Montag, 19 Oktober 2015 02:00

Audioquest Jitterbug

Momentan beschäftige ich mich recht intensiv mit Streaming und Kopfhörern. Und deswegen folgen hier ausnahmsweise zwei Produkte eines Herstellers direkt nacheinander, denn in einer größeren Sendung von Audioquest befand sich nicht nur der Nighthawk, sondern auch der Jitterbug, den ich gleich ausprobierte. Es wäre fahrlässig, nicht sofort darüber zu berichten.

Audioquest beschreibt den Jitterbug als „USB Data and Power Noise Filter“. Er wird einfach an eine USB-Buchse gesteckt, das Kabel für das anzuschließende Gerät – in den meisten Fällen ein USB-Wandler – findet dann Platz in der Buchse am Ende des Jitterbug. Im Auslieferungszustand ist die Buchse mit einer Kunststoffabdeckung verschlossen, da ein zweiter Jitterbug auch an nicht genutzten USB-Buchsen eingesetzt werden kann, um den Filtereffekt des ersten, der im Signalweg zum DAC liegt, zu verstärken. Der Jitterbug filtert zum einen Verunreinigungen auf der Stromversorgungsleitung der USB-Verbindung, damit weniger elektromagnetische und hochfrequente Störungen zum angeschlossenen Gerät gelangen. Zum anderen sollen auf der Datenleitung von Computer und USB-Bus generierte „parasitäre Resonanzen“ minimiert werden. Da der Jitterbug für Audioanwendungen konstruiert wurde, filtert er Frequenzen oberhalb der Übertragungsrate von USB 2.0, was nichts anderes heißt, dass er an USB 3.0 die Datenrate beschränkt. Das könnte aber nur beim Kopieren von größeren Datenmengen beispielsweise zwischen Festplatten und NAS nachteilig sein.

Ebenso unscheinbar wie wirkungsvoll: Audioquests Jitterbugs
Ebenso unscheinbar wie wirkungsvoll: Audioquests Jitterbugs

Dass USB keine ideale Schnittstelle für Audio ist, wird heutzutage niemanden mehr überraschen. Es wurde ja auch schon viel unternommen, um diesen Übertragungsweg zu optimieren. Ein Meilenstein auf dem Weg war gewiss die asynchrone USB-Verbindung, bei der der Wandler dem Computer den Takt für die Lieferung der Datenpakete vorgibt. Auch eine eigene Stromversorgung der USB-Eingangsplatine durch ein eigenes Netzteil im Wandler und damit Unabhängigkeit von der Stromversorgung des Computers ist ein Schritt in die richtige Richtung, der aber nicht überall gemacht wird: Selbst beim absolut überzeugenden Hugo TT geht nichts mehr mehr, wenn man die Stromversorgung per USB kappt. Wenn eine hochpräzise Femto-Clock im Wandler die Daten zeitlich wie gewünscht vom Computer abruft und man auf eine saubere Stromversorgung der USB-Eingangsplatine achtet, sollte eigentlich nichts mehr schiefgehen können.

Warum es das doch tut, hat mir zufällig gestern bei der Einweihung von Oliver Wittmanns neuem Studio in Insy Norbert Lindemann erklärt, als er über ein USB-Kabel sprach, das er gerade zu Serienreife entwickelt. Er wollte wissen, warum trotz einer Femto-Clock im Wandler noch immer Jitter bei den ankommenden Daten auftrete. Messungen hätten dann gezeigt, dass auf dem Weg vom Wandler zum Computer und zurück allein durch die eingestreuten Störungen aus der neben der Datenleitung verlaufenden Stromleitung der Jitter um 40 Dezibel zunehme. Wie das Problem bei Lindemann gelöst wird, werde ich nicht verraten, kann aber schon sagen, dass das Kabel für den Aufwand ausgesprochen preiswert sein wird und das Konzept enorm vielversprechend ist. Das Problem haben natürlich auch schon andere Entwickler erkannt. So gibt es den aktiven USB REGEN von UpTone und von SOtM einen ebenfalls aktiven USB-Hub zum Preis von 250 Euro. JPLAY bietet für den doppelten Preis das JCAT Reference USB Cable an, bei dem ab dem Typ-B-Stecker die Strom- und Datenkabel getrennt geführt werden und dann logischerweise mit je einem Typ-A-Stecker versehen sind. Der Kollege Roland Dietl steht mit Marcin Ostapovicz in regem Austausch, um einen ausführlichen Test von JPLAY vorzubereiten, bei dem auch das genannte Kabel Beachtung finden soll.

Wenn der Jitterbug nicht im Signalweg liegt, kann die USB-Buchse verschlossen bleiben
Wenn der Jitterbug nicht im Signalweg liegt, kann die USB-Buchse verschlossen bleiben


Doch zurück zum Jitterbug, der übrigens für 49 Euro erhältlich ist. Der wohl häufigste Anwendungsfall für das Filter ist der Einsatz zwischen einem USB-Wandler und einer Datenquelle wie Computer oder einem Netzwerkspeicher (NAS) mit integriertem Renderer wie dem Melco. Wie erwähnt empfiehlt Audioquest bei Computern respektive Laptops, auch einen weiteren nicht benutzten USB-Anschluss mit einem zweiten Jittterbug zu bestücken, um die Wirkung zu steigern. Wenn weitere Geräte wie externe Festplatten oder Drucker zur Installation gehören, sollte man diese alle über einen Hub verbinden und den dann per Jitterbug mit dem Computer. Vom Einsatz von mehr als zwei Jitterbugs, auf den man bei deren nun wirklich nicht prohibitiven Preis leicht verfallen könnte, an einer Komponente rät Audioquest ab. Kommen die Daten per Kabel von einem Smartphone oder aus einem USB-Speicherstick, sollte ein Jitterbug in der USB-Buchse des Wandler ebenfalls klangliche Verbesserungen bringen.An Streamern oder Netzwerkspeichern sei der Einsatz von bis zu zwei Jitterbugs ebenfalls sinnvoll, selbst wenn die Daten lediglich über Ethernet ausgetauscht würden. Zur Klangsteigerung in drahtlosen Netzwerken könne auch ein Jitterbug am UBS-Anschluss eines Routers wie etwa Apples Airport Express führen.

Im Artikel über den Aries Mini habe ich ja auch über einige Experiment mit dem Aries (Femto), dem Melco und dem Hugo TT respektive dem Auralic Vega geschrieben. Aus Platzgründen habe ich letzteren – der Vega klingt etwas anders aber weder besser noch schlechter als der Hugo – wieder aus der Kette entfernt und genieße ein Teil meiner digitalen Musik neu. Das liegt zum Teil auch daran, dass ich inzwischen die vorher mit iTunes gerippten CDs noch einmal mit dBpoweramp eingelesen habe. Ich bin rundum zufrieden und weiß erst, was mir hätte fehlen können, nachdem ich einen Jitterbug zwischen den USB-Anschluss des Aries (Femto) und das Audioquest Diamond stecke, das ihn mit dem Hugo TT verbindet. Statt der frisch gerippten Songs lief übrigens ein Titel, den ich auf der Festplatte des Melco gefunden hatte: Stevie Ray Vaughans „Tin Pan Alley“ vom Album Coudn't Stand The Weather, das beste Erinnerungen an frühere, natürlich rein analoge audiophile Schwelgereien und damals noch rein private Tests wachrief. Ich war schon überrascht, wie gut der digitale Zweig der Kette die alte Aufnahme reproduzierte – und vollkommen begeistert, als der Jitterbug noch einmal für einen spektakuläreren Raum sowie mehr Biss und Attacke bei der Gitarre sorgte. Es klang wirklich gut gut ohne, aber ganz fantastisch mit Jitterbug. Soviel mehr Musikgenuss für nicht einmal 50 Euro macht den Jitterbug unwiderstehlich!

Kein Markting-Gag: Zwei Jitterbugs helfen mehr als einer
Kein Markting-Gag: Zwei Jitterbugs helfen mehr als einer

Aber nicht nur diese wav-Dateien unbekannter Provenienz begeisterten mich ungemein. Ich habe auch die wohlbekannten, aber jetzt frisch gerippten Alben mit den Teststücken von den Melcos und einer direkt an den Aries angeschlossenen Festplatte gehört: So gut wie mit Jitterbug im Signalweg hat Digitales bei mir noch nicht geklungen. Natürlich wäre jetzt der nächste Schritt, auch die Festplatte über einen Jitterbug anzuschließen oder zumindest diesen USB-Anschluss damit zu bestücken, während die Daten von einem der NAS kommen. Doch leider sind die beiden UBS-Buchsen im Aries so eng nebeneinander montiert, dass sich nur ein Jitterbug einstecken lässt. Also versuche ich es an einem der ja immerhin drei USB-Anschlüsse am Melco.

Unglaublich! Der Jitterbug am Melco verhilft der Kette zu einer imaginären Bühne mit noch mehr Tiefe. Aber wie immer, wenn noch mehr Schwärze und Ruhe ins Klangbild kommt, wirkt die Wiedergabe minimal weniger spannend. Wem das letzte Stückchen räumliche Tiefe über alles geht, kommt um den Jitterbug im NAS nicht herum, wem dann ein Hauch Spontaneität fehlt, lässt ihn an dieser Stelle weg. Ich entscheide mich hier für die dynamischer wirkende Variante und kann den frei werdenden Jitterbug dann noch am USB-Anschluss der Time Machine ausprobieren, an den eine weitere Festplatte angeschlossen ist. Hier macht er sich dann so positiv bemerkbar, dass er so schnell nicht wieder entfernt wird: Das musikalische Geschehen wirkt besser geordnet und übersichtlicher, ohne an Dynamik oder Lebendigkeit einzubüßen. Schön, dass es solche preisgünstigen Klangverbesserer gibt. Schrecklich, wie viele Baustellen sich beim Streaming auftun!


Weiter geht’s mit dem Hugo am MacBook Pro: Auch hier sorgt der Jitterbug am USB-Anschluss für deutlich mehr Luft im Klangbild, eine plastischere Darstellung und eine bessere Durchhörbarkeit. Der Hugo ist allerdings nicht mit meiner Kette verbunden, sondern mit dem Audeze LCD-X – und mit der Raumabbildung bei Kopfhörern tue ich mich immer noch ein wenig schwer. Aber hier kann man über die Verbesserungen durch den Jitterbug nicht diskutieren: Sie sind eindeutig und gewiss die größte klangliche Steigerung, die man zu diesem Preis bekommen kann. Das Laptop habe ich aber vor allem deshalb als Quelle ausgewählt, weil es auch einen weiteren USB-Anschluss für einen zweiten Jitterbug bietet. Und auch der macht sich ausgesprochen positiv bemerkbar. Hallfahnen sind minimal länger nachzuverfolgen, die Musiker scheinen etwas engagierter zur Sache zu gehen und im Bassbereich gibt es minimal mehr Druck. Zuerst dachte ich, es wäre leicht, auf diese Kleinigkeiten zu verzichten. Je länger man sich aber an die Wiedergabe mit dem zweiten Jitterbug gewöhnt, um so schwerer fällt es, die Musik ohne ihn zu genießen. Auch die Empfehlung, gleich zwei Jitterbugs einzusetzen, ist also kein Teil eines cleveren Marketingkonzeptes, sondern beruht auf Hörerfahrungen der Entwickler.

Audioquest nennt in der englischen Bedienungsanleitung eine Menge Stelle, an denen ein Jitterbug eingesetzt werden kann. An allen konnte ich eindeutig seinen klanglichen Einfluss erleben
Audioquest nennt in der englischen Bedienungsanleitung eine Menge Stelle, an denen ein Jitterbug eingesetzt werden kann. An allen konnte ich eindeutig seinen klanglichen Einfluss erleben

Wo der Audeze und Hugo schon ausgepackt und verkabelt sind, verbinde ich sie noch einmal schnell mit dem iPhone, von dem ich über den Onyko HF Player einige DSD-Dateien an den Hugo schicke: Ja, auch hier sorgt der Jitterbug für mehr Luft und Offenheit, die Unterschiede sind aber nicht so gravierend wie bei den anderen Quellgeräten. Allerdings stellt sich der gleiche Effekt ein wie beim zweiten Jitterbug am MacBook: Nach dem Entfernen des Filters wird einem erst klar, wie segensreich seine Wirkung war. Man möchte ihn dann doch keinesfalls missen.

STATEMENT

Wer in seiner Kette Geräte mit USB-Anschlüssen verwendet und nicht mit mindestem einem Jitterbug experimentiert, ist selber Schuld. Kleinere bis beträchtliche klangliche Verbesserung – je nach Anwendungsfall – waren wohl nie günstiger zu haben. Für mich ist der Jitterbug absolut unverzichtbar!
Gehört mit
NAS Melco HA-N1A und HA-N1Z
Wireless Streaming Bridge Auralic Aries (Femto) mit SBooster BOTW P&P Eco und Sbooster Ultra
Computer MacBook Pro, 2,2 GHz Intel Core i7, 16 GB, OS X El Captain 10.11
D/A-Wandler Chord Hugo und Hugo TT, Matrix Audio Quattro DAC2
Smartphone Iphone 6S 64 GB mit Onkyo HF Player
Vorverstärker Einstein The Preamp
Endstufe Ayon Epsilon mit KT150
Lautsprecher LumenWhite DiamondLight Monitors
Kopfhörer Audeze LCD-X
Kabel HMS Gran Finale Jubilee, Audioplan Powercord S, Göbel High End Lacorde Statement, Audioquest Wild und Diamond, Swiss Cable Reference Plus
Zubehör PS Power Plant, Sun Leiste, Audioplan Powerstar, HMS-Wandsteckdosen, Acapella Basen, Acoustic System Füße und Resonatoren, Artesania Audio Exoteryc, Harmonix Real Focus, bfly Basen und Füße
Herstellerangaben
Audioquest Jitterbug
Preis 49 Euro

Vertrieb
AudioQuest BV
Anschrift Hoge Bergen 10
4704RH Roosendaal
Niederlande
Telefon +31 165 54 1404
E-Mail rdrees@audioquest.nl
Web www.audioquest.de

Weitere Informationen

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Freitag, 16 Oktober 2015 02:00

Audioquest Nighthawk

In letzter Zeit wurden an dieser Stelle häufig Kopfhörer kleiner Manufakturen vorgestellt. Der Nighthawk hingegen dokumentiert, was dabei herauskommt, wenn ein weltweit erfolgreicher Kabelhersteller wie Audioquest nach reichlich Entwicklungs- und Vorbereitungszeit in eine neue Produktkategorie einsteigt.

Schon vor längerer Zeit war Audioquest-Chef William E. Low in Gröbenzell, um über sein Kopfhörerprojekt zu sprechen. Nach dem Entschluss, auch in diesem Marktsegment aktiv zu werden, verpflichtete er Skylar Gray, der zuvor schon In-Ear-Monitore und Mikrophone konstruiert hatte und einige Patente im Audiobereich besitzt, um eine Serie von Kopfhörern für Audioquest zu entwickeln – und zwar von Grund auf. So kann man nun im Kapitel „Measurement“ auf Audioquests Website zum Nighthawk sehr detailliert nachlesen, dass Skylar Gray den Nutzen der üblichen, für die Abstimmung des Frequenzganges angewendeten Entzerrungskurven hinterfragt und diesen schlussendlich verneint. Die Frei- und Diffusfeld-Entzerrungen, die für Messungen für den Gehörschutz, aber nicht für den Musikgenuss erstellt wurden, führen seinen Untersuchungen nach oberhalb von zwei Kilohertz zu starken Frequenzgang-Überhöhungen, die schnell zu Ermüdungserscheinungen führten. Natürlich sorgen diese Überbetonungen des Präsenz- und Hochtonbereich für eine subjektiv empfundene, erhöhte Durchhörbarkeit. Diesen Effekt vergleicht Skylar Gray mit dem Nachbearbeiten von Bildern in Fotoprogrammen: Effekte wie nachträglich erhöhte Schärfe mögen zwar kurzfristig interessant sein, letztlich sei aber das „natürliche“ Maß an wahrnehmbaren Details deutlich angenehmer.

Der Nighthawk besitzt Gehäuse aus sogenanntem Flüssigholz, das im Spritzgussverfahren verarbeitet wird und hervorragende akustische Eigenschaften besitzen soll
Der Nighthawk besitzt Gehäuse aus sogenanntem Flüssigholz, das im Spritzgussverfahren verarbeitet wird und hervorragende akustische Eigenschaften besitzen soll

Nach der Festlegung auf den gewünschten Frequenzganges ging es vor allem darum, Verzerrungen bei der Wiedergabe zu minimieren. Ein erster Schritt dazu war die Wahl des Membranmaterials: Statt des üblicherweise in dynamischen Kopfhörern verwendeten Mylars entschied sich Skylar Gray für eine 50-Millimeter-Biozellulose-Konusmembran, die sich auch bei hohen Frequenzen noch kolbenförmig bewegen soll, statt wie Mylar eine Reihe von Partialschwingungen aufzuweisen. Auch bei deren Befestigung am Korb geht Audioquest eigene Wege: Die Biozellulosemembran besitzt wie die eines Lautsprechers eine Sicke aus Gummi, während Mylarmembranen direkt mit dem Korb verklebt werden. Beim Nighthawk sind im gesamten Korb Ventilierungsöffnungen zu finden, während – wie Syklar Gray ausführt – die Körbe anderer Kopfhörer üblicherweise kleinere, geschlossene Bereiche aufwiesen, die Verzerrungen im Bassbereich zur Folge hätten. Seine Konstruktion besitze auch abgerundete Ecken am Antrieb und an den Ventilierungsöffnungen des Korbes, um Turbulenzen des Luftstroms hinter der Membran zu vermeiden, die zu Störungen im oberen Frequenzbereich führten.

Der Kopfhörer wird mit in einer praktischen Aufbewahrungsbox mit zwei Kabelsätzen geliefert
Der Kopfhörer wird mit in einer praktischen Aufbewahrungsbox mit zwei Kabelsätzen geliefert

Nicht nur bei den Sicken, sondern auch beim Antrieb orientiert sich der Entwickler an hochwertigen Lautsprecherchassis: Statt auf lange Spulen ohne Spulenträger zu setzen, die sich in einem kurzen Magnetfeld bewegen und eine recht hohe Impedanz aufweisen, kommt beim Nighthawk ein sogenannter Short-Coil/Long-Gap-Motor zum Einsatz: Eine auf einen Spulenträger gewickelte kurze Spule bewegt sich in einem langen Magnetspalt. Audioquest hat das Prinzip des Langhub-Treibers aber noch einmal weiterentwickelt und dafür auch ein Patent erhalten: Ein sogenannter „split-gap motor“ oder Antrieb mit doppeltem Luftspalt soll hier für eine beinahe perfekte symmetrische Bewegung sorgen und die Intermodulationsverzerrungen noch einmal deutlich reduzieren.

Auch beim halboffenen Gehäuse geht Audioquest neue Wege: Die Ohrmuscheln bestehen aus Liquid Wood oder Flüssigholz. Das ist laut Produktinformation „echtes Holz, das mit recycelten Pflanzenfasern kombiniert, erhitzt und verflüssigt wird, so dass es im Spritzgussverfahren weiterverarbeitet werden kann“. Auf diese Art lassen sich in einem Arbeitsgang auch gleich Gehäuseversteifungen zur Resonanzminderung produzieren. Darüber hinaus soll Liquid Wood bessere akustische Eigenschaften bieten als Holz oder Kunststoff. Zur weiteren Resonanzminderung wird auf das Gehäuse aus Flüssigholz innen eine elastomere Beschichtung aufgebracht. Wie in den meisten Lautsprecherboxen wird auch beim Nighthawk Dämpfungsmaterial verwendet, und zwar eine Mischung aus Wolle und Polyester.


Dieser Kabelsatz wurde Audioquests Castle Rock Lautsprecherkabel nachempfunden und von William E. Low für diese Anwendung optimiert. Sie erfordert aber einen pfleglichen Umgang
Dieser Kabelsatz wurde Audioquests Castle Rock Lautsprecherkabel nachempfunden und von William E. Low für diese Anwendung optimiert. Sie erfordert aber einen pfleglichen Umgang

Für den rückseitigen Schallaustritt aus dem halboffenen Gehäuses hat Audioquest die Diamond Cubic Diffusion entwickelt. Das ist ein Bauteil mit einem „aus der Natur abgeschauten Gitter auf der Grundlage der Struktur eines Schmetterlingsflügels“. Laut Produktinformation verteile dieses filigrane Gitterwerk Schall und bekämpfe Resonanzen. Da diese Struktur viel zu komplex sei, um sie im Spritzgussverfahren oder durch Fräsen herzustellen, fertigt Audioquest den Diffusor im 3D-Druck, übrigens ein Verfahren, das den Besuchern der Can Jam am Stand der Hochschule Niederrhein, Fachbereich Wirtschaftsingenieurwesen vorgestellt wurde. Audioquest nimmt für sich in Anspruch, der erste Hersteller von Kopfhörern zu sein, der diese Fertigungsart bei seinen Produkten serienmäßig einsetzt.

Nicht nur wenn man – recht schwere – Magnetostaten oder Zweiweigkonstruktionen gewohnt ist, empfindet man den Tragekomfort des Nighthawk als Offenbarung. Das liegt aber nicht nur daran, dass er nicht einmal 350 Gramm auf die Waage bringt, sondern vor allem an den der Ohrform nachempfundenen Gehäusen, den angenehmen Materialien und dem sich automatisch anpassenden Kopfband. Ich kann mich an keinen anderen Kopfhörer erinnern, untern dem ich mich auf Anhieb so wohl gefühlt habe. Dazu trägt auch die besondere, zum Patent angemeldete Aufhängung der Gehäuse am Bügel bei. Laut William E. Low habe man sich hierfür von den elastischen Aufhängungen oder Spinnen für Mikrofone inspirieren lassen. Ebenso durchdacht wie der Nighthawk selbst ist sein Zubehör: Er wird in einen weichen Köfferchen – oder Neudeutsch: Travelbox – geliefert, die einen sehr robusten Eindruck macht. Im Inneren finden sich zwei Kabel, ein Pflegetuch und ein zeitlich begrenzter Zugang zum Musikdienst Tidal. Eines der Kabel widersteht auch höchsten mechanischen Anforderung und soll bis 12000 Biegetest überstehen, das zweite, mit etwas mehr Vorsicht zu behandelnde entwickelte William E. Low nach dem Vorbild des Castle Rock Lautsprecherkabels: Es besitzt Leiter aus Perfect Surface Copper in Double-Star-Quad-Anordnung und erhielt ein im Vergleich zum Castle Rock aufwändigeres Noise-Dissipation-System. Selbst der 3,5 auf 6,3 Millimeter Klinkenadapter darf bei den Kabelspezialisten kein Teil von der Stange sein: Er besteht aus direktversilbertem Kupfer. Auch wenn ich hier nicht jedes Detail der äußert ausführlichen Produktinformation referiert habe, dürfte klar geworden sein, dass Audioquest beim Nighthawk nichts dem Zufall überlassen hat.

Der Adapter besteht aus direktversilbertem Kupfer, ist aber zur Verwendung mit anderen Fabrikaten auch einzeln erhältlich
Der Adapter besteht aus direktversilbertem Kupfer, ist aber zur Verwendung mit anderen Fabrikaten auch einzeln erhältlich

Natürlich habe ich dem Kopfhörer vor einem kritisch-vergleichenden Hören über 50 Stunden Dauerbetrieb gegönnt, aber aus Neugierde schon vorher mal kurz reingehört: Auffälligstes Merkmal im Klangbild des Nighthawk ist die großzügige, weite Raumanmutung: Natürlich lokalisiert man das musikalische Geschehen in der Nähe des Kopfes, aber hier klebt der Klang nicht an den Ohrmuscheln und die Instrumente scheinen auch nicht auf einer Linie zwischen den Ohren aufgereiht. Zudem stellt sich jederzeit eine recht konkreterVorstellung von der Größe des Aufnahmeraumes ein – und das ist auch bei deutlich teuereren Kopfhörern keinesfalls selbstverständlich. Im oberen Frequenzspektrum wirkt der Audioquest momentan noch ein bisschen zurückhaltend.

Auch nach den erwähnten 50 Stunden funkeln mir dann keine silbrig glänzenden Höhen entgegen. Dafür ist die Abbildung noch freier und offener geworden. Und wieder begeistert die Plastizität der Instrumentendarstellung. Der Tieftonbereich kommt schnell, farbstark und druckvoll rüber. In Sachen Dynamik bleiben ebenfalls keine Wünsche offen. Details wie Griffgeräusche bei Saiteninstrumenten gibt es in Hülle und Fülle – auch wenn kein hellstrahlender Hochtonbereich zu vernehmen ist. Aber das braucht einen nicht zu überraschen, wenn man Skylar Grays Ausführungen und Frequenzgangprotokolle für bare Münze genommen hat: Er hält ja Frei- und Diffusfeld-Entzerrungen für zu hochtonlastig und hat sich bewusst dagegen entschieden. Man sollte sich also nicht wundern, wenn der Nighthawk in den oberen Oktaven im Vergleich zu den meisten Kopfhörern leicht zurückgenommen wirkt.


Das Kabel auf dem mitgelieferten Pflegetuch ist auch höheren Belastungen gewachsen, reicht klanglich aber nicht an das oben vorgestellte heran
Das Kabel auf dem mitgelieferten Pflegetuch ist auch höheren Belastungen gewachsen, reicht klanglich aber nicht an das oben vorgestellte heran

Absolut verwunderlich ist für mich aber, welch offene und dynamische Wiedergabe auch mit etwas weniger hohen Frequenzen möglich ist. Ein kleine Überhöhung im Präsenzbereich mag bei Lautsprechern bei Stimmen zwar lästig sein, lässt Instrumente aber schneller und spritziger wirken. Und ein, zwei Dezibel zusätzlich oberhalb von zehn Kilohertz sorgen beim Mastering für mehr „Luft“. Aber der Nighthawk bedarf dieser Tricks nicht, nimmt sich in den genannten Frequenzbereichen vornehm zurück, strotz aber dennoch vor Spielfreude und besitzt einen mitreißenden Groove. Die imaginären Räume wirken – wie schon mehrfach erwähnt – groß, offen und licht. Es ist mir schlicht ein Rätsel, wie man die Energie im Hochtonbereich im Vergleich zu anderen Kopfhörern recht deutlich reduzieren kann, ohne sich dabei Nachteile in puncto Drive und Luftigkeit einzuhandeln. Bei der Abbildung hat der Nighthawk nicht nur keine Nachteile: Seine Raumdarstellung ist einfach fantastisch!

Bei den letzten Kopfhörertest habe ich immer mal wieder wegen seiner unterschiedlichen Klangfarben und seines unwiderstehlichen Swings Gianluigi Trovesis „Herbcap“ vom Album Dedalo gehört und musste jedesmal nach etwas mehr als zwei Minuten die Lautstärke ein wenig zurückdrehen, weil die zusätzlich einsetzenden Instrumente das Ganze vor allem in den Höhen ein bisschen lästig werden ließen. Ein Effekt, der beim Nighthawk nicht eintritt. Hier bleiben die zunehmende Dichte und Lautstärke der Musik immer auf der angenehmen Seite. Mit dem Audioquest kann man stundenlang ermüdungsfrei Musik genießen. Natürlich ist der zurückhaltende Hochtonbereich des Nighthawk seine größte Auffälligkeit, dadurch sollte man sich aber keinesfalls den Blick auf den hervorragenden, voluminösen und dennoch griffigen und konturierten Bassbereich verstellen lassen. Der Nighthawk wird bestimmt nicht everybodys darling, dokumentiert aber eindrücklich, wie verlockend konsequent beschrittene Wege im High-End-Bereich sein können.

Die Membran besteht aus Biozellulose und wird von einem zum Patent angemeldeten Langhub-„Motor“ angetrieben
Die Membran besteht aus Biozellulose und wird von einem zum Patent angemeldeten Langhub-„Motor“ angetrieben

STATEMENT

Nicht nur wegen seines außergewöhnlichen Tragekomforts garantiert der Nighthawk langen, ermüdungsfreien Musikgenuss. Dafür sorgt auch die etwas zurückhaltende Abstimmung des Hochtonbereich, die die räumliche Abbildung aber nicht im mindesten beeinträchtigt. Gerade in dieser Disziplin wird der Nighthawk auch anspruchsvollste Kopfhörer-Fans begeistern. Dazu kommen der, satte griffige Bassbereich und die immense Spielfreude: Audioquest verlässt mit dem Nighthawk ausgetretene Pfade und bietet so eine ungeheuere attraktive – und im besten Sinne preiswerte – Alternative im High-End-Segment.
Gehört mit
NAS Melco HA-N1A
Wireless Streaming Bridge Auralic Aries (Femto) mit SBooster BOTW P&P Eco und Sbooster Ultra
Computer MacBook Pro, 2,2 GHz Intel Core i7, 16 GB, OS X El Captain 10.11
Audioplayer Amarra Symphony 2.6, Audirvana, Pure Music
CD-Laufwerk Wadia WT3200
D/A-Wandler Chord Hugo, Hugo TT, Auralic Vega
Kopfhörerverstärker Bryston BHA-1
Kopfhörer Audeze LCD-X, EL-8 Closed Back, oBravo HAMT-1
Kabel SwissCable, Göbel Audio, HMS Gran Finale Jubilee, Audioplan Powercord S, Audioquest Diamond
Zubehör PS Audio Power Plant Premier, Sun Leiste, Audioplan Powerstar, HMS-Wandsteckdosen, Acoustic System Resonatoren, Artesania Audio Exoteryx, Harmonix Real Focus
Herstellerangaben
Audioquest Nighthawk
Tech. Daten Kopfhörer  
Impedanz 25Ω
Empfindlichkeit 100dB SPL / mW
Belastbarkeit 1,5W
Treiber 50 mm dynamisch, Biozellulose-Konusmembran, 1,2-Tesla-Split-Gap-Antrieb
Gewicht 346g
Preis 600 Euro

Tech. Daten Kabel
 
Länge 2,4m
Leiter massives Perfect-Surface-Kupfer+ (PSC+)
Geometrie symmetrisches Star-Quad
Dielektrikum Polyethylenschaum
NDS Noise-Dissipation.System
Stecker 3,5mm Stereo > Dual 2,5mm Mono, direktversilbertes Pure Red Copper

Vertrieb
AudioQuest BV
Anschrift Hoge Bergen 10
4704RH Roosendaal
Niederlande
Telefon +31 165 54 1404
E-Mail rdrees@audioquest.nl
Web www.audioquest.de

Weitere Informationen

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Mittwoch, 14 Oktober 2015 02:00

Neues High-End-Studio in Isny

Oliver Wittmann, der seit langem das bekannte Studio in Stuttgart betreibt, eröffnet am Wochenende mit einer zweitätigen Veranstaltung sein Terminstudio im Allgäu. Es werden Hersteller und Vertriebe zugegen sein und auch das ein oder andere Masterband wird man dort hören können.

Am Freitag, den 16. Oktober, von 15:00 bis 20:00 Uhr und Samstag, den 17. Oktober, von 10:00 bis 18:00 Uhr können interessierte Hifi- und Musikfreunde Ketten in den drei neuen Vorführräumen genießen. Im Studio 1 spielt eine Anlage aus Verity Audio, Avantgarde Acoustic, Playback Designs, Thales und EMT JPA 66. Jan Sieveking wird Sie mit einer außergewöhnlichen Vorführung begeistern, in deren Mittelpunkt die fantastischen Verity Audio Lohengrin II S im Zusammenspiel mit den Ausnahmeverstärkern von Avantgarde Acoustic stehen.

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Im zweiten Raum können Sie eine Kette mit Komponenten von Avantgarde Acoustic, Jadis, Gold Note, Naim, Brinkmann und Dr. Feickert erleben. Armin Krauss von Avantgarde Acoustic wird Ihnen die Faszination von Hornlautsprechern näherbringen. Sie hören die vollaktive Zero 1 sowie die Duo Grosso in einer Kombination mit dem Class-A-Röhrenvollverstärker Jadis DA 88, dem neuen CD-Überflieger CD-1000 von Gold Note, dem Streamer Naim NDX sowie den neuen Analog-Laufwerken Brinkmann Spyder und Dr. Feickert Firebird.

Im Studio 2 wird es einen Digital-Workshop mit Norbert Lindemann geben. Die Themenschwerpunkte sind: Streaming/Streamingdienste und Wiedergabe vom PC. Es spielt eine große Lindemann Bi-Amping-Kette an der überragenden Audioplan Kontrast sowie an der passiven Manger p1.

Da Oliver Wittmann auch die LPs von sommelier du son im Programm hat und mal wieder Nachschub braucht, nutzt der Autor die Gelegenheit, am Samstag vorbeizuschauen. Und zufällig steht im Studio 1 auch eine Studer A 810, weshalb ich zwei, drei Masterbänder oder Kopien davon einpacken werde, um sie über die Veritys zu spielen. Noch steht die Auswahl nicht fest, aber es wird sicherlich auch ein MPS-Reissue von Oscar Peterson oder Ella Fitzgerald dabei sein. Vielleicht sehen wir uns ja in Isny.

Hier noch die Adresse:
Allmisried 3
88316 Isny

Oliver Wittmann bittet alle potentiellen Besucher, sich telefonisch oder per E-Mail anzumelden:
0711 - 69 67 74
info@wittmann-hifi.de

Weitere Informationen

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Donnerstag, 13 Oktober 2005 02:00

Lake People electronic GmbH

Vertrieb
Lake People electronic GmbH
Anschrift Turmstrasse 7
D-78467 Konstanz
Telefon +49 7531 73678
Fax +49 7531 74998
Web www.lake-people.de

Computer-Audio und Streaming über ein Netzwerk kann viel Spaß machen und zu ausgezeichneten klanglichen Ergebnissen führen. Allerdings ist der Einstieg in Audio-Netzwerklösungen aufgrund der Menge unterschiedlicher Begriffe, die zu allem Überfluss oft auch noch für ein und die gleiche Funktion verwendet werden, und angesichts der großen Vielfalt an erhältlicher Hard- und Software in den unterschiedlichsten Ausprägungen anfangs sehr verwirrend und alles andere als leicht.

Dies führt immer wieder zu großer Unsicherheit und Missverständnissen. Auch HifiStatement Autoren sind davor nicht gefeit: So haben Dirk Sommer und ich, als wir uns im Vorfeld über mögliche Setups mit den Auralic Geräten unterhalten haben, teilweise kräftig aneinander vorbeigeredet und es hat eine Weile gedauert, bis wir ein gemeinsames Verständnis hatten. Um hier etwas Licht ins Dunkel zu bringen, werde ich mich in Teil 1 meines Grundlagenartikels zunächst mit den Begrifflichkeiten beschäftigen und in Teil 2 exemplarisch verschieden Audio-Netzwerklösungen vorstellen.

Überblick

In einer digitalen Audio-Netzwerklösung sind verschiedene Komponenten (Hard- und Software) eingebunden. Für eine reibungslose Zusammenarbeit müssen sich die Komponenten gegenseitig erkennen und untereinander verstehen. Hierzu bedarf es Regeln und einer gemeinsamen Sprache, technisch ausgedrückt einem standardisierten Kommunikationsprotokoll, wie UPnP (Universal Plug and Play) oder Apple Airplay (DAAP). Aufgrund seiner Offenheit ist UPnP im Audio-Bereich derzeit das am weitesten verbreitete Protokoll und ich werde meine Ausführungen auf diesen Standard beschränken. Im UPnP-AV-Teil des besagten Standards ist festgelegt, wie multimediale Inhalte gesteuert und ausgetauscht werden. Eine digitale Audiolösung auf Basis dieser Architektur besteht aus den Komponenten

  • Media Server
  • Control Point
  • Media Renderer

Auf dem Media Server werden die Daten, in unserem Fall die Musikdateien, gespeichert. Der Control Point greift auf die Musikdateien zu und veranlasst den Server, die Musikdateien an einen Renderer zu senden. Der Media Renderer empfängt die Musikdateien und wandelt sie in einen digitalen Audio-Datenstrom um, der dann an den Digital-Analogwandler (DAC) gesendet wird.

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Die nachfolgende Übersicht gibt – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – einen Überblick über die bestehende Begriffsvielfalt für diese Komponenten:

Media Server Control Point Media Renderer
Server Controller Media Player
UPnP Media Server Digital Media Controller (DMC) Streamer
Digital Media Server (DMS) UPnP Media Server Control Point Streaming Bridge
  UPnP Remote User Interface (RUI) Digital Media Renderer (DMR)
  UPnP AV Client Devices UPnP Media Renderer

Bei den Komponenten Media Server, Control Point und Media Renderer handelt es sich um Software, die auf einer Hardware (PC/Mac, Tablet, NAS) mit dem entsprechenden Betriebssystem (Windows, OS X, Linux, Apple iOS, Android) läuft. Diese Architektur ist sehr flexibel und ermöglicht das Zusammenspiel von Geräten, die unterschiedliche Hardware und Betriebssysteme als Plattform nutzen.


Media Server

Der Media Server speichert die Musikdateien, bietet diese anderen Geräten an und ermöglicht das Durchsuchen seiner Inhalte vom Control Point aus. Zu diesem Zweck läuft der Media Server permanent im Hintergrund. Ein moderner Media Server kann seine Inhalte zu mehreren Renderen senden und von verschiedenen Control Points aus gleichzeitig gesteuert werden. Ein Media Server besteht im Wesentlichen aus drei Diensten, dem Content Directory Service (Medienverzeichnis), dem Connection Manager Service (Verbindungsmanager) und dem Transport Service (Medientransport). Der Content Directory Service gestattet es dem Anwender, mit einem Control Point die Musikdateien des Servers unabhängig von der tatsächlichen Ordnerstruktur zu durchsuchen und Informationen über vorhandene Musik wie Name des Albums, Interpret oder Titel anzuzeigen. Ohne diese Funktion müsste man eine derartige Ordnerstruktur auf dem Datenträger selbst erstellen und durch Anlegen von Links oder Mehrfachkopien dafür sorgen, dass ein bestimmter Song sowohl unter Alben, Titel, Genre und Interpret zugänglich wird. Ferner stellt dieser Service dem Control Point auch das Datenformat und die Meta-Daten zur Verfügung.

Beispiel für eine Ordnerstruktur auf der Festplatte und...
Beispiel für eine Ordnerstruktur auf der Festplatte und...

...Darstellung nach Abtastrate, Alben, Interpreten in JRiver Media Center
...Darstellung nach Abtastrate, Alben, Interpreten in JRiver Media Center

Der Connection Manager Service organisiert die Verbindung des Media Servers mit dem Renderer und liefert die Musikdateien an den Renderer, wenn er vom Control Point dazu aufgefordert wird. Der Transport Service wird vom Controller für grundlegende Funktionen wie Wiedergabe, Pause, Stop etc. verwendet. Zusätzlich ermöglicht dieser Service das gleichzeitige Senden der Daten an mehrere Renderer.

Beispiele für Media Server Software im Audio-Bereich:

  • Asset UPnP (u.a. Windows, Windows Home Server, OS X, Linux)
  • Minim Server (u.a. Windows, OS X, Linux)
  • Twonky Server (Windows, OS X, Linux)
  • JRiver Media Center (Windows, OS X, Linux)
  • Foobar2000 (Windows)

Ein ausführlicher Überblick findet sich auf: https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_UPnP_AV_media_servers_and_clients

Beispiele für Hardware:

  • PC oder Laptop mit Windows als Betriebssystem
  • Apple PC oder Laptop mit OS X als Betriebssystem
  • PC oder Laptop mit Linux als Betriebssystem
  • NAS-Systeme wie Synology oder QNAP
  • Spezielle Audio-Lösungen wie Melco oder Asset NAS

Control Point

Der Control Point fungiert für die Musikdateien als Steuerungszentrale zwischen Media Server und Renderer und visualisiert die auf dem Server gespeicherten Musikstücke.

PlugPlayer zeigt die im Netzwerk vorhandenen Media Server und Media Renderer besonders übersichtlich an
PlugPlayer zeigt die im Netzwerk vorhandenen Media Server und Media Renderer besonders übersichtlich an

Aufgrund seiner Konzeption beeinflusst ein Control Point nicht die Qualität der Audio-Wiedergabe, da er mit dem Server und Renderer lediglich kommuniziert und Anweisungen sendet. Mit anderen Worten: Die Audiodateien werden vom Media Server nicht durch den Control Point zum Renderer gesendet, sondern auf direktem Weg ohne Einbindung des Control Points. Der Control Point sucht nach verfügbaren Media Servern und Renderen im Audio-Netzwerk und verbindet diese miteinander. Der Control Point zeigt dem Benutzer an, welche Musik sich auf dem Media Server befindet und hilft den Server gezielt nach bestimmten Kriterien (Titel, Album, Künstler) zu durchsuchen. Der Control Point sammelt vom Media Server und vom Renderer Informationen zu den verfügbaren Abspielformaten und gleicht diese miteinander ab. Es ist Aufgabe des Control Points, Abspielanweisungen wie Start, Stop, Pause, Vor, Zurück oder das Springen zum nächsten Musikstück an den Renderer zu senden. Vielen Musikliebhabern besonders wichtig ist die Funktion, der Gapless-Wiedergabe, also der unterbrechungsfreien Wiedergabe von zusammengehörenden aufeinanderfolgenden Musiktiteln. Sowohl der Control Point als auch der Renderer müssen dies entsprechend unterstützen.

Beispiele für Control Point Software im Audio-Bereich:

  • Kazoo (Windows, OS X und iOS)
  • Kinsky (iOS und Android)
  • JRiver Media Center (Windows, OS X, Linux)
  • JRemote (iOS nur zusammen mit JRiver Media Center)
  • PlugPlayer (iOS und Android)
  • Bubble DS (Android)

Beispiele für Control Point Hardware im Audio-Bereich:

  • Tablet und Smartphone
  • PC oder Laptop mit Windows als Betriebssystem
  • Apple PC oder Laptop mit OS X als Betriebssystem
  • PC oder Laptop mit Linux als Betriebssystem

Kazoo Detailansicht
Kazoo Detailansicht

JRemote Albumansicht
JRemote Albumansicht

Media Renderer

Der Media Renderer ist das Herz der Audio-Netzwerklösung. Er empfängt die Audiodateien vom Media Server und wandelt diese in einen digitalen Datenstrom, der vom Digital-/Analogwandler weiterverarbeitet werden kann. Ähnlich dem Media Server besteht ein Renderer im Wesentlichen aus drei Diensten, dem Rendering Control Service (Wiedergabesteuerung), dem Connection Manager Service (Verbindungsmanager) und dem Transport Service (Medientransport).Der Rendering Control Service steuert die Audiowiedergabe und enthält Funktionen wie Volume und Mute.Der Connection Manager Service ermöglicht die Verbindung mit dem Media Server und informiert den Control Point über mögliche Wiedergabeformate (wie FLAC, WAV oder AIFF), unterstützte Sample Rates (44,1 KH bis 384 KHz) und DSD-Fähigkeit. Der Transport Service ist für Abspielfunktionen wie Start, Stop, Pause, Vor, Zurück verantwortlich, die von einem Control Point genutzt werden.

Beispiele für Renderer Lösungen im Audio-Bereich:

  • Linn, Naim, Auralic, Ayon, MSB, PS Audio
  • PC oder Laptop mit Windows als Betriebssystem und JPlay Streamer oder JRiver Media Center
  • Apple PC oder Laptop mit OS X als Betriebssystem
  • PC oder Laptop mit Linux als Betriebssystem und JRiver Media Center

Zusammenfassung

Die vorstehenden Beispiele von Soft- und Hardware für die einzelnen Komponenten einer UPnP-Lösung zeigen eindrucksvoll die nahezu unbegrenzte Vielfalt an Möglichkeiten und Kombinationen. Um hier noch mehr Klarheit zu schaffen, werde ich mich im nächsten Beitrag an Hand von konkreten Beispielen mit Aufbau möglicher Audio-Netzwerklösungen beschäftigen.

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Dynaudio offeriert zwei Modelle ihrer traditionsreichen Contour Linie in der Sonderversion LE. Im Vergleich zum Serien Pendant sind die Standbox und die Kompaktbox noch aufwändiger. Die kleine Contour S 1.4 LE haben wir uns auf den dazu empfohlenen Ständern angehört.

Die Ständer bringen die Contour auf die richtige Höhe und sind auch klanglich nicht ohne Bedeutung
Die Ständer bringen die Contour auf die richtige Höhe und sind auch klanglich nicht ohne Bedeutung

Die deutsch-dänische Firma Dynaudio, 1977 im dänischen Skanderborg gegründet, hat sich sehr schnell den Ruf erworben, hochwertige und anspruchsvolle Lautsprecher zu fertigen. Dieses ist ganz entscheidend der Tatsache geschuldet, dass Dynaudio eigene Chassis entwickelt und ausschließlich diese verwendet. Nur so, sagen die Vordenker im Unternehmen, lassen sich unsere klanglichen Ansprüche realisieren. Diese Chassis werden auch dem anspruchsvollen Lautsprecher-Selber-Bauer nicht vorenthalten. Die Esotec-Chassis zählen seit Jahrzehnten zum Besten, was der Weltmarkt zu bieten hat. Dynaudio baute sich so bereits in den 1980er Jahren den Ruf auf, sowohl Boxen als auch einzelne Chassis höchster Wertigkeit anzubieten. Verbunden mit diesem ausgezeichneten Qualitäts-Image war der Anspruch auf natürliche Wiedergabe, frei von Sound-Effekten. Ich habe in meinem Leben zwei Dynaudio Lautsprecher besessen. Die erste war die kompakte Compound 3, die als besonderes technisches Merkmal den innen liegenden zweiten Basstreiber hatte. Dessen Bestimmung war es, für den baugleichen, nach außen abstrahlenden Bass das Luftvolumen konstant zu halten, so dass dieser nie gegen Überdruck oder Unterdruck zu kämpfen hatte. Dieses Compound Konzept bot eine bestechend realistische und homogene Klangdarstellung. Damals jedoch traf sie in eine Zeit, da Rockmusik mein Ding war. So reproduzierte die Compound 3 Balladen hinreisend ergreifend, vermochte aber bei härteren musikalischen Gangarten nicht richtig loszulegen. So wechselte ich nach einigen Jahren zur Dynaudio Contour 2 Standbox, die aus meiner Sicht einen exzellenten Kompromiss darstellte.

Die Spikes nehmen unüberhörbar Einfluss auf die Präzision des Klanges. Um den Fussboden muss man nicht fürchten. Schonende Metallplättchen liegen bei. Deutlich zu erkennen ist der Sandwich-Aufbau der Ständerbasis. Zwischen den zwei Stahlplatten befindet sich eine Lage absorbierenden Materials
Die Spikes nehmen unüberhörbar Einfluss auf die Präzision des Klanges. Um den Fussboden muss man nicht fürchten. Schonende Metallplättchen liegen bei. Deutlich zu erkennen ist der Sandwich-Aufbau der Ständerbasis. Zwischen den zwei Stahlplatten befindet sich eine Lage absorbierenden Materials

Am audiophilen Anspruch hat sich bei Dynaudio seit damals nicht viel geändert. Nach wie vor ist Qualität in puncto Klang und Verarbeitung die bestimmende Maxime. Die wirtschaftlichen Verhältnisse jedoch sind nicht mehr dieselben. Inzwischen hat Firmenmitgründer Wilfried Ehrenholz das börsennotierte chinesische Unternehmen Goertek Inc. ins Boot geholt. Goertek Inc. ist unter anderem Marktführer bei der Herstellung von 3D Brillen und Bluetooth-Equipment. Durch die neue Konstellation gewinnt Dynaudio an wirtschaftlicher Stärke auch durch die technischen Optionen des neuen Mehrheits-Inhabers. Wilfried Ehrenholz steuert aber weiterhin mit seiner Erfahrung Dynaudio im internationalen Audio-Markt. Das Unternehmen ist nicht nur bei Heim-HiFi sondern auch im Profibereich eine etablierte Marke.

Lassen wir einmal den Profibereich von Dynaudio und auch das Chassis-Angebot beiseite und ignorieren ebenfalls den Car-HiFi Markt, in dem Dynaudio es ja auch zu bemerkenswerten Erfolgen im anspruchsvollen Segment gebracht hat. Der Blick auf das HiFi Portfolio zeigt eine beachtliche Auswahl von Modellen über ein sehr breites Preisspektrum. So ist der Einstieg in die Welt von Dynaudio Lautsprechern heute – anders als bis zur Mitte der 80er Jahre ­– auch für nicht so pralle Budgets möglich. Schauen wir in die Riege der Heim-Modell Serien, so findet sich die Contour Linie in der Mitte zwischen den Modell-Linien DM, Exite und Focus unterhalb, sowie Confidence, Consequence und Evidence oberhalb. In der Contour Linie gibt es drei Stand-Lautsprecher und zwei Kompakt-Lautsprecher. Hier sind neben den Modellen Contour S 1.4 und Contour S 3.4 die entsprechenden Versionen mit dem Namenszusatz LE zu finden. LE steht für Limited Edition. Die Standbox Contour S 3.4 LE hat mein Kollege Peter Banholzer bereits im Dezember getestet, wir widmen uns der 1.4 LE.

Edle Gehäuse Oberflächen sind das äußerlich auffällige Merkmal der Limited Edition
Edle Gehäuse Oberflächen sind das äußerlich auffällige Merkmal der Limited Edition


Schaut man auf die technischen Angaben zu beiden Versionen, lassen sich keinerlei Unterschiede entdecken. Wohl aber ist auf der Dynaudio-Website zu lesen, dass es beachtliche Unterschiede im Detail gibt. Äußerlich sind besondere Hölzer und Klavierlack-Ausführungen ein Merkmal. Auch wenn die optische Ausstrahlung besonders wertvoll und ansprechend wirkt, interessieren uns HiFi-Begeisterte doch mehr die inneren Werte. So ist die Mittelhochton-Gewebe-Kalotte mit einer besonderen Beschichtung versehen, die das akustische Verhalten optimiert. Dieses Precision-Coating soll eine feinere Hochtonauflösung bewirken. Welcher Art die Beschichtung genau ist, möchte man bei Dynaudio nicht preisgeben: Firmengeheimnis. Die Innenverkabelung der LE ist aus besonders reinem 2,5 qmm OFC Kupfer. Deutliche Auswirkungen auf den Klang haben die hochwertigen Bauteile der Frequenzweiche. Hier verwendet Dynaudio, wie auch bei der nicht LE-Version, hochwertige Keramikwiderstände und Kupfer-Luftspulen auf einer glasfaserverstärkten Platine, die direkt am MDF-Bodensockel befestigt ist, um Resonanzen zu unterbinden. Neu sind, so Roland Hoffmann von Dynaudio, mehrere Mundorf Kondensatoren. Hierbei wurde sich nach Hörvergleichen für die "MCap Classic" mit Aluminium-bedämpfter PP-Folie entschieden, die in dieser Weichenschaltung den beste Kombination aus guter Dynamik bzw. Anstiegszeiten und harmonischer Klangwiedergabe ergaben. Wie in allen Contour Modellen ist ein Basschassis eingebaut, das die typischen Dynaudio-Merkmale besitzt: die in den frühen 80ern in Skanderborg selbst entwickelte MSP (Magnesium Silikat Polymer) Membran und eine Spule aus sehr leichtem Aluminium-Draht auf einem Träger aus Kapton. Dieses Material von DuPont ist extrem hitzeresistent. Festigkeit und Resonanzarmut sind typisch für den Dynaudio Aluminium-Druckguss-Korb.

Formal ist die Contour S 1.4 LE keine dezente Erscheinung und wird nicht nur wegen der edlen Gehäuseoberflächen Blicke auf sich ziehen. Die Front besteht aus einem markanten Dreifach-Sandwich. Die erste Lage ist das MDF-Gehäuse selber. Die eigentliche Front bildet die schwarz lackierte Stahlplatte. Dazwischen befindet sich eine Gummischicht mit resonanzabsorbierendem Charakter. Die schwarze Frontbespannung kann per Magnet-Arretierung verschiebungssicher aufgesetzt werden. Dass der Esotec Hochtöner unterhalb des Tiefmitteltöners montiert ist, kennt man von Dynaudio. Hierdurch erzielen die dänischen Entwickler ein zeitrichtigeres Abstrahlverhalten der beiden Chassis.

Der Esotec Hochtöner besitzt eine Kalotte aus feinem Gewebe, das mit einem speziellen Coating behandelt ist
Der Esotec Hochtöner besitzt eine Kalotte aus feinem Gewebe, das mit einem speziellen Coating behandelt ist

Rückseitig haben wir die große runde Bassreflex-Öffnung und unten im Sockel ein Paar vergoldete WBT-Anschlüsse. Zwar kann die Contour S 1.4 LE im Hörraum bei ihren kleinen Abmessungen beliebig platziert werden. Um sie aber zu musikalischen Höchstleistungen zu motivieren, empfiehlt sich Sorgfalt. Optimal ist eine Aufstellung auf den Ständern Stand 6, die mittels einer speziellen, separat zu erwerbenden, Adapterplatte perfekt zur Box passen. Diese Adapterplatte ersetzt die normale Top-Plate der Ständer und ist oberseitig gummiert. So ist die kleine Contour LE passgenau gestützt und kann auf Wunsch mit beiliegenden Schrauben auf den Stand 6 fixiert werden. Die Stand 6 sollten auf Spikes aufgestellt sein. Zur Schonung des häuslichen Fußbodens liegen entsprechend runde Stahlplättchen bei. Bei so hochwertigen Lautsprechern wird sich, denke ich, jeder gern die Zeit nehmen, sie feinfühlig über die verstellbaren Spikes waagrecht zu justieren, auch der Anwinkelung der Lautsprecher in Richtung zum Hörer Aufmerksamkeit zu schenken und an dieser Stelle etwas zu experimentieren. Die zum Lautsprecher mitgelieferten Schaumstoff-Zylinder können in die Bassreflexöffnung eingesetzt werden, falls das Bassvolumen aufstellungsbedingt zu kräftig geraten sollte, vor allem bei wandnaher Platzierung. Hier lohnt es sich zu probieren – letztlich ist die Variante richtig, die besser gefällt.

Nun möchte ich Jörg Schimmel zu Wort kommen lassen, der mich zwei Tage nach Eintreffen der 1.4 LE besuchte und mich überredete, ihm diese sofort mitzugeben. Denn er sucht seit langem nach einer klanglich überlegenen Alternative zu seinen Myro Rebell. Bereits einige namhafte und deutlich teurere Kandidaten versagten bislang in seiner wirklich beeindruckend klingenden Audio-Kette. Da ich ohnehin eine Weile verreisen wollte, gefiel mir die Idee.

Ein typischer Dynaudio Tieftöner
Ein typischer Dynaudio Tieftöner


J.S.: Beim Einladen der Dynaudio Contour S 1.4 LE hat mir mein Freund Wolfgang Kemper ja noch geholfen, beim Ausladen des relativ kleinen Zweiwege-Monitors macht das Gewicht von zwölf Kilogramm pro Stück doch nachhaltig Eindruck. Nach kurzer Zeit stand sie dann auch schon auf den ihr zugedachten Stands in meinem Hörraum, machte optisch eine tolle Figur, klang aber im ersten Eindruck ziemlich bescheiden. So etwas schreckt mich aber nicht, da man nach meiner Erfahrung den Einfluss der Aufstellung eines Lautsprechers keinesfalls unterschätze sollte. Also habe ich zuerst einmal die beiliegenden Spikes unter die Stands geschraubt. Dann war schon nach wenigen Takten Musik klar, dass hier ein ziemlich guter Lautsprecher in meinem Hörraum stand. Und nachdem ich noch gehörmäßig Höhe und Einwinkelung veränderte, rastete so nach circa zwei Stunden Feinjustage das Klangbild irgendwann regelrecht ein. Was war passiert? Meine Ohren befanden sich in der Höhe ziemlich genau zwischen Mittel- und Hochtöner und die Dynaudios waren deutlich auf mich gerichtet. Es passierte das, was bei mir nicht häufig vorkommt, ich wollte am liebsten gar nicht mehr aus meinem Hörraum heraus. Nun weiß ich ja aus langjähriger Erfahrung, dass sich im Laufe der Zeit ein solcher Eindruck nicht unerheblich verändern kann.

Das Dämmmaterial hinter dem Tieftöner
Das Dämmmaterial hinter dem Tieftöner

Aber nicht in diesem Fall, denn jede Hörsession in den kommenden drei Wochen dauerte erheblich länger als gedacht: Die Contour S 1.4 LE fesselte mich nicht weniger, sondern immer mehr. Warum nur? Zwischendurch wechselte ich deshalb zweimal für einige Zeit auf meine mehr als 10 Jahre bewährten Myro Rebell zurück. Danach war klar, dass die es zum ersten Mal in dieser langen Zeit mit ernsthafter Konkurrenz zu tun bekam. Die Contour passt perfekt in meine Kette. Sie scheint aber kein Kostverächter zu sein, das heißt, Sie sollten ihr einen Vollverstärker respektive eine Endstufe mit ausreichend Leistung bereitstellen. Davon hat meine alte NAD Endstufe reichlich. So angetrieben gehört die gebotenen Fein- und Grobdynamik zum Besten, was ich bisher kennenlernen durfte. Ich habe mit allen Quellen – Platte, CD und Computer-Audio – gearbeitet. Das Ergebnis war mit allen gleich herausragend.

Aufwändig konstruiert ist jeder Tieftöner bei Dynaudio
Aufwändig konstruiert ist jeder Tieftöner bei Dynaudio

Die Dynaudio Contour S 1.4 LE spielt hochauflösend mit einer schon fast holografischen Raumabbildung, wird dabei aber nie lästig. Das musikalische Geschehen löst sich wie auch bei meiner Myro vollständig vom Lautsprecher ab. Ich mochte es kaum glauben, aber das machen die Dynaudios sogar noch besser, denn die Raumabbildung legte in Breite, Höhe und Tiefe nochmal ein ganzes Stück zu. Instrumente und Stimmen werden punktgenau dargestellt und haben viel Luft drum herum. Und nicht vergessen darf ich den für eine Box dieser Größe trockenen und dabei erstaunlich tief reichenden Bass. Hören Sie einmal Carl Orffs Carmina Burana von Telarc, die einen harten Prüfstein bildet. Ich habe diese Aufnahme bisher noch nicht so erstklassig aufgefächert gehört. Stimmenwiedergabe und Trennung des großen Chors gelingen den Dynaudios herausragend gut. Die Stimmenverständlichkeit ist dabei die beste, die ich bis jetzt bei dieser Aufnahme vernommen habe. Dabei bleibt das Dargebotene absolut homogen. Klasse!

In Summe konnte ich mit diesem Lautsprecher aufgrund seiner offenen und überaus sauberen Wiedergabe leiser als üblich hören. Das galt für alle Musikstile. Ich höre beispielsweise viel und gern Gregory Porter. Das Stück „Skylark“ von seiner LP/CD Water setze ich dabei gern zum Testen ein. In diesem Fall hatte ich von LP und CD gleichermaßen das Erlebnis, Feinheiten in der Auflösung von HiHats und dem Schlagzeugbesen zu hören, die ich tatsächlich bisher noch nicht kannte. Die mitlaufende Basslinie kam klar und differenziert und ging dabei so tief runter, dass bei mir nicht der Wunsch nach mehr aufkam. Und als Gregory Porter seine Stimme erhob, war die Illusion fast perfekt.

Der Schaumstoff-Zylinder kann zurVeränderung der Bass-Charakteristik in die Bassreflex-Öffnung eingesetzt werden
Der Schaumstoff-Zylinder kann zurVeränderung der Bass-Charakteristik in die Bassreflex-Öffnung eingesetzt werden


Diese hohe Auflösung gepaart mit einer unglaublich guten Homogenität und dem überragendem Klangfarbenreichtum findet man nicht häufig! Es stellte sich im Laufe der Testzeit immer öfter ein „Haben wollen“ Gefühl ein. Ich könnte jetzt auch noch über viele weitere Eindrücke berichten. Auch HighRes Material von meinem MacBook, abgespielt mit Audirvana, brachte immer wieder dasselbe Ergebnis. Kritik? Wenn es denn welche sein soll, dann ist diese absolute Ehrlichkeit in der Wiedergabe. Vor allen Dingen das sehr hoch auflösende Mittenband zeigt beispielsweise deutlich gewisse digitale Härten –. wenn die Aufnahme sie denn enthält. Trotzdem machen auch solche Aufnahmen mit diesem Lautsprecher noch gehörig Spass beim Anhören. Da bleibt mir abschliessend nur noch ein dickes Lob für die Dynaudio-Entwickler. So eine Abstimmung muss man erstmal hinkriegen. Zurzeit kann ich mir nicht vorstellen, wieder ohne die Dynaudio Contour S 1.4 LE zu sein. Ich fürchte, ich muss sie haben…

Der Aufbau der Weiche ist hochkarätig und aufwändiger als in der normalen 1.4 ohne LE
Der Aufbau der Weiche ist hochkarätig und aufwändiger als in der normalen 1.4 ohne LE

W.K.: Nach meinem Urlaub lockten mich Jörg Schimmels Lobeshymnen am Telefon zu einer Hör-Session bei ihm. Also packte ich einiges Musikmaterial ein und machte mich auf den Weg. Die ersten Takte reichten, um die alten Tugenden wiederzuerkennen, die meine Dynaudios seinerzeit auszeichneten. Das sind in bestechender Weise die Klangfarben und das stimmige Gesamtbild. Was für mich neu ist, ist die gleichzeitige Fähigkeit, musikalische Details derart deutlich hörbar zu machen. Die 1.4 LE bringt Feinheiten ans Ohr, die ich zuvor nicht entdeckt habe. Diese Kombination aus Analytik und Klangfarben ist außerordentlich faszinierend. Die Contour reproduziert Stimmen artikuliert, ohne sie in den Vordergrund zu schieben. Sie bleiben in Ihrer Größe und Anordnung Teil des musikalischen Ganzen. Dabei haben sie ebenso wie sämtliche Instrumente klare, feste Plätze, und werden differenziert in der breiten Ausdehnung wie in der räumlichen Tiefe. Bei den Carolina Chocolate Drops mit ihrem Album Genuine Negro Jig blieben Stimmen und Instrumente zusammen. Ich hörte eine Zweitstimme, von deren Existenz ich bis dato nichts wusste. Die Fidel, recht eindringlich aufgenommen, glänzt mit klaren, sauberen Obertönen. Auch bei Symphonischer Musik, ich hatte die Copland-CD mit dem Royal Philharmonic Orchestra unter Philip Elis mit den bekannten, populären Stücken des Komponisten im Gepäck, erstrahlte das Geschehen tief gestaffelt, stabil, transparent und in authentischen Klangfarben. Die Dynamik des Schlagwerks bei Fanfare For The Common Man war ein Kinderspiel für diesen Lautsprecher. Überhaupt hatte ich nicht das Gefühl, im Bass, auch im tiefsten Bereich, mehr Druck zu brauchen. Von allem ist genug da, fein dosiert. Einen Aspekt möchte ich noch erwähnen: die räumliche Darstellung. Bei Jörg Schimmel ist in seinem Hörraum die dreidimensionale Aufbereitung der Musik nie schlecht. Aber was die Contour S 1.4 LE hier abliefert ist einzigartig. Eine räumliche Einschränkung habe ich nicht feststellen können. Die Instrumente und Stimmen sind einfach da. Phänomenal klar gegliedert steht auch der Chor bei den Carmina Burana auf Telarc und dies mit einer Körperhaftigkeit, dass man sich einbilden kann, die Gesichter zu erkennen. Sie stehen nebeneinander, sie stehen hintereinander – wie angenagelt. Das Gefühl, so nah dabei zu sein, ist neu.

Optisch wie klanglich hebt sich die S 1.4 LE vom Gewohnten ab
Optisch wie klanglich hebt sich die S 1.4 LE vom Gewohnten ab

STATEMENT Wolfgang Kemper

Es ist fast nicht vorstellbar, was dieser Lautsprecher bei sorgfältiger Aufstellung musikalisch leistet. Das sollte man erlebt haben. Für mich ist die Contour S 1.4 LE ein Musikinstrument, und zwar ein meisterliches.

STATEMENT Jörg Peter Schimmel

Wenn Sie einen außergewöhnlich guten Zweiwege-Monitor zu einem vergleichsweise günstigen Preis suchen, sollten Sie auf jeden Fall die Dynaudio Contour S 1.4 LE in die engere Wahl einbeziehen. Ich verspreche Ihnen, es lohnt sich!
Gehört mit
Plattenspieler Musical-Life Jazz Reference
Tonarm Musical-Life Conductor Vocalitas
Tonabnehmer Audio Technica AT 33 PTG II
Phono-Preamp Plinius Koru
CD-Laufwerk North Star Design CD Transport 192
Vorverstärker/DAC Audio-GD Reference 10.32
Endstufe NAD 2200 PE
Kabel Inakustik Black & White LS 1202, Sommer Cable Carbokab als 110 Ohm XLR Digitalverbindung, Audio-GD NF Kabel in Cinch und XLR Ausführung
Möbel Watec Analog
Herstellerangaben
Contour S 1.4 LE
Empfindlichkeit 85 dB (2,83 V/1m)
Belastbarkeit 160 Watt IEC
Impedanz 4 Ohm
Frequenzbereich 41 Hz – 25 kHz (±3dB)
Prinzip Bass-Reflex mit rückseitigem Schallausgang
Frequenzweiche 2 Weg
Flankensteilheit 6 dB pro Oktave
Tieftöner 17 cm MSP
Hochtöner 28 mm Gewebe-Kalotte
Gewicht 12,6 kg
Abmessungen (mm) 188 B x 404 H x 360 T
Gehäuse Oberflächen geöltes Nussbaum oder die Klavierlack-Varianten: Bubinga, Mocca und Schwarz
Garantie 8 Jahre bei Kauf beim autorisierten Händler und Regristrierung
Preis Paar 3250 Euro
Herstellerangaben
Stand 6
Höhe 64 cm inklusive Spikes
Basis-Platte 235 T x 168 B mm
Top-Platte Contour 1,4 Adapterplatte entspricht Grundfläche der Box
Gewicht 8,5 kg mit der originalen Top-Platte
Ausführungen schwarz oder weiß hochglänzend, schwarz oder weiß seidenmatt
Preis Paar 400 Euro, Adapterplatte Paar 40 Euro

Vertrieb
Dynaudio Germany GmbH
Anschrift Ohepark 2
21224 Rosengarten
Germany
Telefon +49 4108 41800
Fax +49 4108 418010
E-Mail mail@dynaudio.de
Web www.dynaudio.de

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  • Imagefolder tests/15-10-09_dynaudio

In Summe reichlich über 4.000 Besucher, so lautet die überaus positive Bilanz nach vierzehn Stunden HiFi und High End intensiv! Wobei sich wie in den Vorjahren am zweiten Tag etwas weniger Musikenthusiasten in Richtung Bonn aufmachten. Allerdings haben sich Einige, so mein Eindruck, bewusst für den Sonntag entschieden, denn die Stimmung in den teilweise immer noch sehr vollen Hörräumen war konzentrierter, aufnahmebereiter. Überhaupt die Demos: Ich habe schon lange nicht mehr so viel gute Musik gehört und das gilt sowohl für die Soft- wie auch für die Hardware. Einige wohltuende Set Ups, die nicht einem vorbestimmten Vertriebsportfolio entsprungen waren, steuerten bei der sechsten Auflage der Show eine Reihe von Fachhändlern aus der Region bei.

Und einträchtig neben einem Laptop dreht sich der riemengetriebene Plattenteller. Kein Zuhörer kommentiert am Ende des Musiktitels den Wechsel hin zu einem Track von der Festplatte - sollte nur das Ergebnis zählen? Derweil diskutierten auf den Fluren des Bonner MARITIM Hotels die Macher der Branche über das potentiell nahe Ende der Compact Disc. Zeitgleich befragt ein Kollege von den Printmedien Gäste zu deren Erfahrungen mit Streaming Plattformen. Bahnt sich hier ein Burgfrieden zwischen dem digitalen und analogen Lager an, weil vor kurzer Zeit ein junger Recke die Szene betrat der sich anschickt, den nicht unumstrittenen 33 Jahre alten Platzhirsch mit seinem Nullen und Einsen auf der Polycarbonat Rüstung abzulösen?

In den Vorführungen jedenfalls verdrängte das Streaming zunehmend die CD, anderseits war der Einsatz von Vinyl auf gleichbleibend hohen Niveau. Bleibt nur zu hoffen, dass es in ein paar Jahren noch Orte gibt in denen Tonträger körperlich vorhanden sind - gerne auch als 12 Zoll große schwarze Scheibe. Zahlreiche Abbildungen von wunderschönen Laufwerken finden Sie gleichfalls im zweiten Teil unserer Bilderreihe, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Und so möchte ich mich auf diesem Weg bei jedem aufrichtig entschuldigen, der sein persönliches Highlight vermisst.

Fazit: Auch in diesem Jahr möchte ich dem Team vom HiFi Studio Linzbach für die gelungene Veranstaltung danken, die Organisation war einfach klasse! Gratulationen an alle Aussteller für ihre tollen Installationen aber auch an die aufmerksamen Besucher, die mucks­mäus­chen­still in einem völlig überfüllten Hörraum den zarten Klängen von Strawinskys Komposition "Le Sacre du Printemps“ lauschten!

 

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Heureka wie tönt das gut! Würde Archimedes von Syrakus anno 2015 leben und hätte er sich nach seinem Wannenbad am Samstag ins Bonner MARITIM Hotel aufgemacht, statt nackt durch den Ort zu laufen, sein berühmter Ausspruch wäre ihm deutlich modifiziert über die Lippen gekommen.

Denn erfreulich viele Vorführungen auf den Westdeutschen HiFi-Tagen waren ausgesprochen genussvoll. Die Wege hin zu diesem gelungenen Ergebnis könnten kaum abwechslungsreicher sein. Boliden oder Preziosen, digital, analog, Streaming oder auch Tonbandspule, Röhre vs. Class-D-Transistoren, Hörner, geschlossene Kompaktlautsprecher, Einzelanfertigung wie auch Großserie - Diversifikation ist der Trend. Und zu jedem dieser Schlagworte gibt es in den Hotelräumen faszinierende Exponate. Keiner der vielen Besucher wird trotz des schönen Herbstwetters die Anreise bereut haben. Einen wahrlich nicht vollständigen Ausschnitt über die vielen Installationen dokumentiert die nachfolgende Fotoreihe. Weitere Bilder folgen kurzfristig im Teil II.

 

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Es ist mal wieder soweit. Heute um 10 Uhr öffnen sich die großen Drehtüren des Bonner MARITIM Hotels für die „Westdeutschen HiFi-Tage 2015“. Eine Erfolgsgeschichte geht damit in seine sechste Auflage, und zu Recht können die Macher Benno Salgert und Christian Breil von „HIFI Linzbach“ stolz auf ihr nun schon grundschulreifes „Baby“ sein

Fünfzig Hotelräume verteilt auf fünf Stockwerke, elf Salons, fünfzehn Suiten und zwei Säle bieten über hundert Ausstellern den nötigen, stillvollen Platz, um Ihre Exponate ansprechend zu präsentieren und – noch viel wichtiger – vorzuführen. Das große Hotel, zentral gelegen an der B9 zwischen Bonn und Bad Godesberg, hat sich nicht nur bei den vergangenen fünf Hifi-Shows als vortrefflicher Veranstaltungsort bewährt. Auch die Teilnehmer unzähliger internationaler Konferenzen fühlten sich in dem gediegenen Ambiente gut aufgehoben. Die professionelle Infrastruktur des Hotels begeistert die Aussteller, das gute gastronomische Angebot die Besucher. Ein paar kleine technische Appetithäppchen, aufgenommen während des Aufbaus, gewähren die nachfolgenden Bilder.

 

Informationen
Westdeutsche HiFi-Tage 2015
Öffnungszeiten Samstag 03.10.2015, 10 Uhr - 18 Uhr
Sonntag 04.10.2015, 11 Uhr - 17 Uhr
Anfahrt mit dem Auto Maritim Hotel Bonn, Godesberger Allee, Zufahrt über Kurt-Kiesinger-Allee 1, 53175 Bonn - Parkplätze sind im Umfeld des Hotels in großer Anzahl vorhanden
Anfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln ab Hauptbahnhof: U16, U63 und U66
ab ICE Bahnhof Siegburg: U66
jeweils bis Haltestelle "Olof-Palme-Allee / Deutsche Telekom oder Robert-Schuman-Platz"

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Freitag, 02 Oktober 2015 02:00

oBravo HAMT-1

Den Ergo AMT, einen Kopfhörer mit Vollbereichs-Air-Motion-Transformer, gibt es schon geraume Zeit, und vor Jahrzehten wurde der schwere, riesige Pickering in Zweiwege-Technik gebaut, der als Hifi-Kuriosität bei uns im Wohnzimmer hängt. Der oBravo vereint beide Besonderheiten meines Wissens nach zum ersten mal: Hier wurde ein Air-Motion-Transfomer mit einem Konus-Tieftöner kombiniert.

Heute hat man natürlich ganz andere Fertigungsmöglichkeiten als zur Zeit des Pickering und nicht zuletzt deswegen fühlt sich der oBravo keinesfalls zu groß oder schwer an –wenn man wie ich einen Audeze EL-8 oder LCD-X gewohnt ist. Das gilt zumindest, solange man sich senkrecht hält: Den oBravo auf der Seite liegend zu benutzen, kann ich mir nicht vorstellen. Aber diese kleine Einschränkung trifft auf die meisten extrem hochwertigen und raumgreifend gebauten Kopfhörer zu. Dank des Alcantara-Bezuges für die Ohrmuscheln und das Polster des Kopfbügels vermittelt der HAMT-1 auf Anhieb ein angenehmes Tragegefühl.

Der HAMT-1 wird in diesem schmucken Alukoffer geliefert, der für den Transport noch einmal in eine Stoffhülle verpackt wird. Sehr edel!
Der HAMT-1 wird in diesem schmucken Alukoffer geliefert, der für den Transport noch einmal in eine Stoffhülle verpackt wird. Sehr edel!

Doch statt weiter in den wohligen Tieftonwellen des oBravo zu schwelge, sollte ich Ihnen die beiden Spezialitäten dieses Schallwandlers vorstellen. Das wären zum einen die drei Öffnungen, die nach dem Entfernen von sechs Inbusschrauben und dem davon gehaltenen Gehäusedeckel aus Holz zugänglich werden und in die offene, halboffene oder geschlossene Einsätze gesteckt werden können, um die Intensität der Basswiedergabe zu variieren es. Es ergeben sich also insgesamt 27 Abstufungen. Im geöffneten Gehäuse entdeckt man auch den Wima-Kondensator zum Schutz des Air-Motion-Transformers vor Tieftonanteilen. Und damit wären wir bei der zweiten Besonderheit, dem von Oscar Heil entwickelten Schallwandler mit seiner gefalteten Membran und dem Vorteil gegenüber anderen Bändchen-Hochtönern, mit vergleichsweise geringer Membranbewegung ein Vielfaches an Schalldruck zu erzeugen. Im oBravo ist der AMT koaxial, also mittig zum Konuslautsprecher montiert. Der Tieftöner wird von einem kräftigen Neodym-Magneten angetrieben und hat einen Durchmesser von 57 Millimetern und damit weitaus mehr Membranfläche als bei dynamischen Kopfhörern gemeinhin üblich.

Die Deckel der Gehäuse bestehen aus Holz, die Seiten aus Aluminium, Ohr- und Kopfpolster sind mit Alcantara bezogen
Die Deckel der Gehäuse bestehen aus Holz, die Seiten aus Aluminium, Ohr- und Kopfpolster sind mit Alcantara bezogen

oBravo gibt die Impedanz seines Zweiwege-System mit 56 Ohm an und die Empfindlichkeit mit 105 Dezibel, was mir ohne nähere Angaben aber wenig aussagekräftig erscheint. Da hilft nur Ausprobieren: Selbst am Ausgang eines iPhones lassen sich völlig ausreichende Pegel erzielen. Der HAMT-1 wird in einem abschließbaren Aluköfferchen geliefert, das auch Platz für eine langes und ein kürzeres monokristallines Anschlusskabel sowie ein Kistchen für die verschiedenen Bass-Einsätze bietet. Das Köfferchen steckt in einer weichen Stofftasche, die wiederum von einem Karton umgeben wird. Die Präsentation des oBravo stellt sich also genauso hochwertig dar wie die Verarbeitung des Kopfhörers. oBravo wurde übrigens im Jahre 2006 in Taiwan gegründet und baut neben Kopfhörern mit Air-Motion-Transformer auch solche mit Bändchen-Hochtönern. Zum Programm zählen zwar auch kleine Lautsprechersysteme mit AMTs, Zubehör und ein Kopfhörerverstärker, bekannt wurde die Firma aber durch ihrer einzigartigen Kopfhörerkonstruktionen.

Zwei Exemplare dieser fein konfektionierten Kabel – eine längeres und ein kürzeres – gehörten beim meinem Textexemplar zum Lieferumfang
Zwei Exemplare dieser fein konfektionierten Kabel – eine längeres und ein kürzeres – gehörten beim meinem Textexemplar zum Lieferumfang


Auch wenn der Test am iPhone vermuten lässt, dass der oBravo keine besonders hohen Anforderungen an den ihn speisenden Verstärker stellt, höre ich ihn zuerst einmal am Bryston BHA-1. Denn damit ist sichergestellt, dass er bestens mit Strom und Spannung versorgt wird. Der Bryston bezieht sein symmetrisches Signal vom Hugo TT, der über den Auralic Aries (Femto) auf die Dateien auf dem Melco HA-N1A zugreift. Beim Fototermin, bei dem wir die Gehäuse des oBravo aus Neugier sowieso öffnen, werde ich einmal nachschauen, mit welchen Einsätzen für die Bassabstimmung mein Testmodell ausgestattet ist und gegebenenfalls Änderungen vornehmen. Einen ersten Eindruck von den Fähigkeiten des HAMT-1 verschaffe ich mir aber schon zuvor – und zwar mit Muddy Waters „Good Morning Little School Girl“: Sofort fällt die Geschwindigkeit auf, mit der das Anreißen der Gitarrensaiten wiedergegeben wird. Muddy Waters Stimme kommt warm und sonor rüber, die Mitten besitzen eine angenehme Fülle. Die Auflösung ist ganz hervorragend und, da eine Menge Luft die Instrumente zu umgeben scheint, entsteht trotz der unvermeidlichen Im-Kopf-Ortung die Illusion von Luftigkeit und einem großen Aufnahmeraum.

Die Mechanik zur Anpassung an den Kopf des Hörers mag simpel wirken, sorgt aber für einen sehr angenehmen Sitz des oBravo
Die Mechanik zur Anpassung an den Kopf des Hörers mag simpel wirken, sorgt aber für einen sehr angenehmen Sitz des oBravo

Das mag natürlich auch am satten Bassfundament liegen, auf dem sich das ansonsten filigrane, aber farbstarke Klangbild aufbaut. Subsonische Frequenzen vermitteln uns ja eine Vorstellung von den Dimensionen größer Räume. Der kräftige Tieftonanteil ist zwar für diese Art von Information von Vorteil, führt allerdings auch dazu, dass Willie Dixons Kontrabass nicht ganz so präzise in der großzügigen Aufnahmeumgebung fokussiert wird wie beispielsweise über die Lautsprecher in meinem Hörraum. Mir, der ich ja schon über ein Jahrzehnt an die im Oberbass eher strengen als genussbetonten LumenWhite gewöhnt bin, ist der Tieftonbereich ein wenig viel des Guten. Wobei ich zugeben muss, dass mir bisher noch kein Kopfhörer untergekommen ist, der dem schlanken Klang der Lumen in meinem Raum nahekommt. Vielleicht sollte ich mein Bass-Ideal einfach einmal überdenken. Oder anders ausgedrückt: 99 Prozent aller unvoreingenommenen Hörer dürften den HAMT-1 gerade wegen seines satten Tieftonbereichs schätzen. Und davon bin ich um so mehr überzeugt, nachdem ich einmal in Jonas Hellborgs „Iron Dog“ aus dem Album „The Silent Life“ hineingehört habe: Trotz aller Fülle besitzt die Bassgitarre eine klare Kontur, der Nachhall im imaginären Raum ist feinstens nachzuverfolgen und das Metallische der Saiten ist jederzeit präsent. In puncto Lebendigkeit und Offenheit hat der HAMT-1 leichte Vorteile gegenüber dem ebenfalls geschlossenen Audeze EL-8.

Der Air-Motion-Transformer wurde im Zentrum des Tieftöner montiert
Der Air-Motion-Transformer wurde im Zentrum des Tieftöner montiert

Beim Fototermin entdecke ich dann, dass alle drei Öffnung der Basskammern mit den halboffenen Einsätzen bestückt sind. Ich versuche mich also als Bass-Asket und ersetze die halboffenen durch die geschlossenen Einsätze und bekomme eine in den Tiefen staubtrockene Abbildung, die ebenso klar rüberkommt wie meine Lautsprecher. So etwas habe ich bei einem Kopfhörer noch nicht erlebt: Es geht also auch ohne jegliche subjektiv empfundene Bassüberhöhung, die wie im Artikel über denn Phonitor 2 beschrieben ja nicht allein im Frequenzgang des Schallwandlers ihre Ursache hat, sondern auch darin, dass die Membran beim Kopfhörer – anders als beim Lautsprecher im Raum – direkt auf die Ohrmuschel ausgerichtet ist. Die Wirksamkeit der Bassanpassung beim oBravo ist wirklich enorm.

Drei, vier meiner Testscheiben höre ich dann mit freudigem Erstaunen darüber, nun doch einen hochauflösenden, präzisen Kopfhörer entdeckt zu haben, der in einer Extremeinstellung enorm ehrlich wirkt und dem ich gerne uneingeschränkte Monitoreigenschaften bescheinige, wenn es darum geht, dem Klang in meinem Hörraum möglichst nahezukommen. Aber spätestens nach der Hälfte von Van Morrisons Keep It Simple drängt sich mir die Frage auf, wie sich selbst bei recht gut gemachten Pop- und Rockproduktionen und eben nicht nur bei einigen audiophilen Kabinettsstückchen.


Monitorqualitäten mit uneingeschränkt genussvollem Musikhören unter einen Hut bringen lassen. Ich finde, nur recht bedingt. Deshalb tausche ich einen der geschlossenen Stopfen gegen einen halboffenen aus und verschiebe den Klang ein kleines Stückchen in Richtung Genuss. Das sind zwar reichlich subtile Veränderungen, aber Sie können ja statt eines Einsatzes gerne auch zwei oder drei halb- oder gar ganz offene wählen. Einfach toll, welche Möglichkeiten der oBravo seinem Besitzer bietet, den Klang im Tieftonbereich für seinen Geschmack maßzuschneidern.

Ein Wima-Kondensator schützt den Air-Motion-Transformer vor tiefen Frequenzen
Ein Wima-Kondensator schützt den Air-Motion-Transformer vor tiefen Frequenzen

Aber wie immer Sie auch die Basswiedergabe des oBravo für sich gestalten, eine seiner Paradedisziplinen ist der offene, differenzierte und schnelle Mittelhochton-Bereich, für den den Air-Motion-Transformer verantwortlich ist. Allerdings kann eine hohe Auflösung auch schnell zu Ermüdungserscheinungen führen. Das ist beim oBravo nicht so. Er bleibt immer auf der angenehmen Seite und selbst Keith Jarretts flirrender, ja teil klirrender Flügel beim Köln Concert nervt nie. Auch das ein oder andere eher rauh und ungeschliffen produzierte Tom Waits Album macht Lust auf mehr: von Ermüdungserscheinungen keine Spur!

Hier die verschiedenen Einsätze für das Bassgehäuse, mit denen sich der Klang an den Geschmack des Nutzers anpassen lässt
Hier die verschiedenen Einsätze für das Bassgehäuse, mit denen sich der Klang an den Geschmack des Nutzers anpassen lässt

STATEMENT

Eine wirklich sehr gute Idee, auch bei einem Kopfhörer auf zwei Wege zu setzen und für den Mittelhochtonbereich einen schnellen, hochauflösenden Air-Motion-Transformer zu verwenden. Kombinieren Sie diese Idee mit hervorragender Verarbeitung und schaffen Sie die Möglichkeit, die Basswiedergabe in sehr weitem Rahmen dem Geschmack des Hörers anzupassen und schon haben Sie einen Traum-Kopfhörer: den oBravo HAMT-1.
Gehört mit
NAS Melco HA-N1A
Wireless Streaming Bridge Auralic Aries (Femto) mit SBooster BOTW P&P Eco und Sbooster Ultra
Computer MacBook Pro, 2,2 GHz Intel Core i7, 16 GB, OS X Yosemite 10.10.5
Audioplayer Amarra Symphony 2.6, Audirvana, Pure Music
CD-Laufwerk Wadia WT3200
D/A-Wandler Chord Hugo, Hugo TT, Auralic Vega
Kopfhörerverstärker Bryston BHA-1
Kopfhörer Audeze LCD-X, EL-8 Closed Back
Kabel SwissCable, Göbel Audio, HMS Gran Finale Jubilee, Audioplan Powercord S, Audioquest Diamond
Zubehör PS Audio Power Plant Premier, Sun Leiste, Audioplan Powerstar, HMS-Wandsteckdosen, Acoustic System Resonatoren, Artesania Audio Exoteryx, Harmonix Real Focus
Herstellerangaben
oBravo HAMT-1
Frequenzbereich 15Hz~45kHz
Hochtöner 40mm Air Motion Transformer
Tieftöner 57mm dynamischer Lautsprecher
Impedanz 56Ω
Empfindlichkeit 105dB
Gewicht 540g
Preis 1500 Euro

Vertrieb
Robert Ross Audiophile Produkte GmbH
Anschrift Alemannenstr. 23
85095 Denkendorf
Telefon 08466 905030
E-Mail r.ross@robertross.de
Web www.robertross.de

Weitere Informationen

  • Imagefolder tests/15-10-02_obravo

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