es am Markt wenige wohnraumfreundliche Lautsprecher, die mit einem derartig hohen Wirkungsgrad gesegnet sind und für Röhrenverstärker eine bewältigbare Last darstellen. Dieser Umstand war auch für mich ein gutes Argument, meinen geschätzten Sun Audio 300 B mit seinen 8 Watt aus der Versenkung zu holen.

Chassis aus dem Profibereich mit Druckgusskorb und kräftigem Antrieb
Chassis aus dem Profibereich mit Druckgusskorb und kräftigem Antrieb

Zu Audio weist aber darauf hin, dass auch ein preiswerter Mehrkanalverstärker aus der Heimkinoecke durchaus schon hervorragende Resultate mit den OMEN DEF liefern kann. In dieser Aussage kommt ein wenig der lockere und „coole“ Marketingansatz der durch das Internet sozialisierten Gründer zum Ausdruck, der sich vom strikten und bisweilen rechthaberischen Ansatz einiger sogenannter „audiophiler‟ Hersteller unterscheidet. So liefert das umfangreiche Owner’s Manual einige Informationen, die durchaus augenzwinkernd zu verstehen sind. Darunter fällt der Hinweis, einen in den Wintermonaten gelieferten Lautsprecher erst eine Woche Zeit zu geben, um sich aufzuwärmen. Erst dann würde er anfangen, gut zu klingen. Begründung: „Not sure why, it just is“. Ebenso sollte man nicht vorschnell mit dem Maßband in der Hand die einzig richtige Position ermitteln. Eher ginge es darum, sich im Wohnraum und seiner Einrichtung umzusehen um danach seinem optischen ästhetischen Empfinden zu vertrauen: „What looks good will very likely sound good“. Ein ziemlich pragmatischer Ansatz, der jedoch einen breiteren Kundenkreis anspricht und einen hohen WAF mitbringt.

Bei oberflächlicher Betrachtung könnte man die OMEN DEF für eine geschlossene Box halten. Die Oberfläche ist makellos furniert, kein von außen sichtbarer Reflexkanal unterbricht das gediegene Erscheinungsbild. Das Geheimnis, wie man den Breitbändern am unteren Übertragungsbereich veritable Tieftöne entlocken kann, lüftet sich erst bei näherem Hinsehen. Auf der Unterseite sind vier kleine Schlitze angebracht, die ein Teil dessen sind, was Zu Audio als Acoustic Loading Technology bezeichnet und das Zusammenwirken von Gehäuse, Chassis und Raumakustik in seiner Gesamtheit berücksichtigt.

Das Geheimnis der Bassperformance: Öffnungen an der Unterseite
Das Geheimnis der Bassperformance: Öffnungen an der Unterseite

 

Die Entwickler Ron Griewe und Sean Casey nahmen angeblich Anleihen aus der Strömungslehre, die beim Motorenbau in der Automobilindustrie angewendet wird. So konnten sie die Bandbreite nach unten erweiterten, in dem sie ein aufwendiges Modell von Impulsverarbeitung und Druckverteilungen im Gehäuse simulierten. Ein Blick ins Innere des Lautsprechers zeigt eine pyramidenähnliche Struktur, die bis zur halben Höhe des Gehäuses reicht und mittels der erwähnten Öffnungen mit den jeweiligen raumakustischen Parametern kommunizieren soll. Damit dies auch funktioniert, braucht die OMEN DEF auch Luft zum Atmen. Direkt auf den Boden gestellt, wird aus dem elaborierten Design ganz einfach eine geschlossene Box, mit deutlichen Auswirkungen auf den dann wiedergegebenen Tieftonanteil. Sechs Millimeter genügen angeblich, um den definierten Luftstrom sicherzustellen, in der Praxis wird der Bass tatsächlich schlanker, wenn diese Grenze unterschritten wird, bei zu großem Abstand wird der Bass weicher aber auch etwas unpräziser.

Einfach und effektiv: Speikes zur Regulierung des Bodenabstandes
Einfach und effektiv: Speikes zur Regulierung des Bodenabstandes

Nachdem die Aufstellung wie erwähnt bei meinem Kollegen Amré Ibrahim nicht unproblematisch war, kamen leise Zweifel an der Behauptung von Zu Audio auf, dass es sich um völlig aufstellungsunkritische Lautsprecher handelt. Diese wurden jedoch in einem größeren Hörraum, in den die OMENs zum Einspielen verfrachtet wurden, nicht bestätigt. Angeblich wird jeder Lautsprecher 200 Stunden eingespielt, bevor er die Firma verlässt „and they should sound good right out of the box“ behauptet Zu Audio. Da es jedoch ein kalter Wintertag war, hielt ich mich an die oben erwähnte Regel von der Aufwärmzeit und lies es zu, dass sich der Lautsprecher an Luftfeuchtigkeit und Umgebungstemperatur gewöhnen konnte. Ein erster Höreindruck bestätigte die Vorzüge einer hart aufgehängten Papiermembran. Die Zu Audio Box bestach durch Antrittsschnelligkeit und druckvolle Dynamik. Von der Aufdickung im Bass in Amrés vergleichsweise kleinem Hörraum war bei 60 Qudratmeter nichts mehr zu bemerken. Sehr wohl fiel jedoch der prominent agierende Hochtöner auf, der den breitbändertypischen wunderbaren Mitten allzuviele Glanzlichter aufsetzte.

Ein Blick ins Innere, Gehäuse aus MDF, makellos furniert
Ein Blick ins Innere, Gehäuse aus MDF, makellos furniert

Über mehrere Tage und Nächte liefen die OMEN DEFs fast ununterbrochen und das bei mitunter beträchtlichen Lautstärken. Die dabei einsetzenden Veränderungen waren deutlich wahrnehmbar. Das Klangbild wurde insgesamt homogener, die faszinierenden Attribute guter Breitbandlautsprecher kamen deutlicher hervor. Dies mag zum einen den mechanischen Veränderungen der Chassis durch die Einspielzeit geschuldet sein, kann aber auch an einem psycho-akustischen Phänomen liegen.

Das menschliche Ohr scheint sich an veränderte Rahmenbedingungen zu gewöhnen und Überlagerungen und Welligkeiten im Frequenzgang oft erstaunlich schnell unterdrücken zu können. Immer wieder verblüfft mich der Umstand, dass zum Beispiel Berufsmusiker oft durchaus mittelmäßige Anlagen zu Hause nutzen. Wer täglich hört, wie ein natürliches Instrument zu klingen hat, verzeiht anscheinend leichter Fehler in einer Wiedergabekette, die ja ohnehin nie an das Original heranreichen kann.

Steigt man von einem sehr neutralen und messtechnisch hervorragenden Lautsprecher wie der Thiel 3.7 oder der Duetta von Udo Wohlgemuth unmittelbar auf den amerikanischen Lautsprecher um, so kann man sich der irritierenden Faszination kaum entziehen, dass Lautsprecher auch nach ganz anderen Kriterien abgestimmt werden können. In der ersten Hörphase wurde die Erinnerung an den Sound, der über einen alten Gitarren-Röhrenverstärker rüberkommt immer wieder wach gerufen. Das macht richtig Spaß, besonders wenn im abendlichen Dunkel auch tatsächlich ein paar Röhren am Hörplatz vor sich hin glimmen. Ganz so abwegig ist dieser Gedanke gar nicht, wenn man die technische Nähe zur Firma Eminence aus Kentucky unterstellt, die einen beträchtlichen Teil ihres Geschäftserfolges durch Chassis für Gitarrenverstärker zurückführen kann.


Leicht und schnell: Papier als Membranmaterial
Leicht und schnell: Papier als Membranmaterial

Nach circa 100 Stunden intensiver Einspielzeit trat das sympathische und anmachend knackige Aufspielen immer deutlicher hervor, der Bass wurde präziser und reichte anscheinend tiefer hinab. Obwohl sich auch der Hochtöner offensichtlich mit der Einspielzeit besser integrierte, stach er bei direkter Ausrichtung auf den Hörplatz durch großen Detailreichtum hervor. Wer etwas weniger Hochtonanteil wünscht, kann das mit einer geringeren Einwinkelung  jederzeit dem individuellen Geschmack anpassen. Das große Plus von Lautsprechern, die einen großen Frequenzbereich abbilden, ist die mühelose Darstellung von Räumlichkeit, vielleicht gerade deshalb, weil keine Frequenzweiche die Übergabe von Informationen aus unterschiedlichen Schallquellen vermitteln muss. Mit dem Einwinkeln lässt sich auch die Raumabbildung der OMEN DEF steuern: Auf den Hörplatz ausgerichtet ergibt sich die wunderbare Plastizität aber auch Intimität einer vergleichsweise kleinen Bühne, was durch den Einsatz eines Triodenverstärkers noch unterstützt wird. Weiter nach außen gedreht öffnet sich die Bühne weit über die Position der Lautstärke hinaus, die Abbildung gerät weniger tief, jedoch völlig von den Lautsprechern losgelöst.

Bei der Verwendung von wattarmen Verstärkern wie der erwähnten Sun Audio 300B Endstufe oder einer First Watt von Nelson Pass fällt auf, dass der Wirkungsgrad mit 98 Dezibel wohl eher optimistisch angegeben ist. Tonal eine große Freude, kommen diese Verstärker bei gehobener Lautstärke doch deutlich an ihre Grenzen. Was die Zu Audio OMEN DEF tatsächlich an Dynamikumfang zu bieten haben, offenbarte sich erst, als ein Vintage VTL 300 Verstärker zum Zug kam. Hier verband sich die Autorität der großen Röhre mit der Spielfreude des Lautsprechers auf mitreißende Art und Weise. Dies führt dazu, dass man unmerklich dazu neigt, die audiophilen Vorführschätze zur Seite zu legen und nach alten Schallplatten zu suchen, die vielleicht schon Jahrzehnte zurückliegende Erinnerungen an emotional intensive Zeiten wachrufen können.

Solide Anschlussklemmen, kein Biwiring möglich
Solide Anschlussklemmen, kein Biwiring möglich

 

Ein entscheidendes Kriterium, ob ein Lautsprecher geeignet ist, einen dauerhaft zu begleiten, ist die Art und Weise, wie glaubhaft Stimmen wiedergegeben werden. Troels Gravesen, dem dänischen Entwickler, ist ein interessanter Test zu verdanken, der leicht in der eigenen Anlage nachvollziehbar ist. Um herauszufinden, wie es um die tonale Balance von Lautsprechern im kritischen Bereich um die 300 Hertz bestellt ist, empfiehlt er einen Track der norwegischen Ausnahmegruppe Siri’s Svalve Band: Wenige Sekunden nach Beginn der Nummer „You make me feel like a natural women“ singt Siri solo „… and when I had to face another day ….” . Gravesen beschreibt das Wort “another“ als reines D, und weißt den Messschrieb mit 293,66 Hz nach. Es ist erstaunlich, wie laut Siri dieses D zu singen vermag, wobei sie wohl auch ihre Stimme überbeansprucht und erstaunliche Obertöne produziert. Ohne auf die künstlerische Qualität der Performance einzugehen, ist es eine Tatsache, dass viele Lautsprecher diese Passage nicht authentisch wiedergeben können.

Kleine Mitteltöner zum Beispiel scheinen einfach eine zu geringe Membranfläche für diese spezielle Anforderung zu haben und produzieren nichtlineare Verzerrungen, die sofort unangenehm auffallen. Gravesen bemerkte, dass Breitbandlautsprecher Siri’s D hingegen durchaus selbstverständlich abbilden können. Dies hängt mit den Kriterien von Phasenrichtigkeit und Impulsgenauigkeit zusammen und dem Umstand, dass die Probleme, die bei der Verwendung von konventionellen Chassis und ihrer oft vorliegenden Trennfrequenz bei 300 Hz entstehen, bei einem Breitbänder prinzipbedingt gar nicht vorkommen.

Die OMEN DEF jedenfalls gehen mit dieser Herausforderung spielerisch um und bilden Siri’s Stimme mit einer Kraft und Farbigkeit ab, die ihresgleichen suchen. Eine Form der Frequenzweiche nützen die Zehn-Zöller jedoch auch ohne Verwendung elektronischer Bauteile. Ihr aus der Chassismitte ragender „whizzer cone“ ist lediglich die mechanische Form einer Frequenzweiche, auch wenn sie erst weit jenseits der 5000 Hz zum Tragen kommt. Auch hier bleiben Phasendrehungen im Hochtonbereich nicht aus, die im Fall der OMEN DEF jedoch das Hörvergnügen nicht beeinträchtigen.

Sauber aus dem Vollen gedreht: „Whizzer cone“ als mechanische Frequenzweiche
Sauber aus dem Vollen gedreht: „Whizzer cone“ als mechanische Frequenzweiche

 

 

STATEMENT

Hörvergnügen ist auch das Stichwort, das nach Wochen der intensiven Auseinandersetzung mit dem amerikanischen Lautsprecher bleibt. Die Zu Audio DEF erhebt nicht den Anspruch eines streng linearen aber anämischen Lautsprechers, sondern begeistert mit Spielfreude und geradezu hemmungsloser Impulsivität. Somit passt er in eine Zeit, die unkonventionelle und pragmatische Ansätze stärker schätzt als langweilige technische Lösungen. Mit seiner Fröhlichkeit eröffnet er neuen Kundenschichten den Weg in die HiFi Welt und noch dazu zu einem vergleichsweise moderaten Preis. „Good value for money“.
GEHÖRT MIT
CD Player dcs Puccini
Plattenspieler Platine Verdier
Tonarm Graham Phantom
Tonabnehmer Benz Micro Ruby Open Air
Vorverstärker VTL Maximal Deluxe, Musical Fidelity KW, Atoll PR 200
Endverstärker Sun Audio 300B, First Watt/Nelson Pass, Atoll AM 200, VTL 300 Deluxe
Lautsprecher Thiel 3.7, Duetta ADW, Avalon Transcendent

 

HERSTELLERANGABEN
Zu Audio OMEN DEF
Prinzip Vollbereichslautsprecher mit Superhochtöner
Abmessungen (B/H/T) 30,5/119,4/30,5 cm
Wirkungsgrad 98 dB/W/m
Impedanz 6 Ohm
Gewicht 36 kg
Garantie 5 Jahre
Paapreis 4400 Euro

 

VERTRIEB
TCG Handels GmbH
Anschrift Döppers Esch 7
48531 Nordhorn
Telefon +49 5921 78849-27
E-Mail info@tcg-gmbh.de

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Mittwoch, 15 Februar 2012 01:00

Audio Exklusiv P2

Noch viel lieber als diese Phonostufe auf Transistorbasis hätte Audio Exklusiv-Chef Andreas Schönberg eine Hybridkonstruktion realisiert. Mir hingegen gegen ist die Technik reichlich egal, wenn sich die P2 als genau so offen und ehrlich erweist wie ihr Erbauer.
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Schwarze Schönheit: der P2 mit schwarz verchromten Bedienungselementen und einer Front aus Nero Assoluto
Schwarze Schönheit: der P2 mit schwarz verchromten Bedienungselementen und einer Front aus Nero Assoluto

Seit dem Andreas Schönberg vor etwas mehr als zwei Jahren mit der Wiederbelebung der Traditionsmarke Audio Exklusiv begonnen hat, geht es für ihn nur in eine Richtung: Recht steil bergauf, was sich in der stetig steigenden Zahl der Produkte und dem Hinzukommen immer neuer Vertriebe im Ausland ebenso niederschlägt wie in wachsenden Umsatzzahlen und geradezu euphorischen Testberichten. Grund dafür sind vor allem ein hervorragender Klang der preislich im Vergleich zu den Mitbewerbern überaus moderaten Komponenten und der fast völlige Verzicht auf marketingtechnische Schaumschlägerei. Und dazu passt es eben auch, in der Produktinformation zum P2 unumwunden zuzugeben, dass ihm eigentlich eine andere als die in die Tat umgesetzte technische Lösung lieber gewesen wäre. Doch dazu später.

Ich hatte mein Aha-Erlebnis vor etwas mehr als einem Jahr, als ich in meiner Beschäftigung mit Hifi zum allerersten Mal überhaupt mit Audio Exklusiv Verstärkern in Berührung kam: Beim Test der Röhrenvor- und Hybridendstufe konnte ich nur darüber staunen, wie viel Klang und fein verarbeitetes Material Andreas Schönberg und sein Team dem Kunden fürs Geld bieten. Trotz der Röhren im Signalweg ist hier niemand der Versuchung erlegen, den Verstärkern einen Sound anzuzüchten, da halten sich die Amps vornehm im Hintergrund und verwöhnen mit Details, Klangfarben, Dynamik und Raum – wenn der Tonträger dies hergibt. Die Erwartungshaltung ist also recht hoch, als die P2 bei mir eintrifft.

Für Moving-Magnet-Systeme stehen drei Lastkapazitäten zu Wahl
Für Moving-Magnet-Systeme stehen drei Lastkapazitäten zu Wahl

Doch schon beim Auspacken nimmt sie mich für sich ein: Während ich mit P1 und P7 wegen ihrer von Gold dominierten Optik, zumindest was das Design anbelangt, nicht so richtig warm wurde, gibt sich die Phonostufe mit ihrer Nero Assoluto Front und den schwarzen Bedienelementen ausgesprochen zurückhaltend und elegant. Das übrige Gehäuse ist wie bei Audio Exklusiv üblich aus zwei Millimeter dickem Stahlblech gefertigt und mit Schwermatten bedämpft, und auch mit dem speziellen, hochwirksamen, weißen Material zur Resonanzabsorbation, das auch bei den von Amré Ibrahim hoch geschätzten Silentplugs zum Einsatz kommt, wurde hier nicht gespart: Wie in der P7 wurden die Abstandshalter für die Platinen sowie die Befestigungsschrauben unter beträchtlichem Aufwand aufgebohrt und mit dem Stoff gefüllt, über den sich Andreas Schönberg ansonsten verständlicherweise ausschweigt. Aber damit nicht genug: Die gasgefüllten Reedrelais, die die Umschaltung der Eingänge, der Verstärkung und der Eingangswiderstände respektive -kapazitäten bewerkstelligen, die Feldeffekt-Transistoren der kaskadierten MC-Stufe und die beiden FETs der MM-Stufe wurden ebenfalls mit dem Spezialkunststoff beruhigt.

Bis zur RIAA-Entzerrung ist der Signalweg im P2 frei von Koppelkondensatoren. Servoschaltungen sorgen dafür, dass kein Gleichstrom fließt. Erst vor der Class-A-Ausgangsstufe findet sich eine Kapazität: eine Kombination aus den speziell für Audio Exklusiv gefertigten Folienkondensatoren und solchen mit Ölpapier und Glimmer. Entsprechend hochwertig sind natürlich auch die an klangrelevanten Stellen eingesetzten Widerstände: Audio Exklusiv bedient sich hier bei den Premiumherstellern Vishay und Holco.


Die Verstärkung für Moving Coils ist in drei Zehn-Dezibel-Schritten einstellbar. Es werden sechs Eingangsimpedanzen angeboten
Die Verstärkung für Moving Coils ist in drei Zehn-Dezibel-Schritten einstellbar. Es werden sechs Eingangsimpedanzen angeboten

Während man sich im Signalweg auf eine Kapazität beschränkt, können es bei der Stromversorgung gar nicht genug sein: Nach einem hochwertigen Eingangsnetzfilter, den ausgesprochen großzügig dimensionierten Trafos eines jeden Kanals und den schnellen Gleichrichterdioden geht es mit einer Siebung aus Spulen, Widerständen und Elkos mit 60000 µFarad weiter. Dazu kommen dann noch – natürlich ebenfalls pro Kanal – die 6000 µFarad in den Panasonic-FC-Kondensatoren, die in der Nähe der Verbraucher auf der Signalplatine mit ihren 105 Mikrometer dicken Leiterbahnen positioniert wurden. Darüber hinaus sollen sogenannte Kapazitätsmultiplier zur virtuellen Kapazitätsvergrößerung zu einer rippelfreien Stromversorgung beitragen, so dass die Audioschaltungen unter optimalen äußeren Bedingungen arbeiten können. Eine geschirmte Innenverkabelung hoher Qualität und ein Phasendetektor runden das bisher so positive Erscheinungsbild der P2 ab.

Der Besitzer dieser Phonovorstufe braucht sich auch nicht – wie anderswo leider allzu oft üblich – mit winzigen Mäuseklavieren herumzuschlagen, um für den Tonabnehmer die richtige Anpassung zu finden. Per Drehschalter an der Frontplatte kann er bei der P2 bequem zwischen MM und MC und hier zwischen drei verschiedenen Verstärkungen wählen. Er hat auch die Auswahl zwischen drei Lastkapazitäten für Moving-Magnet-Systeme und sechs Lastimpedanzen für Moving-Coils. Wem das nicht reicht, der kann die Cinch-Buchsen, die den unsymmetrischen Eingängen parallelgeschaltet sind, noch zusätzlich mit Widerstandssteckern seiner Wahl bestücken. An der Ausstattung der P2 wurde also ebenfalls nicht gespart.

Wer die recht hoch gewählten Abschlusswiderstände für nicht fein genug abgestuft hält, kann an den „ MC Load‟-Buchsen Parallelwiderstände nach Wahl ergänzen, um auf seinen Wunschwert zu kommen. Die Phasen-Lampe rechts leuchtet, wenn die Polung des Steckers korrekt ist
Wer die recht hoch gewählten Abschlusswiderstände für nicht fein genug abgestuft hält, kann an den „ MC Load‟-Buchsen Parallelwiderstände nach Wahl ergänzen, um auf seinen Wunschwert zu kommen. Die Phasen-Lampe rechts leuchtet, wenn die Polung des Steckers korrekt ist

Ich habe der P2 dann gerade mal eine halbe Stunde zur Akklimatisierung auf der oberen Ebene des Pagode-Racks gegönnt, bevor ich ein paar Aufstellungsvarianten ausprobiert habe: zuerst direkt auf dem Holz, dann mit einer Audio Exklusiv d.C.d. Base und schließlich mit den d.C.d. Feet zwischen Base und Gerät. Wie zu erwarten hatten die firmeneigenen Goodies durchaus positive Auswirkungen auf den Klang der P2. Die verhältnismäßig überschaubaren Investitionen sorgten für eine noch etwas größere imaginäre Bühne und eine noch packendere Dynamik: Impulse hoben sich beeindruckender von einer nun noch schwärzeren, tiefen Stille ab. Den krönenden Abschluss bildeten dann vier Silentplugs, die den nicht genutzten MM-Eingang und die Buchsen für individuellen Abschlusswiderstände belegten. Dabei harmonierten Gerät und Zubehör bestens: Hier wird keine etwaigen Schwachstelle der Komponente mit zusätzlichem Aufwand kompensiert – bisher kann ich bei der P2 beim besten Willen nicht die kleinste Schwäche entdecken. Die Silentplugs, die Base und die Feet legen vielmehr in allen Disziplinen, in denen die Phonostufe sowie schon überzeugende Leistungen bringt, die Messlatte noch ein kleines Stückchen höher. Und deswegen bringe ich es auch nicht über mich, das so wirkungsvolle Zubehör bei Sammeln weiterer Erfahrungen mit der Schwarzen Schönheit außen vor zu lassen. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Die P2 kann auch allein ganz hervorragend bestehen, sie ist keinesfalls auf die drei kleinen Helfer angewiesen. Mit ihnen lassen sich LPs aber einfach mit noch ein wenig mehr Spaß genießen. Und darum geht es schließlich – wenn möglich, auch bei der Arbeit.


Ich habe dann einige Wochen mit der Audio Exklusiv Phonostufe im Alltagsbetrieb Musik gehört, ohne irgendwelche Vergleiche, ohne überhaupt an diesen Test zu denken. Und in dieser Zeit habe ich meinen etatmäßigen Entzerrer, die symmetrischen Einsteins, nicht einmal vermisst. Auch über einen längeren Zeitraum zeigte die P2 nicht die geringste Auffälligkeit. Die Tatsache, dass man längere Zeit völlig zufrieden mit einer zu testenden Komponente in seiner Kette gelebt hat, hat für mich zwar schon jede Menge Aussagekraft, dürfte Ihnen allerdings deutlich zu pauschal sein. Und deshalb habe ich den Phonoentzerrer nach seinem Besuch in unserem Fotostudio noch einmal ausgiebig gehört, mit unterschiedlichen Tonabnehmer und im Vergleich zu Einsteins The Turntable‘s Choice. Da grade von Spaß die Rede war, beginne ich mit Muddy Waters „Mannish Boy‟ auf der 45er-LP zum Levis-Werbespot und dem Brinkmannschen EMT-Derivat: Da sind  überschäumende Spielfreude der Musiker und ein packender Groove garantiert, und zwar bei beiden Entzerrern, die sich insgesamt nicht viel nehmen. Der Einstein macht in den unteren Oktaven minimal mehr Druck und klingt einen Hauch dreckiger, was bei dieser Art von Musik durchaus authentisch wirkt. Dafür umgibt der Audio Exklusiv die Instrumente mit etwas mehr Luft wieder und zeichnet die Höhen eine Spur einschmeichelnder. Allerdings musste der deutlich teurere Einstein für diesen Test auf die Fensterbank hinten den Racks ausweichen, und auch die unsymmetrischen respektive symmetrischen Kabel, die die Tonarme mit den Phonostufen verbinden, kommen nicht vom selben Hersteller, wenn auch aus der derselben, hohen Qualitätsstufe.

Nach dem Netzfilter geht es strikt kanalgetrennt weiter. Die Lasten für die Tonabnehmer und die Eingänge werden per Relais gewählt
Nach dem Netzfilter geht es strikt kanalgetrennt weiter. Die Lasten für die Tonabnehmer und die Eingänge werden per Relais gewählt

Weiter geht‘s mit der Decca SPA 233 und Rodrigos Concierto De Aranjuez: Hier spielt der P2 sehr fein und klangfarbenstark, zeichnet ein filigranes und etwas distanzierteres Bild, während der Einstein ein wenig zupackender agiert und eine etwas größere, nähere, in ihrer Gesamtheit mindestens ebenso tiefe Abbildung präsentiert. Jeder der beiden Entzerrer für sich genommen setzt die Signale des EMT völlig überzeugend und in sich stimmig in Szene, nur wenn man den Gegenentwurf des Vergleichsgerätes hört, kommt man ins Grübeln darüber, ob hier vielleicht eine etwas energiereichere Gangart und dort ein Quäntchen mehr Luftigkeit wünschenswert wäre. Die ungemein hohe Qualität der beiden Phonostufen steht dennoch außer Frage.

Wechseln wir zum Kuzma 4Point und dem Lyra Olympos. Hier bezieht der Einstein sein Signal über die durchgehenden Kabel, während der Audio Exklusiv über die Cinch-Box und die Ortofon TSW 5000 verbunden wird – natürlich nicht gleichzeitig. Aber auch dieses Experiment gelingt nur zum Teil, denn wenn die Cinch-Verbindung zum P2 besteht, hängt das fest mit Arm verbundene Kabel mit den XLR-Stecker quasi in der Luft und betätigt sich als Antenne. Neben dem Signal vom Olympos bekommt der Audio Exklusiv auch ein schwaches Radiosignal. Man kann die Qualitäten des Lyra zwar erkennen, ein Vergleich des P2 mit dem Einstein verbietet sich unter diesen Umständen jedoch. Daher steht nun eine kleine Umbaupause an: Ein SME V nimmt die Position des Kuzma ein und wird mit einem Lyra Titan i bestückt. Auf dem Teller liegt nun das Reissue der Three Blind Mice TBM-63: Isao Suzukis Black Orpheus. Die Impulse von Cello und Bass und die rauhen Töne eines angezerrten Fender Rhodes springen einen förmlich an. Der außergewöhnlich direkte Studiosound versprüht einen unwiderstehlichem Groove und eine enorme, geschmeidige Kraft. Und das ganz unabhängig davon, ob Einstein oder Audio Exklusiv die Entzerrung übernehmen. Mit beiden lässt sich die Scheibe ungeheuer intensiv genießen. Was macht da ein wenig mehr Druck hier oder ein bisschen mehr Durchzeichnung da noch aus, wenn man sich auf solch hohem Niveau bewegt?

Transistoren und Relais werden mit resonanzabsorbierendem Kunststoff bedämpft
Transistoren und Relais werden mit resonanzabsorbierendem Kunststoff bedämpft

 

 

STATEMENT

Erfreulicherweise bleibt Audio Exklusiv seiner Linie treu: Auch der P2 überzeugt mit einem in sich stimmigen, sehr offenen Klangbild und erlaubt sich nicht die kleinste Abweichung vom Pfad der Tugend. Der P2 braucht weder Effekte oder sonstige Auffälligkeiten im Frequenzgang, um den Zuhörer in den Bann der Musik zu ziehen. Das schafft er mit seinem perfekten Timing und den satten Klangfarben spielend. Es dürfte enorm schwierig sein, einen auch nur ebenso gut klingenden und ähnlich hochwertig verarbeiteten Entzerrer zu diesem Preis zu finden!
GEHÖRT MIT
Plattenspieler Brinkmann LaGrange mit Röhrennetzteil
Tonarm Brinkmann 12.1, Kuzma 4point, SME V
Tonabnehmer Lyra Olympos und Titan i, Brinkmann EMT ti
Phonostufe Einstein The Turntable‘s Choice (sym)
Vorverstärker Brinkmann Marconi
Endstufe Brinkmann Monos
Lautsprecher LumenWhite DiamondLight Monitors
Kabel Ortofon TSW 5000 Silber
Precision Interface Technology
HMS Gran Finale Jubilee
Audioplan Powercord S
Zubehör PS Audio Power P5
Clearaudio Matrix
Sun Leiste
Audioplan Powerstar
HMS-Wandsteckdosen
Acapella Basen
Acoustic System Füße und Resonatoren
Finite Elemente Pagode Master Reference Heavy Duty und Cerabase
Harmonix Real Focus
Audio Exklusiv d.C.d Base, Feet und Silentplugs

 

HERSTELLERANGABEN
Phonovorverstärker P2
Frequenzgang 20 Hz - 20 kHz (-0.15 / + 0.18 dB)
Geräuschspannungsabstand (MM / MC) 98 dB / 86 dB
Fremdspannungsabstand (MM / MC) 86 dB / 75 dB
THD+N 0,017 %
Eingangswiderstand MC 100, 250, 510, 850, 1000, 47000 Ohm
Eingangkapazität MM 50, 100, 150 pF
MC Verstärkung 10 / 20 / 30 dB
Leistungsaufnahme (Leerlauf) 14 Watt
Abmessungen (B/H/T) 480/125/465 mm
Gewicht 15,5 kg
Preis ab 3800 Euro
Garantie 2 Jahre

 

HERSTELLER/VERTRIEB
Audio Exklusiv
Anschrift Andreas Schönberg
Altkönigstr. 20
61194 Niddatal
Telefon 0 60 34 - 90 70 85
Fax 0 60 34 - 90 70 86
E-Mail info@audio-exklusiv.de
Internet www.audio-exklusiv.de

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Vor nicht ganz zwei Jahren haben wir unsere Download-Reihe mit einem Stück von Dieter Ilg und Charlie Mariano begonnen. Nun ist es wieder so weit: Pünktlich zur Fertigstellung der LP mit Otello-Variationen für Jazz-Trio präsentieren wir Ihnen ein weiteres musikalisches Schmankerl unseres Lieblingsbassisten.
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Auf der LP sind andere Stücke zu hören als auf der Studio- und Live-CD. Selbstverständlich entschied sich auch Dieter Ilg für ein oppulentes Klapp-Cover
Auf der LP sind andere Stücke zu hören als auf der Studio- und Live-CD. Selbstverständlich entschied sich auch Dieter Ilg für ein oppulentes Klapp-Cover

Diese Scheibe ist zwar nicht auf unserem Label sommelier du son erschienen, sondern auf dem Dieter Ilgs, das er, da er als passionierter Gourmet und Restaurantkritiker alles Fettreduzierte vehement ableht, programmatisch FullFat taufte. Oder sollte etwa der Sound seines Viersaiters bei der Namensgebung auch eine Rolle gespielt haben? FullFat hin, sommelier her: Unabhängig vom Namen des Labels ist „Otello live at Schloss Elmau Special analogue edition‟, was die technische Realisation anbelangt, eine waschechte sds-Produktion: Zwar wurden bei der Aufnahme neun der zehn Kanäle eines Acousta Mischpultes genutzt – schließlich beanspruchte auch die lediglich in zwei Stücken von Schlagzeuger und Perkussionist Patrice Herals eingesetzte Elektronik ihre Tonspuren –, doch wurden die neun Signale live, also während des Konzertes auf die beiden Stereo-Kanäle verteilt. Danach ging es dann gewohnt puristisch weiter: Weder kamen Effektgeräte noch Limiter noch Kompressoren zum Einsatz, wie man auf dem Bildschirmfoto erkennt: Es zeigt die parallel aufgezeichnete digitale Sicherheitskopie des Songs im Mastering-Programm. Mit Sonic-Studios soundBlade wurden die hier angebotenen Downloads geschnitten, auf den Normpegel gebracht und in einem Fall auf das CD-Format heruntergerechnet.

Würde man einige wenig Impulse beschneiden, wären leicht drei Dezibel mehr Lautstärke möglich
Würde man einige wenig Impulse beschneiden, wären leicht drei Dezibel mehr Lautstärke möglich

Doch zurück zur LP-Produktion: Ein klein wenig Dynamikbeeinflussung könnte hier allenfalls die Bandsättigung des „heiß‟ ausgesteuerten Tapes gebracht haben. Auf eine klangliche Nachbehandlung der Session-Tapes haben wir wohlweißlich verzichtet, da hierzu eine Überspielung auf ein Mastertape nötig wäre und eine solche in der analogen Welt unweigerlich mit Überspielverlusten verbunden ist. Daher bestand die einzige Nachbearbeitung darin, die gewünschten Stücke ohne den anschließenden Applaus aus den Session-Tapes herauszuschneiden und in der richtigen Reihenfolge mit ein wenig Gelbband für die Pausen dazwischen wieder zusammenzukleben.

Das Band, das wir zum Schneiden der Lackfolien mitnahmen, bestand also aus Teilen der Tapes, auf die wir während des Konzertes aufgenommen haben. Weniger Zwischenstufen sind nur bei einem Direktschnitt möglich. Geschnitten hat die Lackfolien dann Willem Makkee in seinem privaten Studio in Langenhagen. Wir sind davon überzeugt, dass die 40 Jahre Schneide-Erfahrung, die er verkörpert, dem Klang der Scheibe ausgesprochen gut getan haben. Auch er hat übrigens auf jegliche Klangmanipulation verzichtet. Die Galvanik sowie die Pressung übernahm die Pallas in Diepholz.

Da man sich für die Analog- und die Digital-Aufnahme nicht auf einen Mischer einigen konnte und die Mikrofonsignale auch nicht splitten wollte, wurde doppelt mikrofoniert, was Patrice Heral zum Glück nicht störte. Damit auch seine elektronischen Sounds als Punktschallquelle wahrgenommen wurden, übernahm ein Bose L1 System ihre Verstärkung
Da man sich für die Analog- und die Digital-Aufnahme nicht auf einen Mischer einigen konnte und die Mikrofonsignale auch nicht splitten wollte, wurde doppelt mikrofoniert, was Patrice Heral zum Glück nicht störte. Damit auch seine elektronischen Sounds als Punktschallquelle wahrgenommen wurden, übernahm ein Bose L1 System ihre Verstärkung

Nach dem Konzert: Rainer Böhm, Dieter Ilg und Patrice Heral. Das Sofa stand übrigens auf der Bühne hinter dem Bassisten und hatte einen positiven Einfluss auf die Akustik
Nach dem Konzert: Rainer Böhm, Dieter Ilg und Patrice Heral. Das Sofa stand übrigens auf der Bühne hinter dem Bassisten und hatte einen positiven Einfluss auf die Akustik
Zur Musik: Wo Otello draufsteht, ist auch Verdi drin. Deutschlands bester Bassist und seine Begleiter – Rainer Böhm am Flügel und Patrice Heral an Schlagzeug und Elektronik interpretieren hier die bestens bekannten Arien, die Dieter Ilg für das Jazz-Trio bearbeitete. Eine Studio-CD mit den Arrangements des Bassisten überzeugte die Juroren von Deutschlands wohl wichtigstem Musikpreis derart, dass sie ihn mit dem Echo Eward 2011 auszeichneten. Dabei wollte Dieter Ilg es aber nicht bewenden lassen: Er bearbeitete inzwischen weitere Stücke aus der Oper für sein Trio, um sie in einer Live-Version zu präsentieren. Das tat er im vergangenen Jahr unter anderem in Schloss Elmau, wo er einige Zeit als Artist In Residence verbrachte. Da wir ihn dort mit seinem Solo-Programm schon für unsere erste LP aufgenommen hatten, lag es nahe, das Otello-Konzert und die vorausgehenden Proben ebenfalls im Schloss aufzuzeichnen. Und das passierte gleich zweimal: zum einen auf mehreren Spuren digital für eine CD, die auf dem ACT-Label erschien, und zum anderen auf den jeweils zwei Spuren zweier Studer A810 für die LP.

Für die CD schöpfte man dann aus dem gesamten, während der beiden Tage eingespielten Material, das auf digitalem Weg klanglich optimiert werden konnte. Für die LP wählte Dieter Ilg ausschließlich aus den Songs aus, die vor Publikum aufgezeichnet wurden: Der Klang des Trios war nämlich deutlich differenzierter, als die Zuhörer mit ihrer Anwesenheit für ein bisschen mehr Dämpfung und weniger Nachhall sorgten. Ich denke, die Beschränkung auf das Konzert hat sich wirklich gelohnt. Doch urteilen Sie selbst und genießen Sie Verdi mit mehr Groove denn je!


PS: Als Download-Button dient das Cover der CD, die bei ACT erschienen und im Fachhandel erhältlich ist. Die LP gibt es direkt bei www.dieterilg.de oder bei einschlägig bekannten Analogspezialisten wie DaCapo

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Hier ist er endlich, der schon für gestern angekündigte zweite Teil der Berichterstattung über die Hifi-Tage in Hamburg.
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Da der von der High End On Tour begeisterte Kollege dennoch nur einen Tag dort verbringen konnte und deshalb auch den zweiten Teil seines Artikels gestern schon fertig hatte, habe ich ihm gern den Vortritt gelassen, als es um die abschließende Würdigung der Ausstellungen in Hamburg und Darmstadt ging, erlaubte mir dies doch nach über 800 Kilometern Fahrt durch die eisige Republik statt Arbeit an der Tastatur ein wenig Ruhe.

Bei den Norddeutschen Hifi-Tagen sammelte ich nicht nur Informationen für diesen und den vorherigen Messebericht, sondern unterhielt mit meiner Gattin auch einen Stand zur Werbung für Hifistatement und zum Verkauf der Scheiben von sommelier du son. Zusammen mit dem starken Zuwachs an Ausstellern und genutzter Fläche – neben dem Erd- und dem erstem Obergeschoss wurden nun auch noch mehr Stockwerke in luftiger Höhe, konkret die Etagen 15 bis 18, belegt – führte dies schließlich dazu, dass ich es nicht einmal in alle Räume schaffte: Mitten in der 15. Etage überraschte mich das Messeende. Ein wenig Schuld daran wälze ich gerne auf die Vielzahl von Besuchern und die dadurch oft übervollen Räume ab, die ein zügiges Arbeiten nicht gerade erleichterten. Doch ernsthaft: Gerade der Andrang von vorsichtig geschätzten 3500 Hifi-Interessierten ist es ja, der diese über die Jahre gewachsene Veranstaltung zu einem Erfolg und alle Aussteller rundum zufrieden machte. Vielen Dank für diese gelungene Messe an Wolfgang Borchert, seine wie immer ebenso freundlichen wie engagierten Familienmitglieder und das Team vom Hifi Studio Bramfeld!


 

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In der Einleitung zu Teil eins habe ich meiner Begeisterung über diese Messe ja schon kund getan. Und deshalb will ich es keinesfalls dabei bewenden lassen: die High End On Tour in Darmstadt zum Zweiten.
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Gerade rechtzeitig, um sich die kalten Tage audiophil zu vertreiben, hat die High End On Tour in Darmstadt ihre Zelte aufgeschlagen.
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Und gleich vorweg kann man sagen, dass der Veranstaltungsort sehr geeignet war, um unserem geliebten Zeitvertreib nachzugehen. Denn nicht oft findet man diese Kombination aus großen und hellen Messeräumen, die nicht nur optisch, sondern auch akustisch für ein adäquates Ambiente sorgen. Aber sicherlich haben auch die Aussteller mit ihren hörens- und sehenswerten Produkten dazu beigetragen, dass ein reger Andrang herrschte und nahezu jede Vorführung proppenvoll war. Bleibt mir nur noch ein Dankeschön an die High End Society und das darmstadtium. Allen nicht Dagewesenen wünsche ich viel Spaß mit unserem Messebericht.


 

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Auch in diesem Jahre hat die Zahl der Aussteller bei den Norddeutschen Hifi-Tagen wieder zugenommen. Und der Andrang am ersten Tag könnte durchaus der Grundstein für einen neuen Bestwert bei den Besucherzahlen sein.
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Wenn die Räume – zumindest die im Erdgeschoss und in der ersten Etage – schon um kurz nach zehn Uhr so voll sind, dass man sich zum Fotografieren zwischen den Besuchern hindurchschlängeln muss, mag das die Aussteller erfreuen, dem Berichterstatter macht es die Arbeit aber nicht gerade leichter. Auch an Pausen an unserem Stand ist nicht zu denken: Dafür ist ein Meinungsaustausch über Hifistatement oder die Produktion von Schallplatten einfach viel zu spannend. Morgen stehen dann die oberen Etagen auf dem Programm.


 

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Ypsilon Electronics war nicht nur im letzten und vorletzten Jahr auf der High End vertreten: Doch das Fehlen eines deutschen Vertriebes hat wohl verhindert, dass ich die Verstärker mit den ebenso interessanten wie eigenständigen Detaillösungen schon eher entdeckte. Nun hat WOD die Griechen unter seine Fittiche genommen.
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Auch nach fast 20 Jahren Schreiben über Hifi hat man noch längst nicht alles ausprobiert: Ich kann mich nicht erinnern, jemals zuvor Komponenten aus Griechenland oder eine Vorstufe mit einer Lautstärkeregelung per Transformator in Händen gehabt zu haben und eine rein passive Vorstufe benutzte ich zuletzt lange Zeit vor meiner beruflichen Beschäftigung mit unserem Thema: Zwischen einem Audiolabor Fein Phonoentzerrer und Michaelson & Austins TVA 1 Endstufe sorgte ein in ein schlichtes Gehäuse montierter Widerstandsschalter aus Burmesters erster, längst legendärer Vorstufe für den richtigen Pegel.

Die Front der Vorstufe wirkt sehr elegant – auch weil Ypsilon auf jegliche Bedienungselemente verzichtete. Das Display kann per Fernbedienung ausgeschaltet werden
Die Front der Vorstufe wirkt sehr elegant – auch weil Ypsilon auf jegliche Bedienungselemente verzichtete. Das Display kann per Fernbedienung ausgeschaltet werden

Vielleicht liegt es ja an diesen frühen Hifi-Erfahrungen, dass ich passive Vorstufen bisher fälschlicherweise eher der Do-It-Yourself-Ecke zurechnete und wenig attraktiv fand. Von diesem Vorurteil heilt einen die Ypsilon PST-100 MKII, die ganz nach Wunsch ihres Besitzers aktiv oder passiv agiert, schon auf den ersten Blick: Vorstufen-Boliden diesen Kaliebers sieht man in letzter Zeit selbst aus den USA eher selten. Aber bei der PST-100 ist es nicht die schiere Größe, die beeindruckt: Die Verarbeitung überzeugt auf ganzer Linie, bei der Ausstattung ist allerdings noch ein wenig Luft nach oben. So kann die Vorstufe ohne Fernbedienung nicht in Betrieb genommen werden. Auch auf die Gefahr hin, dass einige Taster die beinahe zwei Zentimeter dicke Frontplatte mit ihrer eleganten Vertiefung über dem gefrästen Firmenlogo verunzieren könnte, wünschte man sich doch einige Drucktasten, die die Nutzung der PST-100 bei verlegter – kann ja durchaus mal passieren – Fernbedienung oder leeren Batterien sicherstellten. Dass sich die schmückende Vertiefung, das Firmenlogo und sechs polierte Knöpfe überaus harmonisch kombinieren lassen, beweist Ypsilon Electronics übrigens selbst mit der trotz ihrer Größe haptisch angenehmen und auch optisch sehr gelungenen Fernbedienung.

Lassen Sie sich von den XLR-Buchsen nicht täuschen: Die PST-100 MKII ist komplett unsymmetrisch ausgelegt. Die Vorstufe bietet zwar einen Tape-Ausgang, aber keine Monitor-Funktion
Lassen Sie sich von den XLR-Buchsen nicht täuschen: Die PST-100 MKII ist komplett unsymmetrisch ausgelegt. Die Vorstufe bietet zwar einen Tape-Ausgang, aber keine Monitor-Funktion

Wer wie ich gern mit Studio-Tonbandmaschinen hantiert, würde sich auch über mehr als den einen vermeintlich symmetrischen Eingang freuen. Leider verbirgt sich hinter der XLR-Büchse nämlich nur ein weiterer unsymmetrischer Eingang. Wie wäre es mit einem „echten‟ symmetrischen Eingang mit Desymmetrier-Trafo? Danach befragt, hatte Demetris Backlavas, einer der beiden Gründer von Ypsilon Electronics, allerdings ein einleuchtendes Argument parat: Für einen weiteren Trafo, der den firmeneigenen Anforderungen genügt, sei in der Vorstufe schlicht kein Platz. Das nun wirklich nicht gerade geringe Volumen der Vorstufe teilen sich bisher: ein Netztrafo, die Drosselspule des Netzteils, zwei Ausgangsübertrager der Röhrenstufe und zwei Transformatoren zur Lautstärkeregelung mit jeweils 31 Anzapfungen. Werfen Sie nur mal einen Blick auf die Übertrager der aktiven Stufe: Da möchte man kaum glauben, dass es hier lediglich um die Auskopplung eines Kleinsignals geht. Ich kenne kleinere Röhrenendstufen, die auch keine imposanteren Übertrager aufweisen.

Die beiden Übertrager unten in der Mitte dienen der Kopplung der Röhren an die Attentuator-Trafos rechts
Die beiden Übertrager unten in der Mitte dienen der Kopplung der Röhren an die Attentuator-Trafos rechts

 

Die Trafos lassen noch ein wenig Raum für eine zentrale Platine oder – da die Bauteile mit Silberdraht von Punkt zu Punkt verdrahtet sind – besser Montageplattform für die 6CA4 Gleichrichterröhre, die Jensen-Netzteilkondensatoren und die beiden Siemens C3m Post-Röhren, die hier als Triode arbeiten. Aber es stand ja schon im Pflichtenheft dieser Pentode, dass sie auch bei Triodenbeschaltung die Kennlinien einer sehr guten „echten‟ Triode aufweisen solle. Ob die C3m im Signalweg liegen oder nicht, regelt auf das entsprechende Signal der Fernbedienung hin die Steuerungselektronik, die auf der unteren von drei übereinander angeordneten Platinen untergebracht ist, die gerade noch zwischen Rückwand und Trafos Platz finden. Die beiden oberen Boards sind mit einer Vielzahl von Relais bestückt, die die Aktiv/Passiv-Umschaltung, die Eingangswahl und die Lautstärkeregelung für jeweils einen Kanal übernehmen. Dabei wird die Röhrenstufe mit ihren Ausgangstrafos nicht einfach vor der Lautstärkeregelung in den Signalweg gelegt oder herausgenommen: Auch hier arbeitet die PST-100 bei den ersten sechs Lautstärkestufen völlig passiv. Erst ab „Volume 7‟ fließen die Signale durch die Röhren und den Übertrager, bevor sie die Wicklungen des sogenannten Attentuator-Trafos mit seinen 31 Anzapfungen durchlaufen. Daher gibt es im aktiven Modus 37 Pegelschritte, im passiven sechs weniger. Insgesamt erstreckt sich der Regelbereich im aktiven Betrieb über 52 Dezibel, die Verstärkung liegt bei 16 Dezibel.

Jensen-Kondensatoren und eine Drossel sorgen nach der Gleichrichter-Röhre für saubere Energie. Die Verstärkung übernimmt pro Kanal eine Siemens C3m in Triodenschaltung
Jensen-Kondensatoren und eine Drossel sorgen nach der Gleichrichter-Röhre für saubere Energie. Die Verstärkung übernimmt pro Kanal eine Siemens C3m in Triodenschaltung

Das Ungewöhnliche am Konzept der PST-100 ist es, dass hier die aktive Stufe vor statt hinter der Pegelregelung liegt. Üblicherweise soll eine Verstärkerstufe mit möglichst geringer und konstanter Ausgangsimpedanz dafür sorgen, dass dem Signal selbst längere Kabelwege und nicht allzu hohe Eingangswiderstände der Endstufen nichts anhaben können. Da Ypsilon Electronic zur Lautstärkeregelung kein Poti, sondern den Attentuator-Trafo einsetzt, ergeben sich aber selbst ohne anschließende Bufferstufe recht günstige Verhältnisse an den unsymmetrischen Ausgängen – auch hier liefert die XLR-Buchse kein symmetrisches Signal: Die höchste Ausgangsimpedanz wird in beiden Betriebsarten bei der höchsten Lautstärkestufe, also einer Dämpfung von null Dezibel erreicht: Im aktiven Modus wird die Ausgangsimpedanz durch den Trafo zwischen Röhre und Attentuator-Trafo bestimmt und beträgt 150 Ohm. Im passiven Betrieb ist es exakt die Ausgangsimpedanz der angeschlossenen Quelle – und die ist heute bei Wandlern und Phonoentzerrern in den aller meisten Fällen ausgesprochen niedrig. Wird der Pegel durch den Trafo herabgesetzt, sinkt im aktiven wie im passiven Betrieb auch die Ausgangsimpedanz. Bei Endstufen mit  Eingangsimpedanzen oberhalb von zehn Kiloohm dürfte also alles im grünen Bereich liegen, bei meinen Brinkmann-Monos mit ihren 600 respektive 1000 Ohm ist allerdings ausprobieren angesagt.

Die schmucke Fernbedienung lässt vermuten, dass sechs Drucktasten auch die Frontplatte der Vorstufe nicht verunziert hätten
Die schmucke Fernbedienung lässt vermuten, dass sechs Drucktasten auch die Frontplatte der Vorstufe nicht verunziert hätten


Keinerlei Anpassungsprobleme gibt es natürlich bei der firmeneigenen Endstufe. Die Aelius-Monos mit ihrem Eingangswiderstand von 47 Kiloohm sind übrigens das kleinere, wenn auch leistungsstärkere von zwei Hybrid-Endstufen-Modellen, das Demetris Backlavas und Fanis Lagadinos entwickelten. Hier werkelt eine Siemens C3g in der Eingangsstufe und steuert über einen selbstverständlich im Hause gewickelten Transformator zwei im Push-Pull-Betrieb verstärkende MOS-Fet-Ausgangsstufen an. So wird an acht Ohm eine Leistung von 200 Watt erreicht. Eine weitere Besonderheit des Schaltungskonzeptes stellt der extrem hohe Class-A-Bereich dar: Bis zu 60 Watt arbeitet die Aelius in dieser klangfördernden Betriebsart, was allerdings schon im Leerlauf zu einer Leistungsaufnahme von 200 Watt und der entsprechenden Wärmeabstrahlung führt. Dafür, dass es nicht gar zu heiß wird, sorgt eine elektronische Schutzschaltung. Eine weitere soll Gleichstrom an den Lautsprecherterminals verhindern. An diesen liegt übrigens ein phasengedrehtes Signal an: Die Lautsprecher sind also verpolt anzuschließen. Auch eingangsseitig erlaubt sich die Aelius ein paar Eigenheiten. Der XLR-Eingang – zwischen ihm und dem Cinch-Eingang kann per versenkt angebrachtem Kippschalter gewählt werden – ist wie der der Vorstufe unsymmetrisch beschaltet. Etwaige Brummprobleme lassen sich mit einem ebenfalls versenkt montierten Groundlift-Schalter beheben.


Auch die Endstufe kommt ohne jegliches Bedienelement auf der Frontplatte aus
Auch die Endstufe kommt ohne jegliches Bedienelement auf der Frontplatte aus

Schon bei einer etwas genaueren Betrachtung erweisen sich die PST-100 MKII und das Pärchen Aelius als extrem hochwertig verarbeitete Verstärker mit einer Reihe von eigenständigen Lösungen, die sie positiv vom High-End-Mainstream unterscheiden. Die ersten knackig kalten Tage dieses eher lauen Winters sind da genau richtig, um sich ausführlicher mit den Class-A-Heizungen zu beschäftigen. Dazu kommen die Aelius direkt auf dem Boden zwischen den Lautsprechern und die Vorstufe auf der oberen Ebene des Pagode-Racks zu stehen. Die Verbindung übernimmt ein unsymmetrisches HMS Gran Finale Jubilee. Gleich nach dem Einschalten lässt sich ein leichter Brumm aus den Lautsprechern vernehmen, der aber sofort verschwindet, wenn der Groundlift an beiden Endstufen aktiviert ist. Ich schalte die Vorstufe auf passiv und beginne erst einmal mit ein paar neuen Scheiben wie den Offenbach-Interpretationen Gianluigi Trovesis auf ECM, Michel Godards in einem halligen Refektorium eines Klosters aufgenommenen Monteverdi-Variationen auf Carpe Diem und Joo Kraus‘ Painted Pop auf edel:content – trotz ihrer Unterschiedlichkeit alles Scheiben, die musikalisch ebenso zu überzeugen verstehen wie klanglich. Nur warnen kann ich allerdings vor Tom Waits‘ neuestem Werk Bad As Me, das zwar alles bietet, was dem Waits-Fan lieb und teuer ist, jedoch so schrill und komprimiert daherkommt, das es einen graust – trotz Mastering von Bernie Grundman. Bei den drei vorher genannten Scheiben darf man sich dank der Ypsilons aber an einer sehr großen Abbildung und leicht hell timbrierten, intensiven und kräftigen Klangfarben erfreuen. Ohne gleich hektisch hin und her zu stöpseln, würde ich den Ypsilons eine noch etwas großzügigere Raumdarstellung, einen Hauch mehr Offenenheit und ein wenig mehr Schub im Präsenzbereich attestieren als meinen vertrauten Brinkmanns.

Vor dem mächtigen Netztrafo liegen die beiden, von der Platine mit der Schutzschaltung zum Teil verdeckten Drosseln des Netzteils der Transistorausgangsstufe
Vor dem mächtigen Netztrafo liegen die beiden, von der Platine mit der Schutzschaltung zum Teil verdeckten Drosseln des Netzteils der Transistorausgangsstufe

Mit bekannteren Files von der Festplatte widme ich mich dann dem Vergleich der beiden Betriebsarten der Vorstufe. Das erweist sich als deutlich schwieriger als erwartet und spricht damit umso mehr für die Konstrukteure der PST-100 MK II: Es gelingt ihnen, ihr Klangideal mit oder ohne aktive Verstärkung nahezu vollständig zu erreichen. Die Unterschiede zwischen beiden Modi sind so gering, dass sie nicht wirklich erwähnenswert wären, doch um der Chronistenpflicht zu genügen, versuche ich mich doch einmal daran: Im passivem Modus geht es auf der imaginären Bühne noch ein klein wenig luftiger und großzügiger zu und die Klangfarben geraten eine Nuance satter. Deshalb – und weil die Pegel der Wandler und der Phonostufe völlig ausreichen – verzichte ich im weiteren auf die Dienste der C3m in der Vorstufe. Ich könnte also auch mit dem etwas günstigeren, passiven Modell PST-100 TA glücklich werden.

Wenn es nach mir ginge, würde ich hier aufhören und einige meiner Lieblingsscheiben im Cinemascope-Sound der Ypsilons hören. Aber man sollte sich ja nicht zu früh zufrieden geben. So ist beispielsweise der Aufwand, um drei Nordost Pulsar Points aus Titan unter die Vorstufe zu schieben, denkbar gering – nicht aber ihre klangliche Wirkung. Mit Hilfe der der Titan-Gebilde agiert die PST-100 noch einmal eine Spur weiträumiger und offener. Die imaginäre Bühne gewinnt etwas Tiefe hinzu und die Tieftonwiedergabe an Präzision, ohne an Druck zu verlieren. Statt die Ankopplung der Vorstufe auf die Spitze zu treiben und mit Füßen von Acoustic Systems oder Finite Elemente zu experimentieren, wende ich mich lieber den Endstufen zu: Hier bewirken sechs Cerabase mindestens noch einmal so viel wie die Pulsar Points unter der Vorstufe: Diese Abbildungsgröße und -tiefe habe ich bisher mit meinen Lautsprechern nicht erleben können. Vor den simplen Tuning-Maßnahmen gefielen mir die Ypsilons schon ausgesprochen gut. Aber es gehört einfach zum Job, noch faszinierenderen Komponenten als den eigenen zu begegnen und sie dennoch recht emotionslos an ihren Besitzer zurückzugeben. So wie die Ypsilons aber nun agieren, machen es mir doch schwerer als gedacht, an die Trennung zu denken. Allein das Fehlen symmetrischer Eingänge hält mich davon ab, über riskante Finanzierungsmodelle nachzudenken. Übrigens: Fällt Ihnen eine Steigerung zu Cinemascope ein? Wenn ja, dann haben Sie ungefähr eine Vorstellung davon, was Sie von PST-100 MK und Aelius erwarten dürfen.


Der Trafo zur Ansteuerung der beiden im Brückenbetrieb arbeitenden MOS-Fet-Ausgangsstufen ist unter dem Board links mit den Röhren und ihrem Choke-Netzteil verborgen
Der Trafo zur Ansteuerung der beiden im Brückenbetrieb arbeitenden MOS-Fet-Ausgangsstufen ist unter dem Board links mit den Röhren und ihrem Choke-Netzteil verborgen

Die Vorstufe harmoniert übrigens auch sehr gut mit meinen Brinkmann-Monos. Erfreulicherweise bleibt dabei ein nicht geringer Teil der fantastischen Raumdarstellung erhalten. Die Bühne wirkt nur minimal kleiner und nur ein Hauch Luftigkeit geht verloren – obwohl hier die gewiss nicht idealen pseudo-symmetrische Ausgänge der Ypsilon-Vorstufe Verwendung finden. Wenn das so weitergeht, werde ich noch zum Verfechter passiver Vorstufen – vorausgesetzt, sie sind so hervorragend ausgeführt wie die PST-100 MKII. Zum Abschluss gönne ich mir noch einmal das komplette Ypsilon-Trio mit einer 192-Kilohertz-Version von Muddy Waters‘ „Good Morning School Girl‟: So lebensgroß auf Breitwandformat habe ich diese vier Musiker noch nie gehört. Einfach umwerfend!

Auch die Spannung für die Siemens C3g wird von einer 6CA4 gleichgerichtet
Auch die Spannung für die Siemens C3g wird von einer 6CA4 gleichgerichtet

 

 

STATEMENT

Demetris Backlavas, Fanis Lagadinos und seit einiger Zeit auch Andy Hassapis konstruieren und fertigen bestens verarbeitete Verstärker mit selbstgewickelten Transformatoren und Übertragern. Und der Aufwand zahlt sich aus. PST-100 MKII und Aelius leisten sich in keiner Disziplin auch nur die geringste Schwäche und brillieren mit einer derart beeindruckenden Abbildung, dass der nicht unbeträchtliche Preis und die Wärmeentwicklung der Endstufen sofort in Vergessenheit geraten. Ich freue mich schon jetzt auf die Phonostufe.
GEHÖRT MIT
Plattenspieler Brinkmann LaGrange mit Röhrennetzteil
Tonarm Brinkmann 12.1, Kuzma 4Point
Tonabnehmer Brinkmann EMT ti, Lyra Olympos
Phonostufe Einstein The Turntable’s Choice symmetrisch
CD-Laufwerk Wadia WT 3200
D/A-Wandler M2Tech Young und Palmer, Prototyp
Vorverstärker Brinkmann Marconi
Endstufe Brinkmann Monos
Lautsprecher LumenWhite DiamondLight Monitors
Kabel HMS Gran Finale Jubilee, Audioplan Powercord S, CharismaTech
Zubehör PS Audio Power Plant P5, Sun Leiste, Audioplan Powerstar, HMS-Wandsteckdosen, Acapella Basen, Acoustic System Füße und Resonatoren, Finite Elemente Pagode Master Reference Heavy Duty und Cerabase, Harmonix Real Focus

 

HERSTELLERANGABEN
Vorstufe Ypsilon Electronics PST-100 MKII
Frequenzgang 9 Hz – 100 kHz (-3dB)
Ausgangswiderstand 150 Ohm
Eingangswiderstand 50 kOhm
Verstärkung 7-fach (16,9 dB)
Leistungsaufnahme 100 W
Abmessungen (B/H/T) 400/180/410 mm
Gewicht 25 kg
Preis 23100 Euro
Garantie 5 Jahre (außer Röhren)

 

HERSTELLERANGABEN
Monoendstufe Ypsilon Electronics Aelius
Ausgangsleistung vor Clipping 200W rms an 8 ohmm 350W rms an 4 Ohm
Frequenzgang 11 Hz - 75 Khz (-3 dB)
Ausgangsimpedanz 0,4 Ohm
Eingangsimpedanz 47 Kiloohm
Verstärkung 30-fach (29,5 dB)
Eingänge symmetrisch, unsymmetrisch (umschaltbar)
Leistungsaufnahme 200 W (Leerlauf)
Abmessungen (B/H/T) 425/230/425 mm
Gewicht 45 kg
Paarpreis 23100 Euro
Garantie 5 Jahre (außer Röhren)

 

VERTRIEB
Werner Obst Datentechnik
Anschrift Westendstraße 1A
61130 Nidderau
Telefon +49 6187 900077
E-Mail info@wodaudio.de
Internet www.wodaudio.de

Weitere Informationen

  • Imagefolder tests/12-01-30_ypsilon
Eigentlich war diese prickelnde und swingende Melodie als unser Silvestergruß an Sie, lieber Leser, gedacht. Doch wegen der Feiertage zog sich die Freigabe leider ein wenig länger hin. Die Verzögerung dürfte den Genuss dieses wunderbaren Songs aber keinesfalls schmälern.


Wolfgang Schlüter faszinierte das Publikum mit seinem Spiel ebenso wie mit seinen eingängigen Kompositionen
Wolfgang Schlüter faszinierte das Publikum mit seinem Spiel ebenso wie mit seinen eingängigen Kompositionen

Spätestens seit seinem auf ECM erschienenen Lyrik und Jazz-Projekt mit Peter Rühmkorf, „Kein Apolloprogramm für Lyrik‟ – mit Michael Naura und Eberhard Weber – schätze ich den norddeutschen Vibraphonisten. Sie können sich also vorstellen, was mir die Zusage, seinen Auftritt im Birdland für unsere Downloads mitschneiden zu dürfen, bedeutete. Das Konzert übertraf dann alle Erwartungen – nicht zuletzt dank Wolfgang Schlüters virtuosen Begleitern, allen voran Boris Netsvetaev. Doch bevor ich mich weiter als leicht euphorisierter Kritiker versuche, überlasse ich das Wort lieber Tobias Böcker, der das Konzert in der regionalen Presse besprach:

Boris Netsvetaev zauberte an den Tasten und demonstrierte seine Virtuosität
Boris Netsvetaev zauberte an den Tasten und demonstrierte seine Virtuosität

 

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Wolfgang Schlüter spielt sich durch 60 Jahre seines Lebens


Mühsam tastet er sich zur Bühne vor, steht hinter dem Vibraphon wie ein erratischer Block, beginnt dann zu spielen, wie ein Wunder zu swingen und zu schweben. Wolfgang Schlüter, echtes Urgestein des deutschen Jazz, erstaunliche 80 Jahre jung, ist seiner großen musikalischen Liebe, dem Swing, seit über sechs Jahrzehnten treu, legt dabei schon immer wert darauf, up to date zusein, elegante, anspruchsvolle, bewegende, befreiende Musik zu machen. Bis heute kostet er den Spirit jener jungen Jahre aus, als der vormalig als Negermusik verhöhnte Jazz in Deutschland wirkte wie eine frische Brise der Freiheit, Individualität vermittelte statt Gleichschaltung, leichten swing statt hartem Tritt, frische Luft statt braunem Muff, friedfertiges Miteinander im losen Band der Band statt ein Lied, zwo drei vier: „It's You Or No One“.

Dass er nicht beim Jazz jener frühen Jahre blieb, tritt unmittelbar hervor mit „Al Haba“, einer eigenen Komposition, die sich nicht zuletzt auch Dank der Beiträge seiner exquisiten Bandmitglieder weit hinaus begibt auf die weiten Felder improvisatorischer Kreativität. Gleiches gilt für eine Hommage an Thelonious Monk, jenen quer denkenden, kantigen Genius der Gründerzeit des Bebop. Neben dem förmlich über die Klangstäbe wirbelnden Schlüter nimmt vor allem der erfrischend aufspielende Boris Netsvetaev am Bösendorfer den Geist des großen Individualisten Monk auf, fegt förmlich um Ecken und Kanten durch metrische Tücken und harmonische Raffinessen. In einer dem Dichter Peter Rühmkorf zugeeigneten Ballade löst sich aus einem Intro mit fast Rachmaninoffschem Pathos eine feine, leise, wunderbar weich swingende Melodielinie von liebevoller, lyrischer Wärme.

Dezent dazu die Besen von Drummer Kai Bussenius, der an anderer Stelle ganz schön Temperament zeigt, und der wohlige, äußerst wendige Bass von Philipp Steen. Wieselflinker Bebop dann wieder mit dem Klassiker „Donna Lee“: Da ist Schlüter ganz nah an den Wurzeln seiner Entwicklung, nicht ohne wiederum zu zeigen, dass er auch ganz nah an der Moderne sein kann, wobei hier die „Crazy Familiy“ des Begleittrios mehr und mehr in die Offensive geht. Der Altmeister – ehedem Professor an der Musikhochschule Hamburg – nimmt mit offenkundigem Vergnügen Anteil an der Reife seiner Schüler, steuert seinerseits blitzgeschwinde Soli bei und entfaltet dazu seine eigenen lyrischen „Visionen“, dem Jungbrunnen entstiegen im schöpferischen Fluss der Ereignisse.

Tobias Böcker


Philipp Steen sorgte für ein solides Fundament und setzte mit seinen Soli Glanzlichter auf die Songs
Philipp Steen sorgte für ein solides Fundament und setzte mit seinen Soli Glanzlichter auf die Songs

Die Wahl der Mikrofonierung erwies sich rückblickend als Glücksgriff: Wie immer sollte ein Stereomikro den Löwenanteil des Klanges einfangen, gestützt durch eine MBHO-Kleinmembrankapsel mit separatem Verstärkerteil für den Kontrabass. Da mir bei vergangenen Aufnahmen dieser Art aber ein wenig Energie vom Bösendorfer fehlte, hatte ich vorsichtshalber das Earthworks PianoMic in den Flügel gelegt, um im Zweifelsfall ein wenig mehr Informationen von den Saiten zum Gesamtbild mischen zu können – was ich dann auch tat, damit keine Nuance der schier überbordenden Virtuosität Boris Netsvetaevs verloren ging. Für mich ist dies – vorrangig aus musikalischer Sicht – einer der schönsten im vergangenen Jahr aufgenommenen Downloads. Viel Spaß damit.

Auch in der für Schlagzeuger nicht gerade unkritischen Akustik des Bildlands fand Kai Bussenius immer die richtige Balance zwischen subtiler Begleitung und treibender Kraft
Auch in der für Schlagzeuger nicht gerade unkritischen Akustik des Bildlands fand Kai Bussenius immer die richtige Balance zwischen subtiler Begleitung und treibender Kraft

 
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Wolfgang Schlüter Quartett
Monk Magie
16 bit / 44,1 kHz
ca. 90,4 mb (wav)
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Wolfgang Schlüter Quartett
Monk Magie
24 bit / 192 kHz
ca. 590,3 mb (wav)


PS: Als Download-Button haben wir das Cover der aktuellen CD des Quartetts, Four Colours (Skip Records), ausgesucht – für den nicht unwahrscheinlichen Fall, dass Ihnen ein Stück dieser Combo einfach nicht genügt.

Weitere Informationen

  • Imagefolder downloads/12-01-20_schlueter

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